Sie sollten zur Schule gehen und Freizeit haben. Sie sollten vor Ausbeutung geschützt sein. So bestimmen es die Vereinten Nationen (UNO) und die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) sowie die Gesetze ihrer Länder. Kinderarbeit ist fast überall auf der Welt verboten- und dennoch verbreitet. Weltweit arbeiten rund 300 Millionen Kinder unter 15 Jahren, schätzt die UNO. Die meisten findet man als Schuhputzer oder Straßenhändler in den Entwicklungsländern der Dritten Welt. In vielen Fällen hilft das Einkommen der Kinder, das Überleben der Familie zu sichern- wenn die Arbeit der Kinder überhaupt bezahlt wird.
WANN KINDER ARBEITEN DÜRFEN:
Gesetzliches
Mindestalter Land Tätigkeit
Peru Seefahrt, Hafenarbeit
USA Bauwesen
Österreich Gerberei, Glasherstellung
Pakistan Bergbau, Sägewerk
Elfenbeinküste Bergbau
Großbritannien Arbeit mit schädlichen Stoffen
Dominikanische R. Bergbau
Thailand Nachtklub, Bar
Indien Sprengstoffe
Zypern Bauwesen
Schweiz leichte nichtindustrielle Tätigkeit
Tunesien leichte nichtindustrielle Tätigkeit
Agypten jegliche Arbeit
Senegal Saisonarbeit
Unter solchen Umständen ist für die arbeitenden Kinder an einen Schulbesuch nicht einmal zu denken. Weltweit besucht jedes fünfte Kind zwischen 6 und 11 Jahren keinen Unterricht. Die Vermutung liegt nahe, dass Kinder, die nicht in die Schule gehen, arbeiten. "Ich muss mich ernähren und für mich selbst sorgen. Wie kann ich da zur Schule gehen?" , sagt Shilpi (14). Dabei wäre eine gute Schulbildung sehr wichtig. Wer lesen und schreiben kann, der kann sich auch über seine Rechte informieren und für sie eintreten. Ein wenig Hoffnung gibt das Projekt Rugmark, das von der UNO unterstützt wird und die Kinder von Knüpfrahmen wegbringen soll. Danach sollen die befreiten Kinder regelmäßig zur Schule gehen. Die erste Rugmark-Schule wurde im August 1996 in Indien eröffnet. Inzwischen haben sich schon 18.000 indische und nepalesische Teppichhersteller dem Projekt angeschlossen. Ihre Teppiche werden garantiert nicht von Kinderhänden geknüpft. Dafür dürfen sie das Rugmark-Zeichen tragen. Das Problem Kinderarbeit ist damit bei weitem nicht gelöst. Oft zwingt die Armut die Kinder auf den Arbeitsmarkt. Sie haben keine andere Wahl. So verrichten Inder weltweit weiterhin Arbeiten unter unmenschlichen und oft gefährlichen Bedingungen, werden schlecht oder gar nicht bezahlt, erhalten keine Schulbildung und werden vom Arbeitgeber misshandelt. Neben regionalen Projekten gibt es aber auch weltweite Bemühungen, das Problem Kinderarbeit endlich in den Griff zu bekommen. Die Internationale Arbeitsorganisation legt das Mindestalter für leichte Hilfstätigkeiten mit 13 Jahren, für eine Anstellung mit 15 Jahren und für gefährliche Tätigkeiten mit 18 Jahren fest. Doch den arbeitenden Kindern genügt die Unterstützung durch die IAO nicht mehr. Weltweit beginnen die Betroffenen, sich selbst zu organisieren. Bei ihrem ersten internationalen Treffen in Kundapur (Indien) haben sie ihre Anliegen formuliert.
Die Erklärung von Kundapur (November 1996)
Wir arbeitenden Kinder wollen
keine Ausbeutung durch Arbeit, sondern eine Arbeit in Würde und geregelten Zeiten, damit uns Zeit für Bildung Freizeit bleibt.
Respekt und Schutz für und und unsere Arbeit.
eine Schul- und Berufsausbildung, die unseren Bedürfnissen entspricht.
den Verkauf von Waren, die von Kindern hergestellt wurden.
eine stärkere Entwicklung der ländlichen Gebiete, damit wir Kinder nicht in die Städte gehen müssen.
ausreichende Gesundheitsversorgung.
