Inseltourismus und seine Auswirkungen auf Boden und Relief
Küsten gehören, neben den Einzugsgebieten großer Ströme, zu den am dichtesten besiedelten Landschaften und damit auch zu den strapaziertesten. Der internationale Tourismus verzeichnet weiter ein stetiges Wachstum. Die Zahl der Grenzüberschreitenden Urlauber lag 1996 bei 593 Mio. Nach Schätzungen der WTO soll sich der Wert in den nächsten fünf bis acht Jahren verdoppeln und im Jahr 2020 1,6 Mrd. erreichen (vgl. HAAS u. SCHARRER 1997, S. 648). Der Tourismus ist für viele der eigenständigen oder weitgehend unabhängigen Inselstaaten der Karibik, des Pazifiks und des indischen Ozeans bereits der wichtigste Wirtschaftsfaktor, oft auch setzt man erst seit den letzten Jahre große Hoffnung in den Ausbau des Tourismus. Aber auch die Inseln des Mittelmeeres und der Nord- wie Ostsee sind im hohen Maße vom Tourismus abhängig. Die Sandstrände sind der Hauptanziehungspunkt der Urlauber. Die touristisch bedingte Nutzungsintensität an den Küsten ist dementsprechend hoch. Kommt eine hohe Biodiversität hinzu, entsteht ein hohes Konfliktpotential (vgl. BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1997 S. 128). Dies ist zum Beispiel an Küsten mit vorgelagerten Korallenriffen der Fall. Thema dieser Arbeit sind die Auswirkungen des Inseltourismus auf Boden und Relief und die dadurch induzierten Konflikte.
Naturschutz als Steckenpferd einer gutsituierten Industriegesellschaft? Diesen Eindruck kann man gegenwärtig bekommen. Als Beispiel mag man einmal die diesjährige Bundestagswahl betrachten. Der Schutz der Natur, vor einigen Jahren immer noch eins der fünf Top-Themen im Wahlkampf, spielte diesmal, wenn überhaupt nur eine untergeordnete Rolle. Themen wie Arbeitslosigkeit, innere Sicherheit, Europa, Bildung, Reformstau waren die Felder auf denen Stimmen gewonnen wurden (vgl. o.A. 1998). Es scheint als eigne sich der Naturschutz als Thema nur, wenn die Menschen gerade keine anderen Probleme haben. Der Schutz der Natur gilt oft als Bremse der Wirtschaft und des Fortschritts und wird somit mitverantwortlich gemacht für Arbeitslosigkeit und Stagnation (vgl. KNAPP, 1993 S. 91). Unabhängig davon ob diese Behauptungen teilweise zutreffend sind oder nicht, steht es außer Zweifel, daß der Schutz der Natur eine der wichtigsten Aufgaben geworden ist, da dem Menschen das Überleben ohne Natur nicht möglich ist. Er ist auf der einen Seite auf ihre Bereitstellung von Wasser, Boden, Luft und Rohstoffen angewiesen, benötigt sie darüber hinaus 'zum Regenerieren, Nachdenken, Stillsein, Neugierde behalten, Weiterfragen, Staunen, zur Läuterung, Wertfindung und Selbstkorrektur' (ELLENBERG 1997, S. 4). Aus diesem Grund erklärt H.D. Knapp Naturschutz zur Angelegenheit einer breiten gesellschaftlichen Basis, ja aller Menschen. Er ist eben nicht das Steckenpferd ' einiger Vogelfreunde, Blümchenliebhaber oder weltfremder Spinner, ist nicht schmückendes Beiwerk für harte Wirtschaftsentwicklung' (KNAPP, 1993 S. 91).
Nun ist es so, daß Menschen, je größer ihre räumliche Distanz zur Natur ist, den Naturschutz eher als Notwendigkeit entdecken. 'Städter haben vor Dörflern Naturschutz als Aufgabe gesehen. Industriestaaten forderten Naturschutz eher als Agrarländer' (ELLENBERG 1997, S. 4). Einige Beispiele dafür sind die wilden Schrott- und Müllhalden im sehr dünn besiedelten Norden Schottlands, die verlassenen Höfe Islands, auf denen Ölkanister und Autobatterien in nicht geringer Zahl vergammeln und nicht zuletzt die Höfe des Münsterlandes, auf denen beim Ölwechsel die Entsorgung noch lange Zeit durch einfaches versickern lassen erfolgte. Daß dies so ist liegt daran, daß Umweltsünden erst dann in das Bewußtsein der Menschen dringen wenn sie offensichtlich werden. Dies ist natürlich in Regionen, in denen viele Menschen leben eher der Fall. Bedingt durch diese Situation wird Naturschutz oft von der Stadt aufs Land, von den Industriestaaten in die Agrarländer getragen, von außen nach innen also. Nach Ellenberg gibt es weltweit fünf unterschiedliche Strategien Naturschutz durchzuführen. Eine kurze Erläuterung dieser Strategien erfolgt anhand der folgenden Tabelle:
Strategien |
Positive (+) / negative (-) Aspekte |
1) 'Naturschutz wird von Eliten als notwendig erachtet. Sie bilden sich aus Naturschutz bewegten Städtern, Politikern, finanziell potenten Einzelpersonen eventuell auch aus Vertretern der Jagd-Lobby. Der Naturschutz wird vor Ort als Überraschung lanciert und ist ein Dekret, das ohne Rücksicht auf die lokale Bevölkerung eingeführt wird.' |
Naturschutz wird zügig realisiert und straff organisiert Fehlende Akzeptanz unter der betroffenen Bevölkerung Nachhaltigkeit des Schutzes erfordert ständige Kontrolle, gute Organisation und dauernde Finanzierung |
2) Wie bei 1) nur werden für die Betroffenen Kompensationsleistungen erbracht |
Bevölkerung zieht stärker mit als in 1) Maßnahmen werden nicht aus Überzeugung mitgetragen, sondern nur geduldet Bevormundung von 'oben' bzw. 'außen' bleibt bestehen Nachhaltigkeit des Schutzes erfordert Dauersubventionen |
3) Die Initialzündung kommt von 'außen', die Notwendigkeit des Naturschutzes wird von der Bevölkerung erkannt und verinnerlicht. |
Betroffene können während einer Anlaufzeit die Regie des Naturschutzes selbst übernehmen Eröffnung von wirtschaftlichen Alternativen, die im Einklang mit dem Naturschutz existieren können und ihn sogar unterstützen Hohe Anfangsinvestitionen Lange Entwicklungsphase Veränderung der Rahmenbedingungen können zur Zerstörung positiver Ansätze führen |
4) Der Naturschutz läßt sich gut mit den Wünschen der lokalen Bevölkerung kombinieren. Der Naturschutz erweist sich als beste wirtschaftliche Alternative |
Entstehung eines lokalen, eigenverantwortlichen Management Auch bei Krisen kann Kontinuität im Naturschutz aufrechterhalten werden Seltenes Vorkommen solcher Rahmenbedingungen |
5) Der Naturschutz geht von der lokalen Bevölkerung aus. Sie wendet sich an verschiedene Institutionen, um den Schutz ökologisch zu rechtfertigen, finanziell zu unterstützen und politisch zu implementieren |
Der ideale Weg der Realisation von Naturschutz, allerdings so selten, daß Ellenberg diese Strategie als 'beinahe utopisch' ansieht |
(vgl. ELLENBERG 1997, S. 17f)
Bei der ersten Strategie spielt der Tourismus nur eine untergeordnete Rolle. Seine Wirtschaftskraft als Finanzierungsmöglichkeit kommen bei Strategie zwei und drei erheblich stärker zum tragen, bei der vierten ist er ein entscheidender Stützpfeiler und bei Strategie fünf sind die attraktiven wirtschaftlichen Aussichten des Tourismus sogar die treibende Kraft, Naturschutz zu praktizieren.
