Ist das Eiszeitalter wirklich zu Ende, oder leben wir nur in einer Warmzeit? Ein erneutes Vorrücken des Eises ist ebenso möglich wie der viel diskutierte weltweite Meeresspiegelanstieg durch Erwärmung und Abschmelzen der polaren Eismassen.
1. Eiszeit oder Kaltzeit?
Der Begriff 'Eiszeit', den J. L. Agassiz im Jahr 1840 in die Wissenschaft eingeführt hatte, ist heute umstritten. Agassiz war von einer starken Vergletscherung der Nordhalbkugel im Pleistozän ausgegangen, einer Vorstellung, die - so selbstverständlich sie heute sein mag - bis dahin nicht zur Diskussion stand. Definiert wird die ,,Eiszeit' als ,,Abschnitt der Erdgeschichte, in dem infolge absinkender Temperaturen und Vermehrung der Niederschläge größere Gebiete der Erdoberfläche von vorrückenden Gletschern und Inlandeismassen bedeckt werden'. Doch nicht das Eis und seine Ausdehnung sind das Charakteristikum dieser Epoche der Erdgeschichte, sondern das Klima schlechthin, das grundlegenden Veränderungen unterlegen war. Die Absenkung der durchschnittlichen Jahrestemperatur beschränkte sich nicht auf die Polarbereiche, sondern wirkte sich auch in den anderen Regionen der Erde aus.
So kam es neben dem Vorstoß der Inlandeismassen und Gletscher in den höheren Breiten und den Hochgebirgen auch in Richtung Aquator zu einer vorübergehenden Ausbildung neuer Klimate und damit verbunden auch zu einem vorübergehenden Abwandern von Flora und Fauna. Nordafrika z. B. stand während der sog. ,,Eiszeiten' daher wiederholt unter dem Einfluß anhaltender Regenphasen, den sog. Pluvialzeiten.
Die Klimaveränderungen haben nicht nur das ökologische Gefüge weiter Teile der Erde grundlegend verändert, sondern zwangsläufig auch Veränderungen im klimamorphologischen Prozeßgefüge nach sich gezogen. Das heutige Mitteleuropa z. B. war während der letzten ,,Eiszeit', dem Weichsel- oder Würmglazial, nur noch randlich vergletschert, dennoch zeigte die damalige Landschaft ein völlig anderes Erscheinungsbild. Würde man eine derartige Landschaft heute auf der Erde finden wollen, müßte man sie im Norden Kanadas oder in Alaska suchen.
2. Kälteregionen von Vergangenheit
und Gegenwart im Vergleich
Mit etwa 16 Mill. km2 sind heute 10,7 % der Festlandsfläche mit Eis bedeckt. Knapp 86 % dieser Eisfläche macht der Eisschild der Antarktis aus. Untersuchungen haben für diese größte Eisregion der Erde eine Eismächtigkeit von maximal 4335 m ergeben, für Grönland wird immerhin noch eine maximale Eismächtigkeit von rd. 3400 m angenommen.
Die Eisbedeckung während des Pleistozäns war weitaus größer als in der Gegenwart. Für die Riß- oder Saalekaltzeit vor etwa 200.000 Jahren, nimmt man eine Eisfläche von etwa 49 Mill. km2 bei einer maximalen Mächtigkeit von 3.500 m an. Vor 20.000 Jahren, während des Würm- oder Weichselglazials, betrug die Eisausdehnung rund 42 Mill. km2. Die weichselkaltzeitlichen Inlandeismassen sollen eine maximale Mächtigkeit von bis zu 3.000 m gehabt haben.
Neben den Festlandflächen sind auch die Meere sehr viel stärker vereist gewesen als in der Gegenwart. In der Gegenwart nehmen die vom Meereis bedeckten Flächen durchschnittlich 26 Mill. km2 ein, darüber hinaus können Eisberge in Meeresräumen von ca. 65 Mill. km2 auftreten. Damit wird ungefähr ein Viertel der Weltmeerfläche vom Eis beeinflußt.