Mitsprache bei Konferenzen zum Thema Kinderarbeit.
die Anerkennung und Bekämpfung der Ursachen für unsere Probleme, vor allem unsere Armut.
Wenn sie der Arbeit schon nicht entkommen, fordern die Kinder wenigstens faire Bedingungen. Die Kinderarbeiter haben erkannt, dass ein Verbot von Kinderarbeit allein nicht hilft. Sie sagen NEIN zur Ausbeutung, aber JA zur würdigen Arbeit. Sie sind gegen Misshandlung und Missbrauch, aber für geschützte Arbeit. Sie sprechen sich gegen Zwangsarbeit aus und fordern ein Recht auf Arbeit in Freiheit. Mit der Chance, eine Schule zu besuchen. Gern würden sie die Schulbank drücken. Doch ihre Eltern können nicht auf die Arbeitskraft der Kinder verzichten. Kinderarbeit ist verboten. Dennoch können es 35.000 Kinder und Jungendliche in der Orangenhauptstadt Itápolis (Südamerika) nicht leisten, auf die ausbeuterische Arbeit zu verzichten. Für einen Hungerlohn plagen sie sich auf den weitläufigen Feldern mit Bienen, Schlangen und Spinnen ab. Zwei Schilling pro Kiste. Hierzulande bekäme man zu diesem Preis nicht eine einzige Orange. Mit den schweren Säcken am Rücken steigen die Erntearbeiter auf Leitern und legen lange Wege zurück. Ein guter Arbeiter befüllt 80 Kisten am Tag. Am Ende eines Arbeitstages hat jeder Pflücker mehr als zwei Tonnen Orangen auf seinem Rücken geschleppt. Bei seinem Einsatz muss er Insektenstiche fürchten, Vergiftungen durch Spritzmittel, krumme Rücken und die Dornen des Orangenbaumes. Der Ertrag der Arbeit auf der Plantage sichert das Überleben der ganzen Familie. Nur ein kleiner Teil der mühsam geernteten Früchte wird in Brasilien verzehrt. Soll man deshalb auf Orangensaft verzichten? O-Saft ist reich an Vitaminen, an Mineralstoffen wie Kalium - und er schmeckt einfach gut. Allerdings gibt es andere Durstlöscher, für die kein Kind schuften musste. Abschaffung von Kinderarbeit heißt nicht, keinen Orangensaft zu trinken. Es geht darum, O-Saft zu trinken, für den die erwachsenen Pflücker gerecht entlohnt werden. Indische Kinder stellen Sternspritzer, Böller und Kracher her. Verletzungen und Kracher her. Verletzungen und Krankheiten sind häufig. Was wenige wissen: Hinter Wunderkerzen, Knallfröschen und Raketen verbirgt sich allzu oft das Elend von Kindern, die am anderen Ende der Welt für einen Hungerlohn Silverster-Böller herstellen. Für die kleinen Arbeiter sind die explosiven Stoffe mitunter tödliche Fallen. Die Arbeiter, die in Südindien weihnachtliche Sternspritzer herstellen, sind zu einem schleichenden Tod verurteilt. Wie Wesen von einem anderen Stern sehen sie nach 13 Stunden Arbeit aus. Kaum abwaschbares Bariumntrat und Aluminiumstaub haben sich auf die ausgemergelten Körper gelegt. Die giftigen Substanzen dringen über die Lunge in den Organismus und zerfressen die jungen Körper von innen. Handschuhe und Atemschutz gibt es nicht. Ein paar hundert Rupien (100 Rupien sind 30 Schilling) müssen genügen, um die Familie zu ernähren. Das Geld reicht nur für Reis, das Hauptnahrungsmittel in Indien. In Südindien befindet sich auch das Produktionszentrum von Leuchtraketen und Knallfröschen. Hier arbeiten viele Kinder. Kinderarbeit ist zwar verboten, aber darum kümmert sich hier niemand: Etwa ein Drittel der Beschäftigten in den 200 Manufakturen sind Minderjährige, 80 Prozent von ihnen Mädchen. Firmenbusse sammeln sie ein und fahren sie zu Manufaktur. Dort erwarten die 4- bis 14- jährigen zwölf Stunden Arbeit-unterbrochen nur von einer 30-minütigen Mittagspause. Monatslohn: 100 Schilling. Ihr Chef