Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Die Vorgeschichte: Der Indochinakrieg
Die amerikanische Phase - Der Vietnamkrieg
Die wichtigsten Personen und Gruppen im Vietnamkrieg
Vietcong/ FNL
Ho Chi Minh
Le Duc Tho
Ngo Dinh Diem
Vietminh
Lindon Baines Johnson
Richard Milhous Nixon
Henry Alfred Kissinger
Der Tonking- Zwischenfall
Beginn der amerikanischen Intervention
Der Vietcong- Eine kommunistische Guerilla- Armee
Ein dunkles Kapitel amerikanische Kriegsgeschichte
Die Folgen des Herbizideinsatzes
Die Grausamkeit des Krieges
Der lange Weg zum Frieden
Die Vietnamisierung des Krieges
Die 3. Phase: Durch Bürgerkrieg zum Frieden
Die Rolle der Medien im Vietnamkrieg
Der Wiederstand während des Krieges in den USA
Flower-Power-Bewegung
Die Folgen des Krieges
Schlusswort
Quellen
Aktuelle Lage in Vietnam
Stimme eines Vietnam- Veteranen
Quellen
Ende 2002 erhielten wir den Auftrag, zwecks Vorbereitung auf die mündliche Geschichtsprüfung über unsere zwei Themen eine Dokumentation zu schreiben. Diese Dokumentation behandelt den Vietnamkonflikt, auf Grund des vorgegebenen Umfangs wird jedoch nicht auf die Rolle des Vietnamkriegs im Kalten Krieg eingegangen.
Auf den folgenden Seiten sollen die Vorgeschichte, der Verlauf und die Folgen des Vietnamkriegs aufgezeigt und verständlich gemacht werden. Der Vietnamkrieg ist bis heute einer der umstrittensten Konflikte der Welt und die Tatsache, das er im Rahmen des Kalten Kriegs verlief, macht ihn besonders interessant. Die Brutalität und die sinnlose Vergeudung von Menschenleben in Vietnam sucht ihresgleichen. Der Vietnamkrieg ist neben dem zweiten Weltkrieg einer der Kriege in dem sich zeigte, wozu der Mensch im Krieg fähig ist.
Der Vietnamkrieg hat gezeigt wohin ein offener Krieg der Weltanschauungen führen kann, zu einem über 40 Jahre dauernden Krieg, der bis heute ein Trauma für die USA darstellt. Insgesamt erlebten sechs amerikanische Regierungen die Schwierigkeiten, die der Vietnamkrieg verursachte. Von der offenen Unterstützung der Franzosen und Südvietnams durch Truman, Eisenhower, Kennedy und Johnson bis hin zum versuchten eleganten Rückzug durch Nixon, hat sich gezeigt, wie sich die Politik eines Landes ändern kann.
Im Vietnamkrieg wurden erstmals die Bilder, die sonst nur die Soldaten an der Front zu sehen bekamen, auch in alle Wohnzimmer dieser Welt geschickt. Und es ist auch keine Überraschung, das die Menschen beim Anblick dieser Teils schrecklichen Bilder erstmals in der Geschichte den Mut fassten, sich offen gegen die Politik ihrer Regierung zu stellen. So gesehen wurde dieser Krieg durch den friedlichen Protest von Friedensbewegungen und der Kraft der Bilder von den Amerikanern verloren.
Frankreich, das im Rahmen seiner Kolonialpolitik in Asien agierte, schuf 1887 Indochina, dass aus Annam, Kambodscha, Cochinchina, Tonking und Laos bestand. Die Kolonialpolitik der Franzosen war nur auf den Rohstoffgewinn ausgerichtet, deshalb war die Wirtschaft in den Kolonien Frankreichs meist nur sehr schwach ausgeprägt- so auch in Indochina.
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass es der Bevölkerung in diesen Ländern sehr schlecht ging. Um Ihre Lage zu verbessern, wurden sehr viele Reform- und Unabhängigkeitsbewegungen gegründet, die nach den Revolutionen in Russland und China grosse Hoffnung auf Erfolg ihrer Ziele hatten. Allerdings wurden viele dieser Proteste niedergeschlagen.
Im Rahmen des zweiten Weltkrieges wurde Indochina von den Japanern besetzt und die französischen Besatzer wurden vertrieben. China liess die unabhängigen Staaten Vietnam ausrufen. Diese bestanden aus Tonking, Annam und Cochinchina. Ausserdem wurden die Staaten Laos und Kambodscha unabhängig. Als gegen Ende des Krieges Indochina nun von den Franzosen zurückerobert wurde, bahnte sich bereits ein Konflikt an, da kommunistische Kräfte am 2.9.1945 die demokratische Republik Vietnam ausgerufen hatten.
Ein Abkommen, welches Vietnam als freien Staat in die Indochina Föderation eingliedern sollte, scheiterte am 6.3.1946 an den verschiedenen Kerngedanken der beiden Parteien. Daraufhin begann Frankreich mit der Bombardierung Haiphong am 23.11.1946, bei der es rund 6000 zivile Opfer gab.
Der Schwerpunkt des Krieges lag jedoch in Tonking. Dort trafen 80 000 - 100 000 vietnamesische Truppen auf rund 167 000 französische Truppen. Mit der finanziellen Unterstützung der USA für die Franzosen und der Anerkennung der vietnamesischen Republik durch Russland und China, rückte der Indochinakrieg ins Rampenlicht des Kalten Kriegs. Die USA beteiligten sich mit etwa 3,6 Milliarden $ zu 80% an den französischen Kosten. Diese Unterstützung wurde jedoch erst geleistet, nachdem Frankreich 1950 offiziell um Hilfe gebeten hatte.
All die Hilfe brachte jedoch nichts und so mussten sich die Franzosen nach der Schlacht von Dien Bien Phu am 7.5.1954 geschlagen geben. Auf der darauf folgenden Genfer Indochinakonferenz, an denen die USA, Frankreich, England, die Sowjetunion und erstmals auch China teilnahmen. Nach 75 zähen Verhandlungstagen wurde am 21.7.1954 ein Waffenstillstandsabkommen beschlossen. Weiterhin sah das Abkommen die Anerkennung Laos und Kambodschas als unabhängige Staaten. Vietnam sollte mit dem 17. nördlichen Breitengrad in Nord- und Südvietnam geteilt werden. Auch sollten im Laufe der kommenden zwei Jahre, spätestens jedoch bis Juli 1956 freie Wahlen durchgeführt werden. Diese Wahlen sollten den ersten Schritt zur Wiedervereinigung darstellen.
Nachdem Eisenhower auf einer Pressekonferenz 1954 seine Dominotheorie vorstellte, wurde im September 1954 eine Konferenz einberufen, bei der eine Südostasien - Pakt - Organisation, die SAETO (South East Asia Treaty Organisation) gegründet wurde, um einen etwaigen Angriff des kommunistischen Nordens auf den Süden entgegen zu wirken. Am 16.Juni ernannte das Staatsoberhaupt Bao Dai den damals 53-jährigen Ngo Dinh Diem zum neuen Regierungschef Südvietnams.
Dieser fand den Zuspruch der Amerikaner und diese unterstützten den Süden nun noch intensiver. Bao Dai wurde am 23.10.1955 durch eine von Diem ausgetragenen Volksabstimmung abgesetzt und die Regierung Diems wurde bestätigt. Da Südvietnam am 26.Oktober zur Republik erklärt wurde, hatte Diem natürlich kein Interesse mehr an gesamtvietnamesischen Wahlen. Von den USA moralisch unterstützt lehnte Südvietnam jegliche Verhandlungen über diese auf der Genfer Konferenz beschlossenen Wahlen ab.
Das führte erneut zu Widerstand und im September 1960 wurde auf einen Arbeiterkongress der vietnamesischen Arbeiterpartei in Hanoi der Kampf gegen die Regierung Diems und für die Wiedervereinigung beschlossen. Zu diesem Zweck wurde am 20.12 die FNL gegründet. Eine Teilgruppe davon war der Vietcong, der im Süden die Bevölkerung einschüchterte, indem auf dem Höhepunkt der Aktivität ein gutes Dutzend Dorfältester am Tag hingerichtet wurden. Versorgt wurde dieser Flügel der FNL durch den Ho Chi Minh Pfad, der ein 16 000 km großes Netz aus Pfaden darstellte, welches an der Grenze zu Laos und Kambodscha verlief.
Im Jahre 1961 überfielen nordvietnamesische Truppen Laos, worauf die USA unter Präsident Kennedy Militärberater nach Südvietnam schickten, um die Armee des Südens aufzubauen und der Regierung beratend zur Seite zu stehen. Dabei wuchs die Zahl dieser Berater beständig, sie bestand 1954 aus 55 Offizieren und wuchs bis 1963 auf rund 16 000 an. Jedoch griffen die USA noch nicht direkt mit Truppen ein. Während sich der Bruder Diems ein Programm ausdachte, um den Vietcong entgegen zu wirken, wobei die Bauern der Dörfer bewaffnet wurden, hatte Diem selbst mit religiösen Problemen zu kämpfen.
Diems zweiter Bruder Ngo Dinh Thuc war katholischer Erzbischof und unterstütze ihn in seiner negativen Meinung gegenüber der Buddhisten. So verbot er am 8.5.1963 in Hué Flaggenschmuck, der zum 2587. Geburtstag Buddhas angebracht werden sollte. Daraufhin protestierten die Buddhisten zusammen mit ihren Sympathisanten und die Regierungssoldaten schossen auf sie, wobei es Tote und Verletzte gab. Nur wenig später, in der Nacht vom 1. zum 2. November 1963 wurde Diems Regierung gestürzt und er, sowie seine drei Brüder wurden hingerichtet. Doch war diese Reaktion vorher bereits absehbar, so forderten die USA schon im Vorfeld personelle Veränderungen in Diems Regierung, da sie nicht mit seiner Regierungspolitik einverstanden waren. Doch auch 18 der eigenen Politiker forderten eine Veränderung der Innenpolitik.
Drei Wochen nach der Hinrichtung Diems, wurde Kennedy ermordet. Somit wurde Südvietnam ins Chaos gestürzt, wodurch es allein im Jahre 1964 sieben Regierungen gab.
Um das Verständnis der politischen Beziehung zwischen den Konfliktparteien sicherzustellen sind nachfolgend die wichtigsten Gruppierungen sowie die wichtigsten Personen beschrieben. Der militärische Einfluss des Vietcong ist in einem der nachfolgenden Kapitel beschrieben, während unter diesem Punkt nur die Geschichte und die Ziele dieser Gruppierung beschrieben sind.