Tourismus also als große Chance der Natur?
Daß dies möglich ist, zeigen heute einige, wenige Beispiele. Fakt ist aber auch, daß in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle Naturschutz und Tourismus unvereinbare Bereiche zu sein scheinen.
Den Ruf, eine weiße Industrie zu sein, verdankt der Tourismus der Tatsache, daß bei anderen Industrien zum Teil wesentlich stärkere, und vor allem offensichtlichere ökologische Schäden mit einhergehen. Gemeint ist damit zum Beispiel, daß das Einleiten von Giftstoffen in den Boden per se als Umweltsünde gilt, das Bauen von Straßen oder die Verrichtung der menschlichen Notdurft aber selbstverständlich nicht. Dennoch können sich bei entsprechender Häufung erhebliche ökologische Schäden daraus entwickeln. Dementsprechend bleibt sowohl im privaten Denken als auch in der öffentlichen Diskussion 'der Problemzusammenhang von Freizeitverhalten und Umweltbelastung weitgehend ausgeblendet' (Opaschowski 1991, S. 12).
Die sieben Umweltsünden in Freizeit und Tourismus:
Landschaftsverschmutzung
Landschaftszersiedlung
Landschaftszerstörung
Luftverschmutzung
Pflanzengefährdung
Tiergefährdung
Wasserverschmutzung
(vgl. OPASCHOWSKI 1991, S. 150)
Es ist nicht möglich diese sieben Punkte losgelöst voneinander zu betrachten. Sie leiten sich voneinander ab und treten fast immer zusammen auf. Der auslösende Faktor heißt zumeist schlicht und einfach: zuviel Mensch.
Daß Tourismus und Inseln an sich so gut zusammen passen liegt daran, daß Inseln in der Regel ein großes touristisches Potential besitzen, sich aber auf der anderen Seite wegen den speziellen, aus der Insellage resultierenden Strukturmerkmalen, für andere Wirtschaftszweige zumeist weniger eignen. Exemplarisch soll erst einmal die Situation des pazifischen Inselraumes beleuchtet werden, um dann festzustellen ob und welche Merkmale sich auch auf andere Inselräume übertragen lassen.
Problematisch ist vor allem die meist sehr geringe Größe und damit einhergehend die geringe Bevölkerungszahl, die nur einen kleinen Markt bilden kann, sowie der Mangel an Kapital und technologischem Know-How. Betrachtet man diesbezüglich einmal die Fischereiwirtschaft, ein Zweig, der ja eigentlich wie geschaffen für Inselstaaten ist, muß man feststellen, daß eben dieses Kapital und Know-How, welches nötig ist, um nennenswert an der modernen Hochseefischerei zu partizipieren, fehlt. Ohne modernste Technik ist es erst recht nicht möglich, mit den großen Fischereiflotten der USA, Japans, Taiwans und Südkoreas zu konkurrieren (vgl. KREISEL 1996, S. 16). Die einzigen Möglichkeiten scheinen also im Bereich von Lizenzvergaben und Joint Ventures zu liegen. Das Vorhandensein von Bodenschätzen ist eher die Ausnahme. Beispiele sind Papua-Neuguinea mit großen Kupfervorkommen sowie Neukaledonien mit seinen Nickellagerstätten. Allerdings dienen sie lediglich als Rohstofflieferanten, die in der Weiterverarbeitung nicht involviert sind. Die daraus resultierenden positiven Deviseneffekte relativieren sich dementsprechend, da zumeist ausländische Investoren die Spielregeln bestimmen, ein Problem, welchem auch in der Tourismusbranche große Bedeutung zukommt.
Die großen Entfernungen, die zum Teil die Insel von den Weltmärkten und den bedeutenden Handelsströmen trennen, verschärfen die ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen noch erheblich. Es gibt so gut wie keine Produkte der Inselwelt, die nicht woanders in kontinentalen Regionen in größeren Mengen und wesentlich rentabler hergestellt werden können.
Aus diesen Gründen ist festzuhalten, daß die Industrialisierung für kleine Inselstaaten
in der Regel kein geeigneter Weg ist, die Entwicklung voranzutreiben. Sie ist nur in einem, den kleinen Märkten angepassten geringem Maße sinnvoll. Ziele sollten die Konzentration auf den Binnenmarkt und die Importsubstitution zwecks Erhöhung des Nettodeviseneffektes sein (vgl. KREISEL 1996, S. 16).
Die touristische Vermarktung von Inseln erweist sich als relativ problemlos, da Inseln 'aufgrund ihrer ausgeprägten Identität ein positives Image, das leicht erkennbar' ist, haben (KREISEL 1996, S. 18). Weiterhin vermittelt die Kleinheit und damit Überschaubarkeit vieler Inseln dem Tourist schnell das Gefühl der Vertrautheit mit seinem Urlaubsort. Größter Anziehungspunkt aber sind die naturräumlichen Voraussetzungen. Mit Palmen, weißem Strand, glasklarem Wasser und einem häufig vergleichsweise mildem Klima verfügen viele Inseln des Pazifiks, der Karibik und des Indischen Ozeans über die Bestandteile, die man im allgemeinen mit dem klassischen Südseetraum assoziiert. Auch hinsichtlich kultureller Aspekte brauchen viele Inseln nicht zurückstehen, als bekanntestes Beispiel seien hier die Osterinseln mit ihren bis zu 25 Meter hohen Steinfiguren genannt. Die Tatsache, daß einige Insel im zweiten Weltkrieg von besonderer strategischer Bedeutung waren, gibt einigen Destinationen noch zusätzlich eine gewisse historische Relevanz jüngerer Natur. Das vorhandene touristische Potential ist also unbestritten immens.