versucht sich zu rechtfertigen: Die Händler zahlen nicht mehr für die Waren, deshalb kann ich mir nur Kinder leisten, die sind billiger. Kinderarbeit ist eine Folge der Armut in den Ländern der Dritten Welt. Armut schafft Kinderarbeit, und Kinderarbeit schafft Armut. Wer diese Missstände bekämpfen will, tut sich schwer: Ein Einfuhrverbot für Sternspritzer droht jenen zu schaden, denen es nützen will. Denn um die Kinder, die dadurch ihre Arbeit verlieren, kümmert es nicht. Da die Gesetze zum Kinderschutz ohne eine nennenswerte Wirkung bleiben, soll nun eine Maßnahme helfen, die sich einmal in Europa bewährt hat. Im 19. Jahrhundert gehörte auch auf unserem Kontinent die Kinderarbeit zum Alltag. Erst die Einführung der allgemeinen Schulpflicht machte der Not ein Ende. Deshalb versuchen Organisationen wie die Österreichische Volkshilfe, die Kinder aus den Fabriken zu holen und in die Schule zu schicken. Mit kleinen Summen kann man schon viel bewegen. Für den Betrieb einer Schule für 100 Kinder sind pro Jahr 100.000 Schilling notwendig, ein Schüler kostet pro Monat 80 Schilling. Damit die Eltern ihre Kinder statt in die Fabrik zur Schule gehen lassen, bekommen sie monatlich 100 Rupien. Denn die große Not erlaubt nicht, dass ein Familienmitglied nichts zum Haushaltseinkommen beiträgt. Die Erwachsenen haben sich längst daran gewöhnt, an ihren Kindern zu verdienen. Dennoch verdienen weltweit immer noch etwa 200 Millionen Kinder ihren Lebensunterhalt selbst. Kinder schuften, damit sie nicht verhungern. Sie würden gerne in die Schule gehen, dürfen aber nicht, weil sie arbeiten und Geld verdienen soll. Sie dürfen keine Kinder sein, dürfen nicht lesen, schreiben oder rechnen lernen. Manche halten diesen Druck nicht mehr länger aus und begehen Selbstmord. So geht es vielen Kinder überall auf der Welt. Allein in einem Land wie Italien müssen- laut Schätzungen der Gewerkschaften- 300 000 bis 500 000 Minderjährige Sklavenarbeit leisten. Sie werden dafür kaum bezahlt. Ihre Arbeit ist ausschließlich Schwarzarbeit, das heißt, dass vor allem ihr Arbeitgeber an ihnen verdient, dass sie auch keine Absicherung und keinen Schutz (z. B. bei Unfällen) haben. Kinder, die noch nicht einmal 14 Jahre alt sind, bestätigen dass sie täglich bis zu 10 Stunden arbeiten müssen. Das bisschen Lohn für diese Arbeit kassieren ihre Eltern, um damit die Familie ernähren zu können. Die Kinder müssen Geld verdienen, weil sie sonst- genauso wie ihre Eltern- verhungern würden. Der Verdienst der Eltern reicht nicht aus, um der Familie wenigstens den Lebensunterhalt zu ermöglichen. Es gibt viele ähnliche Beispiele: Mirko arbeitet für einen Schuhhersteller in Albanien. Er kassiert für ein Paar genähte Sohlen umgerechnet 73 Groschen- die fertigen Schuhe werden dann um etwa 1000 Schilling verkauft. Zu Silvester krachen in ganz Österreich wieder die Feuerwerkskörper. Hergestellt werden diese Produkte vor allem von Kindern in Indien, die bei dem Umgang mit den hochgiftigen Materialien immer wieder verletzt oder sogar getötet werden. Weltweit werden- so Schätzungen der ILO (das ist die Arbeitsorganisation der UNO)- zwischen 250 und 400 Millionen Kinder von 4 bis 14 Jahren gezwungen, zum Lebensunterhalt ihrer Familien beizutragen. 