Vorstoß einer Gletscherzunge
Eine auf Lockersedimenten vorstoßende Gletscherzunge schiebt das Material vor sich her und häuft es neben sich an. Gleichzeitig trägt sie ihren Untergrund ab und ebnet ihn ein. Wir erleben hier also die Bildung einer
Stauch-Endmoräne und eines Zungenbeckens mit zwei Seitenmoränen, die beim Rückschmelzen des Gletschers bestehen bleiben. Weiters ist zu erwähnen, daß der Untergrund außerhalb des Eisrandes gefroren war, unter dem Gletscher wegen der enormen Auflast jedoch nicht. Auch gefrorener Untergrund kann aufgeschoben werden, zerbricht dabei aber in größere Schollen.
Oszillation der Gletscherzunge
Diese Bewegungen entsprechen dem Oszillieren einer Gletscherzunge, d.h. dem periodischen Wechsel von Rückschmelzen und Vorstoßen. So kann eine ganze Serie von Stauch-Endmoränenbögen entstehen, ohne daß sich die Seitenmoränen nennenswert verändern. Das Gletscherzungenbecken wird hierbei noch ausgeprägter.
Die Endmoränenbögen sind dem Alter nach geordnet: Der älteste liegt links, also ,,außen', der jüngste rechts, also ,,innen'. Der äußere kann nicht jünger sein, da bei diesem Vorstoß die inneren Moränen zerstört worden wären.
Es wird deutlich, daß für die Landschaftsformung nicht so sehr der große Eisvorstoß entscheidend ist, sondern vielmehr der - von vielen Vorstößen unterbrochene - Abbau des Eises, denn nur außer Reichweite des Gletschers gelangte Formen bleiben erhalten. Daraus folgt, daß die Geschichte des Eisabbaus auch die Geschichte der Entstehung der Landschaftsgestalt ist.
Entstehung der kuppigen Grundmoräne
In der Nähe eines stationären Eisrandes wird das Eis in der Abtauphase zunehmend von Spalten und Rissen durchzogen, in die durch die starke Auflast der Eismasse der nicht gefrorene und somit plastische Untergrund hineingepreßt wird. Nach dem vollständigen Abschmelzen des Eises bleibt ein unregelmäßiges Relief mit vielen Kuppen und abflußlosen Senken zurück.
Bildung von Todeisblöcken
Auch bleiben Eisblöcke, die im Zuge des Abschmelzvorganges die Verbindung zu aktiven Eis verloren haben und dementsprechend als Toteis bezeichnet werden, zurück.
Todeisblöcke werden häufig bei neuerlichen Eisvorstößen von Moränenmaterial überdeckt. Da der Abschmelzvorgang wesentlich von der Sonneneinstrahlung abhängt, ist das Toteis nun vor weiterem Abtauen geschützt. Unabhängig von dem in der Tiefe vorhandenen Eis entwickelt sich an der Erdoberfläche das Relief.
Tieftauen
Diese Phase entspricht dem nach Ende der Eiszeit einsetzenden Tieftauen. Mit fortschreitender Klimaverbesserung erwärmt sich auch der Erdboden, so daß die eingeschlossenen und bislang konservierten Toteisblöcke austauen. Über den so entstandenen Hohlräumen sackt das aufliegende Material nach, und es entstehen Toteislöcher.
Nacheiszeitlicher Grundwasseranstieg
Die Umrisse von Toteislöchern wurden nach der Kaltzeit durch abtragende Kräfte ausgeglichen. Mit dem Abschmelzen der Eismassen ging ein Meeresspiegelanstieg einher, der seinerseits auch das Grundwasser steigen ließ. Viele Toteislöcher füllten sich mit Wasser und begannen anschließend zu verlanden. So entstand ein großer Teil der Seen, Tümpel und Moore in den ehemals vereisten Gebieten.
