Schaltgeräte
und
Rundsteueranlagen
1. Schaltgeräte
1.1 Allgemeines
Schaltgeräte haben die Aufgabe, Strompfade in elektrischen Anlagen zu verbinden, zu unterbrechen oder zu trennen. Dabei können die stationären Zustände 'Eingeschaltet' und 'Ausgeschaltet' sowie die Übergangsvorgänge 'Einschalten' sowie 'Ausschalten' unterschieden werden.
1.1.1 Ausgeschalteter Zustand
Im ausgeschalteten Zustand müssen die Schaltgeräte die unterbrochenen Punkte so gegeneinander isolieren, daa die Unterbrechungsstrecken der Betriebsspannung sowie inneren Überspannungen standhalten.
1.1.2 Eingeschaltener Zustand
Im eingeschalteten Zustand fließen über die Kontakt- oder Schaltglieder Gleich- b.z.w. Wechselströme, die bei Normalbetrieb die Größe des Nennbetriebsstromes des Gerätes nicht übersteigen dürfen. Die Kontakte müssen aber in der Lage sein kurzzeitig auch hohe Kurzschlußströme zu führen, ohne daa die Kontaktstücke verschweißen (insbesondere bei Schutzschaltern).
Entscheidend für die Bemessung für den eingeschaltenen Zustand (d.h. bezüglich der Strombelastung) ist die maximal zulässige Temperatur im Schaltgerät, die im wesentlichen durch die Temperaturfestigkeit des verwendeten Isoliermaterials vorgegeben wird. Die Erwärmung entsteht hauptsächlich durch Verluste in den Leitern der Geräte (Schaltglieder, Kontaktstellen, Anschlußstellen eventuell Wicklungen (bei elektrisch betätigten Schaltgeräten)). Bei Wechselstromgeräten können außerdem Wirbelströme in allen Metallteilen, Hystereseverluste in magnetischen Metallteilen und möglicherweise (bei hohen Wechselspannungen) auch dielektrische Verluste der unter Spannung stehenden Isolierteile zu einer nicht zu vernachlässigenden Erwärmung führen.
Die Wärmeabfuhr aus dem Gerät erfolgt durch Wärmestrahlung, Konvektion und Wärmeleitung; sie wird vor allem durch den Montageort des Schaltgerätes und die Querschnitte der Anschlußleitung beeinflußt.
1.1.2.1 Kontaktwiderstand
Speziell in der Elektronik wird großer Wert auf einen geringen Kontaktwiderstand b.z.w. Spannungsabfall an der Kontaktstelle gelegt, weshalb hier die Kontakte meist vergoldet ausgeführt sind, da Gold nicht oxidieren kann, und auch kaum andere Verbindungen eingeht.
Außerdem wird hier zur Erhöhung der Zuverläßigkeit meist eine Parallelschaltung von 2 Kontakten verwendet, wogegen in der Starkstromtechnik aufgrund der besseren Spannungsfestigkeit eine Serienschaltung von mehreren Kontakten verwendet wird..
1.1.2.1.1 Vergoldungsarten
Hier unterscheidet man zwischen Hauchvergoldung, die in erster Linie einen Schutz während des Transportes und der Lagerung darstellt, im Betrieb aber innerhalb kürzester Zeit durchgerieben ist, weil sie nur ca. 1um dick ist, und der Hartvergoldung, die für den Betrieb gedacht ist und eine Dicke von 3-10um hat.
1.1.3. Einschalten
Beim Einschalten der Schaltgeräte werden ihre Schaltstücke entweder über Antriebsglieder (mechanisch, elektrisch, pneumatisch) oder per Hand geschlossen. Die Betätigung kann entweder am Schaltgerät selbst oder aus beliebiger Entfernung mittels Fernbetätigung (z.B. mit Rundsteueranlagen) erfolgen.
Bild 1.1 Einschaltvorgang mit Zeitbegriffen
Wie aus Bild 1.1 ersichtlich ist, schließt ein Schalter nicht sofort, sondern er benötigt zur Zurücklegung des Schaltweges eine endliche Zeit. Nach der ersten galvanischen Berührung bleiben die Kontakte noch nicht geschlossen, sondern prellen noch einige Zeit.
Maßgebend für das Einschaltvermögen eines Schalters ist der zeitliche Verlauf des Stromes während der Prelldauer der Kontaktglieder. Als Folge zu hoher Augenblickswerte der Einschaltströme während dieses Zeitintervalles können die Kontaktstücke verschweißen. Bei Hochspannungsschaltern mit flüssigen Lichtbogenlöschmitteln treten durch stromstarke Vordurchschläge (sogenannte Einschaltlichtbögen) zusätzliche Schwierigkeiten durch die damit verbundenen Druckwellen auf. Das Einschaltvermögen wird gekennzeichnet durch den Wert des Stromes, den ein Schalter unter festgelegten Bedingungen einschalten kann. Bei Niederspannungsschaltern (VDE 0660) wird bei Wechselstrom der Effektivwert angegeben. Bei Hochspannungsschaltern (VDE 0670) ist der größte Augenblickswert des Stromes kennzeichnend; bei Mehrphasensystemen ist dies der größte Strom aller Phasen. Angegeben wird jeweils die Größe des sogenannten unbeeinflußten Stromes, der dann fließen würde, wenn der Schalter durch eine widerstandslose Verbindung ersetzt wäre.
1.1.3.1 Einschaltprobleme
1.1.3.1.1 Einschalten ohmsch-induktiver Kreise
Das Einschalten ohmsch-induktiver Kreise bereitet im allgemeinen keine Probleme, da der Strom langsam auf seinen stationären Wert ansteigt.
Bild 1.2 Einschaltvorgänge bei ohmsch-induktiven Kreisen
In Bild 1.2 a ist der Einschaltvorgang eines ohmsch-induktiven Kreises bei Gleichstrom dargestellt; Hier steigt der Strom in Form einer e-Potenz auf seinen Spitzenwert an.
In Bild 1.2 b ist der Einschaltvorgang eines ohmsch-induktiven Kreises bei Wechselstrom dargestellt; hier nähert sich der fließende Strom dem stationären Wert, wobei aber nie ein Strom größer als der stationäre auftritt. Der höchste Stromanstieg ergibt sich hier bei Einschaltzeitpunkten in der Nähe des Polaritätswechsels des stationären Stromes i'.
