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Gegenströmungen zum Naturalismus
Im schroffen Gegensatz zum Naturalismus wird die Möglichkeit einer objektiven Erkenntnis und Darstellung der Tatsachenwirklichkeit bestritten und statt dessen versucht, subjektive Wahrheit kunstvoll zu gestalten.
Impressionismus (lat. impressio = Eindruck): Wiedergabe subjektiv-sinnlicher Eindrücke und Stimmungen ('Nervenkunst'). Das Naturobjekt wird Anreiz und Auslöser für seelische Regungen (Detlev von Liliencron, Richard Dehmel, der junge Rilke).
Neoromantik: Stilisierung, romantischer Schönheitskult, fern von gesellschaftlichem Bezug (Asthetiszismus) vgl. auch Jugendstil: l'art pour l'art[1], (Rilke, Hesse, der junge Hofmannsthal).
Symbolismus: Sprache und Dichtung als Zeichen, hinter denen sich tieferliegende Aussagen verbergen. Strenge, klassische Form als Ausdruck aristokratischen Lebensgefühls (Neoklassik). (Stefan George und sein schöngeistiger Kreis).
Friedrich Nietzsches elitär-aristokratische Vorstellung des 'Übermenschen' sowie Arthur Schopenhauers Philosophie (nur das künstlerische Genie überwindet durch Phantasie und reine Kontemplation die Kausalität der Welt) als Vorbilder. Einfluß der französischen Symbolisten (Charles Baudelaire: "Fleurs du mal', Paul Verlaine, Stéphane Mallarmé, Arthur Rimbaud).
Kritische Distanz zur Alltagswirklichkeit und zum Zeitgeschehen, zum amusischen, selbstzufriedenen Bürger. Absonderung des genialen Einzelnen von der Masse (George). Musikalität und Erlesenheit des Wortes (Rilke, George), kunstvolle Stilisierung (Jugendstil), Verinnerlichung und Askese, Melancholie (décadence, Fin-de-siècle-Stimmung) und Ekstase.
In Lyrik und lyrischem Drama suggestive Kraft des Wortes bis zur Übersteigerung in einem magisch-mystischen Asthetizismus.
Oft als Asthetizismus und Dekadenz bezeichnet, entwickelte sich um die Jahrhundertwende in Mitteleuropa eine Literatur zwischen Endzeitangst und Lust am Untergang. Das Erleben der Welt durch die Kunst wird den Dichtern zum eigentlichen Gegenstand. Die Sprache der Dichtung verliert ihren Bezug zur Wirklichkeit und wird selbst zum Problem, wird als Mittel der Orientierung in der Welt und der Kommunikation in Frage gestellt (bei Hofmannsthal im sogenannten Chandosbrief). Eine spezifische Form dieser Literatur zwischen Dekadenz und sogenanntem Jugendstil vertreten die Wiener (z.B. der frühe Hofmannsthal und Arthur Schnitzler). Die typischen Figuren in ihren Werken sind Töchter und Söhne reicher Bürger, nervöse und traurige Charaktere, müde und ziellos, skeptisch und selbstironisch. Ihre sich im Nu verflüchtigenden Stimmungen lassen oft nichts zurück als ein Gefühl des Vergehens und des Bewußtseins der Untauglichkeit fürs Leben.
Für die Erzählkunst wird der innere Monolog als eine Möglichkeit entdeckt, die pausenlos flutenden Gedankengänge einzufangen und auf diese Weise mit äußerster Vergegenwärtigung die innere Geschichte eines Menschen darzustellen.
Arthur Schnitzler (1862-1931): Schauspiele "Anatol' (1893), "Reigen"
Stefan George (1868-1933): "Blätter für die Kunst' (Hrsg.); Lyrik: "Algabal' (1892), "Der siebente Ring' (1907), "Der Stern des Bundes' (1914).
Hugo von Hofmannsthal (1874-1929): Lyrik. Dramen: "Der Thor und der Tod' (1893), "Der Rosenkavalier' (1911), "Jedermann" (1911), "Der Schwierige' (1921), "Der Turm' (1925).
Rainer Maria Rilke (1875-1926): Lyrik: "Das Buch der Bilder' (1902), "Das Stundenbuch' (1905), "Neue Gedichte' (1907/08), "Duineser Elegien' (1923), "Sonette an Orpheus' (1923). Prosa: "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge' (1904-1910).
Hermann Hesse (1877-1962): Romane: "Peter Camenzind' (1904), "Unterm Rad' (1906), Demian
Thomas Mann (1875-1955): Roman: "Buddenbrooks '.
Robert Musil (1880-1942): "Die Verwirrungen des Zöglings Törleß ' ().
Peter Rosegger : "Erdsegen" (Roman)
Frank Wedekind : Balladen, Theaterstücke
Christian Morgenstern : "Galgenlieder" (Gedichte)
Hugo von Hofmannsthal: Gabriele d'Annunzio (1893, Ausschnitte aus dem Essay)
[] Heute scheinen zwei Dinge modern zu sein: die Analyse des Lebens und die Flucht aus dem Leben. [] Man treibt Anatomie des eigenen Seelenlebens oder man träumt. Reflexion oder Phantasie, Spiegelbild oder Traumbild []; modern ist die [] fast somnambule Hingabe an jede Offenbarung des Schönen, an einen Farbenakkord, eine funkelnde Metapher, eine wundervolle Allegorie [].
Kopien:
(Kabas;)
kontrolliert ja; noch layouten
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