Gletscherkunde
1. Gletschereis wird gebildet
Gletschereis bildet sich aus Schnee
Das Verhältnis Eis : Schnee beträgt 1: 80, d.h. zur Bildung von nur 1 cm Gletschereis sind 80 cm Schnee erforderlich, oder: für die Bildung der etwa 3 km mächtigen Eisdecke in Zentralgrönland waren 240km Neuschnee erforderlich!
Schnee verwandelt sich in Gletschereis
Die Bildung des Eises vollzieht sich am schnellsten während der Sommermonate, denn dann taut der Schnee an und gefriert (meist über Nacht) wieder. Bei diesem Vorgang (Regelation) verwandeln sich die feinstrahligen Schneekristalle in den körnigen Firn. Erneute Niederschläge üben einen Druck aus, der Firn wird zusammengepreßt. Durch eindringendes Schmelzwasser werden die Firnkörner noch vergrößert. Damit wird auch der Luftanteil geringer. Schließlich wird daraus Gletschereis. Während Neuschnee noch 90 % Luft enthält, liegt der Luftanteil bei bläulichem Gletschereis nur noch bei 2 %, dessen Dichte daher auch deutlich größer ist (Schnee:0,lg/cm3, Gletschereis: 0,9g/cm3).
2. Inlandeis - Eisschild -
Plateaugletscher - Talgletscher
- Eisstromnetze
Nicht jeder Gletscher sieht gleich aus. Auf der Antarktis oder Grönland, das sind die Regionen mit der größten Eisausdehnung auf der Erde, liegt Inlandeis, man spricht vom Grönlandtypus. Betrachten wir uns den Vatnajökull auf Island, sehen wir einen Eisschild vor uns. Eisschilde sind mächtige, inlandeisähnliche Deckgletscher, die aber weitaus kleiner sind als die lnlandvereisungen. Der Jostedalsbre in Norwegen ist ein Gletscher des skandinavischen Typus, ein Plateaugletscher. In den Hochgebirgen der Erde, die alle Gletscher aufweisen, ist der Talgletscher der vorherrschende Typ (alpiner Typus). Verbinden sich Talgletscher miteinander, sprechen wir von Eisstromnetzen.
3. Aufbau und Gliederung
eines Gletschers
Im oberen Bereich eines Talgletschers ist das Nährgebiet. Dort ist die Menge des Niederschlags, die in Eis umgewandelt wird, größer als die Menge des abtauenden Eises. Im Zehrgebiet ist die Eisbilanz dagegen negativ. Die Firnlinie oder Schneegrenze trennt das Nährgebiet vom Zehrgebiet. Das Gletschereis ist erkennbar geschichtet, man erkennt daran - ähnlich wie bei den Jahresringen der Bäume - die innerhalb eines Jahres gefallenen Niederschläge, die durch die Regelation in Eis umgewandelt worden sind. Durch die Bewegung des Gletschers verändert sich der Schichtverlauf. Im oberen Bereich (Nährgebiet) verlaufen die Schichten nahezu horizontal, im Bereich der Firnlinie verlaufen sie steiler (dies aufgrund der Bewegung des Eises), im Zehrgebiet verlaufen sie wieder fast horizontal. An seiner Oberfläche und seinen Rändern bilden sich Spalten aus.
Der Gletscher bewegt sich
Warum bewegt sich ein Gletscher?
Gletschereis fließt, es ist plastisch. Man geht davon aus, daß die Eiskörnchen aus einzelnen Blättchen schichtig aufgebaut sind und daß sich diese Blättchen unter dem Druck verschieben. Durch die Regelation, also den Wechsel zwischen flüssigem und festem Aggregatzustand, verändert sich das Volumen der Eiskörnchen (sie werden größer), und das Eis setzt sich, der Schwerkraft folgend, in Bewegung.
Gletschereis fließt aufwärts!
Abbildung 1 macht es im Ansatz auch deutlich: Gletschereis fließt auch aufwärts, und zwar dann, wenn die Schubkraft des Eises im Nährgebiet groß genug ist, um die Gletscherzunge auch bergan zu schieben (Firnfelddruck). Der Sognefjord in Norwegen z.B. ist während der Kaltzeiten vom Eis ausgeschürft worden. An seiner tiefsten Stelle lag das Eis 1308 m unter dem heutigen Meeresspiegel. Dort, wo das Eis damals in den Bereich der heutigen Nordsee floß, ist heute nur eine Meerestiefe von 175 m. Ein gewaltiger Höhenunterschied, den das Eis überwunden hat!
Die Fließgeschwindigkeit ist von verschiedenen Faktoren abhängig:
- vom Gefälle der Gletschersohle,
- vom Firnfelddruck,
von der Beschaffenheit des Untergrundes,
vom Querschnitt des fließenden Eises (verengt sich der Querschnitt, fließt das Eis schneller).
Die Fließgeschwindigkeit innerhalb des Gletschers ist nicht überall gleich. Sie nimmt oberhalb der Firnlinie zu, unterhalb ab, sie ist in der Mitte des Gletschers größer als am Rand, und sie ist im oberen Gletscherabschnitt an seiner Basis größer als im unteren Abschnitt, dort ist sie an der Oberfläche größer. Die Fließbewegung ist im Sommer intensiver. Manche Alpengletscher fließen bis zu 200 m im Jahr, und einige grönländische Gletscher
bis zu 7 km im Jahr. Doch das heißt nicht, daß sich der Eisrand um so viel, verlagert, denn im Zehrgebiet ist die Eisbilanz ja negativ.
Die Art der Eisbewegung hängt mit der unterschiedlichen Fließgeschwindigeit, aber auch mit der Temperatur des Eises zusammen. Das Eis der temperierten Gletscher liegt gerade unter dem Gefrierpunkt. Langsam fließende temperierte Gletscher haben eine strömende Bewegung, sie fließen wie eine zähe Masse. Die schnell temperierten und kalten Gletscher bewegen sich wie elastische Blöcke. Man spricht von der Blockschollen- oder Blockbewegung.
Gletscher ziehen sich nicht zurück
Vielfach verwendet man die Formulierung ,Der Gletscher zieht sich zurück'. Das ist nicht ganz richtig, denn er fließt nicht rückwärts. Vielmehr ist die Eisbilanz insgesamt negativ, so daß er stärker abtaut. Das Eis fließt nach wie vor, doch er schmilzt sehr stark. Der Eisrand verlagert sich infolgedessen rückwärts.
Gletscher verändern ihr Aussehen
Querspalten bilden sich besonders über Geländestufen, Längsspalten treten dann auf, wenn die Gletscherzunge sich verbreitert. Bedingt durch die schnellere Bewegung des Eises in der Gletschermitte bilden sich (bei den temperierten, langsam fließenden Gletschern) die Randspalten. Bei der Blockbewegung dagegen ist die Eisgeschwindigkeit fast im gesamten Querschnitt gleich, der etwas langsamer fließende Gletscherrand gliedert sich in eine Vielzahl einzelner Blöcke, Seracs genannt, die auch dann entstehen, wenn ein Gletscher über eine steile Geländestufe talabwärts fließt.
Gletscher rücken vor und
werden kürzer - warum?
Ist die Eisbilanz eines Gletschers insgesamt positiv, rückt er vor, ist sie negativ, weicht der Gletscher zurück. Zwei Faktoren bestimmen diesen
Wechsel:
a) die Niederschlagsmenge im Nährgebiet: Sind die Niederschläge dort geringer, kann sich nicht genügend Eis bilden, der Firnfelddruck wird geringer, die Eisbilanz ist negativ. Der Gletscher verliert an Masse, seine Gletscherzunge wird kürzer.
b) die Temperaturen: sinken die Temperaturen, schmilzt weniger Eis während der wärmeren Monate, die Eisbilanz dürfte selbst bei etwas geringeren Niederschlägen positiv bleiben; der Gletscher rückt vor. Steigen dieTemperaturen jedoch wird die Eisbilanz negativ. Der Eisrand verlagert sich rückwärts.
Haupt | Fügen Sie Referat | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen