Das Rittertum
Die Entstehung des Rittertums
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Die
Geschichte des Rittertums begann in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts n.
Chr. In einer Zeit, in der die Anhänger des Propheten Mohammed nach der
Eroberung Vorderasiens und Nordafrika nun auch nach der Herrschaft über
Westeuropa griffen. |
Bild oben rechts => Die beiden typischen Angriffswaffen des Ritters waren die schwere Lanze und das gerade Schwert. Seltener kämpfte er mit der Streitaxt (a), dem Streitkolben (b) oder (seit dem 15. Jahrhundert) mit dem Streithammer (c).
Die
Ausbildung zum Ritter
Schon im Alter von sieben Jahren wurde aus dem Kind der 'Page', was
bedeutete, dass der Knabe aus de Obhut der Frauen in die Schule der Männer
überging.
Der Umgang mit den ritterlichen Waffen spielte nur eine untergeordnete Rolle.
Denn zuvor hatte der Knabe das Ritter-ABC zu erlernen: reiten, schwimmen,
Bogenschiessen, Faustkampf und Vogelfallen aufstellen. Das einüben fand unter
den Augen des Vaters, der Brüder oder eines bestellten Erziehers statt.
Dann, im Alter von vierzehn Jahren, musste der Page das Elternhaus verlassen,
um nun als 'Knappe' seine Ausbildung bei einen anderen Ritter
fortzusetzen.
Ziel der Knappen-Ausbildung war es, den vollkommenden Ritter heranzubilden.
Dabei lag das Hauptgewicht naturgemäß auf den verschiedenen Kampftechniken.
Geübt wurden die Treffsicherheit beim Anrennen mit der Lanze sowie der Kampf
mit Schwert, Streitkolben oder Streitaxt, wobei die Ausbilder darauf Wert
gelegt hatten, dass der Knappe mit beiden Händen diese Waffen gleichgut
handhaben konnte.
Ein wohlerzogener Knappe musste das Tanzen, die Manieren und die Brettspiele
beherrschen können.
Nicht selten endete das Leben des Knappen tragisch. Zwar war er noch kein
richtiger Krieger, aber er hatte doch die Pflicht, seinem Herrn im Kampf zu
begleiten, durfte ihm im Getümmel nicht von der Seite weichen und musste mutig
dazwischen gehen, wo tödliche Gefahr drohte. Die Folge dieser früh
eingeschärften Treuepflicht war, dass so mancher Knappe einen frühen Heldentod starb.
Hatte ein Knappe seine militärischen Fähigkeiten voll entwickelt und hatte er
auch seine Charakterfähigkeit unter Beweis gestellt, dann konnte er zum Ritter
befördert werden.
Die
Turniere Als
'Turniere' bezeichnet man die so charakteristischen Kampfspiele, bei
denen Ritter und Knappe vor einem begeisterten Publikum ihre Geschicklichkeit
im Waffenhandwerk und ihren Mut unter Beweis stellen konnten. Auf Turnieren zu
kämpfen war früher jeden echten Ritter nicht nur ein Vergnügen, die Telnahme
bedeutete auch eine hohe Ehre. Das Mittelalter kannte drei unterschiedliche
Formen des Turniers: Buhurt, Tjost und Turnei.
Der Buhurt war ein Massenkampf zwischen zwei gleichgroßen und gleichstarken
Heerhaufen. Gekämpft wurde allerdings nur mit stumpfen Waffen. Sonst aber ging
alles genauso zu wie im Kriege.
Im Gegensatz zum Buhurt war der Tjost ein Zweikampf. Er begann stets mit einen
Lanzenstechen. Nicht selten wurde beim Tjost auch mit scharfen Waffen
gefochten.
Ein Mittelding zwischen Buhurt und Tjost war der Turnei. Hier kämpften auf
einem kleinen Turnierfeld zwei überschaubare Gruppen mit stumpfen Lanzen
gegeneinander. Sieger war die Partei, die im Kampf Mann gegen Mann die meisten
Gegner aus dem Sattel werfen konnte.
Ungeachtet aller Gefahren war das Turnier vor allem für die jüngeren Ritter
eine Bühne, auf der sie ihre Vorzüge ins rechte Licht setzen konnten, um so
eines Tagen zu erlangen, was sie sich am meisten wünschten: Ruhm und Ehre,
fette Beute, einen angesehenen Dienstherren und eine reiche Frau.
Die
Rüstung
1. Stufe (ca. 1050-1220)
Im
Grunde war der Ritter dieser Zeit noch immer der alte fränkische Panzerreiter.
Mit zwei wichtigen Ausnahmen. Erstens wich der alte Schuppenpanzer jetzt
endgültig dem Kettenhemd, das vom Kopf bis zu den Knien reichte und durch
Kettenstrümpfe ergänzt wurde. Und zweitens bevorzugte man nun Helme mit einem
Gesichtsschutz, zuerst in Form eines angeschmiedeten Nasenschutzes, später
(seit ca. 1170) auch in Form einer Platte mit Augenlöchern: der so genannten
Barbiere.
2. Stufe (seit ca. 1220)
Die
wichtigste Neuerung dieser Stufe war der vollkommene Schutz des Gesichtes durch
den so genannten Topfhelm, den der Ritter vor dem Kampf über die Kettenhaube
seines Kettenhemdes stülpte. Die Einführung dieses Helmungetüms hatte
allerdings eine wichtige Konsequenz: fortan wusste niemand mehr, wen er im
Getümmel eigentlich vor sich hatte. Um Verwechslungen zu vermeiden, brauchte
man also ein Erkennungszeichen. Das war die Geburtsstunde des Wappens: so nennt
man die farbigen Zeichen oder Bilder, durch die man den Ritter schon von weitem
ausmachen konnte. Wappenzeichen schmückten von nun an den Topfhelm, den über
der Rüstung getragenen Waffenrock, den Schild, den Wimpel und die Pferdedecke.
=> Dieser Topfhelm aus der Sammlung
des Germanischen Nationalmuseums
in Nürnberg entstand um 1350
und gehörte einem süddeutschen Ritter.
3. Stufe (seit ca. 1250)
Kettenhemden boten gegen weittragende Pfeile, Armbrustbolzen und Lanzenstiche
keinen vollkommenen Schutz. Deshalb verstärkten die Ritter ihre Rüstung, indem
sie über dem Kettenhemd noch einen Brustpanzer trugen, der aus Eisenplatten
zusammengenietet und der Körperform angepasst war. Dieser Brustpanzer war der
erste Schritt auf dem Weg zur vollständigen Plattenrüstung.
Marschall Hüglin von Schönegg. Außer dem Brustpanzer trägt der Ritter auch an Schultern und Knien schützende Metallplatten (Grabfigur in der Leonhardskirche Basel, um 1377)
4. Stufe (seit Anfang des 14. Jahrhunderts)
Zum Brustpanzer kamen auf dieser Stufe weitere Eisenplatten, die wichtige
Körperpartien zusätzlich schützen sollten: die Schultern, die Knie und andere
Stellen.
Der heilige Mauritius als Ritter im Kettenhemd mit darüber geschnalltem Brustpanzer (Statue im Magdeburger Dom, Mitte des. 13. Jahrhunderts). Solche Brustpanzer zur Verstärkung der Rüstung hat man unter anderem in einem Massengrab auf der Ostseeinsel Gotland gefunden.
5. Stufe (ende 14. Jahrhunderts)
Auf dieser Stufe war die vollständige Plattenrüstung fast erreicht. Vom alten
Kettenhemd war nur noch eine Art Halskragen übrig geblieben, der bis zum Helm
hinaufreichte. Dieser war nach wie vor geschlossen, hatte jetzt aber eine
elegantere Form als der traditionelle Topfhelm und konnte durch ein
aufklappbares Visier vor dem Gesicht geöffnet werden.