Als Vietcong (Viet nam Cong San: "vietnamesische Kommunisten") wurde im Vietnamkrieg der militärische Flügel der Front National de Libèration du Vietnam Sud (FNL Nationale Befreiungsfront von Südvietnam) bezeichnet. Die FNL wurde 1960 in Nordvietnam ins Leben gerufen, um die Regierung in Südvietnam zu stürzen und Vietnam zu vereinigen. Ursprünglich bestand die FNL aus Kadern der Vietminh aus dem Süden, die sich im norden neu formierten und einen Guerillakrieg führten.
1965 war der Vietcong dann stark genug um einen offenen Krieg mit der südvietnamesischen Armee zu führen. Nach der Wiedervereinigung schloss sich die FNL mit der Vietminh und der Lien Viet zur "Vaterlandsfront" (Mat Tran To Quoc") zusammen.
Ho Chi Minh (vietnamesisch: "der nach Erkenntnis Strebende") wurde am 19. Mai 1890 in Annam (Zentralvietnam) geboren. Sein Vater war Beamter und hatte aus Protest gegen die französische Herrschaft über Vietnam den Dienst quittiert. Er lebte ab 1913 in Frankreich und England wo er unter anderem als Journalist arbeitete. Die Reise finanzierte er, indem er als Koch auf einem Schiff anheuerte.
Ho Chi Minh
Nach dem 2. Weltkrieg stellte er in
Versailles bei den Friedenskonferenzen einige Forderungen, jedoch ohne Erfolg.
1920 war er Gründungsmitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs. Nachdem
er aus Frankreich ausgewiesen worden war, war er in Russland und Asien
Organisator verschiedener revolutionärer, kommunistisch Gruppierungen.
Nachdem Japan 1945 kapituliert hatte proklamierte er die Demokratische Republik Vietnam und übernahm als Präsident und bis 1955 auch als Ministerpräsident die Führung des Landes. Nachdem sich die 1954 geschlagenen Franzosen zurückgezogen hatten, wurde das Land in Nord- und Südvietnam getrennt. Ho Chi Minh blieb Präsident im kommunistischen Nordvietnam und versuchte das Land wiederzuvereinigen in dem er den Vietcong im Kampf gegen die USA. Unterstützte.
Ho Chi Minh starb am 3. September 1969 in Hanoi. Ihm zu Ehren wurde Saigon, die ehemalige Hauptstadt Südvietnams, nach der Wiedervereinigung in "Ho- Chi- Minh- Stadt" umbenannt (1975).
Le Duc Tho, der eigentlich Phan Din Khai hiess, wurde am 14. Oktober 1911 in der Provinz Tonking, Nordvietnam geboren. Er war 1930 Mitgründer der Kommunistischen Partei Indochinas und 1940 Gründungsmitglied des Vietminh. Aufgrund seiner politischen Aktivität wurde er von der französischen Kolonialmacht zweimal verhaftet und sass insgesamt etwa 6 Jahre im Gefängnis. Le Duc Tho stieg bis an die Spitze der Kommunistischen Partei auf und gehörte ab 1945 dem Zentralkomitee an.
Nachdem er unter anderem den Posten des Aussenministers belegt hatte, war er 1968 bis 1973 Hauptunterhändler bei den Pariser Friedensgesprächen zur Beendigung des Vietnamkriegs und schloss 1973 mit Henry Kissinger, dem Sonderbeauftragten der USA, ein Abkommen über den Abzug der amerikanischen Truppen aus Vietnam. 1973 wurde ihm zusammen mit Kissinger für sein Engagement der Friedensnobelpreis verliehen, welchen er jedoch mit der Begründung ablehnte, das der Frieden noch nicht wirklich erreicht sei. Er Starb am 13. Oktober in Hanoi.
Ngo Dinh Diem wurde am 3. Januar 1901 in Vietnam geboren. In den dreissiger Jahren war er unter Bao Dai Innenminister, legte aber sein Amt nieder, als die französische Kolonialverwaltung die geforderten Reformen in Vietnam ablehnte. Er lehnte nach dem 2. Weltkrieg die Zusammenarbeit mit den Japanern und den Franzosen und die Kooperation mit dem kommunistischen Vietminh unter Ho Chi Minh ab. 1950 ging er ins Ausland und verbrachte die folgenden Jahre in den USA und Europa. Nach der Teilung Vietnams im Jahre 1954 kehrte er als Ministerpräsident nach Südvietnam zurück und entmachtete ein Jahr später Bao Dai. Danach erklärte er Südvietnam zur Republik und übernahm das Amt des Staatspräsidenten. In seinem zunehmend diktatorisch geführten Regime wurde die buddhistische Mehrheit rigoros unterdrückt. Zudem verschaffte er zahlreichen Mitgliedern seiner Familie führende und einflussreiche Positionen in der Regierung. Am 2. November 1963 wurde er durch einen Putsch gestürzt und ermordet.
Kurzform für Niet Nam Doc Lap Dong Minh Hoi: Liga für die Unabhängigkeit Vietnams. Diese Gruppe wurde 1941 durch die Kommunisten gegründet. Neben der Kommunistischen Partei Indochinas unter Ho Chi Minh gehörten ihr diverse kleinere Parteien an. Das ziel der Vietminh war die Befreiung Vietnams von jeglicher Kolonialherrschaft. Die Vietminh war so gesehen der Grundstein für eine Widerstandsbewegung, welcher sie innert kurzer Zeit ein grosser Teil der Bevölkerung anschloss. Am 2. September 1954 wurde die unabhängige und souveräne Demokratische Volksrepublik Vietnam ausgerufen. Als sich die Franzosen, welche seit dem 19. Jahrhundert eine Kolonialherrschaft über das Land errichtet hatten, nicht an das am 6.3.1945 geschlossene Abkommen hielten, brach erneut ein Krieg aus, welcher am 7. Mai 1954 mit der Niederlage der Franzosen und der Teilung Vietnams endete. Als Diem die angestrebten gesamtvietnamesischen Wahlen verhinderte, etablierte sich im Süden der Vietcong. Es folgte die "amerikanische Phase" und im Anschluss die langersehnte nationale Unabhängigkeit.
Johnson wurde am 27.8.1908 im Bundesstaat Texas, USA geboren. Vor seiner Arbeit im US- Kongress von 1930 bis 1935 war er kurze Zeit Lehrer an einer High- School. 1937 wurde Johnson für die Demokraten ins Repräsentantenhaus gewählt und 12 Jahre später für seinen Heimatstaat Texas in den US- Senat. 1953 wurde er Vorsitzender der Demokraten im Senat.
Nach seiner Niederlage gegen John F. Kennedy bei der Nominierung des demokratischen Präsidentschaftskandidaten im Jahre 1960 kandidierte er unerwartet für die Vizepräsidentschaft und gewann mit Kennedy die Wahl knapp. Nach Kennedys Ermordung am 22. November 1963 wurde Johnson der 36. Präsident der United States of America. Er blieb bis 1969 im Amt, da er am 31. März 1968 in einer Fernsehansprache seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur verkündete. Johnson zog sich anfangs 1969 auf seine Ranch in Texas zurück wo er am 22. Januar 1973 auch starb.
Johnsons Vietnampolitik:
Johnson verstärkte, entgegen seinen Wahlversprechungen, das Engagement der USA in Vietnam. Bis Mitte 1965 erhöhte er das seinerzeit von Kennedy bewilligte Kontingent von 17'000 auf 125'000, bis Mitte 1967 auf 480'000 und bis Ende 1968 auf 550'000 Mann. Trotz dieser Verstärkung, der angeordneten systematischen Bombardierung Nordvietnams und dem Einsatz der US- Air Force erwiesen sich die Siegesprophezeiungen durch die US- Generäle und des Verteidigungsministers Robert S. McNamara als falsch.
Johnson Behauptung im Dezember 1967, "The enemy cannot win, now, in Vietnam" (Der Feind kann in Vietnam jetzt nicht siegen), wurde bereits nach einem Monat später durch die Tet- Offensive der Nordvietnamesen stark in Frage gestellt. Die Proteste gegen den Krieg wurden in der ganzen Welt grösser. Die militärischen Misserfolge in Vietnam und die wachsenden Studenten- und Rassenunruhen (Ostern 1968 wurde Martin Luther King ermordet) veranlassten Johnson schliesslich, in der erwähnten Fernsehansprache seinen Verzicht auf die Präsidentschaftskandidatur und den einseitigen Rückzug der USA aus Vietnam zu verkünden. Im Mai 1968 leitete er in Paris die Friedensgespräche zwischen den USA und Nordvietnam ein.
Nixon wurde am 9. Januar 1913 in Yorba Linda (Kalifornien) in einfachen Verhältnissen geboren. Er studierte Jura und war anschliessend einige Jahre als Anwalt tätig. Er meldete sich 1942 zur Marine und war während des 2. Weltkrieges Versorgungs-offizier im Südpazifik. 1946 wurde Nixon republikanischer Abgeordneter im US- Repräsentantenhaus . 1950 wurde er nach einem Wahlkampf, in der er sich die antikommunistische Hysterie zu Nutze machte, in den US- Senat gewählt. 1952 wurde Nixon als Vizepräsidentschaftskandidat unter Dwight D. Eisenhower aufgestellt. 1960 verlor er gegen Kennedy die Präsidentschaftswahlen und 1962 scheiterte er sogar bei den Gouverneurswahlen in Kalifornien. Er zog sich nach diesen Niederlagen schon fast aus dem aktiven politischen Leben zurück. Doch 1968 kandidierte er erneute bei den Präsidentschaftswahlen und schlug mit einem kleinen Vorsprung den Demokraten Hubert H. Humphrey. Am 8. August 1974 verkündete Nixon in einer Ansprache seinen Rücktritt. Dies tat er, um einem gegen ihn laufenden Amtsenthebungsverfahren zuvorzukommen, welches wegen der Watergate- Affäre eingeleitet wurde. Nixon starb am 22. April 1994 an einem Gehirnschlag.
