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Gewalt an den Schulen

Gewalt an den Schulen


Risikofaktoren, die das Auftreten von Gewalt begünstigen:


Ungünstige Familienverhältnisse:


Es spielen die Lernerfahrungen bezüglich Gewalt, die man in der Familie erlebt hat eine wichtige Rolle. Misshandlung, gestörte

emotionale Beziehungen, Streit, Auseinandersetzungen, Armut, Deprivation (Verlust, Entzug von etwas Erwünschtem, z. B.fehlende

Zuwendung der Mutter), Scheidung und Trennung, Krankheit und Alkoholismus sind Erlebnisse, die das Kind in seinem Kern

verunsichern und zur Gewalt bereit machen können. Diese Erfahrungen transportiert es mit in die Schule hinein und gibt sie dort oftmals

als eigenes gewalttätiges Handeln weiter. Viele Familien sind heute in eine Existenzkrise geraten und 'produzieren' psychisch labile,

sozial oft irritierte und verwahrloste, teilweise auch erheblich vernachlässigte Schulkinder.




Integration in eine deliquente Jugendkultur:


Der Einfluss Gleichaltriger verdrängt im Jugendalter den Einfluss der Eltern, und zwar in allen Fragen des Geschmacks. der

Freizeitaktivitäten. Es ist nicht tragisch, solange die Vorstellungen der Eltern sich nicht mit den Normen der Gleichaltrigen

durchkreuzen. In dem Moment jedoch, wo es sich um eine deliquente Gruppe handelt, die von der Gesellschaft abweichende Ziele und

Normen vertritt und den Jugendlichen zu beeinflussen versucht, wird sie für ihn zu einem Risikofaktor. Die Zugehörigkeit zu einer Clique,

die Mitgliedschaft in einer Gruppe, Bande oder 'Gang' prägt das Verhalten des einzelnen in seiner Einstellung zur Schule und gegenüber

den Leistungsforderungen der Gesellschaft.


Entfremdung und Distanz zu schulischen Normen und Werten:


Durch Enttäuschungs- und permanente Versagenserlebnisse und Frustrationen kann es zu einer Abwendung von schulischen

Wertstrukturen kommen und zu Gefühlen der eigenen Wertlosigkeit. Oftmals findet diese Einstellung ihren Ausdruck in

Schulverweigerung und Schulschwänzen. Positive Erfahrungen im Schulbereich, eine gute Bindung an Lehrer und Mitschüler sowie eine

positive Einstellung zur Schule und zum Leistungsbereich schützen ganz erheblich vor eigener Gewalttätigkeit.


Schulisches Leistungsversagen:


Das Scheitern an schulischen Leistungsanforderungen, Versagen, Zurückversetzungen, Zurückstufungen, Schulwechsel werden als

Minderung späterer beruflicher und sozialer Lebenschancen erlebt und gewertet. Ergeben sich für den einzelnen keine Perspektiven und

Möglichkeiten, doch noch schulisch erfolgreich zu sein, stellt sich bei ihm leicht das Gefühl ein, dass es keinen Sinn mehr habe, sich

anzustrengen, und dass, er demzufolge nichts mehr zu verlieren habe. Dies ist der Nährboden für Gewaltbereitschaft, die dann um so

stärker gegeben ist, als die Eltern oftmals nicht in der Lage sind, das Leistungsversagen ihrer Kinder psychisch aufzufangen, sondern

statt dessen ihrerseits mit Druck und Bestrafungen reagieren; ein Kreislauf, der die Gewaltspirale nur noch höher schraubt.

Leistungsversagen in der Schule ist fast immer mit Konflikten, Streit und Spannungen im Elternhaus verbunden.


Die Kategorisierung als 'leistungsschwach' sowie 'versagend' führt bei den meisten Betroffenen zu einer Verunsicherung des

Selbstwertgefühls. Aggressivität und Gewalt bei Schülern und Schülerinnen können als Verteidigungs- und Kompensationsmechanismen

gegen diese psychischen und sozialen Verunsicherungen interpretiert werden. Für den Eintritt in den Beruf ist zwar das schulische

Abschlusszertifikat immer noch zwingende Voraussetzung, aber es liefert weder Gewähr noch Garantie dafür.


Trotz guter Leistungen in der Schule ist nicht sichergestellt, dass Jugendliche die Möglichkeit haben, einen Beruf auszuüben

beziehungsweise zu erlernen, der ihren Fähigkeiten und Interessen entspricht. Die Jugendlichen spüren sehr genau, dass ihre Position in

der Bildungslaufbahn über ihre späteren Lebenschancen entscheidet.


