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Die Romer

Die Römer traten in der Baukunst das Erbe zweier Völker an: das der Etrusker und das der Griechen.

Die Etrusker waren von Kleinasien auf dem Seeweg in Mittelitalien der heutigen Toscana eingedrungen. Nach jahrhunderte langen Kämpfen erlagen sie im Jahre 265 v.Chr. den Römern. Was wir von der etruskischen Baukunst wissen, betrifft vorwiegend das Haus, das Grab und den Tempel. Das Haus, die menschliche Wohnstatt hat für den Etrusker wohl eine besondere Bedeutung gehabt, denn die Aschenurne wurde in einer Nachbildung des Hauses als der Wohnstatt des Verstorbenen in die Erde gelegt. Solche Ausgrabungen klären über den Werdegang der Baukunst auf. Beispielsweise wurde eine Kalksteinurne gefunden, die ein Rechteckhaus mit einem Walmdach wiedergibt. Ein besonderer Absatz zeigt eine Öffnung, eine Art Impluvium*.Es diente für die Zuführung von Licht und Luft und für den Abzug des Rauches, der vom Herde aufsteigt. Das Dach bestand aus Holz. Überhaupt war die Haus- und Tempelarchitektur oberhalb der Fundamente aus Holz; eine Art Fachwerkbau. Der hohe Sockel entstammt der etruskischen Tempelbaukunst und hat religiöse Bedeutung, nämlich die Toten der Erde zurückzugeben.

Der etruskische Tempel besitzt keine sichtbar ausgestaltete Rückseite. Er wendet sich mit einer Art Fassade dem Herankommenden, dem Gläubigen zu. Nach dem Grundsatz eines Richtungsbaues ist er auf diesen, wie überhaupt auf die Welt bezogen. So ergibt sich ein Dualismus - das Hier und das Dort - der Mensch gegenüber dem Gott, beides zusammen, durch Bezogenheit aufeinander, miteinander verbunden, bildet den Kosmos - der griechische Tempel hingegen ist ein in sich ruhender, sich selbst genügender Kosmos.



Die Griechen, die in unteritalienischen und sizilianischen Kolonien lebten, wurden 250 v.Chr. von den Römern unterworfen, das eigentliche Griechenland erst nach 200 v.Chr.

Die Römer waren wohl die Eroberer, aber in unzähligen Einzelheiten des kulturellen Lebens blieben die Griechen Sieger, und so wurde die griechische Kultur von den römischen Herren nach ganz Europa und in den vorderen Orient getragen.

In der Schweiz legt Augst in Baselland ein bedeutendes Zeugnis römischer Vergangenheit ab. Die Colonia Raurica ist im Jahr 44 v.Chr. vom Feldherrn Munatius Plancus gegründet worden. Damals bildete der Rhein die Nordgrenze des Reichs. Die blühende Provinzstadt ist im Jahr 260 von den Alemannen zerstört worden. Wie es sich für eine römische Stadt gehörte, hatte Augst ein Forum mit Jupitertempel, Basilika und weitere Tempelbezirke, ein Theater, ein Amphitheater, Thermen, Krämergassen und Wohnquartiere, das Ganze von einer Mauer eingefasst.

Das Theater auf der anderen Strassenseite ist die bedeutendste Anlage ihrer Art nördlich der Alpen. Es konnte achttausend Zuschauer fassen und hat eine vorzügliche Akustik: Seit einigen Jahren finden deshalb jeden Sommer vielbesuchte Freilichtaufführungen antiker Komödien und Tragödien statt; es wird in Masken gespielt wie einst in Griechenland und Rom.



Kommen wir zurück zum römischen Wohnhaus. Seine Räume waren um eine Art Innenhof gruppiert, das Atrium. Nach aussen hatte es aus Sicherheitsgründen nur wenige Fenster. Im Atrium befand sich ein Becken, das Impluvium, in dem das Regenwasser aufgefangen wurde. Etwa seit 200 v.Chr. wuchs die Einwohnerzahl Roms schnell an; ständige Wohnungsnot war die Folge. Das Atriumhaus blieb nur noch der wohlhabenden Oberschicht vorbehalten - die Masse der Bevölkerung wohnte in den städtischen Mietshäusern. Die ersten dieser insulae entstanden durch Aufstockung der Atriumhäuser. In einem Teil des Erdgeschosses befanden sich Läden und Werkstätten, die Stockwerke bestanden aus Mietwohnungen. Die reichen Römer zogen es vor, auf dem Land zu leben. Der römische Gutshof, die villa rusticana, verband Nutzbau und Wohnhaus miteinander. Das gesondert stehende Herrenhaus eines grossen Gutes, die villa urbana, stand den städtischen Villen im Komfort in nichts nach. Durch kaiserliche Baugesetze wurde die Maximalhöhe der Bauten immer wieder neu festgelegt, zuletzt unter Trajan auf 60 römische Fuss. Das entspricht 17,60 m.


Mit Augustus (27 vor bis 14 n.Chr.) beginnt die röm. Kaiserzeit. Die Kunst wurde nach den Kaisern benannt, weil sie Einfluss nahmen und Aufträge erteilten. Römische Kunst ist also seit Augustus eine politische Kunst. Es entstehen Tempel allerorts auch solche für den Kaiserkult. Ein kostbarer Rest ist auf dem Forum Romanum im Concordiatempel erhalten. Augustus war stets bemüht, den von ihm errichteten Gebäuden ein klassisches Aussehen zu geben. Umso erstaunlicher ist der Entschluss, seine letzte Ruhestätte in Rundform nach italisch-etruskischer Tradition zu bauen.


Die Tempelcellen, ob einfach oder mehrteilig, kurz oder lang, immer stehen sie auf einem Podium. Das ist in Etrurien üblich wird aber in Griechenland selten gefunden. Ein Podium verlangt ein Aufgang. Dieser lag immer an der vorderen Schmalseite und nicht wie der griechische Stufenunterbau den Tempel allseitig umgebend. Damit ist der Wesenskern des italienischen Tempels erhalten geblieben - die Richtung.

Der Cella ist eine von Säulen getragene Halle vorgelagert, der Portikus. Typisch für die prunkliebenden Römer sind die korinthischen Säulen. Auf die beiden Reihen der überfallenden Akanthusblätter des korintischen Kapitells wurden noch ionische Voluten (schneckenförmige Einrollungen) gesetzt. So entstand das römische Kompositkapitell. Es wurde beim Titusbogen als Bereicherung empfunden und nicht wieder aufgegeben.


Durch Übernahme der griechischen Form wurde bei den Gebäuden aus dem hölzernen Oberbau ein steinerner. Ton und Kalkstein, von den Etruskern beliebte Steinarten treten zurück, der Marmor tritt hervor. Auch die Kunst der Glyptik (Steinschneidekunst) erlebte am Hofe des Augustus eine neue Blüte. Steinschneider kamen aus dem Osten um dem Herrn zu dienen und so gab der Kaiser auch hier dem Stil die bestimmende Richtung.


Das Colosseum in Rom wurde von Vespasian um 70 n.Chr. erbaut und von Titus beendigt. Darin wurden Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen durchgeführt. Es bot 50'000 Zuschauern Platz und einen reibungslosen Zu- und Abgang. Seine Aussenwand erhob sich in drei Arkadengeschossen. Wir lernen hier ein bei den Römern beliebtes Mittel der Wandgliederung kennen. Kräftige Bogenreihen werden in Stockwerken übereinander gestellt. In der Mittelachse der bogentragenden Pfeiler nehmen Halb- oder Dreiviertel-Säulen die Gesimse auf. Bei dieser Ordnung, die man römisches System nennt, werden im unteren Geschoss dorische, im mittleren ionische und im obersten korinthische Säulenformen verwendet. Eine Gliederungsweise, von der später die Renaissance und der Barock häufig Gebrauch machten. Die Anlageform des Amphitheaters von Arles entspricht im

wesentlichen der des Colosseums.