Nixons Vietnampolikik:
Nixon überliess während seiner Amtszeit die Routine- und Verwaltungs-angelegenheiten seinen Beratern und konzentrierte sich auf die Aussenpolitik. Zusammen mit Henry A. Kissinger, seinem engsten aussenpolitischen Berater, gab Nixon der amerikanischen Aussenpolitik eine neue Richtung: Er bemühte sich, den Vietnamkrieg zu beenden und die Beziehungen zur UdSSR und zu China zu verbessern. Er befahl den schrittweisen Abzug der rund 500'000 Us- Soldaten aus Südvietnam - dieser Abzug dauerte insgesamt vier Jahre und wurde zeitweise von einer neuen Eskalation des Krieges unterbrochen: 1970 ordnete Nixon, ohne Rücksprache mit dem Kongress, den Einmarsch in das neutrale Kambodscha, die erneute Bombardierung Nordvietnams und die Verminung des Hafens von Haiphong an. Diese Ausweitung des Krieges war in den USA jedoch ziemlich unpopulär, doch Nixon glaubte, das diese Massnahmen die Verhandlungsposition der USA stärken und somit einen "ehrenhaften Frieden" ermöglichen würden.
Henry Alfred Kissinger wurde am 27. Mai 1923 im bayerischen Fürth als Sohn deutsch-jüdischer Eltern geboren. Heinz Alfred wuchs in seiner Geburtsstadt auf, wo er die Schule besuchte. Als sich infolge der nationalsozialistischen Machtübernahme durch Adolf Hitler im Januar 1933 die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland verschärfte, emigrierte er 1938 mit seinen Eltern Paula Stern und Ludwig Kissinger in die USA.
Kissinger besuchte in New York City die Highschool. Wenig
später musste er durch Fabrikarbeit zum Unterhalt der Familie beitragen,
weshalb er nun in die Abendschule wechselte. 1943 erhielt Kissinger die
US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Anschließend diente er bis 1946 in der
Army, für die er in Deutschland zum Einsatz kam. Nach Kriegsende blieb
Kissinger zunächst in Europa, wo er als Dozent an der European Command
Intelligence School in Oberammergau tätig wurde. 1947 kehrte Kissinger in die
USA zurück, um sich an der Harvard University einzuschreiben. 1952 schloss er
dort mit dem Master ab. Zwei Jahre später promovierte er zum Dr. phil.
1952-1969 leitete Kissinger an seiner Hochschule die als Harvard International Seminar
titulierte Sommeruniversität. Hier lernte er bereits viele ausländische
Kapazitäten kennen, mit denen er später als Außenpolitiker zu tun haben sollte.
1957 wurde er zum Dozenten, 1962 zum Professor in Harvard berufen, wo er bis
1965 ein volles Lehrpensum wahrnahm.
Der Eintritt Kissingers in eine ausgesprochen politische Tätigkeit datiert von
Anfang der 1960er Jahre. Unter den Präsidenten John F Kennedy und Lyndon B.
Johnson war er bis 1962 als Berater für den Nationalen Sicherheitsrat und bis
1967 als Berater in Abrüstungsfragen tätig. 1965 wurde er als Berater in das
State Department berufen, das sich mit der Situation in Vietnam
auseinanderzusetzen hatte. In den folgenden beiden Jahren besuchte Kissinger
mehrere Male Vietnam. 1969 erhob Präsident Richard Nixon den sachverständigen
außenpolitischen Experten zum Leiter des Nationalen Sicherheitsrats. In dieser
Funktion, die er bis 1975 ausübte, wandte sich Kissinger gegen die von Kennedy
und Johnson zuvor gegenüber der Sowjetunion eröffnete Politik der Aussöhnung
und Annäherung. Dennoch trug er als einer seiner ersten außenpolitischen
Erfolge zum Abschluss der SALT- Verhandlungen mit der UdSSR bei, die in die
Vertragsunterzeichnung durch Nixon und Leonid Breschnew in Moskau mündeten.
Kissinger hatte auch Anteil am Zustandekommen der Vereinbarung über den
Viermächtestatus von Westberlin, die am 3. September 1971 getroffen wurde und
wesentlich zur Erleichterung des Austausches und Reisens zwischen beiden Teilen
der Stadt beitrug. Großen Einfluss hatte Kissinger auch auf die
geheimdiplomatischen Vorbereitungen, die unter der Präsidentschaft Nixons zu
einer Annäherung zwischen den USA und der Volksrepublik China führten.
Gegenüber dem Vietnam-Problem suchte Kissinger die Interessen der USA mit einer
Politik der militärischen Stärke zu wahren, was ihm die meiste Kritik
bescherte. Dennoch gelangte er mit Le Duc Tho 1973 zu einem Waffenstillstand,
der beiden den Friedensnobelpreis einbrachte und den Abzug der amerikanischen
Truppen aus Vietnam einleitete. 1973 stieg Kissinger zum Außenminister unter
Nixon auf. Nach dessen Rücktritt infolge der Watergate- Affäre wurde er in
dieser Funktion für die gesamte Amtszeit des nachfolgenden Gerald Rudolph Ford
1974-1977 bestätigt. Als Außenminister versuchte Kissinger vor allem im
Nahostkonflikt durch eine als "shuttle diplomacy" bezeichnete intensive
Reisetätigkeit zwischen der arabischen und israelischen Seite zu vermitteln.
Damit ermöglichte er u. a. 1974 den Abschluss des
Truppenentflechtungsabkommens.
Nachdem Kissinger infolge der Wahlniederlage Fords 1977 aus dem Ministeramt
ausgeschieden war, gründete er 1982 die Beratungsfirma "Kissinger Associates,
Inc.", die weltweit für Regierungen und Wirtschaftsunternehmen Analysen
erstellt. 1987 wurde Kissinger mit dem Internationalen Karlspreis der Stadt
Aachen ausgezeichnet. Nach den Umbrüchen von 1989/90 in den ehemaligen
Ostblockstaaten machte sich Kissinger für eine Aufrechterhaltung der
transatlantischen Bündnissysteme zwischen den USA und Europa, für eine rasche Wiedervereinigung
Deutschlands und eine Fortführung der europäischen Einigung stark. Er meldete sich auch weiterhin durch
zahlreiche Veröffentlichungen zu Wort. 2001 erschien seine Abhandlung über
"Does America Need a Foreign Policy?".
Henry Kissinger lebt in
New York City und Washington D. C.
Nachdem sich die amerikanische Regierung bis 1964 jedenfalls nicht offiziell in Indochina engagierte, kam mit dem sogenannten Tonking - Zwischenfall die Wende.
Dabei griffen am 2. und 4. August 1964 drei nordvietnamesische Kanonenboote zwei amerikanische Zerstörer, darunter die USS Maddox, an. Diese schossen zurück und schlugen die drei Boote, die eigentlich völlig chancenlos waren, mit Hilfe der US- Air Force zurück.
Der springende Punkt dieses Vorfalls war die Tatsache, dass die amerikanischen Zerstörer in nordvietnamesische Hoheitsgewässer eingedrungen waren.
Nordvietnam beanspruchte nämlich eine Zwölf- Meilen- Zone als Hoheitsgewässer, obwohl nur elf Meilen üblich sind. Da die Zerstörer sich jedoch bis auf elf Meilen der Küste genähert hatten, wurde dies als Aggression aufgefasst. Ausserdem wussten die Amerikaner von den geplanten Angriffen auf die USS Maddox, da entsprechende Funksprüche vorher abgefangen wurden.
Dieser Angriff gab Präsident Johnson die Möglichkeit, eine Resolution im Kongress durchzusetzen, wodurch er jegliche militärische Vollmacht für Vietnam erhalten würde. Dieser Antrag, die sogenannte "Tonking Gulf Resolution" wurde am 7.8.1964 dann auch angenommen.
Allerdings bleibt offen, ob der Angriff nicht nur frei erfunden wurde, um eine Intervention der Amerikaner zu rechtfertigen. Vor allem wenn man bedenkt, dass die USA schon lange kooperierten. Die Vermutung, das der Angriff nur erfunden wurde ist gar nicht so weit hergeholt, wenn man bedenkt, das der Kommandeur der Soto- Patrouille, Captain Herrick, Zweifel an diesem Angriff hatte. Und er muss es doch gewusst haben, schliesslich befand er sich zum Zeitpunkt des Vorfalls an Bord der USS Maddox.
Hinter den sogenannten 34A- Operationen verbargen sich Entführungsaktionen nordvietnamesischer Bürger, sowie Sabotageakte durch Südvietnamesische Fallschirmjäger. Jedoch bestand immer wieder die Gefahr, dass diese Aktionen von der Öffentlichkeit entdeckt würden. So z.B. wurde der Kongress auf das Engagement der USA in Indochina aufmerksam, als Ende Juli 1964 ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug über Laos abgeschossen wurde und darauf als Vergeltung Vietcong- Stellungen in Laos bombardiert wurden.
So war der Tonking- Zwischenfall dann für die USA der offizielle Anlass, um nun endlich in Vietnam einzugreifen. Ab Februar 1965 bombardierten die USA jene Ziele, die im Rahmen der erwähnten 34A- Operationen festgelegt worden waren. Eines der ersten Ziele war der Ho Chi Minh Pfad. Dieser Pfad war ein rund 16'000 km langes Netz aus Pfaden, welches die Versorgung des Vietcong mit Waffen und Nahrung aus Laos und Kambodscha sicher stellte.
Bald darauf folgten Hubschrauberangriffe auf Stellungen des Vietcong im Südvietnam und der Einsatz von Bodentruppen. Dabei kamen nicht nur amerikanische Truppen zum Einsatz, sondern auch Soldaten der SAETO (South East Asia Treaty Organisation= Südostasien - Pakt - Organisation), einer Verteidigungsorganisation, welche sich aus Truppen der USA, Grossbritanniens, Frankreichs, Pakistans, Neuseeland, Südkorea und den Philippinen zusammensetzte. Dadurch wuchs die Zahl der Soldaten unter amerikanischem Kommando bis 1968 auf 543'000.
Der Vietcong, so simpel seine Methoden uns heute erscheinen mögen, bereitete den Amerikanern die grössten Sorgen. Die Tatsache das sich der Vietcong nur auf Dschungelkämpfe spezialisiert hatte, die Amerikaner hingegen bisher kam Erfahrung mit Einsätzen im Dschungel hatte, und ein Grossteil Vietnams aus Dschungel bestand, brachte dem Vietcong riesige Vorteile. Dabei spielte es auch keine Rolle, das die Soldaten des Vietcong viel schlechter ausgerüstet waren als ihre Gegner und die meisten von ihnen weder militärische Ausbildung noch Kampferfahrung hatten.