70 000 Kinder sterben jährlich durch Arbeitsunfälle, 200 000 werden verletzt. Wir in Österreich haben es vergleichsweise deutlich besser. Es stellt sich aber die Frage, war wir tun können. Es klingt deprimierend, aber Experten meinen, dass Kinderarbeit in unserer Zeit nicht einfach abgeschafft werden kann. Umso wichtiger ist es, dass arbeitsrechtliche Bedingungen eingeführt und eingehalten werden: eine allgemeine Verbesserung der Arbeits-, Ausbildungs- und Lebensbedingungen der Kinder. Terre des Hommes (eine Organisation) streitet in 22 Ländern der Erde gegen Kinderelend, Kinderarbeit und Kinderprostitution. In der Dritten Welt ändert sich nichts, wenn sich bei und nichts ändert. Kinder pflücken Orangen in Brasilien und Kaffee in Kolumbien, knüpfen Teppiche in Indien und schleifen Diamanten in Thailand. Kleine Schuldknechte waschen Gold, brechen Marmor, gerben Leder; minderjährige Sklavinnen werden als Prostituierte missbraucht. Fast jedes Land der Welt verbietet Kinderarbeit. Trotzdem, so schätzt die Internationale Arbeitsorganisation, müssen 100 bis 200 Millionen Kinder schuften, etwa so viele Mädchen wie Jungen. Die genaue Zahl läßt sich nicht bestimmen, denn Kinder arbeiten überwiegend illegal oder ungeregelt, in Schuppen und Hinterhöfen, auf Plantagen und in Steinbrüchen. Mehr als 50 Prozent der Arbeitskinder placken sich in Asien, 25 Prozent in Afrika und 15 bis 20 Prozent in Lateinamerika. Kinderarbeit nimmt drastisch zu. Der Grund liegt in der zunehmenden Verelendung der Bevölkerung in den Ländern des Südens. Nicht die Kaltherzigkeit der Eltern treibt die Kinder in die Fron, sondern zumeist nackte Not: Mutter und Vater sind arbeitslos oder müssen sich zu Tageslöhnen verdingen, von denen eine Familie kaum leben kann. Die Kleinen riskieren nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihre Zukunft. Denn ohne Schulbildung bleiben auch sie als Erwachsene ungelernte Hilfskräfte- und sind wiederum angewiesen auf ein Zubrot von ihren eigenen Kindern: ein Teufelskreis. Denn die notwendigen Veränderungen müssen in der Ersten Welt beginnen. In den Teppichmanufakturen Indiens, Nepals und Pakistans arbeiten zwischen 750 000 und einer Million Kinder unter 14 Jahren. Zu den schlimmsten Auswüchsen der Kinderarbeit gehören Schuldknechtschaft und Prostitution - zwei Phänomene, die eng miteinander verbunden sind. Die Armsten der Armen lassen sich etwa in Thailand für einen Vorschuß von umgerechnet 100 bis 200 Mark ein Kind abschwatzen, dem dafür Ausbildung und Lohn versprochen werden. In Wahrheit landen die Kinder in Teppichknüpfereien, Steinbrüchen oder Bordellen. Mädchen im Alter von 12 oder 13 Jahren werden von Touristen missbraucht, manchmal von zehn Kerlen am Tag. Nur weil den Kleinen dafür ein paar Pfenninge hingeworfen werden, heißt der Vorgang nicht Vergewaltigung, sondern Prostitution. 50 Millionen indischen Kinderarbeitern. Die meisten sind Mädchen. Das trockene Klima eignet sich besonders gut für die Herstellung von Streichhölzern und Knallkörpern. Sie bringen am Abend ca. 8 Rupien nach Hause, das sind ungefähr 35 Pfenninge. Davon kann die Mutter ein Kilo Reis kaufen. Kinderarbeit läßt sich nicht von heute auf morgen abschaffen. Im Moment können wir nur die Lebensbedingungen der Kinder verbessern, durch kostenlosen Schulbesuch, Lehrmaterialien, Ernährung und Gesundheitsfürsorge. Kinder unter 14 Jahren dürfen nicht in gefährlichen Industrien, wie der Streichholzproduktion, arbeiten. Fast alle Kinder klagen über Rückenschmerzen: vom stundenlangen, jahrelangen auf dem Boden kauern mit gekreutzten oder unterschlagenen Beine verbiegen sich die jungen Körper. Alle, die hier arbeiten müssen die schädliche Luft einatmen- die Folgen sind Kopfschmerzen, Hautausschläge, Atemwegserkrankungen, Augenschäden.
