Wir danken allen, die an der Entstehung dieser Arbeit mitgewirkt haben. Insbesondere Herrn Bruno Santini, Geschäftsführer der Schweizerischen Arbeitsstelle für Bildungsfragen der Schweizer Katholiken, und Herrn Walter Lavater, ehemaliger Sekundarlehrer, welche uns ausführliches Material zur Verfügung gestellt haben.
Ebenfalls möchten wir uns bei Petra Castioni für die kritische Durchsicht und die Korrekturarbeiten bedanken.
Die heutige Zeit ist geprägt von der Forderung nach Deregulierung und Privatisierung der Wirtschaft. Zur Zeit durchlaufen viele Unternehmen eine Phase der Veränderung und Neuausrichtung auf die Zukunft. Diese Liberalisierung wird auch in Bereichen diskutiert, welche bis vor kurzem noch vom Staat verwaltet wurden.
So fordert Alfred Zwygart, Partner und leitender Direktor der Akad, neue, leistungsfähige und kompetente Anbieter auf dem sich ebenso rasant verändernden Bildungsmarkt. Gefragt seien Anbieter, die ihre Bildungsangebote rasch, preiswert und möglichst individualisiert offerieren können. Dies soll durch eine Privatisierung und Deregulierung des Bildungswesens erreicht werden. Zuschüsse sollen nicht mehr direkt an die Schulen, sondern direkt an die Auszubildenden vergeben werden. Um diese Zielsetzung zu erreichen, werden verschiedene Massnahmen diskutiert. Eine davon ist die Finanzierung der Bildung via Gutscheine.
Darauf werden wir näher eingehen und die Neuerungen aufzeigen. Zunächst erläutern wir, wie das Bildungswesen derzeit strukturiert ist. Anschliessend zeigen wir die Mechanismen des Bildungsmarktes auf und leiten dann zum Bildungsgutschein über. Dabei schreiben wir über mögliche Variationen und praktische Versuche des Gutscheinsystems. Abschlies-send betrachten wir Problembereiche einer Umsetzung in der Schweiz und geben unseren Kommentar dazu.
Bis ins 18. Jahrhundert wurde die Bildung von privaten Bildungseinrichtungen vermittelt. Im Mittelalter war das Schulwesen stark von der Kirche dominiert. Im 19. Jahrhundert sind die staatlichen Bildungseinrichtungen geschaffen worden, um, durch das aufklärerische und liberale Gedankengut angeregt, dem Bildungswesen den kirchlichen Einfluss zu entziehen (Basis: helvetische Verfassung von 1798, heute: Artikel 27 der Bundesverfassung).
Das Bildungssystem der Schweiz ist föderalistisch geprägt. Die Schulhoheit liegt grundsätzlich bei den Kantonen. Auf Bundesebene beschäftigen sich mehrere Amter mit Bildungs- und Wissenschaftsfragen. Die Kompetenz, Gesetze für die Berufsbildung zu erlassen, liegt beim Bund. Für die Koordination sind die kantonalen Erziehungsdirektoren zuständig. Die Kantone geniessen eine grosse Autonomie in der Gestaltung. Dies hat zur Folge, dass vor allem in der obligatorischen Schule verschiedene Schultypen entstanden sind. Jedoch sind jene nach der obligatorischen Ausbildung homogener. Grafik 1 zeigt einen Überblick über das Bildungswesen der Schweiz.
Damit zählt das schweizerische Bildungswesen zu den am wenigsten flexiblen und unliberalsten der westlichen Welt, da weder auf Seite der Eltern und Schüler noch auf Seite der Schulen Autonomie besteht. Privatschulen werden in der Regel nicht unterstützt. Eine Untersuchung der OECD ergab, dass Schweizer Schulen den weitaus geringsten inhaltlichen und methodischen Spielraum haben. 2)
Die Schulsysteme der europäischen Staaten unterscheiden sich stark voneinander. In den Niederlanden oder etwa in Frankreich bestehen öffentliche und stark subventionierte private Bildungsinstitute nebeneinander. In Grossbritannien werden private Schulen nicht gefördert, doch werden Privatschüler aus Familien mit niedrigen Einkommen finanziell unterstützt. Hingegen ist im deutschsprachigen Raum das öffentliche Bildungswesen von Liberalisierungsideen noch weitgehend unberührt.
Das liberalste aller Bildungssysteme ist jenes der USA, bedingt einerseits durch die individualistisch geprägte amerikanische Gesellschaft und andererseits durch die schlechten Leistungen des öffentlichen Schulsystems.
Der Bildungsgutschein hat zum Ziel, das Bildungswesen mit marktwirtschaftlichen Mechanismen zu steuern. Wenn wir allerdings das Bildungswesen dem Wettbewerb aussetzen wollen, müssen wir erst einmal untersuchen, ob man Bildung als Markt verstehen kann. Zugleich drängt sich auch die Frage auf, ob ein System von eigenständigen, sich konkurrierenden Bildungseinrichtungen einem vom Staat regulierten und zentral geführten System überlegen ist.
Im Bildungswesen finden wir diverse Bildungsinstitute, welche Bildung produzieren, und Schüler, Studierende und Eltern, die für sich oder ihre Zöglinge eine angemessene Aus- und Weiterbildung nachfragen. Das Zusammentreffen von Anbietern und Nachfragern bildet einen Markt. Zu diesem Schluss kam auch Milton Friedman, ein amerikanischer Ökonom und Befürworter wirtschaftsliberalistischer Reformen der ersten Stunde. Er meinte dazu, dass Bildungsgüter nicht anders als andere Wirtschaftsgüter auch über ein freies Nachfrage-Angebot-Verhältnis «produziert» und «konsumiert» werden können.
Der Umstand, dass auf einem Markt für ein Gut ein Preis zu zahlen ist, veranlasst die Nachfrager, ihre Präferenzen sorgfältig zu prüfen, was sie in der Höhe ihrer Zahlungsbereitschaft ausdrücken. Je mehr Anbieter sich nun den Markt teilen, desto höher ist auch die Bereitschaft der Nachfrager, Informationen über ihre Zahlungsbereitschaft und ihre Präferenzen bekanntzugeben, da sie erwarten können, dass die Anbieter auf diese Informationen entsprechend reagieren werden. Eine laufende Anpassung an die Bildungsbedürfnisse ist die Folge.
Andererseits produzieren die Anbieter Bildung auf eigenes Risiko. Sie sind primär daran interessiert, einen möglichst hohen Profit zu erwirtschaften. Um aber im Markt erfolgreich bestehen zu können, müssen sie einerseits ihr Angebot an die Präferenzen und die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager anpassen.
Andererseits versuchen die Anbieter, ihre Mittel so effizient wie möglich einzusetzen. Jede Ausgabe und jede Investition werden sorgfältig geprüft. Im Gegensatz dazu versucht in einem staatlich geführten System jede Schule, dass ihr ein möglichst hohes Budget zugesprochen wird. Dieses Budget wird dann auch vollständig ausgeschöpft, da sonst im nächsten Jahr eine Budgetkürzung droht.
Die Anbieter werden sich nicht nur damit begnügen, die bestehenden Wünsche der potentiellen Nachfrager zu eruieren. Um sich gegenüber der Konkurrenz einen Vorteil zu verschaffen, werden sie versuchen, neue Angebote zu formulieren, von denen sie erwarten, dass sie latente Wünsche der Nachfrager treffen. Diese ständigen Verbesserungen und Diversifizierungen des Angebotes führen zu einem Innovationsschub, der von einem staatlich administrierten System so nicht erbracht werden kann.
Ulrich van Lith beschreibt diesen Prozess folgendermassen: «Der Markt verarbeitet so unzählige Informationen, bringt eine unendliche Vielfalt von individuellen Wünschen und Bedürfnissen mit den verfügbaren Ressourcen in einem permanenten Abstimmungsprozess in Einklang. Dabei kommt jeder mit seiner Nachfrage zum Zuge, soweit denn für das, was er bereit ist auszugeben, ein Angebot gemacht werden kann.»
Ein nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen funktionierendes Bildungswesen wird auch Auswirkungen auf Lehrer und Dozenten haben. An staatlichen Schulen unterrichtende Lehrer erhalten einen fixen Lohn und haben den Status von Beamten. Gute und überdurchschnittliche Leistungen von Lehrern können nicht mit Lohnanreizen belohnt, schlechte unterdurchschnittliche Arbeiten können nicht sanktioniert werden. Eine private Schule wird Eltern und Schüler nur mit einem guten und an die Bedürfnisse angepassten Unterricht gewinnen können. Es werden auch Lehrer mit Lohnanreizen dazu angehalten werden, ihre Leistungen laufend zu verbessern.
Von einer Privatisierung des Bildungswesens kann somit erwartet werden, dass die Schulen sich kostenbewusster verhalten, die Qualität des Unterrichts steigt, ein vielfältigeres Bildungsangebot entsteht, die Zufriedenheit der Studierenden, Schüler und Eltern steigt, Lehrer ihren Unterricht freier gestalten können sowie neue und innovative Unterrichtsformen Verbreitung finden.
Wie wir festgestellt haben, kann das Bildungswesen unter freiem Wettbewerb bestehen. Allerdings gilt es auch festzuhalten, dass für diesen Markt einige besondere Regeln gelten.
Nachgefragt werden nur Güter, für welche auch eine Zahlungsbereitschaft besteht. Zahlungsbereit ist aber nur jemand, der auch bis zu einem gewissen Sinne zahlungsfähig ist. Eine Liberalisierung des Bildungswesens würde unsere sozialen Strukturen in einem grossen Masse gefährden. Familien mit kleinem und mittlerem Einkommen könnten sich für ihre Kinder kaum mehr eine angemessene Ausbildung leisten, da sie diese schlicht nicht mehr vermögen würden. Eine kleine privilegierte Schicht könnte sich noch den Luxus eines Hochschulabschlusses leisten. Um dieser Gefahr vorzubeugen, müssen wir neue Wege der Finanzierung finden.
Eine Finanzierung von Bildung ist eine Investition in Humankapital. Myung-Shin Kim beschreibt in seiner 1994 erschienen Doktorarbeit «Bildungsökonomie und Bildungsreform», einer der wichtigsten Aspekte der Humankapitaltheorie sei die Betrachtung der Verbesserung der Arbeitskräfte als eine Form von Kapitalinvestition.
Die Finanzierung von Sachkapital kann durch die Eigentumsrechte an der Sache gesichert werden. Kann ein Kreditnehmer seine Schuld nicht begleichen, so kann der Gläubiger das Pfand verwerten.
Im Gegensatz dazu können Rechte auf Humankapital nicht verpfändet werden. Dies würde bedeuten, dass der Schuldner bei Zahlungsunfähigkeit die Rechte an seiner Person jemand anderem übergeben müsste. Unsere ethischen und moralischen Grundwerte lassen einen solchen Handel nicht zu.
Somit wären Familien mit kleinen und mittleren Einkommen nicht in der Lage, Bildungskredite zu erhalten, da sie keine Sicherheiten bieten können.
Daraus stellt sich die Frage, ob nicht der Staat - soweit die privaten Instrumente der Geld- und Kreditwirtschaft das aufgezeigte Problem nicht zufriedenstellend lösen - bei der Finanzierungsfunktion subsidiär tätig werden muss.
Bei der Einführung eines freiheitlichen Bildungssystems würde die Subventionierung der öffentlichen Schulen eingestellt. Damit entfällt für den Staat auf einen Schlag ein Grossteil der bildungsbezogenen Ausgaben. Diese freigestellten Mittel könnte man nun so umleiten, dass sie direkt Eltern mit schulpflichtigen Kindern oder Studierenden zuflössen. Der «Bildungsgutschein» ist eine Form einer solchen Subjektfinanzierung.
Eckhard Behrens definiert den Bildungsgutschein folgendermassen: «Der Bildungsgutschein ist ein Wertpapier, das dem Schüler oder Studenten die staatliche Finanzierung seines Rechts auf Bildung verbrieft und der Schule oder Hochschule den Rechtsanspruch auf einen Geldbetrag verbrieft, der die durchschnittlichen Kosten eines Schülers oder Studenten im selben Bildungsgang decken kann.» Den einzelnen Schulen ist es freigestellt, Schulgelder zu verlangen, welche den Wert des Gutscheins übersteigen. Dieser Betrag muss von den Eltern oder Studierenden selbst aufgebracht werden.