Ein entscheidender Bestandteil des überraschenden Erfolgs des Vietcong war ein riesiges Tunnelsystem, mit dessen Bau schon kurz nach Beginn des zweiten Weltkriegs begonnen wurde. In seinen Glanzzeiten erreichte es eine Länge von 250 km. Im Durchschnitt lagen die Tunnel in 10 Metern Tiefe, waren 60 Zentimeter breit und etwa 1,5 Meter hoch.
Diese Tunnel waren wahre Meisterleistungen, wenn man bedenkt, das sie durch dicke Lucken untereinander getrennt waren und damit sogar vor Überschwemmungen und Gasangriffen geschützt waren. Manchmal befanden sich in solchen Tunnelabschnitten sogar ganze Siedlungen, komplett mit Schule Lazarett, Küche, Lagerräumen, Wasserlöchern, und gut getarnten Eingängen. Somit reichten wenige Kämpfer aus um die Tunnel zu verteidigen und den Amerikanern schwere Schäden zuzufügen, indem einfach einige Scharfschützen in der Nähe der Eingänge positioniert wurden. Diese konnten dann auf die Invasoren schiessen und bevor die Angegriffenen wussten wie ihnen geschieht, waren die Schützen schon wieder in den Tunneln verschwunden.
Da selbst 100 kg schwere Bomben und 60 Tonnen schwere Panzer den Tunneln nichts anhaben konnten, dauerte es sehr lange bis die Tunnel entdeckt wurden, und selbst das geschah aus Zufall. Ein amerikanischer Soldat setzte sich aus Versehen auf einen Eingang der Tunnel, aus dem ein Nagel herausragte. Kaum war der Tunnel entdeckt, wurden auch schon Rauchgranaten hineingeworfen. Dieser Rauch quoll dann aus vielen verschiedenen Löchern im Wald wieder hervor. Nun wusste man wonach man suchte und es wurden immer mehr Tunnel entdeckt, diese waren jedoch häufig schon verlassen.
Erst als die Amerikaner anfingen 400 kg schwere Bomben abzuwerfen und die sogenannten Tunnelratten ausbildeten, konnten sie Erfolge gegen die Tunnel des Vietcong verbuchen. Doch wirklich erfolgreich war die Infiltration des Tunnelsystems nie, es war ganz einfach zu gross. Die Tunnelratten, welche ganze Gruppen stellten und eine eigene Akademie hatten, waren meist kleinwüchsige Puertoricaner. Nach ihrer harten Ausbildung war es ihr Job, nur mit einem Revolver bewaffnet, in die Eingänge der "Chu Chi" genannten Vietcong- Tunnel zu kriechen und nach etwaigen Gegnern zu suchen.
Auf die Versuche der Amerikaner, den Gegner mit Hunden aufzuspüren, reagierten die Vietcong mit dem ausstreuen von Pfeffer, wodurch die Hunde irritiert wurden, oder mit Seife. Denn selbst der beste Hund schlägt bei einem mit Seife gewaschenen und somit amerikanisch riechenden Vietcong nicht an. Durch solche raffinierten Methoden gelang es dem eigentlich unterlegenen Vietcong immer wieder die Amerikaner in die Flucht zu schlagen.
Eines der Hauptprobleme der amerikanischen Truppen in Vietnam war grün, dicht und erstreckte sich über zwei Drittel des Landes - der Dschungel. Aus der Deckung der Wälder heraus griff der Vietcong erfolgreich immer wieder an und drohten die überlegene aber nicht an Guerillakrieg an gepasste amerikanische Armee zu blamieren.
Schon vor Beginn des eigentlichen Krieges suchten deshalb die US- Militärstrategen fieberhaft nach einer effektiven Methode, dem Feind die Deckung zu nehmen. Die gerade erst entwickelten Phenoxy- Herbizide lieferten ihnen genau die Mittel , die sie brauchten - sie entlaubten Bäume und Krautpflanzen innerhalb von wenigen Tagen.
So begann ab 1962 die amerikanische Armee in Vietnam mit dem Versprühen von Pflanzenvernichtungsmittel. Ziel des Einsatzes dieser Chemikalien sollte die Vernichtung des dichten Regenwaldes, in dem sich der Vietcong wunderbar verstecken konnte. Die Aktion lief unter dem Namen TRAIL DUST, die bekannte Bezeichnung RANCH HAND galt nur für Herbizidversprühung mit C- 123 Bombern.
Der erste Flug, bei dem Chemikalien versprüht wurde, wurde am 10. August 1961 durchgeführt. Rund ein halbes Jahr später traf in Saigon die erste Schiffladung mit rund 600'000 Litern Herbizid ein. Der letzte Hubschraubereinsatz bei dem Agent Orange ausgetragen wurde erfolgte am 31.10.1971. Die letzen Fässer mit für Vietnam bestimmten Herbiziden wurden erst im Jahr 1977 verbrannt.
Bei den verwendeten Pflanzenvernichtungsmitteln handelte es sich um Dioxinhaltige Chemikalien. Die Fässer in denen die Chemikalien transportiert wurden, waren alle mit einen rund 10 cm breiten farbigen Streifen markiert und erhielten dadurch ihre Namen. Ein Überblick über die verwendeten Chemikalien:
Code Farbe(Agent) |
Produktion in Litern |
Green |
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Pink |
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Purple |
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Blue |
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White |
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Orange |
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Total: |
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Diese Zahl von über 100 Milionen Litern Spritzmittel lässt erahnen, das der Einsatz der Mittel ohne Rücksicht auf Spätfolgen erfolgte. Die damals in der Landwirtschaft gültige Höchstmenge für Spritzmittel wurde im Durchschnitt um mehr als 9'000% überschritten. Der untenstehenden Tabelle kann man die eingesetzte Menge an Agent Orange pro Jahr entnehmen.
Jahr |
Verbrauch in Litern |
Behandelte Fläche in km2 |
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Jahr unbekannt: |
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Total: |
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Amerikanischer Bomber, ähnlich wie die zum Spritzen eingesetzten.
Hinzu kommen oben aufgeführten anderen Chemikalien, welche zum Teil sogar ein mehrfaches an Dioxin enthielten.
An der Lieferung des gesamten Materials für Bomben und die Spritzmittel waren ganze Wirtschaftszweige beteiligt, was die Wirtschaft in den USA am Anfang des Krieges kräftig ankurbelte. Doch auch andere Länder verdienten an diesem Krieg. So beispielsweise auch deutsche Firmen, wie das Unternehmen Boehringer. Es war an der Herstellung von Agent Orange beteiligt und der damalige Geschäftsführer Richard von Weizsäcker wurde später sogar Bundespräsident.
Mit diesen radikalen Massnahmen wollten die USA die Nordvietnamesen zur Verhandlungsbereitschaft drängen. Die Versuche Friedensverhandlungen aufzunehmen wurden von Nordvietnam jedoch immer abgelehnt.
Eine Studie, die das amerikanische Verteidigungsministerium 1967 in Auftrag gab, kam zum Ergebnis, dass der Herbizideinsatz keinerlei bleibende Schäden hinterlassen werde. Zudem werde die betroffene Region schon bald wieder vollständig bewachsen sein. Diese Studie hatte jedoch einen kleinen Schönheitsfehler: Die «Ergebnisse» der Studie basierten auf einer Sichtung der bereits vorhandenen Literatur, eigene Untersuchungen wurden keine durchgeführt.
Der Spritzmitteleinsatz ging weiter, doch schon bald wuchsen Zweifel an dieser Einschätzung der Folgen. 1968 analysierte ein Komitee der Nationalen Akademie der Wissenschaften die Ergebnisse der Studie und kam zum Schluss, dass "es bei dem momentanen Stand der Forschung keinesfalls möglich ist, Rückschlüsse auf die Folgen eines derartigen Einsatzes von Herbiziden zu ziehen".
Diese Bewertung konnte die Operationen TRAIL DUST und RANCH HAND zwar nicht stoppen, weckte aber Zweifel an der optimistischen Einschätzung der Folgen durch das Militär und bewirkte, dass erneute Studien in Auftrag gegeben wurden. Die "National Academy of Sciences" veröffentlichte 1974 die Ergebnisse ihrer Untersuchung, drei Jahre nachdem der Herbizideinsatz - aus politischen, nicht aber aus ökologischen Gründen - beendet worden war.
Das Ergebnis der Untersuchung kam für die Natur jedoch zu spät. Zu diesem Zeitpunkt war mehr als ein Drittel aller Mangrovenwälder Südvietnams dauerhaft zerstört, von natürlicher Regeneration war keine Spur. Die Forscher mussten feststellen, dass die Küstengebiete in den nächsten Jahrzehnten ohne Hilfe wohl nicht mehr in ihren natürlichen Zustand zurückfinden würden. Die Wälder im inneren des Landes erholten sich nur langsam von der wiederholten Giftdusche. Eine nachhaltige Veränderung der Bodenfauna und das immer noch im Untergrund angereicherte Gift beeinflussten die Artenzusammensetzung der neugewachsenen Pflanzen und liessen die einst artenreichen Ökosysteme verschwinden.
Die Hochebene von A Loui zum Beispiel war bis vor dem Krieg von immergrünem tropischen Regenwald bedeckt: Baumriesen ragten bis zu 45 Meter in die Höhe, Elefanten, Büffel, Tiger , Affen, Hirsche und rund 150 verschiedene Vogelarten bevölkerten die verschiedenen Schichten des Waldes. Heute ist diese Hochebene eine tote, trockene Savanne, auf der lediglich Unkraut wächst - kein einiger lebender Baum und kein grosses Tier ist übrig geblieben. Einzig die Ratten vermehren sich von Jahr zu Jahr, da ihre natürlichen Feinde entweder ausgestorben oder abgewandert sind. Sogar Fische und Insekten sind rar geworden. Von der vielfältigen Vogelwelt sind gerade Mal 21 Arten übrig geblieben.
Auch Heute, mehr als 30 Jahre nach Ende des Herbizideinsatzes kämpft man in Vietnam noch gegen den dramatischen Rückgang der Mangroven. Allerdings ist auch das starke Bevölkerungswachstum in den Küstenregionen und die damit verbundene Abholzung schuld an der Dezimierung der Mangroven. Trotz Versuchen der Wiederaufforstung sind weite Teile der Küsten fast Mangrovenfrei. Da somit nichts mehr da ist, was die Küste festhält reicht ein einziger Taifun schon um bis zu 15 Meter Boden wegzutragen.