Die Ausschöpfung dieses Potentials wurde allerdings lange Zeit durch die enormen Distanzen über hohe See behindert. Seit Beginn der siebziger Jahre allerdings stieg das touristische Aufkommen in diesen abgelegenen Regionen enorm an. Hierfür gibt es verschiedenen Gründe, die diese Entwicklung ermöglichten:
1. Der wirtschaftliche Aufschwung der westlichen Industrienationen.
Folgen:
Steigerung der Kaufkraft und
stetig steigender Anteil der Freizeit im Leben der Berufstätigen.
Seit Mitte der achtziger Jahre steigt auch der Touristenanteil aus den asiatischen Länder, allen voran Japan.
2. Die rasante Entwicklung auf den Gebieten der Verkehrs- und Kommunikationstechnik.
Folgen:
Der Ausbau des Flugverkehrsnetzes und damit die Verkürzung der Distanzen sowie
die immer an Bedeutung gewinnenden Massenmedien wie das Fernsehen, die sowohl durch Spielfilme als auch Dokumentationen und Nachrichten das Fernweh der Konsumenten wecken.
3. Die in den Zieldestinationen ausgebaute Infrastruktur.
(vgl. KREISEL 1996, S. 18)
Die bisher dargestellten Rahmenbedingungen sind nur speziell dem pazifischen Raum entnommene. Allerdings lassen sich einige Charakteristika in ähnlicher Weise, wenn auch mit bisweilen unterschiedlichen Gewichtungen, für andere Inselräume verallgemeinern. Zum Beispiel spielen Inseln von Industrienationen als Standorte von großen Produktions- oder Dienstleistungsbetrieben keine Rolle, da, so nah sie auch der Küste vorgelagert sind, immer der Transportnachteil des Seeweges gegeben ist. Leistungen, welcher Art auch immer können in der Regel immer im größeren Umfang auf dem Festland erstellt werden.
Aufgrund des speziellen maritimen Klimas, des reizvollen Küstenraumes und der sympathischen Kleinheit besitzen Inseln im allgemeinen ein beachtliches touristisches Potential, auch wenn sie aufgrund ihrer geographischen Lage nicht unbedingt in der Lage sind das Südseefeeling zu vermitteln. Gemeint sind zum Beispiel die friesischen Inseln, die Ostseeinseln aber auch die Hebriden.
Als kleinsten gemeinsamen Nenner der verschiedenen Vertreter des Typs Insel kann man also festhalten,
daß Inseln, mit wenigen Ausnahmen, in wirtschaftlicher Hinsicht eher zu den strukturschwachen Räumen zählen und
daß Inseln per Definition ein gewisses touristisches Potential, dessen Größe aufgrund naturräumlicher Gegebenheiten variiert, besitzen.
Aus eben diesen Gründen ist der Tourismus für Inselstaaten eine der wenigen Möglichkeiten, eine positive wirtschaftliche Entwicklung einzuleiten. Bei allen Chancen, die sich durch den Tourismus ergeben, sind die Gefahren und Risiken, die eine unkontrollierte und kurzsichtige Ausschöpfung der touristischen Potentiale birgt, nicht ausser Acht zu lassen. Um die Nachhaltigkeit des wirtschaftlichen Erfolges nicht zu gefährden, ist die Pflege der Natur und der kulturellen Identität auch aus ökonomischen Gründen eine nie aus den Augen zu verlierende Notwendigkeit. Der Tourismus, wie er sich bis heute in den meisten Fällen präsentiert, neigt dazu, beides arg zu strapazieren, ja sogar existentiell zu bedrohen.
Das liegt unter anderem daran, daß die gesamte Tourismusindustrie zumeist in Händen international operierender Konzerne jener Länder liegt, die auch die bedeutendsten Quellländer darstellen. Nicht nur daß der Nettodeviseneffekt der Destinationen deshalb wesentlich geschwächt wird, auch das Bewußtsein, den ursprünglichen Charakter erhalten zu müssen, scheint bei vielen Konzernen nicht ausreichend ausgeprägt zu sein. Die kurzfristige und kurzsichtige Maximierung der Profite steht im Vordergrund. Um diesen Sachverhalt zu verdeutlichen, bedient sich Christiane Brauer eines Zitates eines Mitarbeiters eines nicht genannten Tourismuskonzerns:
'Nobody cares wether Waikiki is a concrete jungle. They come here for the beaches, the scenery, the flowers, the great year-round weather, sightseeing, dining and entertainment'
(BRAUER 1989, S. 152)
Wenn dieses Zitat auch schon etwas älter ist und heute vielleicht nicht mehr in dieser Art und Weise oder nur hinter vorgehaltener Hand fallen wird, verdeutlicht es doch die Einstellung mit der jahrzehntelang Tourismus betrieben und forciert worden ist. Die Zerstörung der naturräumlichen Gegebenheiten trifft die Konzerne weniger schwer als die ansässige Bevölkerung, welcher der Verlust sowohl des Lebensraums, als auch kultureller Identität droht.
Das ökologische Konfliktpotential des Tourismus generell ist ja schon angesprochen worden, auch daß die Probleme normalerweise immer im Verbund auftreten. Betrachtet man nun speziell den Inselraum so ist es klar, daß die negativen Einflüsse des Tourismus hier noch bedrohlicher sind als auf dem Festland. Das ökologische Gleichgewicht der relativ kleinen Inseln, um die es hier ja gehen soll, ist um ein Vielfaches labiler als das anderer Regionen. Störende Einwirkungen können sehr viel schlechter kompensiert werden. Vor allem die häufig saisonal auftretende Masse an Touristen und der daraus resultierende sehr große Flächenbedarf des Tourismus verursacht die vielschichtigsten Probleme.
Der schon angeprochene Ausbau des Flugverkehrsnetzes hat selbstverständlich zur Folge, daß auch auf den Insel Flughäfen gebaut wurden, die für die Landungen von Großraumflugzeugen geeignet sind. Im Gegensatz zum Festland verfügen Inseln aber nicht über geeignete Raumressourcen im Hinterland.
Um touristischen Ansprüchen gerecht zu werden, muß das Straßennetz ausgebaut werden. Es muß die Möglichkeit von Tagesausflügen gegeben sein, auch müssen Attraktionen aller Art infrastrukturell erschlossen werden. Im Idealfall sollten Parkplätze direkt vor Ort sein.
Ein Angebot von vielfältigen Freizeit- und Sportmöglichkeiten gehört heute ebenfalls zum Erscheinungsbild einer touristisch geprägten Region. Dazu zählen Sportanlagen, wie zum Beispiel Golf- und Tennisplätze, aber auch Vergnügungsparks etc.
Die sehr intensive Strandnutzung passt weite Teile des Küstenstreifens an die touristischen Bedürfnisse an.
Zu guter Letzt kommen natürlich noch die Beherbungsbetriebe dazu, die natürlich die Grundvoraussetzung für den Tourismusbetrieb sind. Der Flächenbedarf ist aufgrund des häufig saisonal massierten Touristenaufkommens immens.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über Faktoren und belastende Auswirkungen des Tourismus
Verursachender Faktor |
Auswirkungen |
Errichtung von Freizeitbauwerken im Uferbereich |
Landverbrauch, Flächenversiegelung, Eingriffe in die Materialbilanz der Strände, Beseitigung des natürlichen Küstenschutzes durch Riffkalkabbau, Zerstörung der natürlichen Vegetation z. B. der Mangroven und entsprechender Habitate |
Hotels und große Beherbungsbetriebe |
Einschränkung der öffentlichen Zugänglichkeit zu den Stränden |
Freizeitinfrastrukturanlagen allgemein |
Veränderung traditioneller Siedlungstrukturen und Ortsbilder, negative landschaftsästethische Wirkungen hinsichtlich Dimensionierung etc. |
Wasserversorgung der touristischen Betriebe |
Gefahr der Senkung des Grundwasserspiegels H O Konkurrenz für die Landwirtschaft |
Eintrag organischer Abfälle und ungeklärter Abwässer |
Eutrophierung und O -Zehrung, Seetang- und Algenwachstum tragen zum Absterben von Riffkolonien und verstärkter Küstenerosion bei |
Anorganische Abfälle besonders Plastikmüll |
Todesfallen gerade für Jung- und Kleintiere |
Motorbetriebene Freizeitsportaktivitäten |
Unbeabsichtigte Tötung von Fischbrut und Tieren. Beunruhigung führt zu Stress und zu Anderungen im instinktiven verhalten. Ölverunreinigungen |
Tauchen, Schnorcheln |
Störungen der Aquafauna. Beeinträchtigung von Requisiten sensibler Habitate, z.B. durch Aufwirbeln von Sediment in Seehöhlen |
Sammeln von Korallen und Muscheln |
Beschädigung des Riffs, selektive Artenreduktion innerhalb der Riffbiozönose |
Betreten des Riffs bei Schnorchelpausen, Ankern von Booten |
Zerstörung der Riffkrone. Vegetationsschäden an Seegraswiesen |
Andere Freizeitsportaktivitäten (Segeln, Surfen etc.) |
Störung von Tieren, insbesondere der Avifauna |
Besuchermassierung allgemein |
Beeinträchtigung des Urlaubs- und Naturerlebnisses. Lärmentwicklung. Verdrängungseffekte in der Tierwelt und bei den Touristen |
(Quelle: JOB 1994, S. 284, modifiziert)
Die Tabelle bezieht sich auf marine Großschutzgebiete Kenias, dennoch sind die Auswirkungen nicht spezieller regionaler Art. Es entstehen also vielfältige ökologische Probleme durch den Tourismus speziell auf Inseln. Dem Thema dieser Arbeit entsprechend werde ich detaillierter auf die Einwirkung des Tourismus auf Boden und Relief eingehen. Schwerpunkte werden die durch den Tourismus verursachte Küstenerosion und Schädigungen von Korallenriffen sein.
Küsten sind den ständig zehrenden Kräften des Meeres ausgesetzt. Der natürliche biogene und lithogene Küstenschutz ist durch anthropogene Eingriffe in die Natur in vielen Regionen zerstört oder in seiner Effizienz stark geschwächt. Die daraus resultierende Küstenerosion nimmt an zahlreichen Küsten bedrohliche Formen an.
Eine große Bedeutung für den Küstenschutz kommt in vielen Regionen den Korallenriffen zu, die als Wellenbrecher dienen. Deshalb werden sie anschließend in einem eigenen Abschnitt ausführlich behandelt.
Dieter Uthoff erläutert am Beispiel Sri Lanka Ausmaß und Verursacher der Küstenzerstörung und weist darauf hin, daß dies für alle Inseln ähnlicher Breiten, die durch ein steigendesTouristenaufkommen gekennzeichnet sind, zutrifft.
Eine Anfang der achtziger Jahre durchgeführte Untersuchung hat ergeben, daß auf Sri Lanka jährlichen Landverlusten von ca. einem Quadratkilometer lediglich ein Landzuwachs von 15 ha gegenübersteht (vgl. UTHOFF 1987, S. 405). Das führt zu einer dramatisch negativen Flächenbilanz. Legt man diese Zahlen zugrunde liegen die durchschnittlichen Verluste pro Jahr bei ca. 850.000 Quadratmetern. Das entspricht einer Fläche von gut 115 Fußballfeldern. Die Situation der Küsten verschärft sich eher, als daß sie sich entspannt. Anzumerken ist natürlich, daß der Tourismus für alle hier genannten Umweltschädigungen nicht der allein verantwortliche Faktor ist, aber er ist ein Teil des Gefüges und Thema dieser Arbeit.
Der Versuch von Werbetextern, das Bild eines tropischen Paradieses zu erstellen, beinhaltet zwischen den Zeilen schon einmal drei Gründe für die touristisch unterstützte Küstenzerstörung:
'Und so sehen Sri Lankas Strände aus: Wiegende Palmen säumen die Küsten; Wasser so funkelnd wie die berühmten blauen Saphire; Buchten und Korallengärten; kleine Eilande vor der Küste; menschenleere, saubere golden-sandige Strände und eine Fülle von Strandidyllen; schließlich versteckte Strandhotels, die zum Baden im warmen Wasser des offenen Meeres einladen.
Sri Lankas Hotels sind erfinderisch in die Landschaft eingebettet, zur offenen See orientiert. Jedes Hotel will seine günstige Lage an Küste, Strand und Meer optimal ausschöpfen - und das mit Erfolg' (UTHOFF 1987, S. 409).
1. Das Bauen von Hotels in unmittelbarer Nähe zum Meer
Die küstennahe Bebauung, einhergehend mit den bereits beschriebenen Flächenverlusten führte dazu, daß der Strandstreifen immer schmaler wurde. Dies hat natürlich den Verlust von Attraktivität zur Folge. In manchen Fällen stehen die Hotels sogar so nah am Meer, daß schon bei mittlerem Hochwasser die Grundmauern umspült werden. Eingeschränkte Nutzung, Gebäudeschäden und im schlimmsten Fall Geschäftsaufgabe sind logische Konsequenzen. Die Erkennung dieser Schäden führte zur Errichtung einer 40-60 Meter breiten Schutzzone, in der keine Bebauung erlaubt ist. Allerdings ist diese Zone vor dem Hintergrund der aktuellen Erosionsraten nicht ausreichend (vgl. UTHOFF 1987, S. 409f).
2. Saubere, golden-sandige Strände
Wo heute diese Traumstrände liegen, schützte ursprünglich eine natürliche Vegetationsdecke den Küstensaum vor großen Materialverlusten. Die natürliche Küstenvegetation läßt sich landeinwärts grob in drei Zonen gliedern: Die nicht ständig dem Wasser ausgesetzten Sandflächen wurden von salztoleranten Bodendeckern besiedelt. Darauf folgend lag ein Streifen mit buschförmiger Vegetation, deren tiefreichende Wurzeln einen sehr effizienten Küstenschutz darstellten. Abschließend ging die Vegetation in einen Küstenwald über. Im Zuge der touristischen Erschließung fiel sowohl der letzte Küstenwald als auch -busch den anthropogenen Eingriffen zum Opfer, die nötig waren um das Land touristenfreundlich zu gestalten (Hotelbauten, Freizeitaktivitäten, freie Sicht und Zugang zum Strand) (vgl. UTHOFF 1987, S. 410f).
3. Wiegende Palmen säumen die Küsten
Zwar assoziiert man mit den Stränden der südlichen Inseln in erster Linie die berühmten Kokospalmen, doch sie sind nur ein kleiner, für den Küstenschutz unbedeutender Bestandteil der natürlichen Küstenvegetation. Bei steigender Nachfrage für Kokosprodukte wurde in der Zeit der britischen Kolonisation das damals wertlose Küstenland als Anbaugebiet für Kokospalmen entdeckt. Die Wurzeln der Palmen sind aber nicht annähernd in der Lage, den Strand so gut zu festigen, wie es die ursprünglichen Pflanzen vermochten. Dabei wurden weitaus größere Vegetationsflächen zerstört als der Mitte der sechziger Jahren beginnende Tourismus es tun sollte. Das so angepriesene idyllische Bild von Palmenstränden leitet sich also aus einer zerstörerischen Art der Küstennutzung ab und führt sie gewissermaßen in modifizierter Form weiter (vgl. UTHOFF 1987, S. 411).
Eine Verstärkung der Flächenverluste verursachen die Eingriffe in die Materialbilanz der Strände. Um den steigenden Wasserbedarf zu decken ist es nötig Staubecken zu bauen. In diesen Becken lagern sich die Sedimente ab. Die Transportleistung der Flüsse reduziert sich, und die Versorgung der Strände mit Sand nimmt ab.
Der Anstieg der Bautätigkeit, der typisch für die für den Tourismus entdeckten Destinationen ist, trägt ebenso zur Verschlechterung der Materialbilanz bei. Da traditionelle Bauweisen, die nicht auf dem Verbrauch von Sand basieren, in der Regel von der Betonbauweise verdrängt werden, erhöht sich der Sandbedarf auf zweierlei Wegen. Der große Sandbedarf wird durch direkte Sandentnahme aus den Flüssen gedeckt. 1984 wurden aus den acht größten Flüssen 1,3 Mio. Kubikmeter Sand entnommen, an der Küste wurden 44.000 Kubikmeter registriert, wobei die Dunkelziffer durch nicht genehmigte Entnahmen nicht berücksichtigt ist (vgl. UTHOFF 1987, S. 413). Daß die Küstenerosion proportional mit der Sandentnahme steigt, lassen Meßdaten vermuten und gilt als wahrscheinlich. Ein quantitativer Beweis für diesen Zusammenhang ist derweil noch nicht erbracht worden. (vgl. UTHOFF 1987, S. 414)
Die Geschichte der Küstenschutzmaßnahmen auf Sylt ist so alt wie der Fremdenverkehr, denn erst mit dem Fremdenverkehr gewann der Dünengürtel für die Menschen an Bedeutung. Da die Küsten nun mal die reizvollsten Zonen der Inseln sind, drängen auch hier die Ferienhäuser nah ans Wasser und machen so aufwendige Schutzmaßnahmen nötig.
Die ersten Aktivitäten, den Landverlust zu bekämpfen, begannen in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Das Errichten von Sandfangzäunen, bei denen sich im Lee die Windgeschwindigkeit reduziert und es so zu Sandablagerungen kommt, ist eine ebenso alte wie preiswerte Variante des Küstenschutzes. Sie findet bis zum heutigen Tag Anwendung, reicht allerdings nicht aus, um die Verluste zu egalisieren (vgl. BESCH 1996, S. 166).
Buhnen sind senkrecht zum Strand stehende dammartige Bauwerke, die das Abspülen von Sand verhindern sollen. Diese aus dem Flußbau stammende Technik erwies sich für den Schutz von Meeresinseln jedoch schon früh als untauglich. Die Materialien für den Buhnenbau wechselten mit der Zeit, aber sowohl Eisen als auch Beton waren keine geeigneten Materialien, um dem Meer Widerstand zu leisten. 1957 wurde wiederholt festgestellt, daß die Rückversetzung der Küstenlinie durch Buhnen nicht verlangsamt wird. Der Buhnenbau wurde dennoch zehn weitere Jahre fortgesetzt.
Ein anderer Versuch Gebäude vor dem voranschreitenden Meer zu schützen, war die Errichtung von strandparallelen Betonmauern in den Jahren 1907-1924. Die Längswerke stellten aber ebenfalls keinen effektiven Schutz dar.
Diese vierfüßigen Betongebilde galten 1960 als die ultimative Lösung des Problems. Die sich ineinander verhakende Tetrapoden sollten die Brandung entscheidend abschwächen. Damals schon laut werdende Bedenken wurden in den Wind geschlagen und die Befürchtung, daß der Sand unter den Tetrapoden schnell ausgespült wird bestätigte, sich.
Das Scheitern aller vorher genannten Methoden führte 1972 dazu, das schon 1961 entwickelte Verfahren der Sandvorspülung ins Auge zu fassen (vgl. BESCH 1996, S. 167). Bei der Sandvorspülung nimmt ein Laderaumsaugbaggerschiff Sand vom Meeresboden auf, welcher dann als Sand-Wasser-Gemisch auf den Strand gespült wird. Die Sandvorspülung erfolgt in der Regel in zwei Bereichen. Zum einen wird vor der Abbruchkante ein Sanddepot geschaffen, zum anderen wird der Strand- und Unterwasserbereich aufgefüllt (vgl. o.A. 1996). Die so entstehenden Verschleißbauwerke müssen allerdings regelmäßig erneuert werden. Die Sandvorspülung erwies sich als effektivste, umweltgerechteste und kostengünstigste Form des Küstenschutzes. Aber es gibt auch Ausnahmen. In Hörnum wurden, obwohl bekannt war, daß der Küstenrückgang hier zwei Meter pro Jahr beträgt, Ferienhäuser unmittelbar auf die Dünen des Weststrandes gebaut. Es wurden dementsprechend bald schützende Maßnahmen nötig wenn man die Häuser erhalten wollte. So wurden für Längs- und Querwerke aus Tetrapoden Mittel zur Verfügung gestellt, die die Höhe der Gesamtkaufsumme für die zu schützenden Häuser schon überstiegen. Zu allem Überfluß stellte sich heraus, daß die Bauwerke nicht nur ihren Zweck nicht erfüllten, sondern daß der Küstenrückgang sich beschleunigte (vgl. BESCH 1996, S. 168). Folglich wurden auch hier Sandvorspülungen nötig. Das Beispiel Hörnum aber zeigt, daß die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht in jedem Falle aufgeht. Vor Westerland fallen alle sechs Jahre sieben bis acht Mio. DM an Vorspülkosten an, vor Hörnum sind es jährlich 2,145 Mio. Vergleicht man nun die 21.704 Gästebetten Westerlands mit den 2.588 Hörnums wird die Diskrepanz zwischen Kosten und Nutzen noch deutlicher. Ein deutlich größerer Abstand der Bebauung von der Küste hätte die Gefährdung der Hotels und Häuser zeitlich verzögert und ihre Amortisationszeit verlängert, Buhnen und andere Betonbauten würden das Erscheinungsbild des Strandes nicht trüben und hunderte Mio. Steuergelder hätten gespart werden können. So das von Besch als realistisch eingeschätzte Szenario (vgl. BESCH 1996, S. 169)
Korallenriffe sind oft Hauptattraktionen von Inseln (vgl. BÜRSKENS 1990, S. 29). Sie zu schützen, ist demnach auch eine ökonomische Notwendigkeit. Allerdings gibt es noch viele weitere Gründe, das Ökosystem Riff zu schützen. Um die Bedeutung und Bedrohung der Korallenriffe zu verstehen, ist es nötig ein wenig mehr über ihre Entstehung, Struktur und Funktion zu wissen.
Die Schätzungen darüber, wann die ersten Korallenriffe auf der Erde entstanden, gehen weit auseinander. Sie variieren zwischen 230 Millionen und zwei Milliarden Jahren. Die große Diskrepanz könnte darin begründet sein, welche Art von Riffen die jeweiligen Autoren ansprechen. Die Art der heute vorherrschenden Riffe (scleractine Korallen als Baumeister) existiert in der Tat erst seit 190 Millionen Jahren. Obwohl über die Jahrmillionen die verschiedensten riffbildenden Organismen dominierten, blieben die, für die Riffbildung erforderlichen Rahmenbedingungen immer die gleichen: Das Wasser muß flach, klar und warm sein. Die optimale Temperatur liegt bei 26-27 C. Da die Korallen zur Kalkbildung einen hohen Bedarf an Licht haben, erfolgt die Riffbildung auch nur in seichten, planktonarmen Gewässern, in der Regel bis maximal 50 Meter Tiefe (vgl. KOCH u. BRÜMMER 1996).
Ebenfalls hinderlich ist ein zu hoher Anteil an Schwebstoffen, die erstens die Lichtdurchflutung behindern und vor allem, zweitens die Polypen erstickt. Die Salinität sollte zwischen 28 und 40 ‰ liegen. Aus diesem Grund findet Riffbildung an Flußmündungen nicht statt, da durch Süßwassereintrag der Salzgehalt stark variiert, der Sedimenteintrag wirkt sich hier natürlich auch negativ aus.
Festzuhalten ist, daß sich die Faktoren Wassertemperatur und Sedimentation auf die horizontale und der Faktor Licht auf die vertikale Verbreitung von Riffen auswirkt.
Global nimmt die Fläche der Riffe nur ca. 0,2 % des gesamten Meeresboden ein. Der Anteil in den tropischen Flachgewässern beträgt jedoch bis zu 15 % (vgl. KOCH u. BRÜMMER 1996).
Nach den Kriterien Form und Lage unterscheidet man vier Haupttypen:
1. Das Saumriff
Es entsteht unmittelbar an der Küste
Es wächst von der Niedrigwassergrenze seewärts
Die Oberfläche bleibt stets dicht unter der Wasseroberfläche
Das Gefälle des Meeresbodens begrenzt die Ausdehnung des Riffs T es entstehen Riffe, die oft viele Kilometer lang, aber nur selten mehr als hundert Meter breit sind
2. Das Barriereriff
Es liegt weit vor der Küste und ist auch dort entstanden
Bedingung für die Entstehung ist eine langsame Senkung des Untergrundes oder eine Hebung des Meeresspiegels
Sie kommen aufgrund dieser nötigen geologischen Vorgänge über einen langen Zeitraum hinweg seltener vor als Saumriffe
Das bekannteste Beispiel ist das Große Barriereriff vor der Ostküste Australiens
3. Das Plattformriff
Entstehung ist nicht an Landmassen gebunden
Es ist allseits von tiefem Wasser umgeben und breitet sich nach allen Seiten aus
Im erodierten Zustand spricht man vom Pseudoatoll, da es nur schwer von richtigen Atollen zu unterscheiden ist
4. Atoll
Ein ringförmiges Korallenriff, das eine Lagune umgibt
Die Lagune besitzt mindestens eine Verbindung zum offenen Meer
Bekannte Atolle liegen in der Südsee und bei den Malediven
(vgl. KOCH u. BRÜMMER 1996)
Korallen gehören zum Stamm der Nesseltiere. Alle Vertreter der Nesseltiere gehen auf die Stammform Polyp zurück. Stark vereinfacht und biologische Details vernachlässigend ist der Polyp als sackähnlicher Organismus zu beschreiben, der mit einer Fußscheibe festsitzt und am oberen Ende eine von Tentakeln umgebene Öffnung besitzt, die sowohl Mund als auch After ist. (Quallen sind eigentlich nichts anderes als freischwimmende, umgekehrte Polypen.) Die zur Klasse der Blumentiere gehörenden Korallen pflanzen sich sowohl geschlechtlich als auch ungeschlechtlich fort. Im Augenblick sind etwa 2.500 Arten Korallen bekannt, etwa 1.000 davon gehören zu den riffbildenden Steinkorallen. Die Polypen der Korallen leben in Symbiose mit einzelligen Algen (Zooxanthellen). Die Koralle beherbergt die Algen und stellt ihnen für die Photosynthese Stoffwechselprodukte wie CO , Stickstoff- und Phosphatverbindungen zur Verfügung. Die Koralle benötigt den dabei entstehenden Sauerstoff zum Atmen und erhält zu dem noch weitere Stoffe wie Zucker und Aminosäuren von den Algen.
Im Meerwasser sind die zur Kalkbildung benötigten Stoffe Calcium-Ionen und Kohlendioxid reichlich vorhanden, reagieren aber nur selten zusammen zu Calciumcarbonat. Entzieht man nun Teile des CO , so verändert sich das Verhältnis und es kann mehr Kalk entstehen. Die Zooxanthellen dienen nun als solche CO -Pumpen.
Die Kalkbildungsrate nimmt dementsprechend in der Nacht ab. Das Höhenwachstum eines Riffs ist bei ca. 0,5-3 cm pro Jahr anzusiedeln. Man schätzt heute, daß für eine Riffhöhe von 50 Metern eine Bauzeit von 1800 Jahren erforderlich ist (KOCH u. BRÜMMER 1996).
Die Riffe gehören mit den tropischen Regenwäldern zu den hot spots der Artenentwicklung. Ihre Artenvielfalt ist gigantisch. Es sind derzeit etwa 60.000 Arten bekannt. Den Schätzungen zufolge sind es aber bis 400.000 Arten, das würde bedeuten, daß bis heute nur ein kleiner Teil klassifiziert werden konnte. Diese größtenteils unbekannte Artenvielfalt bildet unter anderem ein wertvolles Reservoir an medizinisch bedeutsamen Stoffen. Man spricht auch von einer Schatztruhe biologisch wertvoller Substanzen. Beispiele hierfür sind Korallenskelette, die als Knochenersatz dienen und das in Hornkorallen entdeckte Prostaglandin, das bei der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt wird.
Laichplatz und Kinderstube für zahlreiche Fischarten zu sein, ist eine weitere wichtige Funktion der Riffe im Ökosystem Ozean (vgl. LEINFELDER 1998).
Die Fähigkeit der Riffe, Kohlenstoff zu fixieren, ist zusammen mit den Mangrovenküsten und Seegrasfeldern mit der des tropischen Regenwaldes vergleichbar und ist 20 mal größer als auf dem offenen Meer (vgl. HARRISON 1996, S. 270).
Zusätzlich dienen Riffe noch als natürlicher Küstenschutz (Wellenbrecher), als Frühwarnsystem für Umweltveränderungen und nicht zuletzt als wichtige Einnahmequellen für den Tourismus vieler Entwicklungsländer.
Nachdem jetzt die Bedeutung der Korallenriffe für die verschiedensten Bereiche des Lebensraums Erde dargestellt wurde, ist deutlich geworden, welchen enormen Wert sie darstellen und somit wird auch die Notwendigkeit ihrer Erhaltung unterstrichen.
Der Zustand der Korallenriffe allerdings ist besorgniserregend. Eine 1982 auf den Philippinen durchgeführte Untersuchung hat ergeben, daß bei zwei Dritteln der Riffe nicht einmal die Hälfte der Korallen am Leben waren. Im guten Zustand befanden sich nicht einmal sechs % der Riffe, der Verlust von lebenden Korallen an den Riffen der Insel Hainan betrug sogar 95% (vgl. HARRISON 1996 S. 272)
Die Bedrohungen der Riffe sind vielschichtig. Die größten Feinde der Riffe sind Klimaerwärmung und Umweltverschmutzung. Vor allem die Erhöhung der Jahresmitteltemperatur der Meere um einige zehntel Grad wird für das Ausbleichen der Riffe verantwortlich gemacht. Die Erwärmung hat zur Folge, daß die Korallen die Zooxanthellen verlieren, folglich auch das Chlorophyll und somit ihre Farbe, zurück bleiben bleiche, ebenso trostlose wie leblose Gebilde. Es werden auch Zusammenhänge zwischen El- Niño Phänomenen und dem Ausbleichen der Korallen vermutet. Hinzu kommt eine stetige Häufung von Korallenerkrankungen wie Schwarz- bzw. Weiß-Band-Krankheit, eine Infektion der Korallen mit einer Blaualge. Diese Krankheiten kommen auch in gesunden Gebieten vor, allerdings können sich gesunde Riffe eben besser natürlichen Gefahren erwehren. Zu den natürlichen Bedrohungen (Krankheiten, Wirbelstürme, Vulkanausbrüche) kommen nun die anthropogenen Belastungen. Die Klimaerwärmung ist nur langfristig zu bekämpfen, aber die durch den Tourismus hervorgerufenen Belastungen sind, jedenfalls theoretisch, schneller zu beseitigen (vgl. KOCH u. BRÜMMER 1996).
Der Tourismus zieht Schädigungen der Riffe auf unterschiedlichste Weisen nach sich:
Da ist z.B. das Sammeln von Souvenirs und zwar logischerweise sowohl der Korallen selber als auch anderer Rifftiere. Als Beispiel für den Eingriff des Souvenirsammelns in das Ökosystem mag die Dornenkrone dienen. Die Dornenkrone ist ein Seestern, der sich von Korallenpolypen ernährt. Der natürliche Feind der Dornenkrone, das Tritonshorn, ist eine (schöne) Schnecke, so schön, daß sie in großen Mengen gefangen und an Touristen verkauft wird. Das Dezimieren dieser Schnecke hat zur Folge, daß sich die Dornenkrone ungestört vermehren kann. Damit einhergehend wuchs die Belastung für die Riffe. Menschlicherweise wird die Dornenkrone nun mit Gift bekämpft, weder wissend welchen anderen Organismen dadurch geschadet wird, noch welche Funktion der Dornenkrone zukommt (vgl. KOCH u. BRÜMMER 1996).