Kinderarbeit:
Erwerbstätigkeit von Schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen, illegale Beschäftigung von Kindern. In Mittel- und Osteuropa haben die Schwierigkeiten beim Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft zu einem deutlichen Anstieg von Kinderarbeit geführt.
Menschlich unerträglichsten Formen der Kinderarbeit:
Sklavenähnliche Ausbeutung, Schuldknechtschaft, Beschäftigung an gefährlichen Arbeitsplätzen, Kinderprostitution, Pornographie mit Minderjährigen.
Anteil der erwerbstätigen Kinder zwischen 10 und 14 Jahren an allen Kinder dieser Altersklasse in ausgewählten Ländern (1995 in %)
Staaten Erwerbsquote
Buthan 55,1
Mali 54,1
Bulona Faso 51,1
Burundi 49,0
Uganda 45,3
Nepal 45,2
Bangladesch 30,1
Haiti 25,3
Türkei 24,0
Pakistan 17,2
Guatemala 16,2
Thailand 16,2
Brasilien 16,1
Indien 14,4
Portugal 1,8
Albanien 1,1
Italien 0,4
Rumänien 0,2
Kinderarbeit ist überall auf der Welt zu finden, sie dominiert allerdings in den Entwicklungsländern. In Deutschland und anderen westeuropäischen Staaten; ausgeprägt auch in Nordamerika ist das Motiv für Kinderarbeit jedoch überwiegend ein anderes als in der übrigen Welt. Sie wird hier weder unter Zwang noch zur unmittelbaren Abwehr von Armut ausgeübt.
Kinderarbeit in Entwicklungsländern:
Offizielle statistische Zahlen über Kinderarbeit liegen fast nur für die Altersgruppe der Zehn- bis Vierzehnjährigen und vorwiegend für Jungen vor. Einer Erhebung der IAO aus dem Jahr 1996 zufolge gab es weltweit rund 73 Millionen Kinder dieser Altersgruppe, die Kinderarbeit verrichten; das entspricht 13,2 % aller Kinder in diesem Alter. Aufgrund des lückenhaften Datenmaterials wird eine systematische Unterfassung der Kinderarbeit vermutet. So räumt die IAO ein, dass durchaus von über 100 Millionen wirtschaftlich aktiven Kindern gesprochen werden kann. Auch die Zahl von 200 Millionen oder mehr wird nicht ausgeschlossen. Die Erhebung gibt aber Hinweise darauf, in welchen Regionen Kinderarbeit beispielsweise häufig vorkommt, in welchen Branchen sie überwiegend ausgeübt wird und wie unterschiedlich Jungen oder Mädchen davon betroffen sind. In den Entwicklungsländern sind zwischen 25 % und 40 % aller Kinder unter 15 Jahren erwerbstätig. Die höchste Zahl von arbeitenden Kindern gibt es mit 44,6 Millionen (13%) in Asien; es folgen Afrika mit 23,6 Millionen (23,3%) und Lateinamerika mit 5,1 Millionen (9,8 %) die Erwerbsquote von Kindern schwankt jedoch erheblich zwischen einzelnen Ländern und Regionen. Die Geschlechtsproportion bei Kinderarbeit beträgt etwa 3:2 auf drei arbeitende Jungen kommen zwei arbeitende Mädchen. Diese Relation verschiebt sich zuungunsten der Mädchen, je jünger die arbeitenden Kinder sind. Überdies wird die Vollzeithausarbeit vieler Mädchen (um die Erwerbstätigkeit der Eltern zu ermöglichen) statistisch nicht erfasst. Am häufigsten findet sich Kinderarbeit auf dem Lande- neun von zehn Kindern arbeiten in der Landwirtschaft bzw. ihrem Umfeld. In den städtlichen Gebieten der Entwicklungsländer arbeiten Kinder vor allem im Handels- und Dienstleistungsgewerbe und in geringem Umfang im produktiven Bereich. Obwohl auf internationaler Ebene vor allem die Kinderarbeit in der Exportindustrie der Entwicklungsländer (Schuh-, Textil- und Bekleidungsindustrie, Teppichherstellung) Beachtung findet, sind tatsächlich die meisten Kinder in Branchen tätig, die heimische Konsumbedürfnisse abdecken. Im Durchschnitt trägt in den Entwicklungsländern ein Kinderarbeiter 24 % zum Familieneinkommen bei. Kinderarbeit lässt sich hier wie folgt typisieren:
In den Entwicklungsländern müssen Kinder vom frühesten Alter an zum Unterhalt der Familie beitragen. Außerdem gibt es oft keine Schule in einer zumutbaren Entfernung, oder deren Kosten sind zu hoch, oder die Eltern ziehen den unmittelbaren Nutzen der Kinderarbeit dem langfristigen Nutzen des Schulbesuches vor. Eine extreme Situation ergibt sich in Agrargesellschaften, wo die Grundbesitzerverhältnisse den Pächtern, kleinen Farmern unter anderem Abgaben aufzwingen, die den Haushaltsetat überschreiten, sodass die Kinder in Schuldknechtschaft geraten, aus der sie infolge der fortdauernden überhöhten Lasten nicht entkommen können. Weitere Formen sklavenähnlicher Kinderarbeit betreffen Hausangestellte überwiegend Mädchen, die nicht nur extrem langen Arbeitszeiten, sondern nicht selten auch sexuellen Übergriffen ihrer Arbeitgeber ausgesetzt sind. Kinderarbeiter in der Textilindustrie und der Teppichknüpferei (z.B. in Nordafrika), in Steinbrüchen und Ziegeleien sowie in der Sexindustrie (Pornographie und Prostitution, v. a. in Thailand, Indonesien, Pakistan). Ein wachsendes wenngleich nicht primär unter dem Aspekt der Kinderarbeit betrachtendes Problem stellen die ihrer Familie beraubten Kindersoldaten in den zahlreichen Konfliktherden Afrikas und Asiens dar. Zur Bekämpfung der Kinderarbeit sind in den Entwicklungsländern vielfach die gesetzlichen Bestimmungen nicht hinreichend. Zudem fehlen die institutionellen Voraussetzungen zu Überwachung ihrer Einhaltung. Im Übrigen würde nach Einschätzung vieler internationaler Organisationen die bloße Durchsetzung des Rechts angesichts der wirtschaftlichen Bedingtheit der Kinderarbeit die Lage der Betroffenen eher verschlimmern, da viele, aus vergleichsweise geschützten Arbeitsverhältnissen entlassen, in noch menschenunwürdigere Abhängigkeit geraten und gefahrvolleren Tätigkeiten ausgesetzt würden. Derselbe Einwand wird gegen Bestrebungen in den Industrieländern erhoben, durch Boykott von Produkten aus Kinderarbeit diese selbst zu bekämpfen. Da Kinderarbeit in der Dritten Welt ein Armutsphänomen ist, kann sie nur durch langfristige Strategien überwunden werden. Dazu muss zum eine durch Erforschung von Ausmaß und Erscheinungsformen der Kinderarbeit und Information der Öffentlichkeit in den Entwicklungsländern ein entsprechendes Problembewusstsein in der Bevölkerung geschaffen werden, sodass Kinderarbeit nicht mehr als unabhänderlicher Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit betrachtet wird. Doch erst durch den Ausbau des Bildungswesens und der beruflichen Qualifikation sowie durch die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut insgesamt kann der Kinderarbeit auf lang Sicht der Boden entzogen werden. Hierbei kommen nicht nur den Regierungen der Entwicklungsländer, sonder auch der internationalen Staatengemeinschaft und den Nichtregierungsorganisationen wichtige Aufgaben zu.
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