Mongolische Eroberer: Die Goldene Horde
Nachdem Temudschin 1206 zum Tschingis Khan und damit zum Herrscher aller
Mongolen ernannt wurde, begann die Zeit der mongolischen Eroberungszüge. Der
Enkel Tschingis Khans, Batu, der 1241 die Schlachten bei Liegnitz und Mohi
gewonnen hatte, begründete in den Gebieten nördlich des Schwarzen Meeres das
Reich der Goldenen Horde. Die Eroberer beließen die russischen Fürsten auf
ihren Thronen und übten als Anhänger des sunnitischen Islams Toleranz gegenüber
der russisch-orthodoxen Kirche.
»In diesem Jahr drang zu uns die Kunde von einem verderbenschwangeren Unheil,
das über das christliche Volk kam, dem Einbruch der Tataren, vor deren
Grausamkeit uns die Ohren klingen und die Herzen erbeben«, berichtet die
»Königschronik von Köln« über das Vordringen der Goldenen Horde nach Westen
1241. Die nach den goldenen Deckplatten des Herrscherzeltes benannte Goldene
Horde bildete den westlichen Teilstaat der Mongolen, die von den Zeitgenossen
auch Tataren genannt wurden. Die Goldene Horde beherrschte zwischen 1237/40 und
1502 weite Teile Osteuropas, vor allem die altrussischen Fürstentümer. Die
wirtschaftliche Machtbasis bildeten der Sklavenhandel und die Ausfuhr von
Rohstoffen in den Nahen Osten, nach Byzanz sowie in das westliche Europa.
Vornehmlich aber sind die Tributleistungen zu nennen, für deren Erhebung die
Moskauer Herrscher - seit deren Anerkennung als Großfürsten 1328 -
verantwortlich waren. Die Eroberungen führten in den betroffenen Gebieten zu
Menschenverlusten und Abwanderungen, deren wirtschaftliche Krisenwirkungen erst
seit den 1350er Jahren überwunden werden konnten. Hingegen erholte sich die
mittlere Schicht der mit der Tatarensteuer (Tamga) belasteten Stadtbewohner
nicht von den Auswirkungen der mongolischen Expansionspolitik. Die Herrschaft
der Tataren über die Russen konnte in der Folge ohne direkte Repression
ausgeübt werden, wobei die russische Kirche sogar die innere Ordnung, die
Einheit des Volkes und das christlich-byzantinische Erbe bewahrt hielt. Die
Fremdherrschaft verhinderte außerdem eine Expansion der Ostslawen nach
Mitteleuropa und Vorderasien. »Damit war die Goldene Horde ungewollt ein Hüter
der staatlichen Ordnung in diesen Gebieten« (Bertold Spuler). Zusätzlich
förderte der Islam den Verschmelzungsprozeß der eingedrungenen Mongolen und
Türken mit den Turkvölkern zum Neuvolk der (Wolga-) Tataren, deren eigene
Entwicklung bis heute das Aufgehen im orthodoxen Russentum verhinderte.
Die Macht der Goldenen Horde wurde erst seit 1359 durch Erbfolgestreitigkeiten
geschwächt. Zwar kam es unter Tochtamysch bis 1395 noch einmal zu einem
Wiedererstarken des Reichs, der Zerfall in rivalisierende Khanate im 15.
Jahrhundert konnte jedoch nicht mehr aufgehalten werden.
In Rußland blieb die Fremdherrschaft als Tatarenfurcht bis weit über das 16.
Jahrhundert hinaus in den Sagen lebendig. Nicht zuletzt förderte sie die
Entstehung der russischen Autokratie.
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