1.1.3.1.2 Einschalten kapazitiver Kreise
Das Einschalten kapazitiver Kreise stellt wesentlich höhere Anforderungen an den Schalter. In Bild 1.3 sind die Strom- und Spannungsverläufe bei drei unterschiedlichen kapazitiven Wechselstromkreisen unter der Annahme dargestellt, daa die Kondensatoren sich vor dem Einschalten in ungeladenem Zustand befinden.
Bei rein kapazitiven Stromkreisen (Bild 1.3 a) können sprunghafte Stromänderungen auftreten, deren Größe außer von der treibenden Spannung aus und der Größe der Kapazität stark vom Schaltzeitpunkt in Bezug auf die Phasenlage der Spannung abhängt. Für den Einschaltzeitpunkt tE1 beim Spannungsaugenblickwert Null springt der Strom nur auf den Stromaugenblickswert i'. Zu jedem anderen Zeitpunkt (z.B. tE2) wird diesem Stromsprung auf den stationären Strom ein unendlich großer Stromimpuls überlagert.
Durch ohmsche Widerstände wird dieser Stromimpuls wie in Bild 1.3 b sichtbar begrenzt. Der übergang in den stationären Zustand erfolgt in Form einer Exponentialfunktion.
Die sehr steilen Stromverläufe der Bilder 1.3 a und b stellen an das Kontaktsystem des Schaltgerätes sehr hohe Anforderungen. Sie werden jedoch etwas gemildert durch die Tatsache, daa jeder Stromkreis Induktivitäten enthält, die eine sprunghafte Stromänderung nicht zulassen. Da die im Stromkreis befindlichen Induktivitäten (Energiequelle, Leitungen, Transformatoren etc. ) mit der Kapazität einen Schwingkreis bilden, steigt der Strom nach dem Einschalten wie in Bild 1.3 c dargestellt in Form einer gedämpften Schwingung auf den stationären Strom an.Der Stromanstieg hängt hierbei außer vom Momentanwert der Spannung im Einschaltzeitpunkt von der Resonanzfrequenz und der Dämpfung des Schwingkreises ab.
Bild 1.3 Einschaltvorgänge bei kapazitiven Kreisen
1.1.4 Ausschalten
Beim Ausschalten wird der Stromkreis durch Trennen der Schaltstücke unterbrochen. Dabei zündet mit dem Öffnen des Kontaktes ein Lichtbogen, der den Stromflua noch eine gewisse Zeit aufrechterhält.
Für den Ausschaltvorgang wird nach eine Zeit benötigt, die sich aus der Auslösezeit, der Eigenzeit und der Lichtbogendauer zusammensetzt. Sicherungen unterbrechen den Strompfad durch Aufschmelzen der Sicherungsleiter und anschließendes Löschen des entstehenden Lichtbogens. Ihre Ausschaltzeit setzt sich aus der Schmelzzeit (vom Beginn des Überstromes oder Kurzschlußstromes bis zum Beginn des Lichtbogens) und der Löschzeit (bis zum endgültigen Erlöschen des Lichtbogens) zusammen.
Maßgebend für das Ausschaltvermögen eines Schaltgerätes ist die Nennausschaltleistung. Sie ergibt sich aus dem arithmetischen Mittelwert der Ströme durch die einzelnen Kontakte zum Zeitpunkt der ersten Kontakttrennung mal der Spannung auf der Seite der Einspeisung nach Beendigung der Einschwingvorgänge mal der Verkettungszahl (1 bei Wechselstrom, 3 bei Drehstrom).
PA = IA * U * V
PA Nennausschaltleistung
IA arithmetischer Mittelwert der zum Zeitpunkt des Ausschalten durch die Kontakte fließenden Ströme
U . Spannung auf der Einspeiseseite nach Beendigung der Einschwingvorgänge
V . Verkettungszahl ( 3 bei Drehstrom)
Beim Ausschalten von Gleichstrom spielt neben den Größen der Gleichspannung und des Ausschaltstromes die Zeitkonstante T = L / R des Schaltkreises eine wesentliche Rolle, da die in den Induktivitäten beim Stromdurchgang gespeicherte Energie in den Löschkammern der Gleichstromschalter vernichtet werden muß.
1.1.4.1 Ausschaltprobleme
Beim Ausschalten stromdurchflossener Leitungen fließt der Strom zunächst über den sich zwischen den Schaltstücken bildenden stationären Lichtbogen weiter. Die Löschung dieser Schaltlichtbögen erfolgt in den Lichtbogenlöscheinrichtungen (Lichtbogenkammern) der Schalter. Man unterscheidet hierbei das Wechselstromlöschprinzip und das Gleichstromlöschprinzip.
1.1.4.1.1 Wechselstromlöschprinzip
Wechselströme werden nach jeder Halbwelle periodisch Null und wechseln die Polarität. Beim Stromflua über einen Schaltlichtbogen folgt die Plasmatemperatur in der Bogensäule zeitlich mit einer nacheilenden Phasenverschiebung den Augenblickswerten des Stromes. Ohne besondere Löschmaßnahmen bleibt bei sehr großen Wechselströmen die Leitfähigkeit des Plasmas auch im zeitlichen Bereich des Stromnullwerdens noch so groß, daa der Strom nach seinem Richtungswechsel stetig wieder anzusteigen beginnt. Bei kleineren Strömen beginnt der Stromflua häufig erst nach einer kurzen stromschwachen Pause, nach der die Spannung an den Kontaktstücken wieder auf einen ausreichenden Wert gestiegen ist, um durch einen 'Nachstrom' das Plasma wieder auf die erforderliche Leitfähigkeit aufzuheizen.
Bei Wechselstromgeräten genügt es demnach, beispielsweise durch intensive, kurz vor dem Stromnulldurchgang einsetzende Kühlung eine so starke Abnahme der Leitfähigkeit des Plasmas zu erwirken, daa der Strom nach seinem Polaritätswechsel nicht weiterfließen kann. Bei Spannungen bis zu ca. 220 V pro Schaltstrecke und Strömen bis zu einigen hundert Ampere können auch physikalische Vorgänge im Kathodenfallgebiet dazu ausgenützt werden, um ein Wiederzünden zu vermeiden.
Bild 1.5 Spannungsverlauf nach dem Abschalten
Bei induktiver Belastung (Bild 1.5 a) springt die Schalterspannung uSch auf den Scheitelwert der Wiederkehrspannung, weshalb eine Löschung des Lichtbogens nicht möglich wäre, wenn die Spannung tatsächlich springen könnte, weil dann das Plasma gar keine Zeit hätte, seine Leitfähigkeit voll zu verlieren. Die in Stromkreisen jedoch stets vorhandenen Kapazitäten bewirken ein Einschwingen auf die Wiederkehrspannung. Die Schaltstrecke mua sich schneller elektrisch verfestigen, als die Einschwingspannung ansteigt, damit keine Wiederzündungen auftreten.
Bei ohmscher Belastung (Bild 1.5 b) steigt die am Schalter wiederkehrende Spannung von Null aus sinusförmig an. Die Schaltstrecke hat hierbei genügend Zeit sich elektrisch zu verfestigen.
Bei kapazitiver Belastung (Bild 1.5 c) ist die Anfangssteilheit der von Null aus anwachsenden Spannung sehr klein, jedoch steigt sie auf den doppelten Scheitelwert von uS an.
Um die Erosion von Kontakt- und Isolierstoffen der Löscheinrichtungen auf ein Minimum zu begrenzen, wird bei modernen Schaltgeräten eine Lichtbogendauer von etwa einer Halbwelle anstrebt. Zur Erfüllung dieser Forderung mua das bewegliche Schaltglied so rasch beschleunigt werden, daa die Kontaktstücke beim Nullwerden des Lichtbogenstromes bereits den Abstand haben, der notwendig ist, um die wiederkehrende Spannung zu halten.
Bild 1.6 a zeigt den Kontaktabstand in Abhängigkeit von der Zeit t. Bei Trennung der Kontaktstücke zum Zeitpunkt t0 wird beim Stromverlauf nach Bild 1.6 b nach dem ersten Stromdurchgang zum Zeitpunkt t2 eine Kontaktentfernung 2 erreicht, die die auf den Augenblickswert der wiederkehrenden Spannung ansteigende Einschwingspannung sperren möge. Beim Stromverlauf nach Bild 1.6 c reicht die Kontaktdistanz 1 beim ersten Stromnulldurchgang zum Zeitpunkt t1 dazu nicht aus, so daa der Lichtbogen wiederzündet und bis zu seinem zweiten Polaritätswechsel zum Zeitpunkt t3 erhalten bleibt.
Aus diesem Grund mua daher bei wachsenden Netzspannungen die Trenngeschwindigkeit zunehmen. Während man bei Mittelspannungsschaltern (Mittelspannung = 10 bis 30 kV) Trenngeschwindigkeiten von 1 bis 2 m/s verwendet, sind bei Hochspannungsschaltern (110 kV und mehr) Trenngeschwindigkeiten über 10 m/s üblich.
Bild 1.6 Einflua des Trennungszeitpunktes auf die
Lichtbogenbrenndauer
Lichtbogenlöschung ohne Löschkammer:
Hierbei werden physikalische Vorgänge im Bereich des Lichtbogenplasmas ausgenützt, die stark vom verwendeten Material abhängen.
Bild 1.7. Wieder- und Sofortverfestigungsspannungen für
verschiedene Werkstoffe
Bild 1.7 a zeigt experimentell ermittelte Werte der Wiederverfestigungsspannung uF in Abhängigkeit von der Frequenz fE der Einschwingspannung.
Bild 1.7 b zeigt die Sofortverfestigungsspannungen in Abhängigkeit des Lichtbogenstromes. Hierbei ist der Große Einflua des Stromes erkennbar. Die Sofortverfestigungsspannung ist bei reinen Metallen um so größer, je niedriger die Siedetemperatur, je höher die Austritts und Ionisierungsspannung und je besser die Wärmeleiteigenschaften des Kontaktwerkstoffes sind.
Aus den Kurven von 1.7 b ist außerdem ersichtlich, daa die Mittelwerte der Sofortverfestigungsspannung bei Strömen unter 100A bei allen untersuchtenKontaktwerkstoffen, außer Wolfram, über 300 V liegen. Bei Betriebsspannungen von 220V beträgt der Scheitelwert der Einschwingspannung bei einphasiger Abschaltung und einem Überschwingfaktor von 1.3 sowie einem Leistungsfaktor von 0.4 ca. 400 V. Man führt daher Schalter, die nach diesem Prinzip löschen in der Regel mit Doppelunterbrechung (Bild 1.8 a) aus.
Bild 1.8 Mehrfachunterbrechende Kontaktanordnungen
Allerdings ist die Wiederverfestigungsspannung mit Doppelunterbrechung kleiner als die zweifache Wiederverfestigungsspannung mit Einfachunterbrechung (meist 1.2 bis 1.6 statt 2). Das läßt sich dadurch erklären, daa die Aufteilung der Einschwingspannung auf die beiden Teilstrecken nicht im gleichen Verhältnis erfolgt wie deren infolge von Streuungen zufällige Wiederverfestigungsspannungen.
Dieses Löschprinzip kann auch bei größeren Stromstärken angewendet werden, wobei dann teilweise mit Vierfachtrennung ( Bild 1.8 b) gearbeitet wird.
Für noch größere Stromstärken, bei denen dieses Prinzip nicht mehr angewendet werden kann, werden Isolierstoffkammern (für Wechselstromschalter von einigen kA bis ca. 25kA und Schalter für Gleich- und Wechselstrom) bzw. Löschblechkammern für größere Schaltleistungen angewendet, die hier nicht näher erläutert werden, da sie bei der Gleichstromlöschung noch vorkommen.
1.1.4.1.2 Gleichstromlöschprinzip
Hierbei werden spezielle Gleichstromschalter benötigt, deren Löschkammern während des Ausschaltvorgangs eine hohe Lichtbogenspannung erzeugen. Die Höhe der Lichtbogenspannung soll möglichst während der gesamten Lichtbogendauer über dem Wert der abzschaltenden Gleichspannung liegen, jedoch nicht so hoch werden, daa die Isolation der Anlage gefährdet wird. In Bild 1.9 a ist die Ausschaltung eines Gleichstromkreises bei Betriebsstrom id, in Bild 1.9 b eines Kurzschlußstromes ik mit einem Gleichstrom-Schnellschalter dargestellt.
Bild 1.9 Ausschalten eines ohmsch-induktiven Kreises
im ungestörten und im gestörten Fall
Schnellschalter besitzen einen Ausschaltverzug, der nach Möglichkeit 1 ms nicht wesentlich überschreiten sollte, und einen möglichst raschen Anstieg der Lichtbogenspannung uB über den Wert der Betriebsspannung ud. Die Spannungsüberhöhung uB > ud wird durch eine starke Aufweitung des Lichtbogens und intensive Lichtbogenkühlung bewirkt. Durch die Stromänderung an den vorhandenen (Schalt-) Induktivitäten wird an diesen eine Spannung induziert, die den Stromflua aufrechterhalten will.
Der in Bild 1.9 dargestellte etwa rechteckförmige Verlauf der Lichtbogenspannung uB wird bei allen Gleichstromschaltern angestrebt. Den sich dabei während des Ausschaltvorganges ergebenden Verlauf des Gleichstromes zeigt Bild 1.10 a. Er läßt sich aus der Beziehung
id = ud/R - uB/R * (1 - exp (-(t-t1)/T))
mit der Zeitkonstanten des Gleichstromkreises T=L/R leicht berechnen.
Bild 1.10 Gleichstromausschaltung bei unterschiedlichem
Verlauf der Lichtbogenspannung
Bild 1.10 b zeigt den Ausschaltvorgang bei etwa geradlinigem Anstieg der Lichtbogenspannung.
Einrichtungen zur Gleichstromlöschung
Hierbei werden Verfahren mit Löschkammern verwendet, die darauf beruhen, daa dem Lichtbogen mehr Energie (=Wärme)
entzogen wird, als ihm durch den Nachstrom zugeführt wird.
Es gibt hierbei zwei prinzipielle Möglichkeiten:
a) Isolierstoffspaltkammer
Hierbei geschieht die Energieabfuhr durch Strahlung, Konvektion und in überwiegender Form durch Wärmeleitung, wobei Verdampfungs- und Zersetzungsprozesse an der Oberfläche des Isolierstoffes eine wichtige Rolle spielen (Verdampfungsenergie mua zugeführt werden). Hierbei ist es wichtig, daa der Lichtbogen mit möglichst großen Flächen des Isolierstoffes innig in Berüphrung gebracht wird. Verstärkend wirken hier Isolierstoffstege, um die sich der Lichtbogen bei der Aufweitung winden kann. in Bild 1.11 sind zwei Isolierstoffstegkammern für Schalter kleinerer Ausschaltleistung dargestellt.
Bild 1.11 Isolierstoffkammern für Schalter mit
kleinerer Ausschaltleistung
Wesentlich wirksamer ist die Kühlung in engen Isolierstoffspalten, jedoch ist hier eine relativ hohe Blaskraft (magnetisches Feld beeinflußt Plasma; das magnetische Feld entsteht durch den Strom in den Kontaktzuleitungen, eventuell noch verstärkt durch Blasmagnete) erforderlich, um den Leiter in solch enge Spalten zu treiben.
Ein Problem bei den Isolierstoffkammern ist, daa die besten Löschwerte mit Materialien erreicht werden, die bei Berührung mit dem Lichtbogen vergasen oder verdampfen, wodurch solche Isolierstoffkammern einen hohen Materialverschleis aufweisen. Im Niederspannungsbereich finden deshalb Isolierstoffkammern aus stark gasenden Materialien kaum Verwendung, hier werden bei Schaltern kleiner Ausschaltleistumg Löschkammern aus hochwertigeren keramischen Materialien mit großer Hitzebeständigkeit und Temperaturwechselfestigkeit verwendet. Bei geringen Stückzahlen kommen anstelle formbarer keramischer Massen Kammern aus Plattenmaterial wie Asbestzement, Asbestglimmer und dergleichen zum Einsatz.
b) Löschblechkammern
Bei Löschbelchkammern kommen anstelle der Isolierstoffstege Löschblechpakete zum Einsatz. Diese bestehen aus 1 bis 4 mm starken Metallblechen, in der Regel aus Eisen, gelegentlich auch aus Messing oder Kupfer, die gegeneinander isoliert in einem Abstand von 1 bis 10 mm parallel oder fächerförmig angeordnet sind. Bei kleineren und mittleren Ausschaltströmen werden die Bleche von Isolierstoffplatten (Bild 1.12 a) oder gebogenen Isolierstoff-Folien (Bild 1.12 b) auf Distanz gehalten. Das so gebildete Paket wird in den dafür vorgesehenen Löschkammerraum der Schalterumhüllung eingefügt. Bei Schaltern für hohe Ausschaltströme werden die Löschbleche von druckfesten Isolierstoffgehäusen aufgenommen (Bild 1.12 c)
Bild 1.12 Löschblechkammern von Niederspannungsschaltern
Je nach Dicke der Löschbleche und ihrem gegenseitigen Abstand können die Löschkammern eingeteilt werden in reine Kühlkammern (in der Wirkungsweise ähnlich den Isolierstoffkammern) und in Deion-Kammern.
Das Blechpaket der reinen Kühlkammern besteht aus relativ dicken Blechen, die in engem gegenseitigem Abstand angeordnet werden. Während des Ausschaltvorganges wird der sich zwischen den öffnenden Kontaktstücken bildende Lichtbogen teils durch das magnetische Feld der Schaltglieder, teils aber auch durch die Saugwirkung des Löschblechpaketes zu den Löschblechen hin geblasen. durch die großflächige Berührung der Bogensäule mit den Stirnkanten der metallischen Kühlbleche und teilweises Eintauchen in die Blechzwischenräume erfolgt ein Wärmeentzug. Die heißen Abgase verlassen die Löschkammer durch die Spalte zwischen den Blechen, und werden dabei ebenfalls abgekühlt. Von den Kontraktionsgebieten der Lichtbogensäule ausgehende Plasmastrahlen gelangen zwar in die engen Spalten, der Lichtbogen selbst verharrt jedoch an den Stirnseiten des Blechpaketes. Für die Bogenlöschung ist, wie bei reinen Isolierstoffkammern nur die Abkühlung verantwortlich, jedoch ist die Kühlwirkung bei gleichem Kammervolumen infolge intensiver Berührung mit den metallischen, gut wärmeleitenden Blechen besser als bei entsprechenden Anordnungen mit keramischem Isoliermaterial.
Das Blechpaket der Deion-Löschkammern besteht dagegen aus dünneren Blechen, die in einem so großen gegenseitigen Abstandangeordnet werden, daa der Lichtbogen sich möglichst leicht in Teillichtbögen einteilt, die in Spalte einwandern. Der Wärmeentzug bei Deion-Kammern gegenüber reinen Kühlblechkammern bei gleichen äußeren Abmessungen des Blechpaketes ist infolge des kleineren Füllfaktors schlechter; es liegen jedoch mehrere in Reihe geschaltete Teillichtbögen vor. Die elektrische Festigkeit der gesamten Strecke steigt jedoch geringer an als proportional mit der Strecke der Teillichtbögen (vergleiche 1.1.4.1.1 Wechselstromlöschprinzip / Lichtbogenlöschung ohne Löschkammer; mehrfachunterbrechende Kontaktanordnungen).
Bild 1.13 Einwandern eines Lichtbogens zwischen
Löschbleche
Die Löschwirkung einer Deion Lösckammer besteht in der Erhöhung der Lichtbogengesamtspannung durch Aufteilung des Lichtbogens in mehrere Teillichtbögen.
Bild 1.14 Erhöhung der Lichtbogenspannung durch
Aufteilung in mehrere Teillichtbögen
Gleichstromlöschprinzip bei Wechselstrom
Bei Schaltern, bei denen es unter anderem auf die Geschwindigkeit der Abschaltung ankommt (Leitungsschutzschalter, FI-Schutzschalter) kann auch bei Wechselstrom nicht gewartet werden, bis der Strom einen Nulldurchgang hat. Deshalb setzt man auch hier Schalter ein, die dem Löschprinzip nach Gleichstrom-Schnellschalter sind.
1.2 Einteilung der Schaltgeräte
Bisher wurde nur allgemein über die Belastungen der Schaltgeräte und die damit verbundenen konstruktiven Maßnahmen gesprochen. Aufgrund der Eigenschaften der Schalter kann man sie aber in mehrere Gruppen einteilen.
1.2.1 Hochspannungsschaltgeräte
Die vorstehend besprochenen Probleme treffen in vollem Ausmaa vor allem auf sie zu. Da der Aufwand zur Erreichung hoher Schaltleistungen sehr hoch ist im Vergleich zum Aufwand für das führen hoher Ströme beziehungsweise das Trennen von Hochspannungskreisen unterscheidet man hier zwei prinzipielle Arten von Schaltern:
a) Leistungsschalter
Sie sind in der Lage ihren vollen Laststrom nicht nur zu führen, sondern auch zu Schalten. Sie benötigen daher einen hohen Aufwand zur Lichtbogenlöschung. Zusätzlich zu den beschriebenen Methoden zur Löschung mittels Löschkammern wird hier Druckluft zum 'Ausblasen' des Lichtbogens verwendet oder ölgefüllte bzw. Vakuum-Schalter.
Bild 1.15 Schaltstellen von Druckgasschaltern
mit Isolierstoffdüsen
Als Beispiel für Druckgasschalter wurde hier die Version mit Isolierstoffdüsen gewählt, bei der der Lichtbogen zunächst zwischen der Spitze des beweglichen Abschaltstiftes und einem feststehenden Abbrandring ungestört brennt, und erst nachdem der Schaltstift die Bohrung der Isolierstoffdüse freigibt eine Beblasung des Lichtbogens einsetzt. Dadurch wird dem Lichtbogen erst dann Energie entzogen, wenn der Schaltstift in einer für die Löschung günstigen Stellung steht. Es gibt auch die Möglichkeit von Druckgasschaltern mit Metalldüsen, wobei die Düse dann meist einen Schaltkontakt darstellt.
Bei ölgefüllten Schaltern benützt man die höhere Wärmeleitfähigkeit des Öles bzw. die durch die Erwärmung des Öles entstehende Stömung.
b) Trenner
Sie haben nur die Aufgabe in den Zuständen 'Ausgeschaltet' oder 'Eingeschaltet' den Stromkreis zu trennen,auch bei hohen Spannungen, und bei 'Eingeschaltet' auch hohe Ströme zu führen, können jedoch diese Ströme nicht schalten.
offen geschlossen
Bild 1.16 Scherenschalter
1.2.2 Niederspannungsschalter
Bei Niederspannungsschaltern sind in der Regel aufwendige Löschmaßnahmen nicht notwendig. Hier genügen für geringe Leistungen (Lichtschalter etc.) Einfachunterbrechungen; für höhere Leistungen verwendet man Doppelunterbrechende Schalter.
1.2.2.1 Nockenschalter
Auf dem Gebiet der Niederspannungsschalter möchte ich wegen ihrer Vielseitigkeit vor allem auf die Nockenschalter eingehen.
Nockenschalter werden in der Regel mehrstufig aufgebaut; sie bestehen meist aus einem Rastwerk und dem Schaltpaket.
a) Rastwerk
Im Rastwerk bestimmt ein Raststern den Schaltwinkel und die Zahl der Schaltstellungen und hält die Schaltwelle in der gewälten Stellung. Es sind Rastwerke mit bis zu 12 Schaltstufen erhältlich.
Bild 1.17 Rastwerk
b) Schaltpaket
Das Schaltpaket besteht aus einer oder mehreren Schaltzellen, in welchen die Aufnahme von 2 oder 3 Kontaktpaaren vorgesehen ist. Als Kontaktpaar werden hier zwei feststehende Kontaktstücke mit der verbindenden oder öffnenden Kontaktbrücke bezeichnet. In Fällen, bei denen de Gesamtschaltwinkel mehr als 180o beträgt, kann die Schaltzelle nur dann voll ausgenützt werden, wenn korrespondierende Kontaktpaare im Schaltprogramm gefunden werden können. Die
Bild 1.18 Schaltzelle
Abhängigkeit ist dadurch bedingt, daa nur eine zentral in der Zelle angeordnete Nockenscheibe alle Kontakte steuert. Bei Gesamtschaltwinkeln unter 180o errechnet sich die Zahl der notwendigen Schaltzellen als die Hälfte oder (bei Schaltwinkeln unter 120o) ein Drittel der für das Schaltprogramm nötigen Kontaktpaare.
Die radiale Schubkraft der Nockenscheibe wird über Rollen auf Schaltstößeln übertragen, welche gegen die Kontaktfedern wirken. Im Zustand des geschlossenen Kontaktes ist keine Schubkraft vorhanden, da die Kontaktbrücke auf den feststehenden Kontaktstücken frei aufliegt.
Die Vielseitigkeit der Nockenschalter ist außer durch die leichte Anderbarkeit durch einfaches dazustecken von Schaltzellen dadurch bedingt, daa durch entsprechende Ausbildung der Nocken jedes Schaltverhalten erreicht werden kann, auch das Schließen eines Kontaktes über mehrere Schaltstufen.
Nockenschalter sind zwar prinizipiell Wechselstromschalter sie können aber auch als Gleichstromschalter verwendet werden, allerdings können sie bei vollem Schaltstrom nur 30V schalten.
Die Tabelle in Bild 1.19 zeigt den zuläßigen Abschaltstrom bei Verwendung als Gleichstromschalter bei verschiedenen Spannungen.
Bild 1.19 maximale Abschaltströme bei Gleichstrom
(Daten: Fa. Telux)
Außerdem verringert sich der zuläßige Abschaltstrom bei induktiver Belastung.
Bild 1.20 Verringerung der Abschaltströme bei
induktiver Belastung
T = L / R
Beispiele für gebräuchliche Werte von T:
Heizwicklungen, Lampenkreise etc. T < 0.2
Relaisspulen, Auslöserspulen,
Nebenschlußmotoren . T = 0.2 - 0.5
Schützspulen, Magnetventile, kleine
Hubmagnete T = 5 - 10
Hauptschlußmotoren T = 10 - 20
Magnetkupplungen, mittlere Hubmagnete
Spannplatten . T = 20 - 50
Große Kupplungen, große Hubmagnete .. T > 50
Als Vergleich dazu ist z.B. bei einem Schalter der Type M10 und einer Betriebsspannung von 380 V Wechselspannung ein Schaltvermögen von 1.5 kW (=> 4A Schaltstrom) unter extremsten Belastungen gewährleistet.
1.2.2.2 Schaltgeräte in der Hausinstallationstechnik
Hier werden aufgrund der meist geringen zu schaltenden Leistungen meist einfachunterbrechende Schalter eingesetzt. Die Bezeichnung der Schalter erfolgt entweder nach ihrer Schaltfunktion (Aus- oder Umschalter).
Ausschalter ermöglichen das Ein- und Ausschalten von Stromkreisen von einer Schaltstelle aus, wobei alle Kontaktpaare entweder geöffnet oder geschlossen sind.
Bild 1.21 Ausschalter
Umschalter ermöglichen das Ein- und Ausschalten von einer oder mehreren Schaltstellen aus.
Bild 1.22 Umschalter
Nach der Betätigungsart unterscheidet man:
Drehschalter: Sie sehen altertümlich aus, sind aber gut abdichtbar
Kippschalter: Bei ihnen ist der Schaltzustand relativ leicht erkennbar, sie sehen aber nicht gut aus.
Wippschalter: Sie sind modern und sehen relativ gut aus, der Schaltzustand ist aber sehr schwer erkennbar.
'Ellbogenschalter': Bei ihnen bewirkt ein Drücken das Aus- und das nächste Drücken das Einschal ten; der Schaltzustand ist nicht er kennbar.
Druckknopfschalter, Zugschalter: Sie werden seltener ver wendet (vor allem bei einzelnen Wand leuchten); der Schaltzustand ist auch hier nicht erkennbar.
Außerdem wird nach der Betätigungsart zwischen Schaltern (nicht selbstrückstellend 'bistabil') und Tastern, die selbstrückstellend ('monostabil') sind unterschieden.
Die letzte Unterscheidungsmöglichkeit ist nach der Installationsart, wo man zwischen Auf- und Unterputzschaltern sowie Einbauschaltern unterscheidet.
1.2.3 Schütze und Relais
1.2.3.1 Relais
Relais werden als Starkstromrelais (10A, 6A; 110V, 220V) und als Schwachstromrelais (<6A, <110V) hergestellt.
Sie werden als Fernmelderelais sowie als Hilfsrelais zur potentialmäßigen Trennung von mehreren Stromkreisen verwendet. Nach ihrem Aufbau unterscheidet man Reed-, Flach- sowie Rundrelais.
In jüngerer Zeit finden immer mehr Kleinrelais zur Printmontage (z.B. für Mikroprozessorinterfaces, bei denen man Transistoren nicht einsetzen kann (Restströme, Restspannungen)) Verwendung. Diese Relais sind möglicherweise sogar so ausgeführt, daa sie direkt von der Logik ohne zusätzliche Treiberschaltungen angesteuert werden können.
Außerdem werden immer mehr Relais bereits mit integrierter Elektronik angeboten, was zu einer gigantischen Vielfalt von Relaistypen führt. Das von der Funktion her einfachste dieser Relais ist das sogenannte C-Relais, das mit Hilfe einer im Relais eingebauten elektronischen Schaltung den Stromverbrauch bis auf ein absolutes Minimum herabsetzt. Die weiteren Möglichkeiten, die sich durch Kopplung von Relaistechnik und Elektronik bieten gehen von zeitverzögerten Relais über bistabile Relais bis zu Stromstoßrelais, die ihre Eigenschaften nicht mehr aus einer teuren Mechanik, sondern einer Elektronik beziehen.
Insgesamt gesehen sind Relais noch immer überall dort nicht ersetzbar, wo der Transistor mit seinen Restströmen und Restspannungen nicht eingesetzt werden kann.
1.2.3.2 Schütze
Relais sind hauptsächlich ein Bauteil der Schwachstromtechnik (von relativ wenigen Ausnahmen abgesehen), da sie aufgrund ihrer Technik nicht in der Lage sind große Ströme zu schalten. Das ist begründet in der Bauart der Relais, die nur einfachunterbrechende Kontakte erlaubt. Für höhere Leistungen, als sie mit Relais geschaltet werden können verwendet man den Schütz.
Dieser verwendet zur Leitungsunterbrechung zwei in Serie geschaltete Kontakte, wodurch die mögliche Abschaltleistung steigt. (vergleiche 1.1.4.1.1 Wechselstromlöschprinzip - mehrfachunterbrechende Anordnungen)
2. Rundsteueranlagen
2.1 Allgemeines
Die EVU verteilen die zur Verfügung stehende elektrische Energie an die Verbraucher. Der Verlauf der Tageskurve paßt sich im wesentlichen dem Rhythmus des menschlichen Lebens an, so daa einer oder mehreren Verbraucherspitzen am Tag ein Abnahmetal während der Nacht gegenübersteht. Da die elektrische Energie zumindest in der hauptsächlich verwendeten Form nicht gespeichert werden kann, können die zur Bereitstellung der Tagesspitzen in den Morgen- und Abendstunden notwendigen Stromerzeugungsanlagen während der Nachtstunden nicht ausgenützt werden. Die EVU sind aber an einer weitgehenden Ausnützung ihrer Anlagen interessiert, so daa Maßnahmen zu treffen waren, die diesen besseren Lastausgleich ermöglichten.
Eine dieser Maßnahmen war tarifpolitischer Art. Durch tarifliche Begünstigungen in den Schwachlastzeiten sollte erreicht werden, daa geeignete Verbraucher während dieser Schwachlastperioden betrieben werden. Hierzu gehören Betriebe, die auch während der Nachtstunden arbeiten (Doppeltarifzähler), Heißwasserspeicher, Speicherheizungen in Haushalt, Büro und Schule, Futterdämpfer in der Landwirtschaft usw. Alle diese Verbraucher wurden überwiegend mit Schaltuhren ein- und ausgeschaltet.
Daneben gibt es aber auch Verbraucher, die ohne weiteres während der Lastspitzen teilweise oder ganz gesperrt werden können. Diese Verbraucher müssen allerdings ferngesteuert sein. Hier bietet die Rundsteueranlage die Möglichkeit, Steuerbefehle an die Verbraucher zu geben, die der Lastverteilung Rechnung tragen. Auch anstelle der Schaltuhren wird die Rundsteueranlage eingesetzt man erspart dadurch die kostspielige Wartung der Uhren, die durch deren unvermeidbare Gangungenauigkeit notwendig wird.
Bild 2.1 Auslastung ohne (a) und mit (b)
Rundsteueranlage
Außerdem kann die Rundsteueranlage unter bestimmten Umständen auch zur Alarmierung von Personen oder Personengruppen (z.B. Feuerwehr) eingesetzt werden.
2.2 Grundlagen der Rundsteuerung
Die Rundsteueranlage dient zur Fernsteuerung von Letztverbrauchern durch das EVU. Als Übertragungsweg wird das 50 Hz-Netz verwendet. Die Übertragung erfolgt durch Impulsfolgen im Bereich von 167 - ca. 2000 Hz mit einer Amplitude von 2 - 8% der 50 Hz-Spannung. Die Tonfrequenz wird zur Übertragung nach einem Code ein- und ausgeschaltet, wodurch ein 'Telegramm' entsteht, das einen Verbraucher ein- oder ausschaltet.
Die Wahl der Tonfrequenz ist stark vom Netz abhängig. Die VDEW (Verein deutscher E-Werke) empfiehlt für Netze mit großer Ausdehnung und mehreren Spannungsebenen Frequenzen unter 250 Hz und für Netze begrenzter Ausdehnung Frequenzen über 250 Hz.
2.2.1 Sendeanlage
Die Sendeanlage besteht aus einer Steuerung (heute meist ein Computer), einem Steuergerät, einem Frequenzumformer und einer Ankoppelung.
Bild 2.2 Sendeanlage
Als Tonfrequenzgeneratoren wurden früher Mittelfrequenzgeneratoren mit Synchron- oder Asynchronmotorantrieb verwendet, heute werden praktisch nur mehr statische Umrichter mit Thyristoren verwendet. Ein Umrichter formt einen Wechselstrom bestimmter Spannung und Frequenz in einen Wechselstrom anderer Spannung und Frequenz um. Die Umrichter arbeiten fast ausschließlich mit Gleichstromzwischenkreis, d.h. der vorgegebene Wechselstrom wird zuerst gleichgerichtet und geglättet. Anschließend formt eine Thyristorschaltung aus dem so erhaltenen Gleichstrom den gewünschten Wechselstrom.
Der Sender mua mit dem 50 Hz-Netz über Koppelglieder verbunden werden. Durch die Koppelglieder erfolgt die Anpassung des Tonfrequenzerzeugers an das Netz. Es haben sich zwei Arten der Ankoppelung eingebürgert: die Serieneinspeisung und die Paralleleinspeisung. Welche der beiden Ankoppelungsarten verwendet wird, hängt von der verwendeten Frequenz, vom Netzaufbau und vom dynamischen Verhalten der Bauteile bei Schalthandlungen ab. Ganz allgemein kann gesagt werden, daa zwischen dem auszusteuernden und dem nichtauszusteuernden Netzteil unterschieden werden muß. Hat der nichtauszusteuernde Netzteil für die Tonfrequenz eine kleine Impedanz, so wird die Serieneinspeisung, bei hoher Impedanz die Paralleleinspeisung bevorzugt. Da die Frequenz in die Impedanz eingeht, kann gesagt werden, daa für niedere Frequenzen eher Serieneinspeisung und für höhere Frequenzen eher die Paralleleinspeisung verwendet wird, wobei aber bei manchen Firmen die Tendenz dazu geht, nur Paralleleinspeisung zu verwenden.
2.2.1.1 Serieneinspeisung
Bei der Serieneinspeisung (auch Reiheneinspeisung genannt) wird die Tonfrequenzspannungsquelle in Serie mit der 50 Hz-Spannungsquelle geschaltet. Die Serieneinspeisung hat die Aufgabe, die Rundsteuerenergien in das Netz einzuspeisen, ohne daa dieses die Funktion des Tonfrequenzgenerators durch strom- oder spannungsmäßige Rückwirkungen beeinträchtigt. Als Trennstelle zwischen der Nieder- und Hochspannungsseite der Anlagen mua sie die notwendige Isolationssicherheit bieten.
Bild 2.3 Serieneinspeisung
Der stromwandlerähnliche Transformator UT wird hochspannungsseitig in den 50 Hz-Leitungszug eingebaut. Er ist niederspannungsseitig durch eine Kondensatorbatterie Cp kompensiert und bildet mit dieser zusammen einen Parallelschwingkreis, der auf die Steuerfrequenz abgestimmt ist. Ein Serienresonanzkreis CS/LS sperrt die Rückwirkungen des Netzes auf den Tonfrequenzgenerator. Nur die Hochspannungswicklung wird von 50 Hz-Strom durchflossen, so daa nur kleine 50 Hz-Verluste entstehen.
Bild 2.4 Ersatzschaltbild der Serieneinspeisung
U2 TF - Ausgangsspannung
UN TF - Spannung über zu steuerndem Netz
UR TF - Spannung über Rückschluß
Da bei der Serienanspeisung der gesammte Tonfrequenzstrom über den Rückschlua fließt, sollte dessen Impedanz möglichst niedrig sein, um den entsprechenden Spannungsabfall klein zu halten. Wegen der Tonfrequenzabhähgigkeit der normalerweise induktiven Rückschlußimpedanz kann diese Bedingung umso besser erfüllt werden, je niedriger die verwendete Sendefrequenz ist.
2.2.1.2 Paralleleinspeisung
Die Paralleleinspeisung hat prinzipiell die gleichen Aufgaben wie die Serieneinspeisung, nur ist hierbei die Tonfrequenzspannungsquelle parallel zur 50 Hz-Spannungsquelle geschaltet.
Bild 2.5 Paralleleinspeisung, Grundform
Hierbei übernimmt ein auf die Sendefrequenz abgestimmter Serienresonanzkreis (LH/CH) die Durchlaßfunktion und ein Isoliertransformator (IT) die Potentialtrennung. Um eine Saugkreiswirkung zu erreichen, mua die Ankopplung in den Sendepausen niederspannungsseitig kurzgeschlossen werden. Die Ausgangsspannung U2 weist ein Maximum bei der Resonanzfrequenz auf.
Bild 2.6 lose Paralleleinspeisung
Sie entspricht einem zweikreisigen, magnetisch gekoppelten Bandfilter, bei welchen beide Resonanzkreise (Primärkreis C1/L1 und Sekundärkreis C2/L2) als Serienkreise ausgebildet sind und der Kopplungstransformator (KT) zugleich als Isoliertransformator dient. Bei dieser Ankoppelung sind die Niederspannungskreise sehr gut von Hochspannungsnetz abgeschirmt, und der auf die Sendefrequenz abgestimmte Hochspannungskreis erfüllt in den Sendepausen die Funktion eines Saugkreises.
Ursprünglich für den Betrieb mit rotierenden Umformergruppen entwickelt, hat sich die lose Parallelankoppelung aufgrund ihrer günstigen Eigenschaften als technisch und wirtschaftlich optimale Lösung der Aufgabe erwiesen, die von statischen Frequenzumformern erzeugte Tonfrequenz in ein Energieversorgungsnetz einzuspeisen.
Bild 2.7 Ersatzschaltbild der Paralleleinspeisung
I2 TF-Ausgangsstrom
IN TF-Strom im zu steuernden Netz
IR TF-Strom im Rückschluß
Der Tonfrequenzstrom I2, der über die Paralleleinspeisung in das zu steuernde Netz eingespeist wird, fließt zu einem gewissen Teil auch in den Rückschluß; dieser besteht aus den speisenden Transformatoren und dem übergeordneten Netz. Die Dimensionierung der Sendeanlage mua die Impedanzen des zu steuernden Netzes und des Rückschlusses berücksichtigen. Diese Impedanzen sind der Sendeanlage parallel geschaltet (Bild 2.7).
2.2.2 Die Empfangsanlage
Ein Rundsteuerempfänger mua alle von der Zentrale als Impuls vermittelte Schaltbefehle auswerten und nur die an ihn gerichteten ausführen. Er soll weitgehend unempfindlich sein gegen Überspannungen, Störspannungen, Netzoberschwingungen sowie Temperaturschwankungen.
Bild 2.8 Empfänger
Funktionell gliedert sich der Rundsteuerempfänger in Eingangsteil, Auswerteteil und Ausgangsteil. Im Eingangsteil wird aus der angelegten Netzspannung die Rundsteuerfrequenz meist mit aktiven Filtern herausgefiltert und verstärkt. Mit den Startimpuls beginnt im Auswerteteil ein Decodierzyklus, bei dem die empfangene Impulsfolge mit den im Empfänger programmierten Impulsmustern (Befehlswörter) verglichen wird. Bei Übereinstimmung schalten die betreffenden Befehlsrelais im Ausgangsteil ihre Steuerobjekte ein oder aus.
Die Decodierung kann entweder elektromechanisch, elektronisch oder mittels uP erfolgen. Bei erstgenannten Typen erfolgt die 'Programmierung' mit Steckern und Kippschaltern; in uP-gesteuerten Systemen durch PROM's.
Anhang: Literaturverzechnis
Teil 1 - Schaltgeräte:
Grundlagen der Schaltgerätetechnik Erk - Schmelzle
Springer-Verlag 1974
Schütze und Schützensteuerungen Herbert Franken
Springer-Verlag 1967
Elektrische Maschinen und Anlagen Walter Riemer
Österreichischer Gewerbeverlag 1978
Firmenunterlagen Fa. Telux
Ing. Erich Czasch & Co
Firmenunterlagen Fa. SDS-Relais
EMA - Mitschrift
Ronald Hasenberger 1984/1985
Teil 2 - Rundsteueranlagen:
Fernwirken Manfred Fender
Teubner Studienskripten 1981
Firmenunterlagen Fa. Elin-Union
Firmenunterlagen Fa. Landis & Gyr
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