So
lebten die Ritter
Selbstverständlich
wohnte ein richtiger Ritter auf einer richtigen Burg - so glauben die meisten.
Doch das stimmt nicht. Denn um eine Burg bauen und unterhalten zu können,
musste man über sehr viel Geld verfügen. Sehr viel Geld aber hatten nur der
Hochadel und vielleicht noch ein paar reich gewordene Ministerialen. Dagegen
lebten die meisten Ritter in bescheidenen Verhältnissen, hatten also nicht die
geringste Aussicht, jemals Burgherr zu werden. Wo dennoch Ritter ohne Vermögen
auf Burgen wohnten, da taten sie es als Angestellte ihres Dienstherrn: als
Burgvögte, Verwalter, Waffenmeister, Jagdaufseher und so weiter.
Die Mehrzahl der einfach Ritter aber lebte draußen auf dem Lande, meist in
einem Dorf, das zu ihrem Leben gehörte, umgeben von den Bauern und Leibeigenen.
Über ihre eigenen Häuser weiß man nicht allzu viel. Vermutlich waren die
meisten aus Stein gebaut, besaßen an den Ecken kleine Erker, aus denen man ein
freies Schussfeld hatte, und wurden durch einen schmalen Wassergraben
geschützt.
Im Inneren gab es gewöhnlich zwei Räume: ein Wohn- und Empfangszimmer, indem
auch gekocht und gegessen wurde, und ein Schlafzimmer für die ganze Familie.
Eingerichtet war ein solches Ritterhaus nur mit dem Allernötigsten: mit
Tischen, Bänken, Schemeln, Betten, Truhen, viel Stroh und wenig Stoffen. Alles
in allem also nicht gerade das, was man sich im allgemeinen unter einem
ritterlichen Haushalt vorstellt.
Das
Frauenleben in der Ritterzeit
Auch die Töchter der Ritter wurden durch eine besondere Erziehung auf ihre
zukünftigen Aufgaben vorbereitet. Auf der väterlichen Burg oder bei einem
benachbarten Ritter erlernten die Mädchen, neben den in den hinten stehenden
Bildern dargestellten Fähigkeiten, vor allem das höfische Benehmen. Manchmal
sogar Fremdsprachen, wie Französisch und Latein. Doch die Rolle der künftigen Hausfrau
musste erlernt werden. Alle Kleidungsstücke mussten von der Burgherrin und ihre
Mägden selbst genäht werden. Frauen hatten kaum Rechte in der Ritterzeit.
So
beschäftigten sich Ritter in Friedenszeiten
Wenn ein Ritter nicht kämpfen konnte, war seine Lieblingsbeschäftigung
die Jagd. Ritter sein und jagen - das waren zwei Seiten derselben Medaille.
Um ihrer Jagdleidenschaft zu frönen, kannten die Ritter keine Rücksichten.
Manche Bauernaufstände wurden dadurch ausgelöst, dass die vom Jagdfieber
Getriebenen bei der Hatz auf Hirsche, Rehe oder Wildschweine mitten durch die
Saaten preschten, das reife Korn zertraten, Zäune niederrissen und auch sonst keine
Rücksichten kannten. Das alles war tausendmal bestätigtes Herrenrecht.
Als besonders vornehm galt die Falkenjagd. Die Abrichtung eines Greifvogels war
ein müheseliges Geschäft und dauerte Jahre. Das Ziel war das das Tier in
sekundenschnelle auf seine Beute gestürzt ist: tollkühn und todbringend wie ein
Ritter in der Schlacht.
Der
Niedergang des Rittertums
Gegen
Ende des 15. Jahrhunderts hatten die Ritter ihre Rolle im Alltagsleben der
europäischen Staaten und Völker endgültig ausgespielt. Sie hatten sich überlebt
- auf dem Schlachtfeld ebenso wie als gesellschaftliche Klasse. Doch bevor die
Erinnerung an sie verblasste, erlebten die ritterlichen Ideale noch einmal eine
kurze, aber glanzvolle Blütezeit.
Der Anstoß dazu ging vom Hochadel aus. Während sich ringsum die ritterliche
Welt von einst auflöste, blieb bei Baronen, Grafen, Fürsten und Königen eine
starke Sehnsucht nach der guten alten Zeit lebendig - nach einer Zeit, in der
das Ideal vom 'Ritter ohne Furcht und Tadel' das Leben aufregend und
zugleich sinnvoll gemacht hatte. Dieses Ideal einer glanzvollen Vergangenheit
wiederzubeleben. Schien ihnen auch ein wirksames Mittel zu sein gegen die
geistigen Umwälzungen in einer Zeit, die im Begriffe stand, zu neuen Horizonten
aufzubrechen und deshalb vielen nicht geheuer war.
Eine hektische Betriebsamkeit setzte ein. Überall in Europa entstanden neue
Ritterorden und Ritterbruderschaften, die ihre Mitglieder auf eine ritterliche
Lebensweise einschworen. Doch für eine neue Ritterschaft gab es schon längst
keine wirklich Aufgaben mehr. So erschöpfte sich dieses ganze Tun und Treiben
rasch in einer Art Gesellschaftsspiel: in bedeutungsschweren Aufnahmezeremonien,
feierlichen Gelöbnissen, festlichen Auftritten und allerlei
'Kulissenzauber', wie ein bekannter Historiker das zutreffend genannt
hat.
Ihren weithin sichtbaren Ausdruck aber fand die neue Ritterbegeisterung vor
allem in den phantastisch herausgeputzten Turnieren, wie sie an den großen
europäischen Fürstenhöfen, aber auch in vielen Städten in Mode kamen. Um die
größte Prachtentfaltung bei diesen sündhaft teuren Veranstaltungen wetteiferten
miteinander der englische König Heinrich VIII. (1515-1547), die selbst
erfolgreich an solchen Turnieren teilnahmen. An Begeisterung und Glanz weit
übertroffen aber wurden beide von ihrem strahlenden Konkurrenten, dem deutschen
König und späteren Kaiser Maximilian I. (1486-1519), den schon seine
Zeitgenossen den 'letzten Ritter' nannten.
Zu Recht! Denn Maximilian, der in seiner Person Wirklichkeitssinn und
romantische Schwärmerei vereinte, meinte es mit der Wiederbelebung der
ritterlichen Ideale ernst. Redlich bemühte er sich darum, als Ritter zu leben
und seiner Umgebung und seiner Zeit ein ritterliches Vorbild zu geben. Seine
Turniere waren in ihrer prunkvollen Ausstattung einzigartig. An ihnen
teilnehmen zu dürfen, galt als eine hohe Ehre. Der Kaiser selbst war ein
leidenschaftlicher Turnierreiter und einer der besten: ihn zu besiegen, gelang
nur wenigen.
Doch der Zauber, wie es von Maximilian und seinesgleichen ausging, konnte auf
Dauer nicht darüber hinwegtäuschen, das der späten Ritterbegeisterung etwas
Künstliches und Theatralisches anhaftete. So hielt denn auch die Hochstimmung
nicht lange an. Als im Jahre 1559 der französische König Heinrich II. durch den
splitternden Schaft einer Turnierlanze umkam, verbot sein Nachfolger solche
Veranstaltungen für immer. Und bald darauf stellte man auch im übrigen Europa
den Turnierbetrieb ein.
Am Ende des Mittelalters versuchten viele Ritter die finanzielle Notlage, in
die sie geraten waren, mit Gewalt zu bessern, indem sie als
'Raubritter' Kaufleute und andere Reisende ausplünderten. Schließlich
mussten die Landesherren gegen die Verbrecher einschreiten und ihre Burgen
zerstören.
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