Steigende Besucherzahlen und die damit verbundenen Aktivitäten implizieren ebenfalls verschiedene Probleme. Die beliebten Riffwanderungen führen dazu, daß in manchen Fällen die Riffe fast komplett totgetreten wurden. Auch Schnorcheln und Tauchen schädigt die Riffe, wenn dies wie oft, unsachgemäß durchgeführt wird. Zerstörend wirkt sich auch das Ankern der Schiffe und Boote aus (vgl. KOCH u. BRÜMMER 1996).
Durch Tourismus produzierte Abfälle und Abwässer führen zur Eutrophierung und übermäßigen Algenwuchs. Die Algen bedecken die Korallen und nehmen ihnen die Lebensgrundlage (vgl. KOCH u. BRÜMMER 1996).
Der Tourismus erfordert das Ausbauen der gesamten Infrastruktur um neue Kapazitäten zu schaffen. Dies schädigt die Riffe in zweierlei Hinsicht. Gerade auf Inseln sind Baustoffe wie Beton oft knapp und somit sehr teuer (vgl. BRAUER 1989, S. 152). Korallenkalk und Küstensand dienen hier oft als vermeintlich günstige Substitute. Aber Bautätigkeiten schaden nicht nur durch die Direktentnahme. Das Bauen von Küstenstraßen und das Ausschwemmen von Waldrodungsgebieten führen zu erhöhter Sedimentation, deren Folgen ja bereits beschrieben wurden. Hauptabnehmer der Korallenindustrie ist in erster Linie die Bauindustrie, aber auch andere Zweige wie Düngemittel-, Keramik-, Zement-, und Nahrungsmittelindustrie sind auf der Kundenliste vertreten. Die Größenordnung der Korallenentnahme an der Küste von Hikkaduwa, Sri Lanka lag, nach Uthoff 1985 bei 10.000 t, anderen Quellen zufolge sind es sogar 75.000 t. Die Rückverlegung der Küste um 300 Meter, in einem leider nicht näher bezifferten Zeitraum wird diesem Raubbau angerechnet (vgl. HARRISON 1996, S. 100).
Auf Initiative von R. Ginsburg, Miami, erklärten die Vereinigten Nationen das Jahr 1997 zum Internationalen Jahr des Riffs (IYOR). Die vielschichtigen Bedrohungen der Riffe durch den Tourismus spiegeln sich auch in dem vom IYOR-Komitee empfohlenen Verhalten am Urlaubsort wieder:
Kaufen sie keine Muscheln, Schnecken, Korallen oder andere Meerestiere als Souvenirs, weder in Riffregionen noch hierzulande.
Informieren sie sich und diskutieren sie die Problematik auch mit anderen.
Vermeiden sie übermäßigen Wasserverbrauch beim Urlaub in Wüstenregionen, wie z.B. am Roten Meer (bestehen sie darauf, Handtücher und Bettwäsche nicht täglich gewechselt zu bekommen).
Sprechen sie Hotelmanager und Reiseveranstalter auf die Wichtigkeit des Riffschutzes an und stellen sie klar, daß geschädigte Riffe für sie uninteressant sind.
Gehen sie zu geführten Tauchgängen. Fragen sie vor der Abfahrt, wie das Abwasser entsorgt wird, ob Ankerbojen vorhanden sind und ob daran festgemacht wird.
Vermeiden sie Beschädigungen der Korallen bei ihren eigenen Tauchgängen. Ziehen sie keine Handschuhe an und halten sie ausreichend Abstand zu den Korallen. Stellen sie sich nicht auf das Riff. Vermeiden sie, mit den Flossen Sediment aufzuwirbeln. Befestigen sie ihre Instrumente so, daß diese nicht über das Riff schleifen.
Beteiligen sie sich demonstrativ nicht an Fischfütterungen.
Nehmen sie auf keinen Fall Korallen oder andere Rifforganismen mit.
Nehmen sie Müll wieder mit nach Hause (vgl. LEINFELDER 1998).
Der Tourismus birgt viele Gefahren für die Natur und gerade auf Inseln verschärfen sich diese noch aufgrund des labileren ökologischen Gleichgewichtes. Die prognostizierten Zahlen für die weltweit steigenden touristische Aktivitäten lassen vermuten, daß sich die Entwicklung des Tourismus nicht mehr aufhalten läßt. Aber es ist auch weniger das Aufhalten dieser Entwicklung von Nöten, sondern das Umdenken auf dem Tourismussektor. Der Tourismus birgt gerade für die Natur auch Chancen. In vielen Gegenden ist er die einzige Devisenquelle, die zur Beschaffung von Geldern für den Erhalt der Natur geeignet ist. Wichtig ist es für Inseln nicht den Massentourismus zum Ziel zu haben, sondern den Weg des gehobenen, nicht so personenintensiven Tourismus einzuschlagen. Es muß auf Wachstum, das in letzter Konsequenz zur Entstehung von Einheitslandschaften und Einbrüchen der Besucherzahlen führt, verzichtet werden. Eine solche kontrollierte Tourismuswirtschaft erfordert stärkere staatliche Mitbestimmung der jeweiligen Destinationsregierungen. Mit der Reduzierung der Fremdbestimmung durch international operierende Touristikkonzerne muß auch eine Erhöhung des Nettodeviseneffektes einhergehen. Nur so kann die Einflußnahme und Verantwortung von innen wachsen und wirksam werden. Die Entwicklung eines angemessenen Tourismus ist aber keineswegs ein einfaches Unterfangen. Verschiedene Interessen sind ein Grund dafür, denn so mancher Touristikkonzern sieht die Notwendigkeit der Selbstbestimmung und stärkeren Partizipation der Einheimischen Bevölkerung an den Einnahmen nicht unbedingt. Auch läuft ein staatlich gesteuerter Tourismus Gefahr die Kreativität des privaten Unternehmertums zu stark zu behindern.
Aber: 'Leicht war es nie' (EASTWOOD, C : Erbarmungslos)
Literaturverzeichnis
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Brauer, C. (1989): Inseln der Südsee - Touristenziele mit ökologischen Problemen. In: 'Eingeborene ausgebucht': Ökologische Zerstörung durch Tourismus (= Ökozid, 5, 149-158). Gießen
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Ellenberg, L. (1997): Ökotourismus. Heidelberg
Haas, H.-D. u. Scharrer J.(1997): Tourismus auf den karibischen Inseln. -Geographische Rundschau, 49, 644-650
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Opaschowski, H. W. (1991): Ökologie von Freizeit und Tourismus. Opladen
Uthoff, D.(1987): Anthropogen induzierte Küstenzerstörung an den 'Traumstränden' Sri Lankas. Ursachen und Folgen. (= Berliner geographische Studien., 25, 403-419). Berlin
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