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Lenin - Wladimir Iljitsch Lenin

Wladimir Iljitsch Lenin
 
1870
  • 22. April: Lenin wird als Wladimir Iljitsch Uljanow in Simbirsk (ab 1924: Uljanowsk; inzwischen zurückbenannt)
  • als Sohn eines in den Adel aufgestiegenen Schulinspekteurs und einer Gutsbesitzertochter geboren
  • Geschwister: 2 Brüder; 2 Schwestern
1879-1887
  • Gymnasium in Simbirsk ® früh Anhänger der Lehre von Karl Marx
  • Lenin bereits mit marxistischen Schriften
  • 1886, 14 Jan. Vater stirbt
  • Bruder Alexander wird wegen eines geplanten Attentats auf den Zaren verhaftet und gehängt (1887)
  • revolutionären Denken Þ schloss sich einer revolutionären Bewegung
1887-1891
  • Jura-Studium in Samara, wo er revolutionär aktiv ist
  • 1892 Universitätsdiplom ersten grades verliehen
  • Rechtsanwalt in Samara bis 1893
  • 1. marxistischer Zirkel gegr. Unter Lenin
1893
  • Übersiedlung nach St. Petersburg
  • Arbeitet in revolutionären Bewegung und führt Kontakt zu Sozialdemokraten
1895
  • Zusammen mit Julij Martow (1873-1923), dem späteren Menschewikenführer, gründet Lenin den "Kampfbund zur Befreiung der Arbeiterklasse"
  • ÞVorläufer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (SDAPR)
1895-1900
  • Gefängnis und drei Jahre in sibirischer (Schuschenkoje) Verbannung Þ politischer Agitation wegen der Verteilung von Flugblättern mit Streikaufrufen durch die Geheimpolizei verhaftet in der Nacht des 20. - 21. Dez
  • Lenin Þ nach dem Fluss Lena
  • Trifft seine spätere Ehefrau Nadeshda Krupskaja
  • Auch dort verfasst er weiterhin revolutionäre Propagandaschriften
1900
  • Schweiz Þ Gründung der für Russland bestimmten Zeitung "Iskra" ® sein Konzept einer revolutionären Kaderpartei beschreibt
  • Von dort aus baute er die Russische Sozialdemokratische Arbeiterpartei mit auf
1903
  • zweiten Parteikongreß der SDAPR (1. Pk. 13.- 15. März 1898) in London kann Lenin seine Parteikonzeption durchsetzen
  • Partei spaltet sich daraufhin in die von ihm geführten Bolschewiken und die Menschewiken unter Martow, die eine Massenbasis anstreben
1905
  • Während der revolutionären Streik- und Protestbewegung kehrt Lenin nach Rußland zurück Þ Kampf gegen den Zaren
  • Þ Niederschlagung geht er erneut ins Ausland ( Berlin, Genf, Paris)
  • Lenin lebt im Ausland um seine politische Arbeit fortsetzen zu können
  • baute er die Russische Sozialdemokratische Arbeiterpartei mit auf
1914-1917
  • 1. WW in der Schweiz und kehrte danach nach Russland zurück
1917
  • Als Führer der Bolschewiki griff er im April 1917 in die Ereignisse der russischen Revolution ein
  • April: kam durch dt. Unterstützung aus der Schweiz ® Petersburg
 
  • propagiert den Kampf gegen die Übergangsregierung ® erringt die Macht der Partei der Bolschewiki
 
 
  • In den "Aprilthesen" formuliert Lenin seine Leitsätze für das Verhalten der Bolschewiki, worin er den sofortigen Frieden, eine einschneidende Landreform und eine Räteregierung fordert ( Lb. S. 189)
 
  • Juli: Der von den Bolschewiken mitgetragene Juliaufstand scheitert, Lenin flieht nach Finnland
 
 
  • 6. und 7. November (24. bis 25. Oktober nach dem Julianischen Kalender): organisiert Leo Trotzki einen Putsch der die Bolschewiken und Lenin an die Macht bringt (siehe Bild)
  • 25.10.1917 stürzte er die Regierung Kerenski
  • Vorsitzender des Rates der Volkskommissare und Führer der Kommunistischen Internationale Þ mächtigste Mann in Russland
  • weitreichenden wirtschaftlichen, politischen und sozialen Veränderungen
  • jedes Recht auf Privatbesitz aufgehoben und eine gerechte Neuverteilung des Landes zugesichert
1918
  • 3.3.1918 Frieden von Brest-Litowsk mit Deutschland und Österreich
(Siehe Vortrag)
 