Jugendliche möchten sich vom sozialen System nicht abwenden, sondern im Gegenteil Leistung, Erfolg und Prestige erzielen, jedoch

darunter leiden, dass sie die für wünschenswert gehaltenen Attribute für Anerkennung und Wertschätzung nicht besitzen. Gerade im

Jugendalter entstehen abweichende Verhaltensweisen, zu denen Aggressivität und Gewalt gehören, nicht durch das Verfolgen

abweichender Werte, sondern gerade durch das Anstreben gesellschaftlich zentraler und konformer Werte wie Status und Prestige.


Ist das Ziel, nämlich Erfolg über Leistung vorzubereiten und zu erzielen, bedroht, dann werden gerade die leistungsorientierten

Schüler/innen unter Druck geraten und aus Enttäuschung und Frustration eventuell nach illegitimen und je nach Situation und eigener

Gewalterfahrung möglicherweise zu aggressiven Mitteln der Bewältigung greifen.


Demonstrative Gewalt in und außerhalb der Schule ist für viele Jugendliche nach eigener Einschätzung der letzte Weg, um Anerkennung

zu erzielen, und sei es nur Anerkennung in der Gruppe der Gleichaltrigen. Sie versuchen das Versagen in dem einen Bereich durch einen

künstlich herbeigeführten Erfolg im anderen Bereich überspielen, ihre erkennbare Schwäche auf einem Gebiet durch demonstrative

Stärke auf dem anderen Kompensieren.


Ungünstige schulökologische und schulorganisatorische Bedingungen:


Die äußeren Rahmenbedingungen einer Schule sind wichtig. Während im Unterricht noch oftmals die offene Gewalt durch die Präsenz

des Lehrers oder der Lehrerin verhindert werden kann, bricht diese häufig außerhalb des Unterrichts Bahn, in Fluren, Toilettenräumen

schwer einsehbaren Ecken des Schulgebäudes, auf dem Schulhof und um das Schulgelände herum. Prügeleien entstehen zwar auch in den

Klassenräumen, aber meistens in den Pausen bei Abwesenheit des Lehrers. Große Schulklassen werden allgemein als ungünstige

Ausgangsfaktoren angesehen, weil sie in stärkerem Maße als kleinere Schulen Anonymität und soziale Isolation begünstigen. Haben die

Schüler keine Ansprechpartner, keine festen Klassenräume, Bezugspunkte und Bezugspersonen, dann sind weitere Ausgangsfaktoren für

Gewalt gegeben.


Schlechte Lehrer Schüler Beziehung:


Dies ist ein ganz entscheidender Faktor, denn je schlechter die Summe der einzelnen Beziehungen zwischen Lehrer und Schüler ist, desto

schlechter das Wohlgefühl in der Schule und desto geringer die Identifikation mit der Schule. Schüler/innen, die sich ungerecht und unfair

von ihren Lehrern behandelt fühlen, die ihr Verhalten als willkürlich und nicht vorhersagbar erleben, neigen sehr viel stärker zu

Aggressivität als Schüler/innen, die dies nicht so erleben.


Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Anzahl der Risikofaktoren für die Entstehung von Gewalt in der Schule hoch ist, dass sie

auf sehr verschiedenen Ebenen liegen und sowohl in außerschulischen Bereichen als auch in schulischen Strukturen wie

Leistungsbewertung, Schulorganisation, Klima und persönlichen Beziehungen zu finden sind.


Sexistische Gewalt in der Schule:


Sexistische Gewalt drückt sich vorwiegend in körperlicher und verbaler Gewalt von Jungen gegenüber Mädchen aus. Mädchen werden in

der Schule durch Worte beleidigt und diffamiert und sind sexuellen Anspielungen ausgesetzt.


Die Schule öffnet Chancen und erzeugt Wettbewerbsdruck:


Gewaltäußerungen können als Versuche angesehen werden, sich in den institutionellen Gewaltverhältnissen der Schule zu behaupten.

Das soll jedoch nicht heißen, dass Anlässe und Ursachen von Gewalthandlungen immer im schulischen Bereich zu suchen seien. Die

gewaltfördernden Wirkungen der Schule müssen auch im Zusammenhang und in Wechselwirkung mit anderen Bereichen und Strukturen

wie nachlassendem Familienzusammenhalt, Gewaltverherrlichung in den Medien, einem Mangel an Zukunftsperspektive gesehen werden.


Die Schule dauert für Jugendliche heute im Vergleich zur Generation ihrer Eltern erheblich länger. Die Schule ist im Zeithaushalt eines

jungen Menschen bis zum Ende des zweiten Lebensjahrzehnts das zentrale Lebensfeld geworden. Was in der Schule passiert, ist deshalb

äußerst wichtig für die gesamte persönliche Entwicklung. Sehr viele Jugendliche stehen meist unter einem hohen Erwartungsdruck, die

anspruchsvolle, meist sehr theoretische konzipierte und oft praxisferne Schulausbildung abzuschließen.






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