Kreuzzüge
Erst der vom Westen ausgehende Säkularisierungsprozeß der modernen Welt
begründete die Toleranz. Zur Zeit der Kreuzzüge war die Gleichrangigkeit der
Glaubensgemeinschaften noch nicht denkbar.
Islam wie Christentum betonten ihren Ausschließlichkeitscharakter, ihr Kampf
gegeneinander trug daher fanatische Züge, mit allen grausamen Konsequenzen.
Die Machtverhältnisse im Vorderen Orient hatten sich mehr und mehr zuungunsten
des Oströmischen Reiches verschoben. Nach anfänglich großen Erfolgen über die
Mohammedaner (678, 708, 718) trat Byzanz den Rückzug an; sein Restbesitz
bestand schließlich aus einem schmalen Streifen im Nordwesten Kleinasiens.
Seit 955 schob sich das türkische Reich der Seldschuken-Dynastie von Persien
aus keilförmig nach Vorderasien vor. Die europäischen Kreuzfahrer stießen bei
den wechselnden Machtkonstellationen also bald auf türkische, bald auf
arabische Gegner. Der Siegeszug der Türken wurde zweimal kurzfristig durch die
Mongolen gestoppt: 1258 durch die Eroberung der türkischen Hauptstadt Bagdad,
um 1400 durch die Herrschaft Timur-Lenks.
Die Erstürmung Jerusalems durch die Türken (1070) löste die Kreuzzüge aus. 1074
plante Papst Gregor VII. bereits einen Kreuzzug. Als dann selbst der
byzantinische Kaiser um militärische Hilfe bat, rief Papst Urban II. 1095 auf
der Synode von Clermont das Abendland zum Kampf auf. Die Devise hieß: >Gott
will es! Schlaget ein den Weg zum Heiligen Grabe und entreißt jenes Land einem
abscheulichen Volk! Jerusalem ruft und schreit um Befreiung < Ein
aufgenähtes Kreuz wurde das Zeichen derer, die zum Kriegsdienst für Christus
bereit waren. Der eben noch geforderte >Gottesfrieden< trat zurück; der
Kampf gegen die Ungläubigen wurde geheiligt.
Die leidenschaftlich werbenden Predigten die Bernhard von Clairvaux vor Beginn
des 2. Kreuzzuges hielt, lassen erkennen, daß ihm die unterschiedlichen Motive
der Wallfahrer vertraut waren. Neben dem religiösen Idealismus machten sich
Abenteuerlust, kaufmännische Berechnung und egoistische Habgier breit. Auch die
vom Papst erteilten Privilegien und Ablässe werden ihre Wirkung nicht verfehlt
haben.
Die Glaubenskriege forderten unendlich viele Menschenleben, ganz zu schweigen
von den sinnlosen Opfern des sogenannten Kinderkreuzzuges (1213). Die
Selbstsicherheit des christlichen Glaubens geriet durch die Mißerfolge ins
Wanken.
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