Die Geschichte des Rundfunks
Drei Erfindungen tragen dazu bei, das Zeitalter der Elektronik einzuleiten: Zum einem die Entdeckung der Gleichrichtereigenschaften von Kristallen durch den US-Wissenschaftler H.H.C.Dunwoody, zum anderen die Patentierung des "Kathodenstrahlrelais" (Verstärkerröhre) des österreichischen Physikers Robert von Lieben und des "Audions" (Triode) seines Kollegen Lee De Forest aus den USA. Während die Erkenntnis Dunwoodys sich erst später in der Halbleiterentwicklung auswirkt, haben die Elektronenröhren Liebens und De Forests unmittelbare Folgen für die Radiotechnik. De Forest geht von einer Idee des deutschen Physikers Philipp Lenard aus, der in eine Elektronenröhre ein Metallgitter einfügte, mit dessen Hilfe er die Bewegungen durch den Fotoeffekt befreiter Elektronen beobachtete. De Forest setzt ein solches Gitter zwischen die Elektroden der Diode und spannt es schwach mit Gleichspannung vor. Mit geringfügigen Spannungsänderungen kann er den Elektronenstrom in der Röhre erheblich verändern. Das ist das Prinzip der elektronischen Verstärkung.
Lieben macht seine grundsätzlich gleiche Erfindung der Dreigitterröhre unabhängig von dem Amerikaner De Forest.
Erste Versuche mit Radio und Fernseher: Aufgrund seiner Erfindung der elektronischen Verstärkerröhre 1906 gilt Lee De Forest als "Vater des Radios". Hatte der italienische Physiker Guglielmo Marchese Marconi die drahtlose Telegraphie entwickelt (1896), so liefert der US-Physiker das entscheidende Bauteil zur drahtlosen Übertragung von Sprache und Musik. Er baut seine "Audion" genannte Verstärkerröhre zur Radioröhre um. Allerdings gebührt das Verdienst der ersten drahtlosen Sprachübertragung dem Kanadier Reginald Aubrey Fessenden, der am 24.Dezember 1906 mit dem von Valdemar Poulsen aus Dänemark (1903) erfundenen Lichtbogensender in Massachusetts sprachmodulierte Rundfunkwellen überträgt.
Außerdem werden in Laborversuchen erste Bildübertragungssysteme getestet: In Rußland arbeitet Boris Rosing mit der Nipkow-Scheibe (1884) und in Deutschland experimentierten Max Dieckmann und Gerhard Glage mit der Braunschen Bildröhre (1897).
Der in Wien geborene deutsche Physiker Alexander Meißner erfindet in Berlin den Röhrensender mit Rückkopplung, das "Schwingaudion". Damit schafft er ein Prinzip der einfachen sauberen Überlagerung der Trägerfrequenz eines Senders mit der Sprechfrequenz. Er meldet das Verfahren 1914 zum Patent an. Später beanspruchen mehrere Erfinder die Idee eines nach diesem Prinzip arbeitenden Empfängers für sich: Der Deutsche Läut (1916), der Franzose Lucien Lévy (1917) und der britische Major Edwin Armstrong (1918).
Zwar strahlte bereits zwischen März und Juli 1914 ein Sender in Laecken die ersten offiziellen Rundfunkprogramme aus, und auch ein Sender auf dem Eiffelturm übertrug schon 1914 für kurze Zeit Musik, doch populär wird das Radio erst jetzt durch eine eigenmächtige Handlung eines deutschen Funkoffiziers: Hans Bredow, später Gründer des deutschen Rundfunks, findet den rein dienstlichen Funkverkehr langweilig und strahlt auf eigene Faust an der Front Unterhaltungssendungen aus. Bei seinen Funkerkollegen findet das sofort großen Anklang. Seine Vorgesetzten verbieten ihm diese Kurzprogramme aber als "groben Unfung".
Lucien Lévy meldet in Frankreich zwei Patente auf einen Überlagerungsempfänger an, den er unabhängig von dem deutschen Funktechniker Alexander Meißner (1913) und seinem Landsmann Läut erfunden hat. Außerdem entwickeln 1917 die französischen Professoren Henri Abraham und Eugène Bloch einen Röhrenoszillator ("Multivibrator") zur Erzeugung einer gleichmäßigen Frequenz von 1000 Hz. Der Italiener Guglielmo Marchese Marconi (1897) beginnt, mit Ultrakurzwellen zu experimentieren.
Die Länge der Ultrakurzwellen liegt bei nur 10 cm bis 1 m. Im Vergleich dazu besitzen die bisher verwendeten Kurzwellen Längen von 10 bis 100 m. Während die Kurzwellen in der Ionosphäre reflektiert werden und dadurch sehr große Reichweiten haben, verhalten sich die Ultrakurzwellen wie Licht: Ihre Reichweite entspricht der optischen Sicht. Deshalb müssen UKW-Senderantennen sehr hoch montiert sein. Der Vorteil von UKW ist der sehr große verfügbare Frequenzbereich. Auf UKW können viele Sender arbeiten, ohne einander zu stören. Die große Bandbreite ist auch eine Voraussetzung für brillante Übertragungsqualität im UKW-Bereich.
Unabhängig voneinander entwickeln der US-amerikanische Funkoffizier Edwin Howard Armstrong und der deutsche Physiker Walter Schottky funktionsfähige Superheterodyn-Empfänger, deren Prinzip im wesentlichen bereits 1917 der Franzose Lucien Lévy beschrieben hatte.
Im "Superhet" oder "Super", wie dieser Überlagerungsempfänger (1913) auch kurz genannt wird, braucht der Empfängerschwingkreis nur grob auf die Empfangsfrequenz abgestimmt zu werden. Sie wird mit einer im Empfänger selbst erzeugten Oszillatorfrequenz in einer Mischstufe überlagert und in eine konstante Zwischenfrequenz umgewandelt. Auf diese lassen sich die Schwingkreise im Zwischenfrequenz-Teil fest abstimmen.
In der "Physical Revue" beschreibt der Elektrotechniker und Physiker Albert Wallace Hull aus den USA erstmals das Magnetron, eine Elektronenröhre mit zylindrischer Anode und einer direkt geheizten Kathode für die Elektronenemission. Der Elektronenstrom wird hier nicht durch die Spannung an einem Gitter (1906), sondern durch ein Magnetfeld gesteuert.
Das Magnetron arbeitet als sogenannte Laufzeitröhre, in der eine verzögerte Welle entlang der Anode um eine zentrale Kathode läuft. Die Elektronen werden durch elektrische und magnetische Felder zu einer fast kreisförmigen Bahn um die Kathode gezwungen, bevor sie schließlich zur Anode gelangen. In die Anode sind sogenannte Bandleitungsresonatoren integriert, die miteinander über Streufelder gekoppelt sind. Dadurch entsteht eine in sich geschlossene Verzögerungsleitung. Die Verzögerung bedeutet, dass die elektrischen Wellen in einem bestimmten, beim Magnetron schmalbandigen Frequenzbereich hier mit einer gegenüber der Geschwindigkeit im freien Raum reduzierten Geschwindigkeit laufen. Einfach ausgedrückt: Im Magnetron werden der Weg und damit die Laufzeit der Elektronen zwischen den Elektroden soweit verlängert, dass sie in den Bereich einer physikalisch nutzbaren Größenordnung kommen. Solche Röhren werden zunächst für Radarsender, später auch für Mikrowellenherde, industrielle Hochfrequenzerwärmung unter anderem verwendet (1936).
Am 1.September geht "Komintern", der erste russische Radiosender in Betrieb. Am 6.November debütiert der erste französische Radiosender "Radiola". Am 14.November wird in London die British Broadcasting Company (BBC) gegründet.
Die Entwicklung der Funktechnik (1902), zu der 1922 Edwin Howard Armstrong mit der Erfindung des sogenannten Pendelrückkopplungsempfängers entscheidend beiträgt, und die Idee, diese Technik mit Radiosendungen kommerziell zu nutzen, sind nicht unmittelbar miteinander verschwistert. Schon lange vor der Erfindung des italienischen Physikers Marconi gab es eine Urform des Rundfunks: Das Radio per Telefon. Am 2.April 1877 wurde in den USA ein Konzert von Philadelphia über Telefon und eine Telegraphenleitung nach New York übertragen und konnte dort mitgehört werden.
In den 1890er Jahren begann die kommerzielle Nutzung dieser Technik: In Budapest konnten von 1893 an bis zu 6500 Abonnenten von einer Telefonprogrammstation täglich zwölf Stunden lang Musik, Nachrichten, Marktberichte und "Telefondramen" abrufen. London, Paris und Chicago übernahmen diese Telefonprogramme nur wenig später.
Jetzt erst löst der Rundfunk sie ab. Die erste Radiostation der Welt nahm 1920 ihren Betrieb in den USA auf. Harry P.Davis, Vizepräsident der Firma Westinghouse und begeisterter Amateurfunker - es gibt deren weltweit Zehntausende -, erkannte die Möglichkeiten des Radios als Massenmedium. Im Oktober 1920 beantragte er eine Sendelizenz und erhielt sie unter dem Rufzeichen KDKA. Schon im November stand die Anlage, denn Davis wollte unbedingt Berichte von den Präsidentenwahlen übertragen. Am 2.November ging die erste Wahlsendung der Welt in den Ather. KDKA wurde die erste Radiostation. Davis kam damit der American Marconi Company zuvor, die schon 1916 einen Sender plante.
Durch die Erfindung des Gegenkopplungsverstärkers, die etwa zeitgleich, aber unabhängig voneinander, in den Niederlanden Klaas Posthumus und in den USA Harold Stephen Black machen, werden die Empfangsqualität und die Stabilität der Rundfunk =
empfänger und auch der Fernsprechverbindungen wesentlich verbessert.
Die Verstärkereigenschaften werden damit weitgehend unabhängig von Temperatureinflüssen und Fertigungsstreuungen bei den elektronischen Bauelementen.
Das Prinzip beruht darauf, dass ein Teil der Verstärker-Ausgangsspannung zum Eingang zurückgeführt und dort von der Eingangsspannung (Gitterspannung - 1906) subtrahiert wird.
Armstrong, der sich schon 1918 um die Einführung des Überlagerungsempfängers verdient gemacht hatte, schlägt für die Übertragung von Rundfunksendungen das Prinzip der Frequenzmodulation vor. Bisher hatte man die Amplitude moduliert (AM). Dabei wird die Amplitude der hochfrequenten Trägerschwingung (Sendefrequenz) durch die niederfrequenten Schwingungen einer Nachricht beeinflußt. Die positiven Halbwellen der Niederfrequenz vergrößern die Amplituden der Hochfrequenzschwingung, die negativen verkleinern sie.
Bei der Frequenzmodulation wird statt der Amplitude die Frequenz der Trägerschwingung im Rhythmus der Nachrichtenfrequenz geändert. Die FM erfordert wesentlich breitere Übertragungsfrequenzbänder. Um einen einzigen Ton zu übertragen, benötigt die AM 9, die FM 150 kHz. Dafür liefert die FM-Übertragung eine weitaus bessere Empfangsqualität. Stör- und Nebengeräusche fallen fort. Für HiFi-Stereorundfunk wird später ausschließlich Frequenzmodulation eingesetzt (1954).
In Deutschland kommen die Volksempfänger, Kurzwellenradios für jedermann, auf den Markt. Die neue Radiogeneration bedient sich schon einer ganzen Zeit erst in den letzten Jahren entwickelter Elemente der Rundfunktechnik. Sie arbeiten nach dem Superhet-Prinzip (1918), sind mit Hexoden (1930) bestückt und verfügen über eine Schwundregelung, d.h. sie gleichen selbständig kurzzeitige Schwächungen des Empfangssignals aus. Derartige Erscheinungen können durch das gleichzeitige Eintreffen zweier Wellenzüge auftreten, von denen der eine direkt vom Sender kommt, während der andere von der Ionosphäre reflektiert ist, und sie sich dann gelegentlich gegenphasig überlagern. Im Empfänger gleicht man das dadurch aus, dass man den Gleichspannungsanteil der Wellen zur automatischen Regelung der Verstärkung heranzieht.
Verbessert wurden auch die Kurzwellensender, die jetzt mit Richtstrahlern ihre Sendeleistung ganz gezielt in bestimmte Empfangsgebiete abgeben können. Die plötzliche Ausbreitung des Massenrundfunks durch den Volksempfänger ist indes keine direkte Folge der verbesserten Techniken. Sie hat propagandistische Wurzeln. Nicht nur umsonst hat der 75 Mark teure "Volksempfänger" die Typenbezeichnug "VE 301". Die Zahl weist auf die Machtübernahme Adolf Hitlers am 30.Jänner 1933 hin. Die Nationalsozialisten hatten das Gerät geordert. Es ist so aufgebaut, dass es keine ausländischen Sender empfangen kann, und die Juristen der Nation erklären es als unpfändbar. Noch 1926 stand in den Richtlinien der Reichsrundfunkgesellschaft: "Der Rundfunk dient keiner Partei". Doch der neue flächendeckende Rundfunk ist gelenkt von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels. Empört legt Hans Bredow (1916), der Vater und bisherige Leiter des Deutschen Rundfunks, alle Amter nieder. An den Volksempfängern aber sitzen nun Millionen von Zuhörern und lauschen den völkischen Tiraden.
Zwei deutsche Unternehmen, die AEG und die I.G. Farben, entwickeln gemeinsam ein Kunststoffband mit einer magnetisierbaren Eisenoxidbeschichtung. Das dünne, leichte und sehr flexible Material ersetzt die 1928 aufgekommenen Stahlbänder für die Magnettonaufzeichnung. Mit dieser Entwicklung werden Tongeräte technisch sinnvoll. Sie werden zuerst bei Rundfunkanstalten zur Vorbereitung von Programmen und zum Mitschneiden von Direktsendungen eingeführt.
Die Ultrakurzwelle geht auf Sendung: In Deutschland arbeitet der erste Ultrakurzwellen =
sender. Schon 1934 hatte sich in Großbritannien der Fernsehpionier Isaac Shoenberg mit Ultrakurzwellen-Sendeanlagen beschäftigt.
UKW ist eine wichtige Voraussetzung für die rein elektronische Übertragung von scharfen Fernsehbildern. Die erforderliche hohe Zeilenzahl setzt eine beachtliche Übertragungsband =
breite voraus, wie sie nur im ultrakurzen Wellenbereich zur Verfügung steht. Da sich UKW ähnlich verhalten wie Licht, breiten sie sich geradlinig aus. Sie lassen sich weder bündeln noch reflektieren. Ihre Reichweite entspricht in etwa der Lichtweite. Deshalb müssen die Sendeantennen auf bergen oder hohen Antennentürmern stehen. Die geringe Reichweite der UKW-Sender verhindert aber auch eine gegenseitige Störung, so dass sogar in einem kleinen Land viele UKW-Sender örtlich getrennt parallel arbeiten können.
Als erste europäische Firma fertigt der Radio-Vertrieb Fürth RVF, Meister & Co. (später Grundig) UKW-Radioempfänger in großer Stückzahl. Für zahlreiche europäische Länder wird 1950 der "Kopenhagener Wellenplan" aktuell, der eine Frequenzabgrenzung für Rundfunksender darstellt und die sofortige allgemeine Einführung von UKW-Sendern (1935) vorsieht. Max Grundig reagiert sofort. Schon Anfang 1950 bringt er ein Vorsatzgerät auf den Markt, das mit jedem Mittelwellenradio den UKW-Empfang ermöglicht. Im Juni des jahres steht ein erster vollwertiger UKW-Empfänger zur Verfügung.
Rundfunktechniker machen die ersten Experimente mit Raumtonaufnahmen und -wiedergaben. Zunächst werden durch zwei räumlich getrennte oder verschieden gerichtete Mikrophone gleichzeitig unterschiedliche Bereiche einer räumlich ausgedehnten Schallquelle aufgenommen und durch zwei getrennt aufgestellte Lautsprecher wiedergegeben, was stereophones Hören ermöglicht.
Die amerikanische Firma Regency bringt den ersten Radioapparat mit einen Transistorverstärker auf den Markt. Damit ist der erste Schritt in eine neue Richtung der Gebrauchselektronik getan, die zu wesentlich kleineren, zuverlässigeren und zugleich billigeren Geräten führt.
Bisher wurden Radioempfänger mit Röhrenverstärkern (1918) betrieben. Die Röhren werden jetzt durch Transistoren (1948) ersetzt. Diese Halbleiterbauteile sind an sich schon wesentlich kleiner als Elektronenröhren. Eine weitere Verkleinerung des Gesamtgeräts rührt daher, dass die Transistoren kaum eine Heizung benötigen und größere Kühleinrichtungen oder entsprechende Freilufträume entfallen können. Damit sinkt aber auch die Betriebsleistung, wodurch wiederum das Netzteil wesentlich kleiner wird oder - bei tragbaren Geräten - mit kleinerem Batterievolumen gearbeitet werden kann. Gegenüber den Röhrengeräten sind die Transistorradios auch langlebiger. Insbesondere bei Erschütterungen gibt es jetzt praktisch keine Ausfallquote mehr.
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