Preußens Aufstieg und Untergang
Preußen hat, verglichen mit Ländern wie Bayern und Sachsen, keine lange
Geschichte gehabt. Wenn man den Beginn sehr früh ansetzt, waren es etwas mehr
als drei Jahrhunderte. Aber ein preußischer Staat im eigentlichen Sinne hat nur
knapp zweihundertfünfzig Jahre lang bestanden.
Einem dynastischen Zufall war es zu verdanken, daß das Herzogtum Preußen
(später Ostpreußen genannt) 1618 in den Besitz der Kurfürsten von Brandenburg
aus dem Hause Hohenzollern kam. Dabei handelte es sich zunächst um eine bloße
Personalunion. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts bemühte sich der Große
Kurfürst, aus seinen weit auseinanderliegenden Landesteilen einen
hohenzollernschen Staat zu formen. Der preußische Staat jedoch entstand erst
1701, als sich Kurfürst Friedrich III. zum König Friedrich I. »in Preußen«
krönte.
Unter seinen beiden Nachfolgern, Friedrich Wilhelm I. und Friedrich dem Großen
(der sich nun König »von Preußen« nannte), wurde Preußen zur Militärmacht. Aber
den »rauhen Vernunftstaat« (Sebastian Haffner) kennzeichneten nicht nur sein
Militarismus und seine autoritäre Verwaltung; er hatte auch Platz für
Aufklärung und Toleranz.
Im 19. Jahrhundert war Preußen eine der fünf Großmächte, die das europäische
Gleichgewicht aufrechterhielten. 1871 wurde es zum Kern des neuen Deutschen
Reiches. Man hat oft gesagt, dieses Reich sei ein »Groß-Preußen« gewesen. Daran
ist etwas Richtiges, aber ebenso richtig ist, daß Preußen mehr und mehr im
Deutschen Reich aufging. Wilhelm I. sträubte sich lange, Deutscher Kaiser zu
werden - »da tragen wir das preußische Königtum zu Grabe«, sagte er. Und
bezeichnenderweise war unter den sieben Kanzlern des Kaiserreichs, die auf
Bismarck folgten, kein einziger »preußischer Junker«. Bis zum Sturz der
Monarchie behielt Preußen viele Züge des alten Obrigkeitsstaates.
In der Weimarer Republik jedoch, unter der stabilen Regierung des
Sozialdemokraten Otto Braun, wurde es zum Bollwerk der Demokratie. Das Ende kam
im Krisenjahr 1932, als Reichskanzler von Papen durch einen vom
Reichspräsidenten sanktionierten Staatsstreich diese Regierung absetzte und
sich selbst zum Reichskommissar machte. Bald darauf folgte die »Gleichschaltung«
der Länder unter Hitlers Diktatur. Zwar durfte sich Hitlers Paladin Göring mit
dem Titel eines preußischen Ministerpräsidenten schmücken, aber als Staat
spielte Preußen fortan keine Rolle mehr; seine Auflösung durch den Alliierten
Kontrollrat 1947 war nur noch ein formaler Akt.
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