Johann Sebastian Bach wurde als Sproß einer weitverzweigten mitteldeutschen Musikerfamilie am 21.März 1685 in Eisenach geboren. Er war das letzte von acht Kindern und wuchs nach dem frühen Tod seiner Eltern bei seinem Onkel auf, von dem er die erste Ausbildung im Klavierspiel erhielt. Sein musikalisches Talent, seine guten schulischen Leistungen und nicht zuletzt eine hervorragende Stimme bescherten ihm ein Stipendium an der Lateinschule in Lüneburg. Von dieser damals bedeutenden Handelsstadt aus hatte er mehrfache Gelegenheit, im nahen Hamburg den wichtigsten Organisten Dietrich Buxtehude zu hören; außerdem lernte der durch die Hofkapelle im gleichfalls unweit von Lüneburg gelegenen Celle die französische Musik kennen.
Mit 17 Jahren hatte Bach seine Ausbildung abgeschlossen. Er kehrte in die thüringische Heimat zurück und erhielt im Jahr 1703 in Arnstadt seine erste Stelle als Organist. Hier erwarb er den Ruf eines großen Virtuosen und Orgelkenners, sein jugendliches Temperament führte jedoch zu Reibereien mit den Dienstbehörden, so daß Bach nach vier Jahren in die Stadt Mühlhausen wechselte, wo er seine Cousine Maria Barbara heiratete.
Doch auch in Mühlhausen konnte Bach sich nicht voll entfalten, und schon nach einem Jahr trat er als Hoforganist und Kammermusiker in die Weimarer Hofkapelle ein. Nach vielversprechenden Anfängen und treuen Dienstjahren aber geriet der diplomatisch Unbegabte zwischen die Fronten der Hofparteien. Bach fiel beim herzog im Ungnade und mußte nach vierwöchiger Haft seinen Hut nehmen.
Sein Ansehen als herausragender Musiker war freilich weiter gewachsen, und so brachte der nächste Wechsel eine Verbesserung mit sich: Im Dezember 1717 wurde Bach Hofkapellmeister des Fürsten Leopold von Anhalt-Köthen. Bei diesem kunstliebenden Adligen konnte Bach sich vor allem verstärkt der Instrumentalmusik widmen, hier komponierte er Kammermusik, Konzerte und Claviermusik in großer zahl. Die "Brandenburgischen Konzerte" und - nach dem Tod seiner ersten Frau und der Vermählung mit Anna Magdalena geb. Wilcken - die "Englischen" und "Französischen Suiten", das "Clavierbüchlein für Anna Magdalena" sowie der erste Teil des "Wohltemperierten Claviers" entstanden in Bachs Köthener Zeit.
Die Hochzeit des Fürsten setzte dieser fruchtbaren Epoche ein Ende, denn seine Gattin war der Musik nicht wohlgesonnen. Leopold begann, seinen Kapellmeister zu vernachlässigen, und abermals sah sich Bach nach einer neuen Stelle um. Er bewarb sich um das Kantorat an der Thomasschule in der Messestadt Leipzig und trat das Amt 1723 an - nachdem Georg Philipp Telemann und Johann Christoph Graupner es abgelehnt hatten. 278 Jahre lang wirkte Bach in Leipzig. Hier komponierte er unzählige Kantaten, seine großen Passionen, die "Kunst der Fuge" und das "musikalische Opfer". Im Alter erblindet, starb Bach nach zwei erfolglosen Augenoperationen am 28. Juli 1750 im Alter von 65 Jahren. Mit diesem Datum wird allgemeinhin auch das Ende des barock datiert.
Abb.1: Thema der Passacaglia |
Die Passacaglia ist eine Variationsform über dem Fundament eines gleichbleibenden Basso ostinato[1], das im langsamen Dreier-Tanzschritt, eben der ursprünglichen Passacaglia abläuft. Der gleichbleibende Baß kann auch in den Oberstimmen auftreten und dabei Umgestaltungen erfahren, wobei die Melodie Töne das Gerüst aller Stimmen bilden.
Über dem ostinaten Thema (Abb.1) errichtet Bach ein Klanggebäude, reich an figurativen, melodischen und harmonischen Wendungen (z. B.: Takt 112-136[Abb.2]). Ein deutlich abgesetzter Mittelteil (manualiter bis zur Einstimmigkeit) gliedert, schon äußerlich wahrnehmbar, in 3 große Variationsgruppen. Gesteigert wird das Werk aber noch durch die unmittelbar anschließende Fuge. Ihr zunächst annähernd normaler Verlauf (in der Durchführung nur ein Einsatzpaar Es-B) wird durch den genial unvorbereitet angesprungenen Neapolitanischen Sextakkord[2] einige Takte vor Schluß plötzlich beendet. Die Schlußkadenz erreicht - wie die genaue Mitte der Passacaglia - die beiden Extremtöne C im Pedal und c³ im Manual und beschließt das Werk mit imperialem Glanz.
Bach krönte die jahrhundertelange Entwicklung der Passacaglia durch seinen ungewöhnlichen Fantasiereichtum, aber auch durch seine Kombinationsgabe. Sie läßt ihn an die ohnehin lange Form noch eine ausgewachsene Fuge über dasselbe Thema anschließen. Das ganze Werk wirkt dadurch aber nicht wirklich länger, sondern spannungsvoller.
Die Fuge ist eine Komposition mit einem Thema, das nach dem ersten Einsatz in einer anderen Stimme im Quint- oder Quartabstand neu einsetzt, so daß die erste Stimme zur Begleitung der zweiten wird. Das Thema kann nacheinander verschiedene Stimmen durchlaufen. Eine Fuge mit zwei nacheinander eingeführten Themen ist eine Doppelfuge (entsprechend: Tripelfuge, Quadrupelfuge).
Diese Fuge trägt den Beinamen "Bauchwehfuge", weil ein findiger Student irgendwann einmal auf die Idee gekommen ist, daß man zum Thema dieser Fuge nur einen Text singen kann, nämlich: "Ich habe Bauchweh. Es tut so schrecklich weh." [3] Diese Bezeichnung ist vor allem deswegen so passend, weil diese Fuge den meisten werdenden Organisten wirklich Bauchweh bereitet, da sie sich wie ein heiteres Spiel anläßt und später ihre ganze Kraft und Schwierigkeit entfaltet.
Doch nun zum Aufbau: Diese Fuge ist eine voll durchgeführte Doppelfuge, daß heißt: Erstes Thema mit Dux [c1] - Comes (auf der Quint [g]) - Dux (im Pedal [C]). Nachdem mit 1. Durchführung fertig ist kommt das zweite Thema nach der gleichen Methode wie das erste. Nur diesmal eben von [g] weg. Beim zweiten Thema wurde allerdings der im Pedal ausgeführte Dux vereinfacht, weil die Fuge ansonsten unspielbar geworden wäre. Nachdem nun die zweite Exposition auch fertig ist beginnt die dritte, letzte und schwerste. Dabei werden beide Themen gleichzeitig durchgeführt und sie ergänzen sich dabei harmonisch und melodisch auf die Bach eigene perfekte Art und Weise.
Nach der Durchführung findet sich manchmal auch noch eine Coda, die aber von einigen Organisten weggelassen wird, da es nicht verifizierbar ist, ob sie zu dieser Fuge gehört, da sie bei einigen von Bach selbst durchgeführten Abschriften nicht dabei ist.
Auch wenn uns heute eine »Geschichte von unten« näher sein mag als eine Auffassung, die das Leben und Wirken »Großer Männer« in den Mittelpunkt stellt, sollten wir darüber nicht vergessen, daß die Menschen der Vergangenheit anders dachten und fühlten. Der sich bereits im 18. Jahrhundert abzeichnende Geniekult bildete im 19. Jahrhundert die Grundlage des Musiklebens, und so darf es nicht verwundern, daß der Komponist, der in seinen Sinfonien das »titanische Ringen« des Originalgenies um Form und Ausdruck dargestellt hatte, zumindest auf dem Gebiet der Instrumentalmusik zum alles beherrschenden Vorbild wurde. Anders als zahlreiche Legenden glauben machen wollen, wurden Beethovens Sinfonien nach ihren überwiegend erfolgreichen Uraufführungen fast schlagartig populär. Im Original sowie bearbeitet für alle möglichen und unmöglichen Besetzungen fanden sie rasch Verbreitung in der gesamten musikalischen Welt, und ihre formalen Neuerungen wurden mitsamt ihrem dramaturgischen Gesamtaufbau von nun an als verbindlich angesehen. Maßstäbe setzte auch die Vergrößerung des Klangapparats, die in der 9. Sinfonie bis zur Einbeziehung von Chor und Gesangssolisten reichte.
Die Bedeutung von Beethovens Orchestermusik für die Komponisten der Romantik kann also kaum überschätzt werden. Das ging so weit, daß manche Komponisten abergläubische Todesfurcht überkam, wenn sie an ihrer neunten Sinfonie arbeiteten. Und in der Tat hat Beethoven selbst hier die Marschroute vorgesteckt: Bruckner, Dvorak und Mahler kamen wie er über ihre jeweilige Neunte nicht hinaus.
Ludwig van Beethoven wurde am 17. Dezember 1770 in Bonn getauft, so daß gemeinhin der 16. Dezember als sein Geburtstag angenommen w i rd. Der Vater, Johann, wirkte als Tenor an der Bonner Hofkapelle und erkannte früh die musikalische Begabung seines Sohnes. Bereits vor seinem achten Geburtstag trat Ludwig in einem Kölner Akademiekonzert als Pianist auf, mit 14 Jahren wurde auch er Mitglied der Hofkapelle. Eine erste Wiener Studienreise zu Mozart im Jahr 1787 mußte Beethoven wegen familiärer Ereignisse vorzeitig abbrechen. 1792 folgte die zweite Reise nach Wien, wo er mit Ausnahme einiger Konzertreisen bis an sein Lebensende blieb. Er nahm nun Unterricht bei Haydn, Schenk, Salieri und Albrechtsberger und gab 1795 im Burgtheater sein Wiener Debüt als Pianist. Im selben Jahr erschien sein op. 1, drei Klaviertrios, im Druck. Im Jahr 1800 stellte sich Beethoven mit den sechs Streichquartetten op. 18 als souveräner Meister jener Musikgattung vor die unter Kennern als die edelste galt, am 2. April erregte er Aufsehen mit seinem ersten eigenen Akademiekonzert, in dem u. a. die 1. Sinfonie zur Uraufführung kam Stationen einer hoffnungsvollen Doppelkarriere als Pianist und Kornponist.
Ein Gehörleiden, das sich schon in diesen Jahren bemerkbar machte und später zu völliger Taubheit führte, verdüsterte das Bild. Beethoven war zunächst gezwungen, seine Laufbahn als Klavierspieler aufzugeben und konnte sich in den letzten zehn Jahren seines Lebens mit der Außenwelt nur noch schriftlich verständigen. Auch wenn sein Ansehen als Komponist trotz einiger weniger Mißerfolge in stetigem Wachstum begriffen war, verbrachte er die letzten Jahre in Bitterkeit. Er starb am 26. März 1827.
Diese Sonate ist Beethovens 32. und letzte Sonate. Er komponierte sie von 1821-22 und widmete sie seinem Schüler - dem Erzherzog Rudolph von Österreich. Diese Sonate galt bis nach Beethovens Tod als unspielbar.
Diese Sonate beginnt mit einem Aufschrei ähnlichen Forte - Akkorden, die in einem seufzenden Pianissimo verhallen. Der erste Satz zeichnet sich vor allem durch seinen lebhaften Wechsel zwischen Forte und Piano aus. Der Zuhörer hat den Eindruck als würde Beethoven hier ein Leben musikalisch wiedergeben - die Härte vom Beginn der Sonate geht in einen heiter beschwingten Teil über um nachher immer wieder und wieder einmal leidend, einmal hart wiederzukehren. Wie im Leben geht es in dieser Sonate 'mal heiter und 'mal traurig zu. Der erste Satz endet mit einem fast verschwindenden c-Moll Akkord in pianissimo. Der zweite Satz "Arietta - Adagio molto semplice e cantabile" beginnt mit einer sehnsüchtig klingenden Melodie, die sich immer mehr steigert, bis sie in einem Freudengesang endet, der dem Pianisten alles abverlangt, was nur möglich ist. Der Pianist hat hier sowohl rasend schnelle Läufe zu bewältigen, wie auch technisch besonders anspruchsvolle Stellen mit mehreren Trillern gleichzeitig. Die ekstatische Freude des zweiten Satzes wird zwischendurch immer wieder durch lange pp - Stellen unterbrochen, die das Stück ungemein Spannend machen. Gegen Ende des Stückes kramt Beethoven alle Effekte die er kennt aus seiner Trickkiste um das Stück noch einmal effektvoll ansteigen zu lassen, bevor es innerhalb weniger Takte verebbt und sich in einem fast unhörbarem Schlußakkord auflöst.
Vom Vater, Leopold Mozart, der als Violinist und Vizekapellmeister am Hof des Salzburger Fürsterzbischofs tätig war, schon als Kleinkind aufs gründlichste im Klavier- und Violinspiel unterwiesen, entwickelte sich Mozart ebenso wie seine um viereinhalb Jahre ältere Schwester rasch zu einem musikalischen Wunderkind. Mehr als die Hälfte seiner Kindheit und Jugend brachte Mozart auf Reisen zu, die ihn mehrfach nach Wien und nach Italien, nach Deutschland, Frankreich, England und in die Niederlande führten. Als Bühnenkomponist trat Mozart, nachdem er bereits einige kleine Sinfonien sowie zahlreiche Klavier- und Kammermusikwerke geschrieben hatte, erstmals im Alter von 11 Jahren in Erscheinung (»Apollo et Hyacinthus«, 1767). Mit »Mitridate, re di Ponto« (1770), dem nach »Bastien und Bastienne« und »La finta semplice« (beide 1768) dritten größeren Bühnenwerk, machte Mozart sich in Italien bekannt. Für Mailand schrieb er in den folgenden Jahren den »Ascanio in Alba« (1771) und »Lucio Silla« (1772). In Salzburg kam 1772 »Il sogno di Scipione« (»Der Traum des Scipio«) heraus, drei Jahre später erlebte in München »La finta giardiniera« (»Die Gärtnerin aus Liebe«, 1775) ihre Uraufführung. Bis zur Premiere des »Idomeneo«, seiner nächsten Oper, vergingen mehr als fünf Jahre, die Mozart teils als Konzertmeister, später als Hoforganist in Salzburg, teils auf Reisen in Deutschland und Frankreich verbrachte. Der Erfolg des 1781 in München uraufgeführten »Idomeneo« bestärkte Mozart in seinem Willen, Salzburg zu entfliehen und ein Auskommen in Wien zu suchen. Vom Kammerherrn des Salzburger Fürsterzbischofs mit einem Fußtritt aus dem Hofdienst entlassen, warf Mozart sich ins Abenteuer einer freien Existenz als Pianist, Klavierlehrer und Komponist. Im Laufe des an künstlerischen Triumphen reichen, aber gegen Ende von finanziellen Sorgen überschatteten Jahrzehnts, das Mozart bis zu seinem Tod, von nur wenigen Reisen unterbrochen, in Wien verbrachte, entstanden sieben weitere Opern, die den Ruhm des Komponisten auf ewig festigten.
Oper (Dramma giocoso) in zwei Akten, Text von Lorenzo da Ponte, Uraufführung: Prag 1787
DON GIOVANNI (Bariton);
KOMTUR (Baß);
DON NA ANNA (Sopran),
seine Tochter;
DON OTTAVIO (Tenor),
deren Bräutigam;
DONNA ELVIRA (Sopran),
eine von Don Giovanni verlassene
Dame aus Burgos;
LEPORELLO (Baß), Don Giovannis Diener;
ZERLINA (Sopran),
Bäuerin;
MASETTO (Baß),
ein Bauer
Sevilla, im 1 7. Jahrhundert.
Don Giovanni, der stolze Frauenheld, hat nächtens im Hause des Komturs bei dessen Tochter, Donna Anna, sein Glück versucht. Halb vermummt tritt er vor die Tür, Donna Anna ruft um Hilfe. Der Komtur eilt herbei und wird im Duell von Don Giovanni niedergestreckt. Mit seinem Diener Leporello macht Don Giovanni sich davon. Der nächste Eroberungsversuch gilt einer verschleierten Dame. Als Don Giovanni erkennt, wer sie ist, Donna Elvira nämlich, die er einst schmählich verlassen hat, macht er sich aus dem Staub. Donna Elvira, von Leporello über die unzähligen Liebschaften seines Herrn ins Bild gesetzt, sinnt auf Vergeltung und verbindet sich mit Donna Anna, die zusammen mit ihrem Verlobten, Don Ottavio, den Tod des Vaters rächen will. Don Giovanni stellt unterdes der Bäuerin Zerlina nach, die im Begriff ist, sich mit Masetto zu verheiraten. Um leichteres Spiel zu haben, lädt er die Hochzeitsgesellschaft auf sein Schloß. Anna, Elvira und Ottavio mischen sich in Masken unter die Gäste. Ottavio zückt den Degen gegen Don Giovanni, ist dessen Fechtkünsten aber nicht gewachsen.
Don Giovanni treibt sein verwegenes Spiel weiter: Leporello und er tauschen die Mäntel, und während der Diener, als Kavalier verkleidet, Donna Elvira mit einem Ständchen - Don Giovanni singt, Leporello macht nur die Gebärden dazu - zu einem Spaziergang überredet, macht der als Diener verkleidete Don Giovanni sich an Elviras Kammerzofe heran. Der betrogene Masetto streift mit einigen Bauern durch den Park, um Don Giovanni zu verprügeln. Als er ihn vor dem Hause Donna Elviras trifft, glaubt er, Leporello vor sich zu haben. Don Giovanni schickt die Bauern auf die Fährte seines verkleideten Dieners. Als sie fort sind, nimmt er sich Masetto vor und verprügelt ihn nach Kräften. Leporello wird gestellt und kann sich vor dem Zorn der Bauern nur dadurch retten, daß er sich als unschuldiger Diener zu erkennen gibt. Herr und Diener treffen sich auf einem Kirchhof wieder. Don Giovanni lästert über den Komtur und lädt in seinem Übermut das Standbild des Verstorbenen zum Nachtmahl ein. Und in der Tat pocht der steinerne Gast am Abend an die Tür. Don Giovanni läßt ein Gedeck auflegen. »13ereue!« verlangt die Stimme des Komturs von ihm, aber Don Giovanni weist jede Schuld von sich, unerschrocken tritt er dem Komtur entgegen und verschwindet unter Blitz und Donner in der Hölle. Die Betrogenen triumphieren.
Es gibt keine anstößigere Oper als Mozarts »Don Giovanni«. Nicht etwa, weil ihr Held gegen jede Sitte und Moral verstößt und die Oper selbst in ihrer Vermischung von Seria- und Buffa-Elementen mit allen gängigen Regeln bricht. Anstößig ist diese Oper, weil sie in keine Schublade passen will, weil alles in ihr stimmt, was eigentlich nicht stimmen darf. Der Held ist ein Schurke, aber ein sympathischer, während seine Gegenspieler, die für das Gute stehen, so selbstgerecht erscheinen, daß ihr Triumph am Ende reichlich schal ausfällt. Aber ob sie im Recht oder im Unrecht sind, in dieser Oper lügen einfach alle. Nur nicht der Komponist. Er schont keine seiner Figuren, sondern deckt gnadenlos die Tiefen und Untiefen ihres Charakters auf, schert sich nicht um Gut und Böse und um keine Gattungskonventionen. Das ist es wohl, was den »Don Giovanni« zur wahren Oper aller Opern macht.
Über mehr als achtzig Jahre erstreckte sich - die kompositorische Karriere von Camille Saint-Saens. Sein erstes Klavierstück komponierte er als Dreijähriger. Bereits 1853 wurde seine erste Sinfonie uraufgeführt. Am Anfang seiner Laufbahn war Saint-Saens in gewissen Kreisen als Avantgardist und Neutöner verschrien; im Alter galt er, zu seinem eigenen Entsetzen, als Fossil aus einer anderen Epoche. Im Grunde war Saint-Saens zeitlebens eine unzeitgemäße Erscheinung. In einer Epoche des übersteigerten Individualismus schrieb er eine transparente, sachliche Musik. Formale Klarheit rangierte bei ihm vor romantischer Selbstentäußerung. Oft hat man ihn daher der Oberflächlichkeit geziehen - ein Vorwurf, den Saint Saens insofern zu bekräftigen schien, als ihm das Komponieren keineswegs der allein selig machende Lebensinhalt war. Neben seiner kompositorischen Arbeit betätigte er sich mit großem Ehrgeiz als Pianist, Pädagoge, Schriftsteller, Astronom und Herausgeber alter Musik (Rameau - Gesamtausgabe). Aufgrund seiner enormen technischen Versiertheit bereitete ihm das Komponieren keine Mühe. »Ich produziere Musik wie ein Apfelbaum seine Apfel«, bekannte er einmal. Bis ins hohe Alter hat sich Saint-Saens seine Offenheit gegenüber neuartigen Genres bewahrt; so komponierte er 1908 die erste Original-Filmmusik der Musikgeschichte.
Camille Saint-Saens pflegte nahezu jede musikalische Gattung, und alle seine Werke zeichnen sich durch handwerkliche Meisterschaft, reizvolle Melodik und klare Strukturen aus. Zwar fehlt es seiner Musik an der Tiefe und Ernsthaftigkeit eines César Franck, und kühne Neuerungen, wie wir sie bei Berlioz finden, enthält sie nirgends, dafür besticht sie aber durch natürlichen lyrischen Ausdruck, einfühlsame Behandlung der instrumentalen Charaktere und durch makelloses Formgefühl.
,Der Karneval der Tiere», 1886 komponiert, wurde zu einem der bekanntesten Werke des Komponisten, obwohl es nur als jeu d'esprit für ein Mardi-Gras-(Fastnachts-)Fest geschrieben wurde und obwohl Saint-Saens jede weitere öffentliche Aufführung zu seinen Lebzeiten verbot. Nur im Falle des Schwans' gab er dem Drängen der Öffentlichkeit nach und nahm dieses Stück als einziges von seinem Verbot aus. Das Werk trägt den Untertitel Große zoologische Phantasie'. Es besteht aus 14 kurzen Vignetten - Charakterporträts, wie man sie auch nennen könnte. Die Partitur verlangt Flöte und Pikkoloflöte, Klarinette, Xylophon, Glasharmonika, Streicher und zwei Klaviere. Mit diesem Ensemble erzielt Saint-Saens eine Vielzahl von Klangfarben, zum Erstaunen ebenso wie zum Vergnügen des Zuhörers. Er bedient sich einiger geschickt gewählter Zitate, wenn er glaubt, daß der Einfallsreichtum anderer Musiker seinem eigenen unerschöpflichen Humor weiteren Reiz verleihen kann.
Ein paar lebendige Einleitungstakte stimmen uns auf den Auftritt des ersten Tieres (Löwe) ein, den die Streicher vorstellen. Die Klaviere setzen einige farbige Akzente, ehe sie selbst die Hauptrolle übernehmen. - In ,Hühner und Hähne' bewirkt die Instrumentierung eine verblüffend genaue Naturdarstellung und in Wildesel' sorgt die glänzende Klaviertechnik für lärmende Ausgelassenheit. - Die polternde Orchestrierung der ,Schildkröten' ist eine satirische, vergnüglich paradoxe Bearbeitung des Can Can aus Orpheus in der Unterwelt'. Kontrabässe sind die überzeugenden Darsteller der heiteren Parodie Der Elefant', deren Pointe durch ein Zitat aus Berlioz' Ballet des Sylphes' betont wird. - Das Stück ,Känguruhs' wird nur von den zwei Klavieren gespielt, welche verschiedene Klangfarben geschickt und überraschend abstufen. Sodann drücken gedämpfte Streicher, Klavierfiguren und die farbigen Holzbläserstimmen die Vorstellung von Wasser und Fischen im Aquarium' aus.
Darauf folgt eine weitere geistreiche Szene, nämlich 'Persönlichkeiten mit langen Ohren', worin unschwer der Eselsschrei auszumachen ist. Klarinetten und Klaviere malen danach eine Waldszene und stellen den ,Kuckuck in den Tiefen der Wälder' dar, bevor Flöte, Streicher und die Klaviere sich zur einfühlsam nachahmenden Unterhaltung in den Vogelhäusern' zusammenfinden. - Die Satire tritt wiederum in Pianisten' auf den Plan, wo absichtliche' Fehler zugelassen sind, und sie setzt sich fort in Fossilien'. Dieser Titel bezieht sich vermutlich auf die hier parodierten Themen - unter anderem auch eines von Saint-Saens selbst. - Das vorletzte Stück, Der Schwan', ist zu Recht so berühmt - eine poetische Melodie, die den Traum eines jeden Cellisten Wirklichkeit werden läßt. Das Werk endet in der ausgelassenen Heiterkeit des Finale', das da und dort auch bereits früher vorgestelltes Material wieder aufgreift.
Der Erfolg eines Einzelwerks kann sich für seinen Komponisten durchaus verhängnisvoll auswirken; nämlich dann, wenn dieses Werk fortan als sein »Markenzeichen« gilt und das Publikum von ihm nichts anderes mehr erwartet, als im Sinne dieses Markenzeichens weiterzuarbeiten. Gelingt ihm dies nicht oder will er es nicht, wird er als klassisches »onehit-wonder« in die Musikgeschichte eingehen. Der englische Komponist Gustav Holst stand der enormen Popularität seiner Orchestersuite »The Planets« von Anfang an mit gemischten Gefühlen gegenüber. Da er sich als Künstler stets weiterentwickelte, diente ihm die impressionistisch-opulente Tonsprache dieser Komposition lediglich als Durchgangsstadium. Seine späteren, harmonisch kühneren und sparsamer konzipierten Werke wurden jedoch von der Öffentlichkeit stets an der Eingängigkeit der »Planeten« gemessen und folgerichtig als »intellektuell« und »modernistisch« abgelehnt. Auf dem Festland kennt man ohnehin nur dies eine Werk, das zwar wenig aufgeführt wird, aber für die Tonträgerindustrie immer wieder ein dankbares Objekt zur Demonstration ihrer jeweils neuesten Aufnahme- und Wiedergabetechniken darstellt. Aber auch in seiner Heimat erfolgte eine systematische Wiederentdeckung von Holsts Werk erst in den letzten 20 Jahren.
»In der Regel studiere ich nur Gegenstände, die mich musikalisch anregen«, bekannte Gustav Holst. Zu Beginn des Jahrhunderts hatte er sich aus diesem Grund der Mühe unterzogen, Sanskrit zu lernen. Seine Vertonungen von Texten aus dem »Rigweda« beruhen auf eigenen Übersetzungen. Während eines Spanienurlaubs im Jahr 1913 gelang es dem Schriftsteller Clifford Bax, Holst für die Astrologie zu interessieren. In der Folge beschäftigte sich Holst intensiv mit diesem Gebiet und erstellte bald selbst Horoskope für seine Freunde. Gleichzeitig keimte in ihm der Plan eines großen »astrologischen« Orchesterwerks, in dem der Charakter eines jeden Planeten musikalisch wiedergegeben werden sollte. Im Sommer 1914 begann er mit der Komposition einer siebensätzigen Orchestersuite mit dem Titel »The Planets«. Da ihm seine pädagogische Tätigkeit an der St. Paul's Girls' School in Hammersmith nur wenig Freiraum ließ, konnte er die Arbeit erst zwei Jahre später abschließen. Die erste private Aufführung der »Planeten« fand im September 1918 unter der Leitung von Adrian Bouit statt. Holst charakterisierte seine »Planeten« als eine »Folge von Stimmungsbildern«, in der er lediglich die charakterlichen Konnotationen der Planeten, nicht aber ihre sämtlichen astrologischen Querverbindungen in Musik setzen wollte. Der von Holst den einzelnen Planeten zugedachte Charakter erschließt sich aus den Überschriften: »Mars, der Kriegsbringer«, »Venus, die Friedensbringerin«, »Merkur, der geflügelte Bote«, »Jupiter, der Bringer der Fröhlichkeit«, »Saturn, der Bringer des Alters«, »Uranus, der Magier« und »Neptun, der Mystiker«. Ein Porträt der Erde unterließ Holst höflichkeitshalber; Pluto war damals noch nicht entdeckt.
Es mag heute überraschen, daß die »Planeten« zu ihrer Entstehungszeit in England als unglaublich modernes, radikales Werk galten. Doch war Holst der erste englische Komponist, der es wagte, Einflüsse der damaligen Avantgarde - Strawinsky und Schönberg - in sein Werk zu übernehmen. So finden sich Elemente der eruptiven Rhythmik von Strawinskys »Sacre du printemps« im »Mars«, und in den changierenden Akkordfolgen des »Saturn« und »Neptun« kann man Schönbergs Klangfarbenspiele der »Fünf Orchesterstücke« wiedererkennen. Im übrigen präsentieren sich die »Planeten« als eine letzte Synthese spätromantisch-impressionistischer Orchesterkunst; der riesige Klangkörper umfaßt auch eine Orgel und seltene Instrumente wie die Baßoboe. Elemente der französischen Impressionisten finden sich allenthalben; im Mittelteil des »Jupiter« bekennt sich Holst zu seinen englischen Wurzeln und erweist Elgar seine Reverenz.
Böte die Musik der »Planeten« lediglich eine Zusammenfassung all dieser Einflüsse, brauchte man dem Werk keinen allzu hohen Stellenwert einzuräumen. Holst bedient sich jedoch auch individueller und völlig neuartiger Mittel, mit denen es ihm gelingt, eine geradezu hypnotische Wirkung zu erzielen. Dazu zählen die konstanten Wiederholungen unregelmäßiger Rhythmen, z. B. der 5/4-Takt im »Mars«. Als einzigartiges Beispiel eines »Über-Impressionismus« hat vor allem »Neptun« zu gelten. Frei schwebende Akkordketten und ostinate Harfen- und Celesta-Glissandi unter Verzicht auf jedwede melodische Kontur vermitteln den Eindruck übersinnlicher Entrücktheit. Am Ende werden die beiden wechselnden Akkorde des textiosen Frauenchors ad infinitum wiederholt, bis sie nicht mehr zu hören sind: die Musik entschwebt im Raum. Ein solches »Fade-out«Finale ist erst im elektronischen Zeitalter wieder aufgegriffen worden. Bei einer derart bildhaften Musik wundert es nicht, daß sie Generationen von Filmmusikkomponisten als lnspirationsquelle diente - sehr zum Leidwesen Holsts, der sich den Mißbrauch seines Werks als Background Klangkulisse erfolglos verbeten hatte.
Louis Vierne wurde am 8. Oktober 1870 in Poitiers (Frankreich) geboren. Er hatte ein Leben, das von dramatischen Ereignissen geprägt war. Vierne wurde blind geboren, jedoch konnte er durch eine 1877 geglückte Augenoperation 38 Jahre lang eingeschränkt sehen. Sein größtes Vorbild war César Franck, dessen Orgelvirtuosität ihn sehr beeindruckte.
Am 21. Mai 1890 wurde Vierne (20-jährig) zum Organisten der Kathedrale Notre - Dame de Paris ernannt. Verzweifelt über den Klerus, der über ihn nicht sehr glücklich war, wirkte er 37 Jahre als Organist der Kathedrale. Ebenfalls 1890 trat Vierne in die Orgelklasse Francks am Pariser Konservatorium ein. Nach Francks Tod folgte Charles - Marie Widor als Orgelprofessor, der Vierne zu seinem Assistenten in der Orgelklasse und zu seinem ständigen Vertreter in der Kirche St. - Sulpice erklärte. Ganz nach Widors Vorstellungen erhält Vierne 1894 im Rahmen, eines Orgelwettbewerbes des Konservatoriums den ersten Preis. Als die Orgelklasse 1896 an Félix - Alexandre Guilmant abgegeben wurde, verblieb Vierne in seiner Aufgabe als Assistent des Orgelprofessors. Nach dem Tod Guilmants, sollte Vierne dessen verbliebene Stellung als Orgelprofessor am Pariser Konservatorium übernehmen, doch wurde ihm ein gewisser Monsieur Gigout vorgezogen, was für Vierne bitter zu ertragen war. Trotz alledem erhielt er eine andere Klasse, und seine Studenten waren Zeit seines Amtes als Orgelprofessor Preisträger von Orgelwettbewerben des Konservatoriums.
Neben seiner Tätigkeit am Konservatorium leitete er auch Meisterkurse an der Schola cantorum von Paris. Nach dem ersten Weltkrieg, durch den er seinen Bruder René Vierne, der auch ein sehr angesehener Organist war, und seinen Sohn verlor, unternahm er große Konzertreisen ins Ausland. 1930 führten ihn diese sogar bis Amerika, wo er seine sechste Orgelsymphonie komponierte. Am 2. Juni 1937, bevor er sein letztes vom Klerus genehmigtes Konzert in der Kathedrale Notre - Dame gab, beauftragte er eine Vertraute, sich in Zukunft seiner Werke anzunehmen. Er sagte zu ihr, daß er wisse, daß er noch am selben Tag sterben werde. Und so geschah es auch: 'Das Konzert begann mit dem 'Triptyque', nach dessen Schluß wir in der Kirche ein E im Pedal und schnelle Schritte hörten. Sie kamen von einem Arzt, der auf der Empore anwesend war und zu Vierne eilte, als dieser tot von der Orgelbank fiel. Wir waren sehr traurig über seinen Tod, weil wir diesen Mann innig geliebt haben, und viele von uns weinten in der Kirche.' Vierne starb an einem schweren Schlaganfall.
Viernes Musik kann in drei Schaffensperioden unterteilt werden. In der ersten Einheit (1895-1905) entstanden die erste Orgelsyrnphonie, die Felix - Alexandre Guilrnant gewidmet ist und die zweite Orgelsymphonie, die der Komponist seinem Schüler Marcel Dupré widmete. Besondere Anerkennung fand die zweite Orgelsymphonie bei Claude Debussy (1862-1918): 'Die Symphonie von Monsieur Vierne ist eine der bemerkenswertesten; die freigiebigste Musikalität verbindet sich mit erfinderischen Einfällen in der besonderen Klangfülle der Orgel'. Die dritte Orgelsymphonie komponierte Vierne in der zweiten Schaffensperiode (1905-1917) zusammen mit den '24 Piéces en style libre'. Die letzten drei Orgelsymphonien und die 'Piéces de fantaisie', die das berühmte Werk 'Carilion de Westminster' enthalten fallen in den dritten Abschnitt (1917-1931). Im Zeitraum zwischen 1899 und 1931 fügte Vierne bei jeder Orgelsymphonie 'Extrastücke' hinzu: zur 1.- Prelude et fugue, zur 2.- Choral, zur 3.- Cantilene, zur 4.Prelude und Menuet, zur 5. - Prelude und zur 6. - Aria.
Vierne stellt diesem Stück die Registrieranweisung 'Fonds et Anches 32', 16', 8', 4'' voran. Registrierungen mit vielen Zungenregistern sind das Kennzeichen der franz. Orgelromantik. Diese Art zu Registrieren wurde vor allem durch die pompöse Bauweise der Orgeln von Meistern wie etwa Cavaillé - Coll unterstützt (siehe Fachbereichsarbeit).
Das 'Final' der ersten Symphonie beginnt, wie es zur Zeit der französischen Orgelromantik üblich war mit der Begleitstimme im Manual. Das Thema dieses Satzes setzt erst im zweiten Satz im Pedal ein.
Typisch für die franz. Orgelromantik ist, daß die durchwegs schnelle Begleitstimme viel schwerer zu spielen ist als die Melodie im Pedal und durch die Registrierung und die akustischen Gegebenheiten der Kathedralen (man stelle sich einmal den Nachhall in Kathedralen wie Notre - Dame de Paris, St. Sulpice oder la Madeleine vor) für die sie gedacht war, dem Zuhörer nur als ein verschwommenes Ganzes vorkommen. Die meisten Menschen sind dadurch nicht in der Lage zu beurteilen, was der Organist wirklich leisten muß bei diesen Werken.
Doch zurück zum 'Final': Die Hauptmelodie im Pedal ist gegenüber den anderen Stücken deutlich vernehmbar, da sie sich sowohl im Rhythmus als auch in der Lage deutlich von den anderen Stimmen unterscheidet. In diesen ersten Momenten des 'Final' wird die Melodie zu einem Ohrwurm, den man nie wieder los wird. Nach der Vorstellung des Themas kommt ein kurzes Zwischenspiel im Manual, das dazu dient den neuerlichen Einsatz des Themas, diesmal im Sopran vorzubereiten. Während das Thema im Sopran erklingt bringt Vierne im Pedal immer wieder Stücke des Themas als Begleitung. Nachdem das Hauptthema im Manual verklungen ist führt eine kurze Überleitung in den leisen 'Cantabile' - Teil. Die Melodie dieses Teils ist eine rhythmische Variation des Hauptthemas. Der Zuhörer hat, vor allem während der Crescendi das Gefühl, daß das Hauptthema gleich mit großartigem Pomp hervorbrechen wird. Statt dessen läßt der Komponist das Hauptthema auf dem leise mit der Begleitung am Récit anfangen. Nur allmählich und zaghaft wächst das Thema wieder zu seinem strahlenden Glanz. Vierne treibt die Spannung auf den Höhepunkt indem er des öfteren ein Crescendo einfügt und es wieder verebben läßt bevor der Höhepunkt erreicht wurde. Nachdem das Thema wieder in vollem Glanz erstrahlt beginnt der Komponist es noch weiter auszubauen bis es sich in eine ekstatische Flut von Tönen auflöst, die scheinbar nicht mehr zu steigern ist. Diese Unmenge an Tönen, die den Zuhörer zu überwältigen droht wird von Vierne gekonnt in einen typisch franz., protzigen Schluß übergeführt. Das Stück endet mit einem 10(!) - stimmigen D-Dur Akkord.
Marcel Dupré wurde am 3. Mai 1886 in Rouen (Frankreich) in eine sehr musikalische Familie hineingeboren. Schon sehr früh begann er mit Studien der Harmonielehre und des Kontrapunktes und mit zwölf Jahren war er bereits Organist der Kirche St.-Vivien (Rouen). Am Pariser Konservatorium studierte er bei Louis Diamer (1843-1919) Klavier, und zunächst bei Guilmant dann bei Widor, und zuletzt bei Vierne Orgel. Von 1906 an war er Vertreter Widors in der Kirche St.-Sulpice.
Als Interpret fiel Dupré vor allem im Jahr 1920 auf, als er im Rahmen von zehn Konzerten das gesamte Bachsche Orgelwerk auswendig vortrug. Wie Widor und Vierne unternahm auch Dupré zahlreiche Konzertreisen. 1921 führten ihn diese nach Amerika, wo er in Philadelphia, im Wanamaker Store, konzertierte. Die Orgel verfügte damals über 232 Register - heute, als die größte Orgel der Welt besitzt sie 451 Register, 30067 Pfeifen und sechs Manuale. Von 1916 bis 1921 war Dupré Organist der Kathedrale Notre-Dame (Paris), da ihn Vierne aus gesundheitlichen Gründen bat ihn zu vertreten.
1926 wurde Dupré zum Nachfolger von Gigout am Pariser Konservatorium ernnant, von 1954 bis 1956 war er Direktor des Konservatoriums. Am 31. Mai 1971 starb Marcel Dupré in seiner Villa in Meudon bei Paris. 'Dupré vermochte es, mit Hilfe anderer Musiker, Frankreich zu einer blühenden Orgelkultur zu machen'. Er schuf mit sämtlichen Unterrichtswerken eine Grundlage für den Orgel- und Improvisationsunterricht. Zu derartigen Unterrichtswerken zählten unter anderem auch Anleitungen zur Improvisation und eine in Frankreich immer noch verwendete Gesamtausgabe von Bachs Orgelwerk mit Fingersätzen und Artikulationsvorschlägen.
Marcel Dupré wird als 'Hauptschöpfer kirchlicher Programm-Musik' bezeichnet, was durch seine Symphonie-Passion begründet nicht unwahr ist. Neben den Orgelwerken, die in der orgelsymphonischen Tradition gehalten sind, komponierte er zahlreiche programmatisch gebundene freie Orgelstücke. Es wäre noch interessant zu erwähnen, daß Duprés Schülerkreis berühmt gewordene Interpreten und Komponisten wie Jehan Alain, Marie-C. Alain, Olivier Messiaen und Marie-Madeleine Durufle´-Chevalier umfaßte.
Man kann sagen, daß die Symphonie Passion zweimal geschaffen wurde. Der Ursprung war eine Improvisation während eines Konzertes auf der großen Orgel des Kaufhauses Wanamaker in Philadelphia in den U.S.A. im Jahr 1921. Lassen wir .Marcel Dupré dieses Ereignis selbst beschreiben:
"Ich werde niemals den Abend des 8. Dezember 1921 vergessen, als ich in der Menge der gegebenen Themen zur Improvisation einige gregorianische Gesänge fand. Blitzartig sah ich vor mir in Gedanken eine Symphonie in vier Sätzen, die später nach meiner Rückkehr nach Frankreich meine Symphonie Passion werden sollte. Dr. Russel kündigte mein Vorhaben an, alle im Saal erhoben sich, und ich spielte in einem Zustand der Begeisterung, wie ich ihn selten kannte."
Die endgültige Fassung wurde 1924 zur Einweihung der Orgel von Westminster in London komponiert. Die Symphonie Passion stellt in einem großartigen Fresko die unausweichliche Entwicklung der Mission Christi auf Erden dar. Im 1.Satz - "Le monde dans l'attente du sauveur - Die Welt erwartet den Heiland" rahmen finstere und adgehackte Akkorde, die die Angst der Menschen bedeuten sollen, das leuchtende - als Kanon verarbeitete - Thema "Jesu redemptor omnium" ein. Im Crescendo endet das gregorianische Motiv in einer Hymne der Hoffnung auf das Kommen des Messias. Der 2. Satz "Nativité - Die Geburt" beschreibt in drei Teilen die Weihnachsnacht. Nach einer kurzen Einführung, in der sich schon das tragische Geschick Christi abzeichnet, wird das Mysterium der Krippe dargestellt. Ein rhytmisches Motiv untermalt die Ankunft der heiligen drei Könige. Der dritte abschließende Teil symbolisiert die Anbetung des Kindes in der Krippe, und zum Ausklang erhebt sich der Gesang "Adeste fideles". Auch der 3. Satz "Crucifixion - Die Kreuzigung" ist dreiteilig. Der erste Teil stellt durch sein absteigendes Motiv den Kreuzweg dar. Dieses Motiv entwickelt sich im Crescendo bis zur Kreuzigung, die von einigen kurzen Akkorden angedeutet wird. Der Satz endet in leisen Tönen, die von der Klage der Mutter Gottes am Fuße des Kreuzes unterbrochen werden. (Sequenz "Stabat mater dolorosa"). Der 4. Satz "Résurrection - Die Auferstehung" entwickelt sich aus der Hymne "Adoro te devote". Nach der Trauer findet man die Hoffnung wieder in einem großartigen Crescendo österlicher Freude. Es beginnt mit bewegten Arabesken, die das gregorianische Thema tragen. Ein atemloser Rhytmus steigert sich mehr und mehr bis zu einer großartigen Toccata. Nach einer Reihe von mächtigen Akkorden endet das Werk in der leuchtenden Tonart D-Dur als Symbol der Herrschaft des auferstandenen Heilands.
Abb.: Schluß der Symphonie - Passion
Abb.: Thema des Weihnachtsliedes
Die Melodie, die diesem Werk zugrunde liegt, ist ebenso einfach und volkstümlich wie die Vorlage der klassischen französischen Noël - Vertoner (z.B.: Daquin). Dupré schließt bewußt an die Tradition an. Die Variationstechnik ist abwechslungsreich und schafft wirkungsvolle Kontraste:
I. Thema im Tenor und Sopran
II. figuarative Veränderung
III. Kanon der Oktave
IV.Cantus firmus im Pedal, staccato-Kaskaden
V. Veränderung des Themas im Pedal
VI.Kanon der Quart und Quint
VII.figuriert durch Vorschläge
VIII.Kanon der Sekunde
IX.freie Variation mit Gegensatz legato - staccato
X. Fugato mit Cantus firmus im Pedal, Sopran und wieder im Pedal und kehraus artigem Presto, Cantus firmus im Pedal zu Akkordwechseln zwischen beiden Händen.
Diese Variationen sind sicher das beste freie Orgelwerk Duprés.
Biographie siehe Spezialgebiet
Vom 29. August bis 12.Oktober 1942 schrieb Hindemith in Amerika den "Ludus Tonalis" als ein modernes Pendant zu Bachs "Wohltemperierten Klavier" und als musikalisch - praktische Dokumentation seiner theoretischen Erkenntnis von einer Ordnung der Töne, die er zwei Jahre vorher in seiner "Unterweisung im Tonsatz" dargetan hatte. Der Untertitel "Kontrapunktische, tonale und klaviertechnische Übungen" ist sicherlich als ein Anklang an die Ausdrucksweise Bachs gemeint und will wie bei diesem - man denke an die vier Teile der "Klavierübung" mit den Partiten, den Goldberg - Variationen usw. - durchaus nicht im Sinn von Fingerübungen, sondern im Sinn von Musik-"Ausübung" verstanden sein. Es handelt sich um zwölf durchweg dreistimmige Fugen in den Tonalitäten der zwölf Töne der chromatisch aufsteigenden Skala, jedoch nicht, wie er ursprünglich geplant hatte, wie bei Bachs "Wohltemperiertem Klavier", in der Reihenfolge der chromatisch Aufsteigenden Skala, sondern in der Anordnung der "Reihe 1", die Hindemith in seiner "Unterweisung" Entwickelt hat, die den Grad der Verwandtschaft der einzelnen Töne zu einem gegebenen Ausgangston, als der C angenommen wird, bezeichnet.
Zwischen die Fugen stellt Hindemith Interludien, die entweder in der Tonalität der vorangegangenen oder der nachfolgenden Fuge stehen, oder zwischen beiden modulierend vermitteln. Während die Interludien vor allem spielfreudige "Charakterstücke" sind - es gibt unter ihnen eine Pastorale, einen Marsch, einen Walzer - , so demonstrieren die Fugen die verschiedensten Möglichkeiten kunstvoller polyphoner Satzweise: So ist etwa die 1. Fuge (in C) eine Tripelfuge, d.h. eine Fuge mit drei Themen, die zuerst einzeln exponiert werden, dann aber viermal gleichzeitig erklingen. Nr. 3 (in F) läuft von der Mitte, als von einer vertikalen Spiegelebene an, Ton für Ton krebsgängig zum Beginn zurück. Nr.4, eine Doppelfuge, exponiert ihr zweites Thema in einem zarten, in Charakter und Tempo abgesetzten Mittelteil, um im dritten Teil beide Themen zu kombinieren. Nr. 5 (in E, eine Art Gigue) und Nr.6(in Es, Tranquillo) kombinieren Grundgestalt des Themas mit seiner Umkehrung, Nr.9 (in B) demonstriert in unbefangenem Scherzando - Gewand fast alle Möglichkeiten der Verwandlung eines Fugenthemas: Umkehrung, Krebs, Krebsumkehrung und Vergrößerung. Nr. 10 (in Des) bringt von der Mitte des Stückes an die genaue Umkehrung des ersten Teils ("horizontale Spiegelung"), Nr. 11, eigentlich eine zweistimmige Fuge mit einer Art Continuo - Baßstimme, genügt auch den Gesetzen eines Kanons, Nr. 12 endlich ist eine - zweiteilige - Engführungsfuge, d.h. der zweite Themeneinsatz erfolgt schon, bevor noch die erste Stimme das Thema zu Ende geführt hat; jeweils am Ende ihrer beiden Teile nimmt eine Art Refrain von fast volksliedhafter, schlichter Innigkeit gleichsam Abschied vom ganzen Werk. Eingeleitet und beschlossen wird der Zyklus von einem Präludium und einem Postludium, die zueinander im Verhältnis der optischen Umkehrung ihres Notenbildes stehen, d.h. die erste Seite des Notenbandes ist mit der auf den Kopf gestellten letzten Seite identisch.
Wie Hindemith solche Problemstellungen löst, so daß durchblutete Musik entsteht, der man gar nichts trocken konstruiertes anhört, erweist nicht nur seine unglaubliche musikalische Vorstellungskraft und Kombinationsgabe, sondern auch seine Fabulierfreude. Hohe Geistigkeit und Freude am Spielerischen schließen einander bei ihm nicht aus. Ein Dokument seiner sich auch im Zeichnerischen erweisenden Fabulierfreude ist übrigens auch das Exemplar des "Ludus Tonalis", das Hindemith seiner Frau, die im Sternbild des Löwen geboren war, zum Geburtstag schenkte: Er hatte es mit Buntstiften "illustriert", wobei u. a. für jeden Themeneinsatz der Fugen ein Löwe gezeichnet ist und für jede der 12 Fugen ein andere Typ des Löwen, immer zum Charakter des Stückes passend erfunden ist: eine einzigartige, launige, leider erst in wenigen Einzelbeispielen publizierte, überaus instruktive "Formenanalyse".
Über den Komponisten ist nicht sehr viel bekannt, da es sich bei Samplern eingebürgert hat so wenig möglich von seiner Identität preis zu geben und nur unter einem Decknamen bekannt zu sein. Das einzige was über Purple Motion bekannt ist, ist daß er aus Finnland kommt und einer Gruppe von Programmierern angehört, die sich Future Crew nennt und sich auf Graphikdemos spezialisiert hat.
Purple Motion wurde bei der Assembly '93 - das ist eine sogenannte "Computer - Party", bei der Teilnehmer aus verschiedenen Ländern zeigen, was sie in den letzten Monaten programmiert haben - zum besten Musiker der PC-Szene gewählt.
Dieses Graphikdemo ist die Fortsetzung des Demos "Unreal". Der Soundtrack zu beiden Demos stammte von Purple Motion. Musik zu Computerdemos beruht fast ausschließlich auf dem Prinzip der Sampler. Das heißt, daß von einem Instrument eine kurze Sequenz aufgenommen wird und dann angepaßt wird (Lautstärke, Feinabstimmung der Tonhöhe, etc.). Der Komponist hat nun ein sogenanntes Sample zur Verfügung, von dem er nur mehr angeben muß in welcher Tonhöhe es abgespielt wird und welche Effekte (z.B.: Portamento, Vibrato, Sample Offset, Lautstärke,) dabei verwendet werden sollen. Auf diese Weise können aus relativ einfachen Samples sehr kompliziert wirkende Strukturen entstehen. Purple Motion ist ein Meister seines Faches und macht aus ganz einfachen Samplen hochwertige Musik. Im Gegensatz zu den meisten anderen Samplern vereinigt er programm - technisches Wissen mit Kreativität. Bei anderen, nicht so hochwertigen Samplern ist das Ergebnis meist nur eines der vielen stumpfsinnigen Technostücke, die derzeit den Markt überschwemmen.
Genauere technische Erläuterungen zu dieser Art von Musik werden hier nicht wiedergegeben, da diese in meinem Informatik - Spezialgebiet näher behandelt werden.
Begriff aus der Harmonielehre; Ton und Dreiklang auf der vierten Stufe der Grundtonart; in C - Dur z. B: F - Dur mit den Tönen F-A-C; die Quinte des Subdominant - Dreiklangs wird gern durch die Sexte ersetzt oder die Sexte wird zusätzlich benutzt ("sixte ajoutée"), wodurch der Akkord einen gemeinsamen Ton mit dem der Dominante besitzt; handelt es sich um eine Moll - Subdominante mit Mollsexte spricht man vom Neapolitanischen Sextakkord.
Haupt | Fügen Sie Referat | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen