Entwicklungshilfe- Projekte im Großraum Kairo
Statistische Daten zu Agypten
Lage: im Norden Afrikas; grenzt an Mittelmeer im Norden und Ans Rote Meer im Osten; Nachbarstaaten sind Libyen im Westen, der Sudan im Süden und Israel im äußersten Nordosten
Einwohner: z.Z. 61,4 (-66,1) Mio.; Wachstumsrate von jährlich etwa 1,78% (entspricht 1 Mio.); Geburtenziffer(1999) 2,6%; Sterbeziffer(1999) 0,7%;
Nur am Nilufer und im Delta besiedelt, 98% der Bevölkerung leben auf 4% der Landesfläche (zur Verdeutlichung: Man stelle sich vor, die Bevölkerung von Frankreich und der Schweiz zusammen leben auf einem Gebiet, das der Größe der Schweiz entspricht), Hälfte der Einwohner lebt in Städten( davon allein 12 Mio. in Kairo)
Lebenserwartung 67 J.
Kindersterblichkeit(auf 1000): 1970: 235; 1998: 59
Säuglingssterblichkeit: 1999: 4,1%
Analphabetenrate (über 15 J): 1970: 69%; 1998: 46%
Religion: Islam als Staatsreligion, 90%, etwa 10% Kopten(Christen)
BIP/Kopf (1998): 1290, jährlicher Zuwachs von 4,5%
Anteile am BIP: LW:17,5%(Einkommensgrundlage für 40% DER Erwerbstätigen) , Industrie 32,3%, Dienstleistungen 50,2%
1995 waren 11,3% aller Erwerbstätigen arbeitslos
Import von Gütern (15.211 Mio. US-$) 3x so groß wie Export (5.128 Mio. US-$)
6% der Bevölkerung haben Telefonanschluss
Vorstellung der folgenden drei Projekte:
Landwirtschaftsförderung in Fayun Landwirtschaft
Landwirtschaftsförderung im Nildelta (Drainage, Bewässerung Landwirtschaft
Stadtentwicklung und Schaffung von Infrastruktur in Kairo Infrastruktur
(illegale Wohnviertel)
2.1. FAYUM
Fayum ist ein Gebiet südlich von Kairo, das besonders durch Landwirtschaft gekennzeichnet ist. In der Region leben 2,5 Mio. Menschen, darunter sehr viele Bauern.
Den Bauern geht es wirtschaftlich nicht sehr gut, da sie Missernten zu beklagen haben. Hervorgerufen werden diese durch fehlende Düngemittel, gegen Pestizide resistent gewordene Insekten, oder durch falsche Fruchtfolgen, die dem Boden zu viele Nährstoffe entziehen. Oftmals sind den Bauern die Ursachen der Missernten nicht bewusst oder sie haben keine Idee, wie sie bessere Ernten erzielen könnten.
Um Bauern die Möglichkeit zu geben, über die Arbeit auf dem Feld, die Verwendung von Dünge- und Insektenvernichtungsmitteln oder über bewährte Fruchtfolgen etwas zu lernen, gibt es in Fayum die Farmers Field School (FFS). Das Projekt wurde vor drei Jahren gestartet und läuft noch weitere drei Jahre, bis 12/2004 (Länger als 6-7 Jahre darf ein Projekt auch nicht dauern, da es nur diese Zeit staatlich subventioniert wird).
Die Zielgruppe sind Kleinbauern, die nicht mehr als 3 acres (entspricht 3x4047m2 = 12.141m2) Land bewirtschaften. Insgesamt werden 30 000 Farmer in das Projekt involviert.
Die Unterrichtsmethoden
Die Bauern werden natürlich nicht wie Jugendliche unterrichtet, sondern wie Erwachsene, das heißt, man muss ihnen beibringen, was sie auch lernen wollen, sonst kommen sie einfach nicht wieder, FFS ist keine Pflichtveranstaltung.
Das Feld des Bauern ist der Klassenraum. Man möchte ihnen beibringen, was sie lernen wollen. Ihr einziges Interesse gilt dem Feld, also muss man ihnen dort, möglichst Praxis bezogen, etwas beibringen.
Der Lehrplan erstellt sich aus den Problemen der Bauern. Er wird nicht vorgegeben, sondern die Bauern bestimmen, was bzw. worüber sie etwas lernen wollen. Es wird im Unterricht ausschließlich über der Bauern Ernte gesprochen und welche Probleme sie hatten (z.B. Fruchtfolgen, Bodenbeschaffenheit, Insektenbefall, Düngemittel).
Die Bauern werden Experimente, Diskussionen und Entscheidungen mit einbezogen. Sie sind die Hauptpersonen im Projekt, also müssen sie mitbestimmen können. Wenn man mit Entscheidungen ihre Interessen nicht widerspiegeln würde, würden sie die Schule verlassen und das Projekt wäre fehl geschlagen.
Der Unterricht findet einmal wöchentlich statt und erstreckt sich über einen Zeitraum von 2 Jahren. In ganz Fayum gibt es 100 Klassen à 25 Bauern (aber auch Bäuerinnen). Geschult werden sie von Experten, die 2 Jahre geschult worden sind, die Klassen zu übernehmen. Pro Klasse gibt es ein Feld, an dem sie lernen.
Oft wird die Frage gestellt, ob die Agypter die Schule und das Projekt allgemein überhaupt anerkennen und annehmen, da sie im ganzen sehr kritisch und scheu an staatliche Projekte heran treten. Doch da eine Verbesserung der agrarwirtschaftlichen Lage unumgänglich ist, nehmen sie es an. Außerdem halten sie für besser, Ratschläge von Lehrern zu bekommen als direkt von der Regierung.
Konkretes Beispiel:
Ziel des Projektes ist es, den Bauern deutlich zu machen, dass die Verwendung von chemischen Düngemitteln und Pestiziden oftmals überflüssig ist oder aber viel geringere Mengen ausreichend sind (75% der Pestizide wurden unnötig eingesetzt). Sie sollen ein sicheres Gefühl in der Handhabung der Mittel bekommen.
Dies ist wichtig, da es durch Pestizideneinsatz zu ökologischen und ökonomischen Problemen gekommen ist.
Die chemischen Substanzen belasten die Ernten stark, welche sich daraufhin nicht mehr exportieren lassen. Außerdem zerstören sie mit der Verwendung nicht nur Schädlinge, sondern auch wichtige Organismen. Insekten, wie zum Beispiel die weiße Fliege sind zudem schon gegen die Mittel resistent geworden.
2.2. NILDELTA
Obwohl auch die Wirtschaft in Agypten sich ändert und sich immer mehr zur Industrie und zum Dienstleistungssektor hin bewegt, bleibt der Agrarsektor mit einem Anteil von 17% am BSP Einkommensgrundlage für 40% der ägyptischen Erwerbspersonen der zentrale Wirtschaftsfaktor. Dabei stehen der Landwirtschaft in Agypten mit 3,3 Mio. ha nur 3% der Gesamtfläche des Landes als Nutzfläche zur Verfügung.
Aufgrund der klimatischen Bedingungen ist Be- und auch Entwässerung eine Voraussetzung für die landwirtschaftliche Produktion
Plan der ägyptischen Regierung war es, mehr Neulandgebiete für die Landwirtschaft zu erschließen, und dafür die begrenzten Wasserressourcen des Nils zu nutzen. Hierfür war es allerdings notwendig, den Wasserverbrauch der Bewässerungslandschaft im Nildelta zu reduzieren.
Für die Bewässerung der Felder wurden bis heute durch Rotation betriebene Bewässerungssysteme verwendet, welche Technik jedoch heute als veraltet gilt, da es bei diesen Bewässerungsanlagen zu einer ungleichen Wasserverteilung zwischen den in der Nähe der Haupt- und Nebenkanäle liegenden begünstigten bäuerlichen Betrieben und den am Ende des Systems liegenden Farmen kommt. Diese haben mit entsprechenden Produktions- und Einkommensverlusten zu kämpfen.
Ziele und Wirkungen der Vorhaben
Projektziel ist die Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion durch eine gerechtere Verteilung des verfügbaren Wassers. Gleichzeitig ist beabsichtigt, durch sparsamere Wassernutzung den Wasserverbrauch zu reduzieren und die Kosten der Wasserbereitstellung zu senken. Durch die Gründung von Wassernutzergemeinschaften und übergeordneten Wassernutzerverbänden soll darüber hinaus die Eigenverantwortung der Bauern bei Betrieb und Wartung gestärkt werden.
Gestaltung der Vorhaben
Das aus Mitteln der ägyptischer Regierung, der Weltbank und der deutschen Finanziellen Zusammenarbeit (FZ) finanzierte Projekt sieht die Modernisierung des Bewässerungssystems auf einer Fläche von 100.000 ha des Nildeltas vor. Hierbei werden das öffentlich betriebene System auf Dauerbewässerungsbetrieb und das von den Wassernutzern betriebenen System auf die Wasserentnahme durch eine zentrale Pumpeinheit für jede Wassernutzergemeinschaft umgestellt. Hierfür sind umfangreiche Investitionen in die Teilsysteme der Bewässerung erforderlich. Voraussetzung für die Inangriffnahme der Investitionsmaßnahmen ist der Zusammenschluss der Wassernutzer in Wassernutzergemeinschaften. Insgesamt sollen im Rahmen dieses Vorhabens ca.3.500 Wassernutzergemeinschaften gegründet werden.
Parallel zur Modernisierung der Bewässerungsinfrastruktur ist vorgesehen, das Wassermanagement auf den Feldern zu verbessern, indem man hügelige Felder ausbessert und sie ebenerdig anlegt. Durch die verstärkte Nutzung von Entwässerungswasser soll die Gesamtverfügbarkeit von Bewässerungswasser erhöht werden. Das Vorhaben ist auf einen Durchführungszeitraum von 7 Jahren ausgelegt. Die Bauarbeiten zur Modernisierung der Bewässerungsinfrastruktur werden durch lokale ägyptische Baufirmen durchgeführt (Arbeit kommt auch ortsansässigen Baufirmen zugute; gute Aufträge).
Das Problem
Nach Fertigstellung des Assuan-Hochdammes im Jahre 1968 ist auf den alten Schwemmlandflächen des Niltales und des Nildeltas eine ganzjährige Bewässerung möglich geworden, die den Bauern mehrere Ernten im Jahr ermöglicht und insofern zu einer beträchtlichen Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion führte. Negative Begleiterscheinung der ganzjährigen Bewässerung waren jedoch steigende Grundwasserspiegel und damit einhergehende Versalzungsprobleme der Böden, die langfristig die Ertragskraft der Acker reduzieren. Die ägyptische Regierung hatte daraufhin begonnen, das komplementär zur Bewässerung erforderliche Entwässe-rungssystem zu etablieren. Bisher sind 2,1 Mio. ha mit entsprechender Entwässerungsinfrastruktur versorgt worden. Viele der verbleibenden Flächen, zumeist in den Küsten nahen Gebieten gelegen, müssen noch gedränt werden. Um das Entwässerungssystem in Agypten funktionsfähig zu gestalten, sind Investitionen in die unterirdische Felddränung, in den Ausbau der offenen Vorfluter (Entwässerungskanäle) und in Schöpfwerke zum Abtransport des Dränwassers erforderlich.
Ziele und Wirkungen der Vorhaben
Mit dem Vorhaben wird die Sicherung und Steigerung der landwirtschaftlichen Einkommen und damit die Minderung der insbesondere in den ländlichen Gebieten Agyptens verbreiteten Armut angestrebt. Unmittelbares Projektziel ist die Absenkung des Grundwasserspiegels durch Ableitung von Dränwasser zur Vermeidung von Staunässe und Bodenversalzung. Das Vorhaben trägt zur Bodenmelioration bei und leistet damit einen Beitrag zur langfristigen Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion.
Gestaltung der Vorhaben
Das Nationale Dränageprojekt 1 (NDP 1) ist die erste Phase des von der ägyptischen Regierung langfristig angelegten Programms zum Ausbau und der Erneuerung der Entwässerungsinfrasstruktur. Es wurde von 1993 bis 2001 durchgeführt und umfasste die Installation bzw. Erneuerung von unterirdischen Felddränanalagen auf einer Fläche von 310.000 ha.