  • August: Attentat einer nichtmarxistischen Sozialrevolutionärin wird er schwer verwundet
  • Aufstand der Bolschewisten wurde auf ganz Russland ausgedehnt
  • 20.12. wurde von den Bolschewisten die Tscheka gegründet Þ terroristische Aktivitäten gegen jede Form der sowjetfeindlichen Aktivitäten
1921
  • Aufgrund der zunehmenden Notstände und Proteste ruft Lenin eine neue Wirtschaftspolitik zur Verbesserung der Versorgungslage und zur Anhebung des Lebensstandards aus
Letzen Jahre seiner Amtszeit:
 
  • Zwei Schlaganfälle mindern seine Arbeitsfähigkeit (1922)
  • warnt vor innerparteilichen Nachfolgekämpfen und dem Machtehrgeiz Stalins
  • weiteren Schlaganfall ® kaum noch regierungsfähig (1923)
  • 21. Januar 1924: Nach schwerem Hirnleiden stirbt Lenin in Gorki (bei Moskau)
  • Seine Leiche wird einbalsamiert und im Mausoleum auf dem Roten Platz aufgebahrt
  • Nach seinem Tod wurde die Stadt Petrograd (Name von Petersburg seit 1914) in Leningrad umbenannt
 
 
 
 
 

Renaissance eines Revolutionärs

Wie die Russen sich wieder um Wladimir Iljitsch Lenin kümmern

Von ALEXEJ DUBATOW
Als die Kommunisten die Macht in Moskau verloren, sollte der Vater der Sowjetunion eigentlich nach christlicher Sitte beigesetzt werden. Aber Lenin blieb in seinem gläsernen Sarkophag auf dem Roten Platz. Anfang des Jahres wurde die Mumie gar generalüberholt. Auch die Ideen des Revolutionärs werden wiederverwertet: KP-Chef Sjuganow machte für sein Programm Anleihen bei Lenin.



Moskau - Quer über den Roten Platz von der Kremlmauer zum Kaufhaus Gum stehen Absperrgitter. Wer zum Lenin-Mausoleum will, wird an einer Schranke von Polizisten nach "größeren Metallgegenständen" abgetastet. Kameras, Tonbandgeräte und Handtaschen muss man in einem Aufbewahrungsraum des Museums zurücklassen. Ein Gruppe von Musikern aus Mannheim, die ihre Konzertreise mit dem Sightseeing verbinden, haben Verständigungsprobleme und halten den Verkehr auf. Ein Lehrer aus dem südrussischen Orjol, der mit einer Gruppe von Kindern da ist, wundert sich laut über derlei übertriebene Vorsichtsmaßnahmen. Es ist kein Menschenstrom, sondern ein dünnes Rinnsal, das jetzt zur Wallfahrtsstätte der Sowjetzeit fließt.

Vor dem Mausoleum und unten in der Gruft schauen drei Polizisten jeden noch einmal misstrauisch an. Der kleine große Mann im Glassarg wirkt wie immer gelblich wächsern. Der schwarze Fleck an an seiner Hand ist weg. Die Mumie ist erst Anfang des Jahres von einer Generalüberholung zurückgekehrt.

Großen Andrang vor dem Mausoleum gab es zuletzt im Herbst 1993, als sich die Gerüchte über eine angeblich bald bevorstehende Umbettung Lenins in eine Familiengruft der Uljanows in St. Petersburg verdichtete. Selbst Menschen, die noch nie im Mausoleum waren, gingen hin - nach dem altsowjetischen Grundsatz: "Nehmen, solange es gibt". Demokraten, unter ihnen der Schriftsteller Juri Korjakin und der St.-Petersburger Bürgermeister Anatoli Sobtschak, forderten, "den Bürger Uljanow nach der christlichen Sitte beizusetzen, damit sein unruhiger Geist endlich zur Ruhe kommt". Nach dem gescheiterten Oktoberputsch wurde der "Wachposten Nummer eins" aufgelöst, jene Touristenattraktion mit zu Puppen erstarrten Soldaten an der Tür des Mausoleums, aber mehr passierte nicht. Heute wird der bekannteste Tote Russlands mit zurückhaltender Pietät behandelt. Die Wiedereröffnung des Mausoleums wurde von allen Medien gemeldet. Am Tag zuvor brachte das russische Fernsehen ein Interview mit dem Direktor des Moskauer Zentrums für biologische Strukturforschung Wilar, Professor Waleri Bykow. Im Volksmund wird das Zentrum der Kürze wegen "Lenin-Institut" genannt. Die letzte Überprüfung habe ergeben, dass alle Gewebe in bestem Zustand seien, sagte Bykow. Berichte über "angebliche Schäden durch Pilzbildung bei der Auslagerung während des Zweiten Weltkrieges" wies er als unsinnig zurück. Die 1924 entwickelte Lösung, deren Rezept bis heute geheimgehalten wird, gewährleiste den Erhalt des Leichnams über Jahrhunderte.

Quelle: Die Welt-online vom 22.3.1996


Immer Ärger mit Lenin

Kommunisten wollen den toten Revolutionär zum Kulturerbe erklären

Von JENS HARTMANN
Moskau - Soll er, oder soll er nicht? Die Frage, ob Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, weiter im Mausoleum auf dem Roten Platz sein Dasein fristen oder ob sein Leichnam 73 Jahre nach seinem Tod endlich in St. Petersburg bestattet werden soll, wie er es selbst in seinem Testament wünschte, erhitzt in Russland wieder einmal die Gemüter.

Präsident Boris Jelzin hat der Diskussion einen neuen Anstoß gegeben. "Ich bin dafür, dass Wladimir Iljitsch Lenin bestattet wird", hatte der 66jährige vor einer Woche gesagt. Damit trifft Jelzin die Mehrheitsmeinung.

Einer Umfrage des Instituts Öffentliche Meinung zufolge sind 48 Prozent der Russen dafür, Lenin zu bestatten. 38 Prozent der 1500 Befragten begrüßen es, den Sowjetherrscher im Mausoleum zu lassen, 14 Prozent haben keine Meinung.

Dass ausgerechnet KP-Funktionär Jelzin noch 1990 Lenin als "große Figur, als Genie" bezeichnet und sich dagegen ausgesprochen hatte, "ihn aus dem Mausoleum herauszutragen", sorgt für Verstimmung bei den Roten. In die Staatsduma brachten die Kommunisten ein Dokument ein, das Lenin für unantastbar erklären soll.

Rund 50 Deputierte wenden sich an "alle ehrlichen Menschen, den Akt der politischen Rache an W. I. Lenin zu verhindern". Die Volksvertreter schrecken dabei nicht einmal davor zurück, die Lenin-Leiche zum Kulturgut zu deklarieren.

Ihre juristisch etwas zweifelhafte Argumentation: 1990 habe die Unesco den Kreml und den Roten Platz einschließlich des Mausoleums zum Weltkulturerbe erklärt. Damit sei auch Lenin höchstrangiges Kulturerbe und dürfe nicht entfernt werden.

Ein Dutzend Experten des Laboratoriums für Biologische Strukturen, früher eine Geheimabteilung des Gesundheitsministeriums, unterzieht den Lenin-Körper zur Zeit einer Generalüberholung. Erst vom 25. März an wird der Leichnam wieder im Mausoleum vor defilierenden Touristen zur Schau gestellt. Dem Frühjahrsputz muss sich auch das Mausoleum unterziehen, das Gebäude wird mikrobenfrei gemacht, die Sarkophag-Lampen mit Spezialfiltern, damit die Haut nicht austrocknet, werden gewechselt.

Lenin, dessen Hirn bereits konserviert wurde, ziehen die Forscher bei dem Rundum-Check aus, danach fotografieren sie den Körper von allen Seiten. Biochemiker nehmen Gewebeproben, die Farbe der Haut wird mathematisch genau bewertet. "Sein Zustand ist stabil. In den letzten 40 Jahren habe ich keine Veränderungen feststellen können", so Juri Romakow, der seit 1952 die Leiche hegt und pflegt. "Einige hundert Jahre" werde der Leichnam schon noch halten, sagt der 75jährige, der das Forscherteam leitet. Eine Bestattung in St. Petersburg lehnt Romakow ("Nur der eigene Tod kann einen Menschen von einer solchen Arbeit wegreißen") ab. Den politischen Streit um die Leiche hält Romakow für zweitrangig. "Lenin wurde in den Jahren zu einem wertvollen wissenschaftlichen Objekt."

Geheimrezept für Lenins Leiche

Was die Sowjets unternahmen, um den Körper zu balsamieren

Von Mathias Brüggmann

  
Der aufgebahrte Wladimir Iljitsch Lenin. Spezialisten sorgten dafür, dass der Körper erhalten blieb.
Foto: AP

BM Moskau - Monatelang ist der russische Revolutionär Wladimir Iljitsch Lenin mit einer besonderen Einbalsamierungsmethode so bearbeitet worden, dass sein Körper auch 73 Jahre nach seinem Tod noch im Mausoleum am Roten Platz liegen kann. Nach Jahrzehnten wurde jetzt der bislang geheimgehaltene Balsamierungs-Prozess bekannt.

Nach Lenins Tod am 21. Januar 1924 in Gorki bei Moskau wurde sein Körper 56 Tage lang bei minus 35 Grad in einer Spezialgruft tiefgefroren. In diesem Zustand wurde er auch in Moskau aufgebahrt, damit die Russen Abschied nehmen konnten. Doch Lenin begann auszutrocknen. Deshalb gab Geheimdienstchef Felix Dserschinski als Vorsitzender einer eilig gegründeten Staatskommission zum Erhalt des "Körpers Nr.1" - so die offizielle Bezeichnung bis heute - den Mumifizierungsbefehl.

Am 26. März 1924 holte der Charkower Medizin-Professor Wladimir Worobjow die Leiche aus der Gruft und stellte "Austrocknung und Erweichungen an einigen Stellen des Körpers, starke Verfärbungen" fest. Dann wurden bei null Grad alle Nähte am Kopf, durch den das Gehirn entfernt worden war, vorsichtig wieder geöffnet und ein Schnitt in den Körper gewagt, um die erweichten - sprich: angefaulten - Stellen zu untersuchen und mit Formalin zu fixieren.

Auf Lenins Gesicht, Händen und Bauch wurde mit einprozentiger Formaldehyd-Lösung getränkte Watte gelegt. Dann wurde er in eine Wanne gelegt, die mit zweiprozentiger Formaldehyd-Lösung, später dreiprozentiger gefüllt wurde. Bauch und Becken wurden mit Essigsäure abgewaschen. Die Außentemperatur stieg langsam von drei auf 16 Grad an. In Spezialwannen wurden sein Kopf und die Hände imprägniert.

An Kopf und Händen tauchten immer wieder Flecken auf, die mit Wasserstoffsäure behandelt wurden. Anfang April wurde Lenins Schädel von hinten geöffnet, sowie 20 Schnitte in Schulter, Rücken, Bauch, Becken, Brustkorb und Gesäß gesetzt. Lenin sollte so auch von innen getränkt werden. Später wurden noch 20- und 35prozentige Spirituslösung, eine wässrige Glyzerin-Lösung, Ammoniaklauge und essigsaures Kalium eingesetzt.

Ende April waren Lenin bereits Kunstaugen eingesetzt, der Mund von innen zugenäht worden. Die Nähte wurden unter den Brauen und im Bart versteckt. Lenins Frau Nadeschda Krupskaja brachte laut Befehl mit zittrigen Händen seine Hemden, lange Unterhosen und Socken. Zuvor waren ihm mit Balsamierungslösung befeuchtete Unterwäsche angezogen und Gummilitzen fest um Körper, Beine und Arme gebunden worden. Mit seinem alten Feldrock bekleidet, kam Lenin im Juli immer wieder für mehrere Stunden im Rollstuhl an die frische Luft.

Am 26. Juli befand die Staatskommission: "Äußerlich sieht er deutlich besser als vor der Balsamierung aus, so wie ein gerade erst Gestorbener." Fünf Tage später wurde Lenin öffentlich zugänglich im Mausoleum. So hält sich der tote Lenin bis heute.

Jedes Jahr muss er dafür aber etwa zwei Monate lang wieder in den Speziallösungen gebadet werden, so Prof. Juri Denissow vom Mausoleums-Institut. Im Mausoleum muss eine Temperatur von 16 Grad und eine Luftfeuchtigkeit zwischen 60 und 70 Prozent gehalten werden.

Dass Lenins Leiche jedoch heute nur noch begrenzt echt sein kann, verriet kürzlich der Leibarzt Mao Tse-Tungs. Als er nach dem Balsamierungsrezept gefragt habe, um den chinesischen Führer zu konservieren, hätten die Moskauer Ärzte zugegeben, dass Lenin bei der Evakuierung 1941 nach dem deutschen Angriff an Kopf und Händen zu faulen begonnen habe. Die Partien hätten durch Kunststoff ersetzt werden müssen.

So wird der Mythos um Lenin noch lange weiterleben - selbst wenn er, wie jetzt überall in Russland diskutiert wird, endlich seine Ruhe im Grabe finden würde







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