Mittlerweile kommt jedoch auch Hilfe von der Regierung aus Hanoi, wenn auch aus eher wirtschaftlichen Gründen. Ohne den Puffer der Mangroven treibt der grosse Monsunregen immer häufiger salziges Meerwasser über die Flussmündungen in das innere des Landes. Dadurch versalzen die Felder vieler Bauern und die Ernte geht zurück. Deshalb verkündete die Regierung vor einiger Zeit die Absicht, mit einem 50 Millionen Dollar Kredit der Weltbank in drei südlichen Provinzen des Landes umfangreiche Wiederaufforstungsprogramme einzuleiten.
Eigentliche Ursache des Engagements der USA im Vietnam war die Dominotheorie, welche vorhersagte, dass sich der Kommunismus immer weiter ausbreiten würde.
Während des Krieges scheuten es die Amerikaner auch nicht, gewaltsam gegen die Zivilbevölkerung in Vietnam vorzugehen. So zum Beispiel beim Massaker von My Lai. In dieser Küstensiedlung südlich von Da Nang, wurden von den Amerikanern am 16.3.1968 504 Dorfbewohner, darunter auch 174 Kinder und 76 Säuglinge regelrecht hingerichtet. Erst nachdem der Hubschrauberpilot Hugh Thompson eingriff, fand das Gemetzel ein Ende.1971 wurde der damalige Befehlshabende Offizier zu lebenslanger Haft verurteilt, drei Jahre später wurde er jedoch wieder freigelassen.
Da die Bilder des Krieges durch die Journalisten den Weg an die Heimatfront fanden, führten solche und andere Massaker bald zu heftigen Protesten und zur Gründung von Wiederstandsbewegungen, über die später noch berichtet wird.
Doch eigentlich hatten die amerikanischen Soldaten guten Grund gegen etwaige mit dem Vietcong sympathisierende Dörfer vorzugehen, da jeder potentieller Vietcong- Kämpfer sein konnte. Denn schon mehrmals hatten nicht verdächtig Vietnamesen, wie zum Beispiel Frauen, mehrere GI's mit Hilfe von Handgranaten umgebracht, die sie in grössere Gruppen Soldaten geworfen haben. Doch auch die Nordvietnamesen gingen mit ihren Gegnern nicht gerade freundlich um. Dies zeigte zum Beispiel die grosse Tet- Offensive, die nach dem buddhistischen Neujahrsfest Tet benannt wurde. Dabei griffen in der ersten Februarwoche des Jahres 1968 36'000 nordvietnamesische Soldaten und Vietcong- Guerillas 28 südvietnamesische Städte an, wobei Flughäfen und Stützpunkte zerstört wurden. Auch der Kern der alten Kaiserstadt Hué war zeitweise von den Kommunisten besetzt.
Nachdem die Regierungstruppen die Stadt zurückerobert hatten, fand man jede Menge Massengräber mit tausenden Leichen ermordeter Zivilisten. Doch trotz all dieser Brutalität und trotz allen Opfern (allein 1000 amerikanische, 2000 südvietnamesische und 32000 nordvietnamesische Soldaten) war die Tet- Offensive militärisch erfolglos.
Politisch und psychologisch jedoch war die Tet- Offensive ein voller Erfolg, da sie die Bereitschaft der Amerikaner steigerte an den Verhandlungstisch zu treten und zeigte, dass sich der Vietcong keineswegs auf nur in Dschungelkämpfe verwickeln liess, sondern es auch nicht scheute offene Kämpfe zu bestreiten.
So fanden am 10.5.1968 dann in Paris Vorverhandlungen statt, welche einen Bombardierungstopp seitens der Amerikaner zur Folge hatten. Präsident Richard Nixon, der zusammen mit seinem Sicherheitsberater Henry Kissinger durch die Vietnamisierung das amerikanische Engagement der USA im Vietnam zu beenden. Dieses Konzept sah einen "ehrenvollen Frieden" vor, das heisst den Rückzug von rund 90'000 amerikanischen Soldaten aus Vietnam und den Ausbau der südvietnamesischen Streitkräfte, sowie die Übertragung der Verantwortung für den Krieg auf Saigon. Nachdem alle Forderungen die der Vietcong im Vorfeld gestellt hatte, erfüllt waren, sassen ab 1969 alle Kriegsparteien, die USA sowie Vertreter der beiden Vietnam und der Vietcong am Verhandlungstisch.
Diese ohnehin nicht sehr ergiebigen Verhandlungen wurden abrupt unterbrochen, als im April 1970 amerikanische Truppen in Kambodscha einfielen und Laos sowie den Ho- Chi- Minh Pfad bombardierten, um einem Vorstoss nordvietnamesischer Truppen zuvor zu kommen. Diese Aktion war jedoch erfolglos, sie hatte lediglich internationale Proteste zur Folge.
In der Zeit zwischen April 1970 und Januar 1973 fanden mehrere Friedensverhandlungen statt, welche jedoch alle erfolglos waren und alle eine erneute Eskalation des Krieges zur Folge hatten.
Erst das Abkommen, welches am 28. Januar 1973 in Kraft trat, war Erfolgreich. Es beinhaltete den kompletten Abzug amerikanischer Truppen aus Vietnam und die Herausgabe aller Kriegsgefangener - all das innerhalb von 60 Tagen. Weiter anerkennten die verschiedenen Parteien eine entmilitarisierte Zone als provisorische Grenze. Zudem wurde im Verlauf der Verhandlungen der Verblieb von 145'000 nordvietnamesischen Soldaten gutgeheissen. Südvietnam stimmte diesem Vertrag jedoch erst zu, als durch die USA finanzielle Hilfe zugesagt wurde.
Damit war die zweite, sogenannte amerikanische Phase des Vietnamkrieges beendet. Die Kämpfe zwischen Nord- und Südvietnam waren damit jedoch noch nicht zuende, sie steigerten sich sogar in einen Bürgerkrieg.
Dabei überrollte nordvietnamesische Einheiten förmlich den Süden. Südvietnam hatte kaum eine Chance, da seine Soldaten politisch kaum motiviert waren und auch die Bevölkerung inzwischen Kriegsmüde geworden war. Der Norden konnte somit ohne grosse Probleme innerhalb weniger Wochen bis Saigon vorstossen und eroberte es am 30.4.1975. In der Folge wurden Nord- und Südvietnam zur Sozialistischen Republik Vietnam vereinigt. Saigon wurde nach dem unterdessen verstorbenen Präsidenten von Nordvietnam, Ho Chi Minh, benannt und im April 1976 wurden die ersten gesamtvietnamesischen Wahlen durchgeführt. Deren Proklamation stellte den letzten Akt der Wiedervereinigung.
Der Vietnamkrieg ging aus vielerlei Gründen als ,besonderer' Krieg in die Geschichte ein. Zunächst aber war er der erste und einzige unzensierte Krieg des 20. Jahrhunderts. Die Kriegsberichterstatter konnten ohne staatliche Kontrolle über das Kriegsgeschehen vor Ort berichten und mit Bildern dokumentieren. Eine direkte Zensur war aus einem einfachen Grund nicht gegeben: Der amerikanische Kongress hatte niemals eine Kriegserklärung gegen Vietnam ausgesprochen. Der Krieg wurde als solcher von der amerikanischen Regierung von Anfang an lediglich als «amerikanisches Engagement» vertuscht, eine direkte Zensur hätte die amerikanische Presse misstrauisch gemacht. Gleichzeitig ging die amerikanische Streitmacht von einem kurzen und schmerzlosen militärischen Einsatz in Vietnam aus und stellte diese Ansicht auch so in der amerikanischen Öffentlichkeit dar. Dass sich dies sehr bald als Irrtum und der Krieg sich als Selbstläufer entpuppen sollte, schien keinem Amerikaner anfangs möglich zu sein.
Als sich dann bald ein Medien- Heer von über 700 Journalisten in Saigon
gebildet hatte, waren direkte Eingriffe der Militärs an der Quelle der
Nachrichten kaum noch möglich. Also wurde der Druck der Zensur später auf die
höheren Kader der Redaktionshierarchie in der Heimat selbst ausgeübt. Im
Glauben eines kurzen Kriegseinsatzes befürwortete ein Großteil der Medien -
Presse, Radio und Fernsehen - grundsätzlich die Kriegspolitik der Regierung und
hielten den vorgegebenen Mythos vom schnellen, sauberen Krieg mit
entsprechenden Nachrichten am Leben. Doch als die Hoffnung auf ein schnelles
und erfolgreiches Kriegsende sich nicht erfüllte, und spätestens mit der
Tet-Offensive 1968 die Bilder aus Vietnam andere Wahrheiten sprachen als die
Reden des Präsidenten Johnson vorgaben, änderte sich die Haltung der
Redaktionen. Von da an wurde die Forderung, den Krieg zu beenden, auch über die
Presse immer präsenter.
Nach dem Vietnamkrieg wurden, auch als eine Art Problembewältigung, eine grosse Zahl von Filmen zum Thema gedreht. Einige seien hier genannt:
Coming Home USA 1977 Regie: H. Ashby
The Deer Hunter USA 1978 Regie: M. Cimino
Apocalypse Now USA 1979 Regie: F.F. Coppolla
Platoon USA 1986 Regie: O. Stone
Full Metal Jack USA 1987 Regie: S. Kubrick
Born on the 4th of July USA 1989 Regie: O. Stone
Frankie's House AUS 1992 Regie: P. Fisk
Die Sichtweise der vietnamesischen Bevölkerung kommt meist viel zu kurz. Passable Ausnahmen:
Good Morning Vietnam USA 1987 Regie: B. Levinson
Heaven and Earth USA 1993 Regie: O. Stone
Mann muss sich auch vor Augen halten, das der Krieg in Vietnam ohne die Bilder, die an die Heimatfront gelangten, höchstwahrscheinlich noch einige Zeit länger gedauert hätte.
