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Casars gallische Ethnographie - Zwischen Wissenschaft und Politik

Cäsars gallische Ethnographie

Zwischen Wissenschaft und Politik


Cäsars gallische Ethnographie (Völkerkunde) ist eine Meisterleistung, die es fertigbringt, auf knappstem Raum die Innen- und Außenpolitik und die gesellschaftlich-, wirtschaftliche Grundlagen des gallischen Systems vorzulegen. So zeigt er zum Beispiel in nur 2 Kapiteln das Funktionieren des keltischen Klientelwesen und der Politik auf und zwar in einer Form, die außerordentliche Intelligenz und staatsmännigkeit zeigt.


In der 1. Hälfte der 1. Jahrhunderts veröffentlichte der stoische Philosoph Poseidonios, einen Bericht seiner persönlichen Erlebnisse in Gallien, anhand denen er die dortigen Gefüge zu erklären suchte. Häufig wird die Meinung vertreten Poseidonios wäre die Quelle für Cäsars Schriften gewesen, was jedoch sehr umstritten ist. Cäsar schrieb in seinem Werk wohl eher ganz bewußt nicht über das, was Poseidonios ohnehin schon berichtet hatte, sondern er baute auf dessen Werk auf und ergänzte es, da er sich primär um das Sozialgefüge und die politschen Systeme kümmerte. Außerdem behandelte er regionale Besonderheiten, wie Begräbnis- und Opferriten.




Cäsar interessierte sich sehr für das, nach seiner Ansicht nach, direkt proportionale Verhältnis zwischen "virtus" und Unschuld.  Das geht aus seiner ausführlichen Befassung mir den Belgern, Germanen und Suebern hervor.


Seine Absicht bestand sicher nicht darin, eine vollständige Ethnographie zu geben, sondern vielmehr er stellte relevante, politische und von anderen Völkern abweichende Züge zusammen.


Oft wird gesagt Cäsars Angaben in Bezug auf das Klientelwesen wären nicht richtig oder ungenau, doch muß man begreifen, daß man die Zustände im 2./3. Jahrhundert v. Chr. nicht mit denen zu Cäsars Zeit vergleichen lassen, weil in früherer Zeit das Fußvolk im Krieg eine sehr große Rolle spielte, in späterer Zeit dann aber von der Reiterei abgelöst wurde (so zum Beispiel entschied 52 v. Chr. die Niederlage der keltischen Reiterei über den Sieg über Vercingetorix). Tatsächlich hatte die Volksversammlung an politischer Bedeutung verloren. Der Adel benutzte seine politische und militärische Macht, um das Volk völlig zu deklassieren (Land wegnehmen, Abgaben,.). So liegt die Politik ganz in der Hand der "nobiles" die mit ihrer Masse von Klienten und Schuldnern sogar Privatheere hielten. Von Orgetorix schreibt Cäsar sogar, er habe 10 000 Klienten und Schuldner gehabt. So entstand eine rechtlose, verarmte Masse die innerhalb des Klientelgefüges existierte.


Das Gefüge gliederte sich in den höheren Adel, darunter den niedrigeren Adel und die regimentsfähigen Familien und ganz am Ende die breite Masse des Volkes. Wobei zu bemerken ist das Cäsars Schilderung nur für Zentralgallien, in einem Zeitraum in der Mitte des 1. Jahrhunderts, gilt.


Auffallend ist, daß in Cäsars Exkurs kein Wort über das Beamtenwesen und die Verfassung zu lesen ist. Das zeigt eine weitere Eigenart Cäsars: Er geht nicht auf Dinge ein, die aus seinen Berichten sowieso hervorgehen (so zum Beispiel zeigt er nicht extra auf, daß im Großteil Galliens Monarchie herrschte).



Der hohe Adel nutzte seine in jeder Hinsicht bestehende Übermacht zu Entmachtung der Volksversammlung und zur Okkupation des Königtums. Durch die Übermacht des Adels war jegliches wirtschaftliches Gleichgewicht zerstört worden. Ein neuerlicher Umsturz schwebte wie das Darmoklesschwert über dem Staat. Immer wieder spielten sich Adelige als Fürsprecher des Volkes auf um das Königtum neu zu errichten. Vor diesem Hintergrund sind auch die Bestrebungen das Orgetorix im Jahr 54 zu sehen.


Das mächtige und große Volk der Arverner wird vor dem Aufstand gegen Cäsar nur ein einziges Mal genannt, davor spielte es überhaupt keine Rolle und wurde auch von Orgetorix nicht berücksichtigt. Bei den Arvernern hatte Celtillus (Vater d. Vercingetorix) die Führung und den "Principatus totius Galliae" inne. Celtillus versuchte auch König der Arverner zu werden, was ihm allerdings nicht gelang, da er umgebracht wurde. Nach ihm kam eine aristokratische Regierung an die Macht. Durch innere Streitigkeiten wurden die Arverner so geschwächt, daß die Sequaner ihre Position einnahmen, so daß sich die Regierung der Arverner den Sequanern anschloß. Nach dem Sieg Cäsars über die Sequaner suchten sie allerdings Rückendeckung bei Rom. Sie sahen auch zu als Cäsar Gallien eroberte, bis Vercingetorix auftauchte und die Stellung seines Vaters wiedererlangte. Er wurde aber aus der Hauptstadt vertrieben und gewann mit Hilfe der entrechteten Volksmasse die Herrschaft über die Arverner wieder. Die Arverner wurden von Cäsar, nach dem Sieg bei Alesia, bevorzugt behandelt, da die romtreue Regierung nach der Ausschaltung Vercingetorix wieder im Amt war.


Der "principatus totius galliae" bedeutet den Ehrenvorrang der die Führung aller gallischen Stämme und die militärische Vormacht ausdrückt. Das es aber nur ein Ehrenvorrang ist, zeigt Cäsar als er schreibt, dass es auch einen zweitangesehendsten Staat geben könne, was bei einer Auffassung als Gesamtherrschaft sinnlos wäre.


Cäsar eroberte Gallien nicht nur militärisch sondern auch politisch, indem er die Gallier in einem Netz gallischer Institutionen gefangen hielt. Er griff intensiv in die Innenpolitik der Stämme ein und beförderte sie nach oben bzw. nach unten, womit er in allen Stämmen eine romfreundliche Partei schuf. Auch die Landtage wurden unter seinem Patronat abgehalten, wodurch er ein neues Mittel, die römische  Politik durchzusetzen, schuf.


Sein genialstes Werk war aber zweifellos die Ausnützung des zwischenstaatlichen Gesellschaftswesens, indem er die Häduer an die Spitze Galliens setzte und ihnen eine große Klientel verschaffte. Andererseits bildete er mit den Remern ein Gleichgewicht zu ihnen, wodurch er zwei miteinander konkurrierende Gefolgschafftssysteme schuf, die beide romfreundlich waren und Rom ihre Stellung verdankten. Dieses System funktionierte sogar in den Krisenjahren um 52 (nur die Häduer fielen kurz ab).


Nur so konnte eine dauerhafte Eroberung Galliens in so kurzer Zeit gelingen.














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