Die Einführung des Bildungsgutscheins wird von verschiedenen Voraussetzungen und Gegebenheiten begleitet. Dazu zählt das Recht auf Chancengleichheit, die Selbstverwaltung und Autonomie der Schulen, der freie Wettbewerb unter Schulen und Hochschulen, die freie Schulwahl und der Staat als Kontroll- und Lenkungsorgan. Diese Punkte werden wir im folgenden näher erläutern.
Winfried Böhm beschrieb die Chancengleichheit als: «Die Sicherstellung einer der Begabung des Einzelnen entsprechenden Bildung.»
Der Harvard-Professor Christopher Jencks konnte in einer Studie nachweisen, dass volle Chancengleichheit bei allen Anstrengungen kompensatorischer Erziehung eine reine Illusion darstellt. Selbst in einem staatlich administrierten System können wohlhabende Familien ihre Kinder an eine Eliteschule schicken.
Insbesondere das Gutscheinsystem der Jencks-Commission versucht die Chancengleichheit mittels einkommensabhäniger Beiträge möglichst optimal wieder herzustellen. Auf dieses System gehen wir unter «Varianten» näher ein.
In diesem Modell werden die Schulen nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen geführt. Dies erlaubt ihnen eine umfassende organisatorische und pädagogische Freiheit. Insbesondere das Lehrangebot, die Dauer der Ausbildung sowie die Lehr- und Lernformen werden dadurch eingeschlossen. Die Schulleitung wird damit zur Unternehmensleitung.
Eine viel geäusserte Befürchtung ist, dass sich selbstverwaltende Schulen die Ergebnisse ihrer Studenten beschönigen, indem sie Prüfungen vereinfachen. Diese Gefahr des Missbrauchs ist als gering einzuschätzen, denn der Abnehmermarkt wird rasch auf Manipulationen reagieren. Eine Schule kann langfristig nur mit einem guten Ruf sowie optimalen Bildungsergebnissen bestehen.
Der Bildungsgutschein legt den Nachfragern (Eltern/Schüler) die finanzielle Verfügungsmacht in die Hände. Sie haben damit die volle Freiheit beim Wählen der geeigneten Schule (Konsumentensouveränität).
Schlechte Schulen hätten somit wesentlich weniger Zulauf als gut geführte und angebotsorientierte. Dies schafft für die Bildungsanstalten und damit für die Lehrer einen Anreiz, ihren Unterricht optimal zu gestalten.
Staatlich und privat geführte Schulen werden einander sowohl finanziell als auch rechtlich gleichgestellt. Indem die Schulen sich über die Gutscheine der Studenten finanzieren, kämpfen sowohl öffentliche als auch private Anbieter mit gleich langen Spiessen. Ebenfalls gelten für beide Organisationsformen die selben staatlichen Richtlinien und Kontrollorgane.
In einem via Gutscheine regulierten Bildungsmarkt fallen die meisten administrativen Aufgaben auf den Staat. Damit insbesondere im obligatorischen Bereich des primären und sekundären Sektors die Qualität der Grundausbildung gewährleistet ist, entstehen für den Staat neue Kontroll- und Lenkungsfunktionen.
Zum einen schreibt der Staat Bildungsziele fest und regelt die Prüfungsanforderungen. Wie die einzelnen Anbieter diese Ziele erreichen, wird aber offen gelassen (Methodenfreiheit).
Um die vorgegebenen Richtlinien zu kontrollieren, werden Kontrollorgane gebildet, welche staatlich oder durch private Personen zusammengestellt werden können.
Zum anderen erteilt der Staat Schullizenzen. Diejenigen Institute, welche eine Schulzulassung erhalten wollen (um damit Bildungsgutscheine beim Staat einlösen zu können), müssen der staatlichen Behörde einen Regelkatalog vorweisen. Entspricht jener der vorgegebenen Richtung des Staates, so wird diese Schule eine Lizenz erhalten.
Minimale Bildungsstandards müssen durch den Staat gesichert werden. Falls eine Familie wenig Einkommen erzielt, ist es Aufgabe der Behörden, dass diese Kinder die gleichen Voraussetzungen erhalten wie jene von reichen Familien.
Der ungeregelte Bildungsgutschein geht auf Milton Friedman zurück, einem Vordenker des Bildungsgutscheins. Dieses System sieht einen weitgehend wettbewerblich gesteuerten Bildungsmarkt mit einigen ordnenden Staatsfunktionen bei freier Preisbildung vor. Der Preis des Gutscheins ist konstant bzw. einkommensunabhängig. Ein Vorteil ist der geringe Regulationsbedarf, welcher wirtschaftsliberalistischen Grundsätzen sehr entgegenkommt. Die Produktionskosten könnten dadurch gesenkt werden, dass Leistungstests eingeführt würden und nur begabte und lernwillige Schüler den Ausbildungsprozess reibungsfrei und mit Erfolg durchlaufen.
1970 hat Christopher Jencks, Hauptautor einer Studie des Center for Study of Public Policy (CSPP), einen Bildungsgutschein erarbeitet, welcher vor allem Rücksicht auf benachteiligte und unterprivilegierte Bildungsnachfrager nimmt. Dieser ist ergänzungsfähig, was grösstmögliche Wahlfreiheit bei grösstmöglicher Chancengleichheit ergibt. Zitat Jencks: «Ein Gutschein, der diese Einschränkungen nicht hat, könnte der ernsthafteste Rückschlag im Bildungswesen für unterprivilegierte Kinder in der Geschichte Amerikas sein».
Der Grundwert des Gutscheins errechnet sich aus den Durchschnittskosten vergleichbarer staatlicher Schulen. Finanziell schwache Familien sollen einen Ergänzungsschein erhalten, welcher individuell zum Einkommen festgelegt wird und das Doppelte des Grundscheins (Maximalwert) betragen kann.
Um einer möglichen Elitebildung und Diskriminierung zu begegnen, besteht für die Schulen ein Aufnahmezwang. Bei Übernachfrage werden mindestens 50 % der Schülerplätze verlost.
Marinus Carel Eduard van Gendt beschreibt in seiner Doktorarbeit «The voucher concept and the publicness of basic education»: «The unregulated compensatory model resembles the unregulated market model, except for the disadvantage of this latter model, namely: the poor are not protected against an unregulated market place
Dieses von Peacock und Wiesman (1958/1964) unterstützte Modell sieht vor, dass der Staat Gutscheine zu einem festen Betrag ausgibt, der aber zu versteuern ist. Damit nimmt der Wert des Vouchers (Bildungsgutschein) mit zunehmendem Einkommen durch die Steuerprogression ab.
Bei diesem Modell werden Gutscheine mit einem fixen Wert ausgegeben. Schulen, die einen solchen Gutschein akzeptieren, ist es nicht erlaubt, ein zusätzliches Schulgeld zu verlangen. Dafür dürfen Schenkungen und Subventionen akzeptiert werden.
Das Ziel des egalitären Bildungsgutscheins ist, dass sich durch die staatliche Preislimite die Schulen nur durch die Diversifizierung des Bildungsangebotes konkurrieren. Ebenso wird erwartet, dass die Anbieter bemüht sind, ihre Kosten zu minimieren und das Angebot optimal zu gestalten.
Dieses System hat den Nachteil, dass spezifische Nachfragebedürfnisse und Ausbildungsleistungen nicht berücksichtigt werden, da keine Ergänzungsleistungen möglich sind.
In den 80er Jahren wurde ein Experiment mit Vouchers durchgeführt. 13 der insgesamt 24 Schulen des Bezirks beteiligten sich an dem Unternehmen. Jede bot unterschiedliche Kursprogramme an, um eine grösstmögliche Auswahl zu garantieren. Das Ziel der Rassenintegration konnte nicht erreicht werden. Ein Grund lag darin, dass nicht die Eltern, sondern die Schulen die Zuschüsse erhielten. Nicht zuletzt scheiterte das Experiment an den Lehrergewerkschaften, die gegen das Projekt eingestellt waren. Deshalb wurde das Vorhaben nach zwei von ursprünglich sieben geplanten Jahren abgebrochen.
Die Lehrer selber waren unabhängiger in der Erteilung ihres Unterrichts, was aber ein Mehr an Arbeit nach sich zog. Das eigentliche Ziel des Experiments war zu beweisen, dass die schulische Vielfalt steigt, was auch der Fall war.
Das Hauptproblem bestand darin, dass ein Grossteil der Eltern trotz mehrjähriger zweisprachiger Werbung wenig Kenntnis von der Existenz des Programms und seiner Wahlmöglichkeiten hatte. Dadurch wird deutlich, dass ohne intensive Aufklärungsarbeit Gutscheinsysteme nicht den gewünschten Sozialchanceneffekt erzielen. Definitive und gesicherte Schlussfolgerungen aus diesem Experiment zu ziehen wäre übereilt, da ein vorzeitig abgebrochenes Experiment in einem atypischen Schuldistrikt nur vorläufige Aussagen zulässt.
1994 waren in den Vereinigten Staaten 15 Versuchsprogramme im Gange, die den Bildungsgutschein und die freie Schulwahl untersuchen sollten. Einer dieser Versuche fand in San Antonio, ein anderer in Milwaukee statt.
In San Antonio haben Familien bis zu einem gewissen Einkommen ($ 28'028 bei zwei Kindern) das Recht, einen Voucher bei einer privaten Stiftung zu beantragen. Dieser beträgt bis zu $ 750 je Kind und Jahr oder die Hälfte des Schulgeldes. Damit können die Eltern ihre Kinder an eine Schule ihrer Wahl schicken.
In Milwaukee konnten ebenfalls Familien mit kleinem Einkommen einen öffentlich finanzierten Gutschein beantragen. Damit konnten sie eine öffentliche oder private Schule auswählen. Dabei durften nicht mehr als die Hälfte der Gesamtschülerzahl der privaten Schulen aus dem Gutscheinprogramm stammen, und die privaten Schulen durften keine zusätzlichen Schulgelder verrechnen. Andere Versuche funktionieren ähnlich.
Die Programme wurden lediglich danach ausgewertet, wie stark die Wahlmöglichkeit in Anspruch genommen wird und wie sich die ethnische Verteilung und die Leistung der Schüler entwickelt.
Wir sind der Meinung, dass diese Modelle zu stark von dem Grundgedanken abgewichen sind, als dass sinnvolle Schlüsse über das Bildungsgutscheinmodell gezogen werden könnten. Dadurch, dass nur ein kleiner Teil der Bevölkerung teilnimmt und staatliche Schulen nach wie vor subventioniert werden, können die marktwirtschaftlichen Mechanismen der Gutscheintheorie nicht entstehen. Womit die erwünschten Effekte, wie Verbesserung und Vielfalt des Angebotes, Kosteneinsparungen und Innovationsschübe nicht eintreten können.
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Der Bildungsgutschein ist unserer Meinung nach ein guter Weg, wie die staatlich geführten Bildungsinstitute privatisiert und ein freier Wettbewerb unter den verschiedenen Schulen eingeführt werden kann. Wir denken, dass dadurch eine höhere Effizienz in der Verwendung der Ressourcen erreicht wird und die Lehrkräfte gezwungen sind, sich nach privatwirtschaftlichen Regeln zu richten bzw. zu arbeiten. Was auch der Forderung der Lehrer nach mehr Autonomie und Selbständigkeit nachkommt.
Ein weiterer Aspekt besteht darin, dass auf die Veränderungen der Kunden bzw. der Wirtschaft rasch und effizient reagiert werden kann. Eine erfolgreiche Umsetzung ist nur möglich, wenn die unter Punkt 5.1 bis 5.5 genannten Eigenschaften konsequent und bedingungslos umgesetzt werden.
Für das Schweizer Umfeld ergeben sich zusätzliche Problemstellungen. Im Alpenraum stellt sich zum Beispiel die Frage der «kritischen Grösse» einer einzelnen Schule. In einem schwer zugänglichen Gebiet mit kleiner Schülerzahl kann oft nur eine Schule existieren. Daraus entsteht die Gefahr einer Monopolstellung eines Anbieters, was zu überhöhten Preisen führt. Eine zusätzliche Verteuerung kann auch dadurch entstehen, dass zu wenige Schüler für eine effiziente Bildungsproduktion vorhanden sind. Für diese Problemstellungen müssen besondere Lösungen erarbeitet werden.
Unser Land hat zwar das am wenigsten flexible und unliberalste Bildungswesen der westlichen Welt, doch geniesst das Schweizer Bildungswesen international einen vorzüglichen Ruf.
Von dieser Basis ausgehend, wäre ein radikaler Systemwechsel wie der des Bildungsgutscheins, zu dem noch keine gesicherten praktischen Erfahrungen vorliegen, kaum durchzusetzen. Zum einen wäre es kaum möglich, die Schweizer Bevölkerung von der Notwendigkeit eines Wechsels zu überzeugen. Zum andern ist ein massiver Widerstand aus verschiedensten politischen Lagern zu befürchten. Dies zeigt das Beispiel von Alum-Rock sehr schön, wo der Versuch nicht zuletzt am Protest der Lehrergewerkschaft gescheitert ist.
Das System des Bildungsgutscheins kann sich erst dann behaupten, wenn überzeugende Erfahrungswerte vorliegen. Dazu müsste erst ein mehrjähriger Versuch gestartet werden. Um die Ergebnisse nicht zu verfälschen, wie das bei den derzeitigen Versuchen in den USA der Fall ist, müssen einige wichtige Bedingungen erfüllt sein:
Wie wir aus dem Beispiel vom Alum-Rock sehen, spielt die vorgängige Information und Aufklärung aller Parteien eine entscheidende Rolle. Es ist zwingend notwendig, die Teilnehmer so umfassend wie möglich zu informieren.
Das Versuchsprogramm muss sich über mehrere Jahre erstrecken, damit alle Beteiligten Zeit haben, aus Fehlern zu lernen und das System weiter zu entwickeln.
Damit ein Markt überhaupt entstehen kann, muss das Versuchsprogramm ein ausreichend grosses Gebiet umfassen. Sämtliche darin enthaltenen Personen und Organisationen müssen in den Versuch integriert werden. Werden wie in den USA weiterhin Subventionen direkt an Schulen ausbezahlt und nur ein kleiner Teil der Schüler und Schulen integriert, so kann kein privatwirtschaftlich funktionierendes Bildungssystem entstehen.
Den teilnehmenden Unternehmen muss ein Höchstmass an Stabilität garantiert werden. Nur wer sich auf Dauer und Umfang verlassen kann, ist gewillt, sein Kapital und Engagement einzusetzen.
Um nun auf die Fragestellung der Schweiz zurückzukommen, glauben wir, dass eine sanfte Reform, welche eine Teilliberalisierung des Bildungswesens zum Ziel hat, den besseren Weg darstellt. Wir schlagen folgende Bildungsreformen vor:
Besserstellung der Privatschulen, zum Beispiel durch finanzielle Unterstützungen oder durch Steuerreduktionen für Eltern, deren Kinder eine solche Schule besuchen.
Abschaffung des Beamtenstatus der Lehrer, bzw. hinarbeiten zu mehr wirtschaftlichem Denken und Handeln der Lehrerschaft.
Einführen von Leistungslöhnen bei den Dozenten anhand von noch auszuarbeitenden Bonussystemen.
Kantonales Bildungswesen (Kantönligeist) auflösen bzw. national regeln. Gleiche vereinfachte Lehrpläne sowie gleiche Schulbücher bis und mit Sekundarstufe II einführen, um das Schulwesen zu rationalisieren.
Diese Massnahmen sind ein erster Schritt, das Schweizer Bildungswesen in der näheren Zukunft flexibler und liberaler zu gestalten. Eine solche Bildungspolitik würde eine Plattform bieten, von der aus weitere Liberalisierungsschritte eingeleitet werden könnten.
Böhm, Winfried, Internationale Pädagogik, Würzburg 1994, Band 17
Brinek, Gertrud / Severinski, Nikolaus, Staatsschule am Ende?, Wien 1995
Gendt, Marinus Carel Eduard, the voucher concept and the publicness of basic education, Amsterdam 1980
Maurer, Mathias, Der Bildungsgutschein, Stuttgart 1994
Schlaffke, Winfried, Weiss, Reinhold, Private Bildung - Herausforderung für das öffentliche Bildungsmonopol, Köln 1996
Seminar für freiheitliche Ordnung, Fragen der Freiheit, Bad Boll (1995), Folge 236
Burckhardt, Andreas, Die Bedeutung der Privatschulen in der Bildungslandschaft, in: Bildung 2/97
Fischer, Markus, Kooperation statt Konfrontation im Bildungswesen, in: Staatsschule und Privatschule SLZ 10/97
Maurer, Mathias, Der Bildungsgutschein - Finanzierungsverfahren für ein freies Schulwesen, in: Basellandschaftliche Schulnachrichten Nr.6/91
Mey, Hansjürg, Die Schweizer Fachhochschulen, in: zhwinfo Februar 1999
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Zwygart, Alfred, Freiheit, die wir meinen, in: Neue Zürcher Zeitung vom 23.11.95 (keine Seitenangabe, da Archivbericht ab CD-ROM)
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http://www.fdp-bayern.de/web/programm/hochschu.htm, F.D.P., Bayern, Standort der Hochschule in der Wettbewerbsgesellschaft, vom 25.11.1998
http://www.ssta.sk.ca/research/parent_involvement/96-07.htm, Hurlbert , E.L., Parental Choice in Schooling: Violence,Values, and Vouchers, vom 28.02.1999
vgl. Fischer, Markus, Kooperation statt Konfrontation im Bildungswesen, in: Staatsschule und Privatschule SLZ 10/97, S. 5-8
vgl. Friedman, Milton, zit. nach: Maurer, Mathias, Der Bildungsgutschein - Finanzierungsverfahren für ein freies Schulwesen, in: Basellandschaftliche Schulnachrichten Nr.6/91, S. 9f
vgl. van Lith, Ulrich, Ordnungspolitik und Bildungsmarkt, in: Brinek, Gertrud / Severinski, Nikolaus (Hrsg.), Staatsschule am Ende?, Wien 1995, S. 41
vgl. Burckhardt, Andreas, Die Bedeutung der Privatschulen in der Bildungslandschaft, in: Bildung 2/97, S. 7
van Lith, Ulrich, Ordnungspolitik und Bildungsmarkt, in: Brinek, Gertrud / Severinski, Nikolaus (Hrsg.), Staatsschule am Ende?, Wien 1995, S. 43
vgl. van Lith, Ulrich, Ordnungspolitik und Bildungsmarkt, in: Brinek, Gertrud / Severinski, Nikolaus (Hrsg.), Staatsschule am Ende?, Wien 1995, S. 44f
vgl. Kim, Myung-Shin, Bildungsökonomie und Bildungsreform, in: Böhm, Winfried (Hrsg.), Internationale Pädagogik, Würzburg 1994, Band 17, S. 24
vgl. van Lith, Ulrich, Ordnungspolitik und Bildungsmarkt, in: Brinek, Gertrud / Severinski, Nikolaus (Hrsg.), Staatsschule am Ende?, Wien 1995, S. 46f
Behrens, Eckhard, Zur Diskussion des Bildungsgutscheins, in: Seminar für freiheitliche Ordnung (Hrsg.), Fragen der Freiheit, Bad Boll (1995), Folge 236, S. 22
Böhm, Winfried 1988, S.94, zit. in: Kim, Myung-Shin, Bildungsökonomie und Bildungsreform, in: Böhm, Winfried (Hrsg.), Internationale Pädagogik, Würzburg 1994, Band 17, S. 24
vgl. Jencks, Christopher, zit. nach: Maurer, Mathias, Der Bildungsgutschein - Finanzierungsverfahren für ein freies Schulwesen, in: Basellandschaftliche Schulnachrichten Nr.6/91, S. 11
http://www.fdp-bayern.de/web/programm/hochschu.htm, F.D.P., Bayern, Standort der Hochschule in der Wettbewerbsgesellschaft, vom 25.11.1998
vgl. Maurer, Mathias, Der Bildungsgutschein - Finanzierungsverfahren für ein freies Schulwesen, in: Basellandschaftliche Schulnachrichten Nr.6/91, S. 10
vgl. Burckhardt, Andreas, Die Bedeutung der Privatschulen in der Bildungslandschaft, in: Bildung 2/97, S. 8
vgl. Santini, Bruno, Kooperation statt Konfrontation im Bildungswesen, in: Staatsschule und Privatschule SLZ 10/97, S. 8
Jencks, Christopher, 1972, S. VI, zit. in: Maurer, Mathias, Der Bildungsgutschein, Stuttgart 1994, S. 35
vgl. van Gendt, Marinus Carel Eduard, the voucher concept and the publicness of basic education, Amsterdam 1980, S. 96
van Gendt, Marinus Carel Eduard, the voucher concept and the publicness of basic education, Amsterdam 1980, S. 91
vgl. Maurer, Mathias, Der Bildungsgutschein - Finanzierungsverfahren für ein freies Schulwesen, in: Basellandschaftliche Schulnachrichten Nr.6/91, S. 13
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