Je mehr Information und vor allem Bilder der Gräueltaten an die Öffentlichkeit gelangten, desto stärker wurde der Wiederstand gegen den Vietnamkrieg. Dieser war sehr vielschichtig. Ein bekanntes Beispiel sind die Studenten, welche sich zu Antikriegsbe- wegungen zusammenschlossen und demonstrierten. Aber auch Musiker und Sportler brachten ihre Abneigung gegen diesen Krieg in der Öffentlichkeit auf ihre Art zum Ausdruck. Cassius Clay, besser bekannt als Muhammad Ali entzog sich der Wehrpflicht. Dadurch verlor er nicht nur seinen Weltmeistertitel im Boxen und seine Boxlizenz, er wurde auch noch zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Doch auch in den Reihen der amerikanischen Soldaten gab es Widerstand, der den Militärs zu schaffen machte. So geschah es vor allem nach 1970 immer häufiger, das Soldaten ihre Befehle verweigerten. Der Wiederstand artete soweit aus, das es sogar Sabotageakte gab, und die Befehlsverweigerungen ähnelten einer Meuterei.
Eine Jugendbewegung der sechziger Jahre, die von den USA ausgehend nach Europa ausstrahlte. Ihre Anhänger, die so genannten Hippies, praktizierten - mehr oder weniger konsequent - den Ausstieg aus der etablierten Wohlstandsgesellschaft, die von vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen als politisch erstarrt, einseitig am Wohlstand orientiert und unglücklich machend empfunden wurde. Als Alternative wurde die Besinnung auf immaterielle Werte wie Liebe, Frieden und Glück ("Love, Peace and Happiness") sowie Toleranz beschworen. Das Zentrum des amerikanischen Hippietums lag im Haight Ashbury District in San Francisco. Außere Zeichen einer von der gesellschaftlichen Norm abweichenden Lebenseinstellung waren bunte, wallende Kleider und lange, teilweise blumengeschmückte Haare bei beiden Geschlechtern. Neben der "freien Liebe" und neuen Formen des Zusammenlebens propagierten die "Blumenkinder" den Konsum von "weichen" Drogen wie Marihuana und LSD sowie deren Legalisierung. Im Gegensatz zur aggressiven Beat Generation der fünfziger Jahre zogen sich die Hippies stärker auf das Private zurück, interessierten sich aber durchaus für die große Politik, wie sich schon bald an den flächendeckenden Protesten gegen den gleichzeitig stattfindenden Vietnamkrieg zeigte.
Eine wichtige Rolle für das Lebensgefühl der Hippiegeneration spielte die oft drogenbeeinflusste, psychedelische Musik, wie sie sich als Höhepunkt (und Abgesang) in dem legendären Woodstock-Festival vor einer gewaltigen Menschenmenge präsentierte. Vor allem an der amerikanischen Westküste entstanden in der Folge zahlreiche (Musiker-)Kommunen, die den Traum vom Paradise now leben wollten. In Europa - vor allem Frankreich und Deutschland - mündeten die Ideale der Hippie-Bewegung in jugendlichen Protestbewegungen (Pariser Maiunruhen) und den stark durchpolitisierten Anliegen der 68er-Bewegung. Die romantische Aufbruchstimmung und der Traum von einer besseren Welt machten indes schon bald einem resignativen Erkennen der realen Möglichkeiten Platz; der sorglose Umgang mit Drogen forderte zahllose prominente (Jimi Hendrix, Janis Joplin u. a.) wie namenlose Opfer.
Die Folgen dieses Jahrzehnte lang dauernden Krieges waren nicht nur finanzielle, sondern vor allem menschliche. So hatten die USA 57 000 Tote und 153 000 Verletzte zu beklagen, was aber durch die 2 000 000 Toten und 3 000 000 Verletzten Vietnamesen in den Schatten gestellt wurde. Dabei gibt es aber sehr differenzierte Angaben über die vietnamesischen Zahlen, da Opfer nicht entdeckter Massaker fehlen könnten. Doch auch die Antikriegsbewegung hatte Tote zu beklagen, so kamen weltweit bei Demonstrationen mehrere hundert Studenten um. Weiterhin nahmen sich nach dem Krieg 50 000 ehemaligen Vietnamveteranen in den USA das Leben.
12 000 000 Vietnamesen wurden heimatlos, darunter auch viele Waisen. Zwischen 1975 und 1982 emigrierten 1 218 000 Vietnamesen aus ihren zerstörten Land und ließen sich in der ganzen Welt nieder. Auch der Einsatz des scheinbar harmlosen Pflanzenvernichtungsmittel "Agent Orange" brachte großen Schaden. So wurden rund 14% der vietnamesischen Waldfläche (amerikanische Angaben) zerstört und ein bis heute irreparabler ökologischer Schaden entstand. 17 000 000 Menschen waren dem Dioxin ausgesetzt, wovon 1 000 000 erkrankten. Bis heute gibt es noch Fehlgeburten mit schweren Mißbildungen. Kein Wunder, denn immerhin übertraf die Konzentration von "Agent Orange" die in Kanada zulässige Höchstnorm um sage und schreibe 9 000 %. Doch auch wirtschaftlich traf der Vietnamkrieg die USA hart. Weiterhin wurden 6 500 000 Tonnen Bomben abgeworfen, was etwa dreimal so viel war, wie im zweiten Weltkrieg. Insgesamt wurden 26 000 000 Bombenkrater gezählt. Ferner wurden 3 500 000 Landminen verwendet, die auch heute noch 2000 Menschen im Jahr verletzten oder gar töten.
Obwohl die Wirtschaft am Anfang des Krieges aufblühte, brach sie sehr bald zusammen. Auch büßten die USA die Hälfte ihres Weltmarktanteiles ein, der sich zu Beginn des Engagements immerhin auf ein Viertel des Weltmarktes belief. Über die Kosten ist man sich nicht so recht einig. Einige veranschlagten 25 Mrd. $ pro Jahr, andere nennen Zahlen zwischen 112 und 720 Mrd. $. Doch trotz dieser hohen Kosten hatten die USA noch 3 Mrd. $ für ihre ehemaligen Verbündeten, Südvietnam übrig, um es zu unterstützen. Es floss jedoch bis heute kein einziger Dollar als Entschädigung in den Norden des Landes. Auch ein Kriegsschuldeingeständnis der USA fehlt noch.
Politisch traf dieser Krieg die USA noch härter, als die gesamten finanziellen Folgen, denn schließlich wurde durch die Niederlage die Position der USA als "Welt - Sheriff" in Frage gestellt und der Vietnamkrieg ist der einzige Krieg, den die USA bis heute verloren haben, ihr Ruf als unbesiegbare Supermacht stand auf dem Spiel. Doch auch wenn es offensichtlich nur Verlierer in diesem Krieg gab, einige Wirtschaftszweige erhielten durch ihn einen ungeheuren Schub, so zum Beispiel die Rüstungsindustrie, die sich in dieser Zeit prächtig entwickelte und in Amerika bis heute ein immenses wirtschaftliches Potential darstellt.
Das Vorgehen der Amerikaner im Vietnamkrieg ist unverzeihbar und war vollkommen ungerechtfertigt. Die Begründung, das die Weltordnung zum Zeitpunkt des Krieges durch den Kommunismus gefährdet war ist wohl nicht sehr gut, wie die Entwicklung nach dem Krieg gezeigt hat. Dieser Krieg war ein sinnloses Blutvergiessen, ausgelöst durch eine offene Konfrontation verschiedener Weltanschauungen. Der Rücksichtslose Einsatz von Spritzmitteln, unter welchem die vietnamesische Bevölkerung heute noch leidet, zeigt das den unbändigen Willen der Amerikaner auf, diesen Krieg zu gewinnen. Hinzu kommt, das die USA aus ihrer Niederlage nichts gelehrt haben und auch Heute noch in beinahe jeden Konflikt auf der Erde involviert sind. Beim der Aussage des heutigen Präsidenten der USA, George W. Bush, das die 'beste Armee der Welt' notfalls auch im Alleingang im Irak intervenieren werde, zeigt das die dieses Volk nichts aus den grauenvollen Erfahrungen ihrer Vietnamveteranen gelehrt hat.
Auszug aus dem Buch "Als mein Kind geboren wurde, war ich sehr traurig" von Peter Jaeggi (Lenos-Verlag). Das Buch dokumentiert die aktuelle Lage in Bezug auf die Gifte im Vietnamkrieg. Zu Wort kommen Wissenschaftler/innen aus Vietnam. Es zeigt die Geschichte von Agent Orange und wie sich die Verantwortlichen bis heute aus der Affäre ziehen.
Die Wissenschaftlerin Phan Thi Phi Phi ist stellvertretende Leiterin der Immunologischen Abteilung an der 'Hanoi Medical School'. Wir sitzen an einem kleinen, wackeligen Tischchen im Labor ihres Institutes. Der Deckenventilator übertönt ihre leise Stimme beinahe. Während des Krieges leitete die Arztin als Angehörige der Volksarmee ein Lazarett. Sie berichtet davon, wie sie und ihre Patienten oft Hunger gelitten haben, dass man nach allem nur Erdenklichen Ausschau gehalten habe, sogar Baumwurzeln kamen auf den Teller. Agent Orange hin oder her, man musste essen. 'Sofort nachdem sie jeweils unsere Felder besprüht hatten, ernteten wir den Maniok. Das Herbizid hätte ihn sonst sehr schnell zerstört.'
In der ersten Zeit, als die Sprayflugzeuge auftauchten, habe
man das Gesicht mit einem nassen Tuch geschützt; später jedoch nicht mehr.
'Es stank und trieb uns die Tränen in die Augen. Als Arztin wusste ich,
dass diese Chemikalien giftig sind. Aber wie giftig, wussten wir nicht.'
Die Folgen waren schrecklich. 'Viele meiner Freunde wurden steril oder sie
starben an Leberkrebs. Viele meiner Studenten bekamen missgebildete Kinder.
Erst vorige Woche starb einer meiner Arztekollegen von damals an
Pankreas-Krebs. Was mich betrifft, so ist es wohl nichts Aussergewöhnliches.
Nach jeweils anderthalb oder zweieinhalb Monaten Schwangerschaft verlor ich
mein Kind vier Mal habe ich meinen Fötus verloren.'
Phan Thi Phi Phi hat in ihren Studien aufgezeigt, dass das Immunsystem
vietnamesischer Kriegsveteranen, die sich damals in besprühten Regionen
aufhielten, stark geschwächt ist. Die Folgen können eine grössere Anfälligkeit
für Infektionen sein und eine höhere Krebsrate, wie etwa Leberkrebs,
Lungenkrebs und Krebs im Nasenrachenraum, sagt sie. 'Wir fanden heraus,
dass die Kriegsveteranen, die Herbiziden ausgesetzt waren, anderthalb Mal öfter
an Leberkrebs leiden als jene Veteranen, die nie mit Herbiziden in Berührung
kamen. Zwar fehlt uns das Geld für exaktere wissenschaftliche Untersuchungen.