Das 4. Geschoss hat erst Titus aufgesetzt. Er verzichtete auf Arkaden und gab dem oberen Ring einen festen Halt durch eine geschlossene Wand mit korinthischen Wandpfeilern (Pilastern). Die Flächen waren einst mit Bronzeschildern verziert und Statuen haben die Arkadenöffnungen malerisch gelockert. Schon hier ist die Gewölbeform voll entwickelt.

Zu Beginn seiner Regierungszeit musste Vespasian einen Aufstand der Juden niederschlagen. Hartnäckig verteidigten sie Jerusalem. Endlich erstürmte Titus, der Sohn des Kaisers, die Stadt und machte sie dem Erdboden gleich. Dadurch verloren die Juden ihre Heimat. In Rom verkündet noch heute ein Triumphbogen seinen Sieg und noch heute durchschreitet kein Jude den Titusbogen.


Zur Regierungszeit des Kaisers Titus vernichtete ein Ausbruch des Vesuvs die blühende Stadt Pompeji. Dieser Vulkan galt längst als erloschen, und seine fruchtbaren Hänge waren dicht besiedelt. Da brach im Sommer 79 die Katastrophe herein, ungeheure Massen von Bimstein und Asche wurden herausgeschleudert und überdeckten Häuser und Felder. Heute ist Pompeji grösstenteils ausgegraben und gibt ein anschauliches Bild vom Leben einer römischen Landstadt. Der Vulkanausbruch verhinderte eine völlige Umgestaltung der Stadt durch römische Baumeister. Die Ausgrabungen im l8. Jahrhundert förderten verschiedene Bauweisen zutage. In Pompeji wurde eine Hausart entwickelt, die die Vorzüge des hellenistischen also griechischen Peristylhauses mit denen des römischen Atriumhauses miteinander verband. Das Peristylium ist der schönste Teil des Hauses, ein Hof verziert mit Garten, erfrischt durch Wasserbecken und Springbrunnen, geschmückt mit Statuen und einem Säulengang. Die Grundrisse der beiden Haustypen wurden aneinandergefügt, so dass pompejanische Häuser über Atrium und Peristyl verfügten. Aus Furcht vor Dieben wurden in die Hauswände zur Strasse hin nur wenige Fenster eingebaut.


Der Erbauer des Pantheon hiess Hadrian. Er herrschte von 117-138. Apollodorus von Damaskus, der bereits unter dem früheren Herrscher Trajan als Ingenieur und Baumeister arbeitete, wurde beseitigt, da er die Eigenentwürfe des Herrschers kritisiert haben soll. Immerhin gilt er als der bedeutendste Baumeister des Altertums. Ihm wird der gesamte Komplex des Trajanforums und die Trajansthermen zugeschrieben. Er hat den Bautypus durch Hinzufügung des Schwimmbeckens, der Natio, bereichert.

Das Pantheon gilt als Meisterstück klassischer Betonbaukunst. Die Kuppel wurde aus einer Art Leichtbeton gegossen und enthält Bims als Zuschlag. Für das gesamte Gebäude verwendeten sie unterschiedlich dichte Beton-Arten, entsprechend den jeweiligen statischen Bedingungen. Die Statik eines Baus errechnet der Ingenieur indem er das nötige Eisen berechnet. Die Spannweite der Kuppel galt bis 1912 als

Weltrekord. Erst den Baumeistern der Breslauer Jahrhunderthalle (Polen) gelang es, ihn zu übertreffen.


Die Römer beherrschten nicht nur den Umgang mit Ortbeton, sondern arbeiteten auch mit Fertigteilen. So setzten sie Wasserleitungen aus knapp meterlangen Betonröhren zusammen oder verschifften Beton um in Ostia dem Hafen Roms einen Leuchtturm zu erstellen. Mit dem römischen Reich ging auch das Wissen um das richtige Betonrezept unter. Die Baumeister des Mittelalters kippten Essig, Milch oder beim Bau des Stephansdoms in Wien "Heurigenwein" hinzu. Erst im 16. Jahrhundert entdeckten Niederländer aufs neue, dass durch Zusatz von gemahlenem Tuffstein Mörtel unter Wasser abbindet und wasserfest bleibt.







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