Der Protestantismus der Hugenotten
Die Hugenotten wurden als Anhänger des Calvinismus in Frankreich, also als
französische Protestanten, vom katholischen Königtum sowohl aus religiösen als
auch aus politischen Gründen bekämpft. Vor diesem Hintergrund ist die eminente
wirtschaftliche Bedeutung zu beurteilen, die die geflohenen Calvinisten in den
jeweiligen Aufnahmeländern erlangten.
Schon zu Beginn der Reformation waren deren Anhänger in Frankreich scharfen
Repressionen ausgesetzt. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts fand die Lehre Calvins
Verbreitung, deren Vertreter das despotische Königtum bekämpften. Soziologisch
setzte sich die protestantische Minderheit vornehmlich aus Teilen des Adels,
Honoratioren, dem Bildungsbürgertum und den Kaufleuten zusammen. Regionale
Schwerpunkte waren neben Gemeinden in Paris und der Normandie vor allem
Zentral- und Südfrankreich, wo die neuen religiösen Ideen lokale Forderungen
befruchteten und auch die Landbevölkerung zur Anhängerschaft zählte.
Die blutigen Auseinandersetzungen mit der katholischen Partei
(Hugenottenkriege, Bartholomäusnacht) konnte erst der frühere Hugenottenführer
Heinrich von Navarra entschärfen, der als Heinrich IV. 1589 König von
Frankreich geworden war. Er konvertierte, um seine Machtposition zu sichern,
1593 zwar zum Katholizismus (»Paris ist eine Messe wert«), erreichte aber mit
dem Edikt von Nantes 1598 volles Bürgerrecht für die Hugenotten. Damit konnte
er sie für die Stärkung seiner monarchischen Macht gewinnen.
Danach verschärfte sich die Repression gegen die Hugenotten erneut. Durch ihre
Massenflucht unter Ludwig XIV. belebten die Hugenotten dann u.a. in Deutschland
- ausgestattet mit Privilegien - die wirtschaftliche Entwicklung nach den
Zerstörungen des Dreißigjährigen Kriegs. Sie brachten dabei solche Fertigkeiten
wie die Handschuhmacherei oder die Strumpfwirkerei mit in ihre neue Heimat.
In Frankreich engagierten sich die Hugenotten nach der vollen politischen und
rechtlichen Gleichstellung durch die Französische Revolution ebenfalls
besonders im Wirtschaftsleben. Max Weber suchte die sozioökonomischen
Zusammenhänge dieser Entwicklung in seiner Abhandlung »Die protestantische
Ethik und der Geist des Kapitalismus« (1905) zu analysieren. Danach begründeten
die strikte rationale Moral, die puritanische Ethik sowie die religiös
motivierte Intensivierung der calvinistischen Lebensführung Sparsamkeit und
eine asketische Interpretation der Arbeit.
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