Aber ich sehe es doch mit meinen eigenen Augen: Menschen, die in belasteten
Gebieten lebten, haben mehr Krebs, ihre Kinder haben mehr Geburtsschäden, die
Frauen haben mehr Gebärmutterkrebs.'
Dieses Interview wurde am 29.04.2000 aufgezeichnet und anschliessend in diversen Amerikanischen Zeitschriften abgedruckt. Das Gespräch führte Max Böhnel, New York. Als »Vietcong« (Kürzel für vietnamesischen Kommunisten) wurden im Westen alle gegen die USA und Saigon kämpfenden Vietnamesen apostrophiert
»Als wäre man für immer auf Hölle gebucht« jW-Gespräch mit dem Vietnam-Veteranen David Cline über seine Antikriegsaktivitäten in der US-Armee
David Cline ist 53 Jahre alt. 1967 kämpfte er in einer Eliteeinheit in Vietnam. Heute ist der Gewerkschaftsaktivist nationaler Koordinator der »Vietnam Veterans Against the War« und Führungsmitglied der »Veterans for Peace«. Er lebt von einer kleinen Versehrtenrente in Jersey City im Bundesstaat New Jersey.
Frage: Sie haben in einer Eliteeinheit in Vietnam gekämpft, wurden Kriegsinvalide und führen heute die »Vietnam Veterans Against the War« an. Wie sind Sie aufgewachsen?
Ich wuchs in einer braven christlichen Arbeiterfamilie in einer Kleinstadt in der Nähe von Buffalo, New York, auf. Als Kids sind wir in den 50er bis in die 60er Jahre hinein als typisch amerikanische Weiße gross geworden. Weit weg von irgendeinem Krieg, im Nordosten der USA. Als die Beach Boys bekannt wurden und die Beatles Schnulzen wie »I wanna hold your hand« sangen, drehten wir einfach »I can't get no satisfaction« von den Rolling Stones lauter. Diese Musik entsprach unserem Gefühl, und auf diesem Niveau befand sich unser Bewusstsein. Zeitung lesen war überhaupt kein Thema. Ich schloss 1964, als ich 17 Jahre alt war, die High School ab. Ein rebellischer Lebensstil war damals bereits Mode. Wir mochten den Kinohelden James Dean, der gegen seinen Vater und seine Umgebung aufmüpfig wird, und lehnten John Wayne, den die Alteren aus dem Zweiten Weltkrieg bewunderten, ziemlich ab. Als einfache Jungs hatten wir Lederjacken an, jagten den Mädchen hinterher, tranken Bier, standen auf Rock'n 'Roll und hatten meist einen Job. Und im Januar 1967 flatterte mir der Einberufungsbescheid ins Haus.
F: Hatten Sie keine Angst, in den Krieg zu ziehen, oder wachten mit einem flauen Gefühl im Magen auf?
Als 19jähriger Bursche hattest du doch keine Angst. Wir waren neugierig und unzufrieden. Mein Großvater und mein Vater waren schon einfache Soldaten in den beiden Weltkriegen gewesen und kehrten unversehrt zurück. Dafür erhielten sie vielerlei Auszeichnungen, und das war offenbar die Belohnung des Vaterlandes dafür, dass sie in Europa für eine gute Sache gekämpft hatten. Den Patriotismus in Frage zu stellen, darauf wären wir nicht gekommen. Er war schlichtweg eine feste Größe und vertrug sich hervorragend mit unserer Lust auf Abenteuer und dem Bedürfnis, mal etwas anderes zu sehen. Vor allem ging es dabei wieder um eine gute Sache. Denn kommunistische Aggressoren hatten schon wieder ein Land überfallen und stahlen den armen Leuten Freiheit und Demokratie. Davon war überall zu hören, und um dagegen etwas zu unternehmen, brauchte uns Amerika. Mein Vater hatte mit der Waffe in der Hand Frankreich befreit! Ich war wirklich neugierig. Die Armee bildete mich zum Schützen und im Guerilla-Nahkampf aus. Wir wurden nach ein paar Wochen über den Pazifik verschifft und ich fand mich Mitte 1967 in Süd-Vietnam als Schütze in der 25. Infanterie- Division wieder. Das eine Jahr Vietnam, dachte ich mir wie viele andere, das wird schnell vorbeigehen und schon glimpflich verlaufen.
F: Ein Pflichtjahr?
Ja. Du wurdest einer Einheit zugeteilt und ein Jahr lang an vielen unterschiedlichen Kampfzonen in Vietnam eingesetzt. »Vietnam-Tour« hieß das. Man wusste nie, wo der nächste Einsatzort sein würde - nach zwei bis drei Wochen Kampfeinsatz am Stück ging es für wenige Tage per Hubschrauber zum Ausruhen an die Basis zurück. Und dann wieder von vorne. Das individuelle Ziel war in kürzester Zeit jedem GI klar: irgendwie zu überleben, bis es vorüber sein würde, und dabei dem Kumpel zu helfen, der im selben Drecksloch wie du hockte. Wer nicht mehr mitmachen wollte und den Einsatz verweigerte, wurde von der Military Police eingelocht und erhielt kurz darauf einen neuen Kampfbefehl.
F: Sind Schilderungen des Vietnam-Kriegs aus Sicht von GIs, zum Beispiel »Apocalypse Now« von Francis Ford Coppola, realistisch?
Das ist einer der besten Filme, wenn nicht der beste überhaupt. Darstellung und Asthetisierung der Realität sind darin so aufeinander abgestimmt, dass ein schockierender Antikriegsfilm entstand. Ja, wir waren dauernd dreckig und verklebt, konnten uns kaum waschen, schliefen wochenlang nur zwei Stunden mit einer Stunde Unterbrechung zum Wacheschieben, dann wieder schlafen und so weiter. Wegen dem Ungeziefer, das sich einnisten wollte, konnte man im Dschungel keine Unterwäsche tragen. Man war todmüde und fühlte sich in der Hitze und Feuchtigkeit wie Dauerscheiße. Es gab maximal einmal täglich zu essen. Und da waren die Phasen dieser grauenvollen Zeitlosigkeit, so, als wäre man für immer auf Hölle gebucht. Wenn wir in der Basis ausruhten, haben wir sagenhaft viel Pot geraucht, um auf andere Gedanken zu kommen. Ein Heroinproblem gab es in unserer Einheit damals zum Glück noch nicht. Coppolas Film ist Abbildung von Realität: Unsere Einheit wurde irgendwo im Dschungel abgesetzt, dann angegriffen, worauf wir zurückschossen und versuchten, unseren Arsch zu retten. Die Vietcong versuchten, uns so schnell wie möglich auszuschalten, bevor aus der Luft US-Verstärkung kam, die sie wiederum ausgeschaltet hätte.
F: Wurden Sie verwundet?
Das erste Mal während eines Gefechts namens »Horse Shoe«. Wir wurden am Saigon-Fluß abgesetzt, an einer Nachschub-Route der Vietcong. Die Vietnamesen hatten herausbekommen, wann wir ankommen würden und vorsorglich versteckte Betonbunker in Form eines Hufeisens um unseren Landeplatz gebaut. Sie erwischten uns beim Absetzen aus den Helikoptern. Viele von uns starben, und noch mehr wurden verletzt. Wir standen in den Reisfeldern, und ein kleiner Afroamerikaner aus Chicago, dessen Namen ich vergessen habe, steckte in voller Montur im Reisschlamm fest. Die schwere Munition, die er umhatte, drohte ihn nach unten zu ziehen. Das arme Schwein rastete total aus und schrie in Todesangst. Als ich versuchte, ihn herauszuziehen, bekam ich eine Ladung oben links in den Rücken. Die Kugel streifte meine Rippen und trat auf der unteren rechten Rückenseite wieder aus. Das Schiessen ging weiter, aber ich erlitt ein Lungenversagen. Die Kameraden hielten mich für tot, brachten mich aber in Sicherheit. Ich erlangte das Bewusstsein wieder und kam in ein Army-Krankenhaus. Schon zwei Monate später schickte mich die Armee zurück zur Kampfeinheit.
F: Kurz nachdem die US-Regierung verkündet hatte, der Sieg sei nahe und man sehe »Licht am Ende des Tunnels«, begann im Februar 1968 die Tet-Offensive. Hatten Sie auf den Kampfplätzen eine Ahnung von der Strategie der vietnamesischen Guerilla?
Wir mussten mehrere Einsätze im sogenannten Eisernen Dreieck, einem »befreiten Gebiet« der Vietcong mit vielen Untergrundtunneln, durchstehen. Es war absolut hirnrissig. Denn unsere Aufgabe war es, dort gegen die wohl verankerten Guerillas der Nationalen Befreiungsfront vorzugehen. Später sollten wir in einer Provinz bei den Blue- Virgin-Bergen kämpfen, einem Gebiet, das schon seit Jahren »befreit« war und politisch sowie militärisch von den vietnamesischen Linken kontrolliert wurde. Schon gegen die Franzosen hatte die Bevölkerung und ihr Militär hier starken Widerstand geleistet. Jetzt also wir Amis: Wir machten Überfälle, legten Hinterhalte, organisierten Razzien. Manchmal gegen den Vietcong, manchmal gegen reguläre nordvietnamesische Truppen. Wir hatten damals keine Ahnung, in welchem Ausmaß unsere eigene Armeeführung uns verheizte. Die nordvietnamesische Strategie hatte, wie sich erst später herausstellte, darin bestanden, amerikanische Einheiten aus den Städten in den Dschungel zu locken. Und der Vietcong würde dann die Städte einnehmen. Wir irrten quasi im Dschungel herum und fanden plötzlich Grenzmarkierungen, die Grenze zu Kambodscha darstellten. Genau dort wollten uns die einheimischen Kämpfer haben und aufmischen. Wir hatten nicht die geringste Ahnung.
F: Haben Sie selbst jemanden umgebracht?
Mein letztes Gefecht war am 20. Dezember 1967. An diesem Tag glaubte ich wirklich, mein letztes Stündchen habe geschlagen. Wir befanden uns in einer zerstörten Stellung der Franzosen - rundherum Blindgänger, aktivierte Bomben und Minen. Allen in der Einheit war klar, dass wir mitten in der größten Scheiße abgesetzt worden waren. Plötzlich überrannten uns reguläre nordvietnamesische Truppen. Sie hatten unsere Basis eingenommen, sprengten die Artillerie, und ich und zwei schwarze GIs - einer namens Jameson, der andere Walker - verkrochen uns in Erdlöcher, die sogenannten fox holes, und hofften, daß sie uns nicht finden würden. Schüsse überall, und immer wieder Schreie. Die Guerilla war gut ausgerüstet und hoch motiviert, ihr Land, das jahrzehntelang besetzt war, weiter zu verteidigen und uns rauszuschmeissen. Wir waren die Aggressoren! Es war nachts um zwei mitten in diesem wahnsinnigen Geballer, und ich streckte nur meine Knarre aus dem Loch, in dem ich in Todesangst saß. Plötzlich sehe ich über mir eine AK-47, weiß nicht, ob Freund oder Feind, und der dort oben offenbar ebenfalls nicht. Kurz: wir schießen beide aufeinander, er mir ins rechte Knie und ich ihm in die Brust. Die Kameraden brachten mich schnell in Sicherheit und gaben mir starken Alkohol zum Schmerzlindern. Am nächsten Morgen wurde ich zu »meiner« Leiche gebracht. »Du hast ein Schlitzauge gekillt«, lobte der Sergeant, »gute Arbeit«. Aber das war kein »gook«, wie die rassistische Abwertung auf amerikanisch heißt, sondern ein Bursche in meinem Alter, der da im Schneidersitz, das Gewehr über den Knien, an einen Baumstamm gelehnt war, die tödliche Schusswunde deutlich sichtbar in der Brust. Ein Mensch. Ich hatte ihn umgebracht.
F: Was geht einem durch den Kopf, wenn man sein Mordopfer vor sich hat und der Chef es gut findet?
Der Sergeant wollte, dass ich auf mich stolz bin und auf die Einheit und die ganze Scheiße. Aber ich fragte mich: Hatte der arme Kerl, der jetzt tot ist, eine Freundin? Wie wird sich seine Mutter fühlen, wenn sie davon erfährt? Ich konnte mein Opfer einfach nicht als Unmenschen betrachten. Später quälte mich die Frage: wieso er und nicht ich? In der Religion eine Antwort zu finden, hatte ich längst aufgegeben. Anfangs hatte ich immer gebetet: Lieber Gott, wende die Kugeln von mir ab und lass mich unversehrt hier rauskommen. Aber er war nicht interessiert daran, mir zu antworten. Unergründliche Wege. Also liess ich es auch. Zuvor hatte ich übrigens mehrere Verwundungen durch Schrapnell abbekommen. Wenn Leben und Tod so nahe zusammenliegen, weiß man, dass man alleine sterben wird, und niemand wird es verhindern.
F: Welches Feindbild war Ihnen zuvor während der Ausbildung über den Gegner eingehämmert worden?
»Gooks« sind sie alle, lautete die Message, egal ob Nord- oder Südvietnamesen. Du kannst den Schlitzaugen nicht trauen, rotierte die Gehirnwäsche-Maschine. Wenn du ihnen in die Hände fällst, schneiden sie dir den Penis ab und stecken ihn dir in den eigenen Mund, bis du daran verblutest und erstickst wie eine Sau. Die Huren in den Puffs seien gerissen, warnten die Ausbilder. So gerissen, dass sie sich Glasscherben in die Vagina stecken, damit der dumme GI, wenn er sie ficken will, sich selbst ungewollt den Schwanz abtrennt. Die Kriegspropaganda über den Feind war im selben Maße rassistisch wie sexistisch. Vietnamesen sind keine Menschen, sondern Bestien, war die Botschaft, und damit schickte die US-Regierung kaum 20jährige Amerikaner auf ein gequältes Volk los.
F: Wann hatten Sie Zeit nachzudenken?
Ich wurde mit meinem durchschossenen Knie nach Japan in ein Armeekrankenhaus transportiert. Dort hatte ich einen Vollgips und fand endlich die Musse zu lesen. In der Bibliothek stiess ich auf ein Buch, das mir die Augen öffnete. Der Autor hatte 1963 bis 1965 als hochrangiger US-Offizier in Vietnam gedient und die südvietnamesische Armee trainiert. Und er weigerte sich später, diesem Job weiter nachzugehen. Er schrieb über die Verlogenheit der US-Aussenpolitik, und dass die USA, wenn sie wirklich Freiheit und Demokratie im Sinne hätten, in Vietnam auf der falschen Seite stehen würden. Er schrieb über die korrupten Landbesitzer des Südens und seine betrügerischen Generäle, die von den USA unterstützt wurden. Gegen sie kämpften arme Bauern, die ihre Ausbeuter und Unterdrücker aus dem In- und Ausland loswerden wollten. Das ergab für mich erstmals Sinn. Denn ich hatte die Waisenheime in Südvietnam gesehen, und wie die Männer, die zu Zuhältern geworden waren, uns ihre Ehefrauen verkaufen wollten. Und von hier aus zur Erkenntnis, dass die Regierung des Südens eine Kreatur der USA war, war es nicht mehr weit. Ich kam zu dem Schluss, dass der Vietcong und die nordvietnamesische Armee die eigentlichen Patrioten und wir nicht Befreier, sondern bloß eine gigantische, arrogante und brutale Besatzungsarmee waren. Nach dem Krankenhausaufenthalt kam ich endlich zurück in die USA.
F: Weshalb hat das Vergessen-Wollen, das vielen Vietnam- Veteranen vor und nach Ihnen nicht glückte, auch bei Ihnen nicht funktioniert?
Viele sind nach der Rückkehr in die Heimat auf der Strasse gelandet, in der Mehrzahl Schwarze. Andere haben zu saufen angefangen und sind als Junkies nach ein paar Jahren gestorben. Manche haben jahrelang so getan, als sei nichts passiert, und sind später ausgeflippt. Bei mir erhielt mein ein Jahr jüngerer Bruder Bruce den Einrufungsbefehl just dann, als ich zurückkam. Ich erzählte ihm, dass das, was in Vietnam wirklich los war, ein dicker Haufen Scheisse sei, und Bruce trat einer Kriegsdienstverweigerergruppe bei. Er und ein Freund erhielten sechs Wochen lang in Buffalo Kirchenasyl, bis das FBI sie verhaftete. Etliche Friedensgruppen, darunter viele Vietnam-Veteranen, traten für die beiden ein. Auch von ihnen wurden einige verhaftet. Damals hielt ich, noch offiziell im Armeedienst und wegen meines Knieschadens auf Krücken, meine erste öffentliche Rede gegen den Krieg und gegen die Lügen der Regierung. Ich wollte verhindern, dass mein Bruder und die Tausenden Jüngeren, die ihre Bescheide erhielten, in diesen Wahnsinn gerissen würden. Nichts zu sagen und einfach vergessen zu wollen hätte ich mir nie verziehen.
F: Gab es in der Protestbewegung nicht starke Vorbehalte gegen die zurückgekehrten Soldaten?
Nein, das ist ein Mythos, der heute gern gepflegt wird. Die traditionelle Linke, ein Teil der politisierten Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg und die US-Spanienkämpfer wussten sofort, dass die politische Arbeit in der Armee gegen den Krieg fundamental war, wenn man ihn stoppen wollte. Viel Unterstützung kam von pazifistisch-religiösen Gruppen, von organisierten Soldatenmüttern, den »Mothers strike for peace« und aus Bürgerrechtsgruppen, die die Frage stellten, warum so viele GIs Afroamerikaner waren. Sogar aus der Studentenbewegung wurden uns Sympathien entgegengebracht. Sicher gab es darunter Ultralinke, die zurückgekehrte GIs bespuckten, und elitär denkende College- Kids aus den Mittelschichten, die gegen die dummen GIs ihren Klassenhass von oben pflegten. Aber das waren Randerscheinungen. Unterm Strich wurde diese vielschichtige Protestbewegung der beste Verbündete von uns jungen Heimkehrern, die der Krieg so ankotzte. Heute wird immer wieder vergessen, dass GIs in ihrer Mehrheit die untere soziale Schicht Amerikas ausmachten: Schwarze, Latinos, Arbeiterklasse und Deklassierte. Es gab darüber hinaus eine generationsbedingte Jugendbewegung, die ihre kulturellen Gemeinsamkeiten mit uns entdeckte: wir hörten zum Beispiel alle Rock'n Roll und kifften. Alle.
F: Woher kamen dann die wirklich beissenden Vorbehalte?
Von der Regierung und ihren Spitzeln sowieso. Die waren überall, aber sie waren erstens schnell ausgemacht, und zweitens war ihre Enttarnung nicht so wichtig, als dass wir ihr Priorität hätten geben müssen. Denn diese Bewegung war riesig, und sie wurde immer größer. Unangenehm waren traditionelle Veteranenverbände aus dem Zweiten Weltkrieg. Als ich vor Schülern sprach, wurde ich ein paarmal übel von Leuten angemacht, die mich als »fuckin' traitor«, als »verfickten Verräter«, bezeichneten, der »besser nach Russland zurückginge«. Und ich war doch gerade vom Kampf gegen die Kommunisten in Vietnam zurückgekommen. Konservative Veteranenverbände pflegten von uns das Vorurteil, wir seien Weicheier, Wichser, Kommunisten und Drogenabhängige.
F: War das nicht frustrierend und zermürbend?
Vorurteile kannte ich schon vor Vietnam. Ich wuchs damit auf. Wirklich frustriert waren viele aus der Studentenbewegung, weil sie - so ehrlich und vehement sie ihre Botschaft auch vorbrachten - den Krieg nicht stoppen konnten. Viele von ihnen brachten auf einmal Vietcong- Fahnen, Poster von Mao und Ho- Chi- Minh- Plakate mit, und die Weathermen flüchteten sich in Bombenanschläge, statt die Kriegsopposition zu verbreitern und dann zu bündeln. Ja, es gab schwere Rückschläge.
www.uniteandfight.com/kissinger.html
www.gibb.ch/bms
www.landscaper.net (Statistiken über Agent Orange)
www.members.cox.net/linarison/orange.html
www.lsg.musin.de/Geschichte/isb/vietnam/Vietnamkrieg.htm
Arbeit von Alexander Rost und Marco Blechschmidt (www.fundus.org )
Bilder:
Die Bilder stammen alle von den oben aufgeführten Homepages.
Bücher:
"Als mein Kind geboren wurde, war ich sehr traurig" von Peter Jaeggi (Lenos-Verlag)
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