Stadtentwicklung und Schaffung von Infrastruktur in Kairo
Statistische Daten zu Kairo
größte Metropole Afrikas
im Großraum Kairo leben etwa 15-16 Mio. Menschen, d.h. etwa 25% der Bevölkerung ganz Agyptens
Bei einer Bevölkerungszunahme von mehr als 1 Millionen pro Jahr wächst auch der Siedlungsdruck auf wertvolle landwirtschaftliche Nutzfläche. Obgleich besonders in Kairo Hunderttausende von Neubauwohnungen leer stehen, ist der ärmeren Stadtbevölkerung der legale Zugang zum Wohnungsmarkt versperrt. Schätzungsweise die Hälfte der städtischen Bevölkerung lebt in extrem dichten, informellen Wohngebieten. Dort fehlt es vor allem an Wasserversorgung, an Abwasser- und Müllentsorgung und an einfachsten sozialen Dienstleistungen. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, vor allem unter Jugendlichen.
Nachdem die Regierung diese Probleme lange ignoriert hatte, versuchen sie und die regionalen Verwaltungen nun, die Lebens- und Wohnbedingungen durch technische und soziale Grundausstattungen zu verbessern. Doch das schwer kontrollierbare Wachstum und der Versorgungs- und Sanierungsbedarf der Städte sind zu schnell, um einen Erfolg sichtbar zu machen.
Im Rahmen der ägyptisch- deutschen Entwicklungszusammenarbeit sollen die Lebensbedingungen der armen Bevölkerung in informellen Wohngebieten durch mitbestimmende Planung und Sanierung verbessert werden. Die Bevölkerung, die lokale Privatwirtschaft und die lokale Verwaltung, sowie private und öffentliche Institutionen sollen mit einbezogen werden. Ein erstes Projekt, worauf ich allerdings nicht weiter eingehen werde, wurde bereits 1998 in Assuan abgeschlossen. Es ebnete den Weg zu einer öffentlichen Diskussion über partizipative (teilhabende Erklärung) Stadtentwicklung in Agypten. An seine Erfahrung können heute neue Projekte anknüpfen.
1998 beginnt in Agypten ein nationales Programm beteiligungsorientierter Stadtentwicklung. Hierzu gehören zwei Stadtteilprojekte im Großraum Kairo und ein lokales Umweltprojekt für Abfallmanagement in Assuan.
Im weiteren werde ich mich allerdings nur mit zwei Stadtteilprojekten in Kairo beschäftigen. Zum einen mit dem Viertel Manshiet Nasser und zum anderen mit Boulaq El Dakrour. Zwischen beiden Vierteln liegt ein grundlegender Unterschied. Manshiet Nasser wurde auf staatlichem Wüstengebiet erbaut, Boulaq El Dakrour hingegen auf privater landwirtschaftlicher Nutzfläche.
Beteiligungsorientierte Stadtentwicklung hat eine Reihe von Vorteilen gegenüber der traditionellen Planung. Sie führt zu mehr wirtschaftlicher Effizienz, zu größerer sozialer Akzeptanz und zu mehr Kreativität in der Planung und im Management. Es wird deutlich, dass Konzepte im Dialog zwischen der Bevölkerung der jeweiligen Stadtteile und den Entscheidungsträgern aller politischen Ebenen entwickelt werden müssen, um sinnvolle Projekte starten zu können. Wenn die Menschen keinen Sinn in den von der Regierung begonnenen Projekten sehen, verfehlt die Regierung sehr schnell ihre Absicht.
Weiter erkennt man, dass die Bevölkerung erhebliche lokale Energien, finanzielle Beiträge und technische Fähigkeiten mobilisieren und zudem zum Teil noch lokale Verwaltungsaufgaben übernehmen kann.
Allerdings können auch nicht alle Probleme, die diese Viertel haben, gelöst werden.
Der Stadtteil Manshiet Nasser (ich weiß übrigens nicht, ob er nach Nasser benannt worden ist), ist einer der größten informellen Stadtviertel Kairos. In diesem illegalen Wohngebiet leben 420.000 Menschen auf staatlichem Wüstenland, das entspricht einer Bevölkerungsdichte von 2400 Personen/ha. Hauptsächlich handelt es sich um Familien der unteren bis mittleren Einkommensgruppen (durchschnittliches Familieneinkommen: 135 DM/Monat).
In dem Viertel gibt es kaum technische und soziale Dienstleistungen. Privatinvestitionen kommen selten vor, da die Rechtslage sehr unsicher ist. Die Einwohner haben Angst, dass die Regierung das Viertel irgendwann abreißen lassen will. Noch vor einigen Jahren war das Viertel vom Abriss durch die Regierung bedroht (weil illegal).
