Zeitgeschichte Das Ende des Ersten
Weltkriegs und der Friedenskongress von Versailles( Trianon Sèvres)
Kommentar zum Video von Herb Schmertz: «Versailles - der verlorene Frieden
(Reihe « Between the wars- von Versailles nach Pearl Harbor [I]»in diversen
TV-Anstalten)
Das Video zeigt die persönliche Tragödie des US-Präsidenten Woodrow Wilson,
Demokrat, im Amt 1912-1919. Wilsons Botschaft an den Kongress vom April 1917
zum Kriegseintritt der USA und sein 14 Punkteplan ( 'To make the world safe
for democracy'/ 'Selbstbestimmungsrecht der Völker')) zur Erreichung des
Friedens ('Ein Frieden ohne Sieger') enthält die entscheidenden Wendepunkte
der amerikanischen Aussenpolitik: weg vom Isolationismus hin zu
menschenrechts- und ordnungspolitischen Konzepten kollektiver Sicherheit
(Völkerbund als 'Parlament der Völker', Frieden als Zustand ohne
Aggressoren/ohne Geheimdiplomatie/ohne Wettrüsten).
Der Erste Weltkrieg konnte von den Alliierten GB F USA nur mit Hilfe der
technologischen und Energieressourcenüberlegenheit dank den USA gewonnen
werden. Politisch hatte die deutsche OHL alle Friedenspläne mit dem Ruch des
Landesverrats stigmatisiert, bis es zu spät war. Die US-Regierung wollte nur
noch mit parlamentarisch abgestützten Vertretern Deutschlands (SPD,
katholisches Zentrum, Demokraten) verhandeln.
Der Erste Weltkrieg ist für die US-Bürger eine verblassende Erinnerung, für
die Europäer aber ins Leben eingegraben. Die heutige Instabilität im
östlichen Mitteleuropa , Ex-Yugoslawien und im Gebiet des ehemaligen
Osmanenreichs hat ihre erste Entstehung in den neuen Grenzziehungen des
Versailler Vertragswerks, welcher alt Zaren-Russlands, alt Deutschlands, alt
Oesterreich-Ungarns und alt Ottomaniens Konkursmasse regulierte.
(Neue Staaten Tschechoslowakei, Yugoslawien, Polen, Profiteure der
bisherigen alten Grossreiche Rumänien, Griechenland, Italien)
Woodrow Wilson wurde in Paris empfangen ,'wie wenn Christus persönlich
erschienen wäre'. Seine Delegation umfasste Wissenschaftler und Politiker
aus der amerikanischen Pazifistenbewegung. Auch Franklin D. Roosevelt war
als junger Marinestaatssekretär mit von der Partie, während der spätere
Präsident Herbert Hoover ein Wiederaufbauprogramm im zerstörten Belgien
leitete. Der stolze Wilson selbst wollte die Aussenpolitik alleine gestalten
und brüskierte so seinen eigentlich überflüssigen Aussenminister Robert
Lansing. Intimus und Vertreter des US-Präsidenten jedoch bei den
Verhandlungen mit dem liberalen GB-Premierminister Lloyd George und dem
französischen Ministerpräsidenten Georges Clémenceau ('Ils ne garderont
jamais l'Alsace et la Lorraine') wird der einflussreiche Texaner Oberst
House (Wilson 'Er ist mein alter ego - er denkt, was ich denke').
In den USA läuft zwischen 1915 und 1920 ein regelrechter Kulturkampf
zwischen zurückweichenden religiös-puritanischen, ländlichen Werten und
gegenüber moderner Kunst (Braque) und Wissenschaft (Freud) aufgeschlossenen
neuen städtischen Eliten. Paris hingegen ist 1919 nicht mehr die
künstlerisch brillante Lichterstadt vom Fin de siècle, sondern grau und von
den Kriegsstrapazen der Bevölkerung gezeichnet.
Frankreich hat 25% seiner (jungen männlichen) Bevölkerung im Krieg geopfert
und Clemenceaus Rache- und Sicherheitsbedürfnis gegenüber Deutschland('Ils
ne garderont jamais l¹Alsace et la Lorraine!') kennt kaum noch Grenzen. Im
Lauf der Verhandlungen kehrt Wilson zwischenzeitlich nach den USA zurück.
Wesentliche der Wilsonschen Positionen gibt Oberst House derweil in den
zähen und langwierigen Verhandlungen mit Clemenceau auf, so dass in den
Versailler Vertrag französische Racheelemente wie die Entmilitarisierung
(u.a. auch Rheinland), der deutsche Kriegsschuldparagraph und die enormen
Forderungen nach deutschen Reparationen (1918 bis 1958 zu zahlen)
hineingeraten. Bei seiner Rückkehr nach Paris ist Wilson düpiert über die
laufenden Verhandlungsergebnisse. Als Wilson an der Grippe erkrankt und mit
hohem Fieber nicht an den weiteren Verhandlungen dabeisein kann - in
Wahrheit handelt es sich möglicherweise um eine Hirnhautentzündung - führt
House seine Nachgiebigkeit gegenüber Clémenceau noch weiter. Der genesene
Wilson erlitt dann eine derartige Persönlichkeitsveränderung , dass er bei
den Schlussverhandlungen jede seiner auch kaum durchgesetzten Positionen als
rundum glänzenden Sieg erlebte. Aus dem etwas selbstgerechten
Friedenspolitiker mit den grossen Würfen wurde ein erschöpfter,
illusionärer Politiker, den im Hinblick auf sein Hauptprojekt Völkerbund der
eigene, republikanisch dominierte Kongress desavouierte und dem Pakt nicht
beitrat. Die USA-Wähler fallen dem nun chronisch kranken Wilson 1919 mit
einer Abwahl in den Rücken. Der Nachfolger und Republikaner , Präsident
Warren Harding setzt wieder auf Isolationismus.
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