Der Stadtteil wird zwar mit Wasser versorgt, doch je tiefer man ins Viertel hinein geht, desto schlechter wird die Qualität des Wassers. Das liegt unter anderem an Lecks, die die Rohre haben und nicht ausgebessert werden.
Die deutsche technische und finanzielle Zusammenarbeit (KfW & GTZ) setzte sich aus diesen Gründen 1998 das Ziel, die Wasserversorgung sowie die Abwasserentsorgung zumindest in einem Teilgebiet von 35.000 Einwohnern zu verbessern. Finanziert wurde dieses Projekt durch die KfW mit 14 Mio. DM.
Weitere Ziele sind unter anderem die Stadtteilsanierung, die Verbesserung der sozialen Basisversorgung und das Schaffen von Rechtssicherheit und Legalisierung des informellen Wohngebiets.
(falls nicht genug siehe weitere Bsp. in Unterlagen)
Dieses informelle Wohngebiet mit 450.000 Einwohnern entstand trotz Verboten auf privater landwirtschaftlicher Nutzfläche, die in ganz Agypten sehr knapp ist.
Die Bevölkerung kommt hauptsächlich aus Oberägypten, Herkunft und soziale Struktur sind sehr heterogen, weswegen eine starke Anonymität zwischen den Menschen herrscht. Sie bekommen finanzielle Unterstützung durch Überweisungen von verwandten , die in den Golfstaaten, z.B. Iran, arbeiten. Neben der armen Bevölkerung leben hier zunehmend auch junge Familien der Mittelschicht. Die Einwohnerdichte ist sehr hoch (Häuser bis zu 6 Stockwerken, dazwischen nur etwa 3m breite Wege), die Arbeitslosigkeit im Viertel liegt bei etwa 20%, ein Einkommensbezieher versorgt durchschnittlich 5,5 Familienmitglieder.
Auch gibt es sehr viele Analphabeten. Der Grund ist, dass es in Boulaq El Dakrour keinen Platz für Schulen gibt. Die wenigen die es gibt haben Klassenstärken von bis zu 100 Schülern und das, obwohl es schon 2 Schulschichten gibt. Die Jüngeren lernen tagsüber, die Alteren, auch Erwachsene, lernen abends (Alphabetisierung).
Projekt der Deutschen technischen und finanziellen Zusammenarbeit:
Im Vordergrund steht den Beratern nicht das "Erkennen" von Problemen (wie es schon die Regierung versucht hat), sondern die Bevölkerung selbst wird gefragt.
Die häufigsten Antworten waren
das Müll- /Umweltproblem
hohe Jugendarbeitslosigkeit (50% der Bevölkerung ist unter 20 Jahren)
Mangel an Sozialen Dienstleistungen wie Beratung, Information, sozialen Einrichtungen
Aufgrund dieser Antworten setzten die Projektleiter 1998 folgende Schwerpunkte:
Verbesserung der lokalen Umwelt, insbesondere Müllentsorgung
Beschäftigungsförderung für Jugendliche
Verbesserung der sozialen Dienstleistungen, insbesondere für Frauen
Verbesserung des Zugangs zu Informationen für die Bevölkerung
Beteiligungsorientierte Planung und Stadtteilsanierung mit besserer Wasserversorgung (gibt es zwar, aber ist unterdimensioniert, was dazu führt, dass man ab dem 3. Stock wegen fehlendem Druck kein Wasser mehr bekommt)
Man setzte sich also mit der Bevölkerung zusammen und überlegte, womit man am besten beginnen könne.
Dies ist schon nicht sehr einfach, da die ägyptische Bevölkerung Hilfe nicht gleich ohne Zweifel annimmt. Sie wussten nicht, was sie von dieser partizipativen Planung erwarten sollten. Die ägyptische Bevölkerung ist im allgemeinen sehr skeptisch, was die Annahme von Hilfe angeht. In vielen Fällen schlugen die von der Regierung geplanten Projekte fehl, oder halfen den Menschen nicht wirklich sondern versuchten vielmehr, sie in irgendwelche Formen rein zu zwängen, was die Menschen nicht wollten. Diese Projekte mussten fehl schlagen, da die Bevölkerung nicht mitspielt und schnell wieder zu ihren alten Gewohnheiten zurückkehrt. Im Allgemeinen wollen die Agypter aus solchen Vierteln nichts an ihrem Stadtteil verändern, um kein Risiko einzugehen, dass es danach noch schlechter wird als es zuvor schon war. Dann soll lieber alles so bleiben wie es ist, neues macht ihnen Angst. Somit war es schon ein Problem, der Bevölkerung die Notwendigkeit der Projekte zu verdeutlichen.
Man musste den Menschen zeigen, dass man nicht in der gleichen Weise arbeitet, wie es die Regierung tat. Danach akzeptierte die Bevölkerung die Projektleiter, und vor allem auch dann, als sie sehen, dass die Helfer die Regierung "im Griff" haben.
Nach mehrmaligen Treffen mit der Bevölkerung hat man sich dann auf ein "Streichprojekt" geeinigt. Dabei sollte ein Straßenzug des Viertels gestrichen und somit die Wohngegend etwas verschönert werden. Wichtig dabei war aber nicht nur das Streichen der Fassaden an sich, sondern auch die symbolische Wirkung. Die Menschen mussten viel mit organisieren und somit auch lernen, miteinander zu kommunizieren. Dies war zuvor nicht sehr häufig der Fall.
Die Menschen sollten lernen, dass sie sich selbst helfen können, auch ganz ohne die Hilfe anderer. Das dazu nötige Geld können sie bei Behörden beantragen. Dieses Projekt wurde erfolgreich abgeschlossen., die Menschen wurden in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt, etwas erreichen zu können, die Kommunikation wurde besser und Nachbarn lernten sich kennen.
Das Projekt bekam so eine große Resonanz, dass sogar andere Straßenzüge auch kamen und ein ähnliches Projekt starten wollten.
Das Problem der Umweltverschmutzung soll mit Informationstagen in Schulen und öffentlichen Gebäuden vermindert werden. Dort wird, auch in Workshops, erklärt, was Müll ist, wie Müll entsteht, wer ihn verursacht, wie man ihn verringern kann oder wie er entsorgt werden kann. Es wird auch darauf aufmerksam gemacht, dass es auch in Boulaq El Dakrour eine Müllabfuhr gibt, die auch nicht sehr viel Geld kostet (Menschen haben nämlich keines). Von den Kindern wird es dann aus der Schule zu den Eltern gebracht und dann in den Familienkreis.
Bewertung der vorgestellten Projekte
Für mich war die Einsicht in die Projekte, die ja zum Teil auch von unserem Staat finanziert werden, von sehr großem Wert, da man doch das Gefühl hatte, dass dadurch im Land etwas verändert wird. Aus den Schulbüchern sind mir größtenteils nur Negativ-Beispiele bekannt, wie zum Beispiel der Bau des Assuan- Staudammes, durch den Überschwemmungen und damit die Ablagerung des für die Landwirtschaft wertvollen Nilschlammes ausblieben. Außerdem eine Versalzung des Bodens, wie schon im Drainage-Projekt erwähnt.Dass man gegen die negativen Folgeerscheinungen früherer Projekte Gegenmaßnahmen einleitet, halte ich für einen wichtigen Schritt. Soweit wir über die jeweiligen Projekte (richtig) informiert worden sind, sind die Projekte sehr viel versprechend.
Vor allem die Agrarprojekte schlagen sehr gut an. Wenn man jedoch in einem Stadtteil wie Boulaq Dakrour steht und gesagt bekommt, dass Straßenzüge verschönert werden und alles schon viel besser geworden ist, dann kann man das nicht nachvollziehen. Die Bilder, die sich uns boten, waren schon sehr beklemmend.
Natürlich kann dieser Einblick sehr subjektiv sein, da wir fast ausschließlich mit europäischen Projektleitern über die jeweilige Projekte gesprochen haben.
Nach diesem Einblick in eine andere Welt, die sicher nicht so vom westlichen Wohlstand geprägt ist, wie wir es gewohnt sind, kann ich auch die mir zuvor übertrieben erschienenen Beträge des Bundes für Entwicklungshilfe verstehen.
Haupt | Fügen Sie Referat | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen