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Rechtschreibreform Alptraum oder Segen


Rechtschreibreform

Alptraum oder Segen










Gliederung:


Die Geschichte der deutschen Rechtschreibung


Die Rechtschreibreform, von der Idee bis heute


Hauptanklagepunkte des Widerstandes


Chronologie des Widerstandes


Gegenüberstellung:

Rechtschreibreform - Warum?

Die Münchner Erklärung


Beispiele für die neue Regelung


Stellungnahme


Quellenangaben



Einleitung


Man kann es nicht bestreiten, die Rechtschreibreform ist ein Thema das uns alle betrifft. Vor allem die nächste Generation. Sie soll Hauptträger der von den Kultusministern der Länder beschlossenen "Vereinfachungen" sein. Die Masse der Kritiker ist groß und der Unmut in der Bevölkerung wächst, man will nicht von Bewährtem ablassen und sieht die Reform als mißglückt an. Die Fronten sind verhärtet, und es wird sobald kein Ende des Konfliktes geben.

Die Leidtragenden bei diesem Zustand sind vor allem die Grundschüler, die teilweise nach alten und neuen Regeln unterrichtet werden. Viele renommierte Dichter und Denker halten die als Simplifizierung geplante Reform für ein Instrument zur Verflachung der Sprache. Nicht zuletzt ist es eine Frage des Geldes, denn wieviele Unternehmen würden eine vollkommene Umstellung finanziell nicht bewältigen können und wieviele Bücher müßten neu gedruckt bzw. eingestampft werden, weil die Eltern ihren Kindern nur die mit der neuen Rechtschreibung kaufen wollen?

Geschichte der deutschen Rechtschreibung (Die Welt 23.8.)


Die Kritik an der deutschen Ausdrucksweise und Rechtschreibung ist fast so alt wie die Sprache selbst. Mitte des 9. Jahrhunderts wurde diese "barbarische Sprache" von dem ersten Rechtschreibkritiker Otfried von Weißenburg auf lateinisch als nicht aussprechbar und wirr dargestellt. Auch nach Einführung einer germanistischen Philologie hat sich Jahrhundertelang niemand so recht für eine geregelte Rechtschreibung interessiert. Noch Martin Luther schrieb fast so wie er wollte, alleine für die Bezeichnung seiner Heimatstadt Wittemberg konnte man bis heute 15 Varianten feststellen.


Interessiert hat die Frage einer festgelegten Orthographie richtig erst im 19. Jahrhundert. Germanisten wie Jacob Grimm und Engagierte wie Konrad Duden waren die Treibenden Kräfte dieser Bewegung. Doch zunächst sollten sie nicht erfolgreich sein: 1876 fand die erste orthographische Konferenz statt, es sollte eine einheitliche Rechtschreibung für das gerade gegründete Deutsche Reich geschaffen werden. Sie scheiterte jedoch an dem Widerstand Bismarcks, der den Menschen nach Einführung neuer Maße und Gewichte nun nicht noch weitere Umstellungen aufdringen wollte.

Erst nach dem Tod Bismarcks kam es 1901 zu weiteren Besprechungen, das in dieser Zeit erarbeitete Regelwerk ist bis heute gültig. Der Duden, einst als Übergangswerk geplant war nur ein Zwischenziel für Konrad Duden, "Auseinandersetzungen über die beste Rechtschreibung und die Kritik der jetzt gültigen können ruhig ihren Gang weitergehen".


Seit Existenz des Dudens gab es ca. 30 Verbesserungsvorschläge, meistens aus Pädagogenkreisen, bei der seit 1.7.96 geplanten neuen Rechtschreibreform sind bislang mehr als 8000 Unstimmigkeiten entdeckt worden. Bis heute wurde keine eindeutige rechtliche Situation geschaffen, es besteht kein Konsens über beibehalten oder stoppen der Reform.



Die Rechtschreibreform:

von der Idee bis heute (dpa/Internet)


Mit der Unterzeichnung der 'Gemeinsamen Erklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung' am 1. Juli 1996 in Wien entbrannte eine heftige und emotionsgeladene Kontroverse um die Umsetzung des neuen Regelwerkes. Die wichtigsten Etappen des Streits:

1.7.1996 Nach mehr als zehnjähriger kontroverser Diskussion unterschreiben Deutschland, Österreich, die Schweiz und Länder mit deutschsprachiger Minderheit die Erklärung zur Rechtschreibreform 10.8.1996. In zehn Bundesländern arbeiten die Grundschulen zum Schulbeginn mit den neuen Regeln.


6.10.1996 Auf der Frankfurter Buchmesse unterzeichnen 100 namhafte Schriftsteller und Wissenschaftler, unter ihnen Günter Grass und Siegfried Lenz, die 'Frankfurter Erklärung' für einen Stopp der Reform. Sie war von dem Studienrat Friedrich Denk initiiert worden.


25.10.1996 Die Kultusminister der Länder reagieren mit einer 'Dresdner Erklärung'. Sie bekräftigen ihr Festhalten an der Reform.


Dez. 1996 Erste Unterschriftensammlungen gegen Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein. Der Landtag weist die Volksinitiative jedoch zurück.


Feb. 1997 Unterschriftensammlungen zu Volksbegehren in Niedersachsen und Bayern laufen.


21.2.1997 50 Abgeordnete verschiedener Fraktionen bringen einen Antrag gegen die Rechtschreibreform in den Bundestag ein. Der Antrag wird an den Rechtsausschuß verwiesen.


17.3.1997 Vor dem schleswig-holsteinischen Verwaltungsgericht wird die Klage Lübecker Eltern gegen Rechtschreibreform abgelehnt.


2.5.1997 Gegner der Rechtschreibreform in Sachsen machen mobil - sie beginnen mit Unterschriftensammlungen.


14.5.1997 Im Haushaltsausschuß des Bundestages spricht sich eine Mehrheit gegen Reform aus.


31.5.1997 Erneuter Protest von 30 Schriftstellern - sie lehnen die Anwendung der neuen Rechtschreibung für ihre Texte ab.


2.6.1997 Im Rechtsausschuß des Bundestages billigt eine Mehrheit zunächst das Vorgehen der Kultusminister. Die endgültige Entscheidung wurde auf nach der Sommerpause vertagt.


11.6.1997 Die Innenminister der Länder beschließen die Einführung der neuen Schreibweisen für den Schriftverkehr der Behörden zum 1. August 1998.


20.7.1997 Elf Lehrerinitiativen bemängeln vor allem rund 8 000 Widersprüche in neuen Wörterbüchern.


23.6.1997 Der Verband der Schulbuchverlage appelliert an Kultusminister, wegen der drohenden Verluste die Reform nicht zu stoppen.


25.6.1997 In Schleswig-Holstein wird der Antrag auf ein Volksbegehren im Landtag eingereicht.


13.7.1997 Gegner der Rechtschreibreform in Baden-Württemberg streben ein Volksbegehren an.


29.7.1997 Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat die umstrittene Neuregelung in Hessen vorerst gestoppt.


1.8.1998 Die neue Rechtschreibung soll verbindlich für alle Schulen und Behörden in Kraft treten. Bisherige Schreibweisen gelten als überholt, werden aber noch nicht als Fehler gewertet.


31.7.2005 Das Ende der Übergangszeit. Es gelten nur noch die neuen Rechtschreibregeln.


(Bild 20.8.97 /Die Welt 32.8,22.9,11.8. /MOPO 14.8.)

Hauptanklagepunkte des Widerstandes


Eine Rechtschreibreform ist Teil der Sprachgestaltung für das ganze Volk und damit "Sache des Volkes."

Grundlagen der schulischen Ausbildung müssen gesetzlich geregelt und vom Parlament verabschiedet werden.

Allgemein muß ein so wesentlicher Eingriff in die Grundrechtsausübung des Bürgers durch die Parlamente beschlossen werden.

Schlichte Verwaltungserlasse sind bei dieser Angelegenheit unzureichend.

Es wurde kein Parlament zu der Reform befragt

Zu den Vorwürfen, daß sich die Kritiker der Rechtschreibreform unverhältnismäßig spät gemeldet haben:

Unstimmigkeiten d. neuen Regelungen waren nicht vor dem Druck der ersten Wörterbücher erkennbar

Von den Verhandlungen der Wiener Rechtschreibkonferenz, von denen nicht einmal Protokolle vorliegen, wurde die Öffentlichkeit vollkommen ausgeschlossen

Die neu eingerichtete Rechtschreibkomission tagt so abgeschirmt als ob es sich um ein Staatsgeheimnis handele.

Schulischer Unterricht nimmt auf die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler Einfluß (Art. 2 Abs. 1 GGB), eine erzwungene Rechtschreibreform stellt dadurch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar.

Verschiedene Verwaltungsgerichtsprozesse mahnten eine Verletzung des elterlichen Erziehungsrechts (Art. 6. Abs. 2 GGB) an.

Chronologie des Widerstandes (Entscheidungen der Gerichte) (dpa/Internet)


Mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes in Münster liegen jetzt 21 Gerichtsentscheidungen zur Rechtschreibreform vor. Sechs Oberverwaltungsgerichte (OVG) sowie der Verwaltungsgerichtshof in Kassel (VGH) als zweite Instanzen und 14 Verwaltungsgerichte (VG) haben sich bisher mit der rechtlichen Zulässigkeit der neuen Schreibregeln beschäftigt. Vor den Verwaltungsgerichten steht es 7:7 für die Reform. In zweiter Instanz entschieden bislang fünf Gerichte für die neuen Regeln, zwei dagegen. Ein höchstrichterliches Urteil wird vom Bundesverfassungsgericht im nächsten Jahr erwartet. Volksbegehren laufen zudem in Schleswig- Holstein und Niedersachsen. -



- 17. März 1997: Das VG Schleswig (Schleswig-Holstein) lehnt den Antrag von Eltern auf Stopp der Reform ab. - 


- 29. Juli: Das VG Wiesbaden untersagt auf Antrag eines Vaters aus Hessen vorläufig die weitere Umsetzung der Reform für dessen beide Söhne. -


- 30. Juli: Das VG Weimar (Thüringen) weist die Klage einer Mutter ab.  -


- 4. August: Das VG in Mainz (Rheinland-Pfalz) entscheidet im Sinne der Kultusminister. -


- 7. August: Das VG Hannover (Niedersachsen) stoppt in einem Einzelfall die Reform vorläufig. - 


- 11. August: Das VG Gelsenkirchen (Nordrhein-Westfalen) entscheidet ebenfalls im Sinne von Reformgegnern. - 


- 13. August: Das schleswig-holsteinische OVG in Schleswig weist die Beschwerde der Eltern gegen den Spruch vom 17. März zurück. - 


- 18. August: Das VG Dresden (Sachsen) gibt dem Eilantrag eines Rechtsanwalts zur Aussetzung der Reform statt. - 


- 25. August: Das VG Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) weist den Eilantrag von Eltern gegen die neuen Rechtschreibregeln zurück. - 28. August: VG Hamburg untersagt der Schulbehörde der Hansestadt in einem Eilverfahren, eine zehnjährige Gymnasialschülerin nach den neuen Regeln zu unterrichten. - 


- 29. August: Das VG Hamburg gibt einem weiteren Eilantrag von Eltern zweier Kinder statt: Sie dürfen vorläufig an einer Gesamtschule nicht nach den neuen Regeln unterrichtet werden. - 


- 1. September: Das VG Hamburg lehnt eine Eilentscheidung über die Rechtschreibreform im Fall einer Zweitkläßlerin ab, da das Kind noch nicht betroffen sei. - 


- 2. September: Das VG Freiburg lehnt den Eilantrag eines Vaters ab, die Einführung der Rechtschreibreform vorerst zu stoppen. - 5. September: Der VGH in Kassel gibt in zweiter Instanz grünes Licht für die neuen Rechtschreibregeln in Hessen. - 10. September: Das bayerische VG München lehnt einen Eilantrag des Reformkritikers Friedrich Denk gegen die Rechtschreibreform ab. - 7. Oktober: Das OVG Greifswald gibt in zweiter Instanz grünes Licht für die neuen Regeln. - 


- 17. Oktober: Das Lüneburger OVG stoppt die Rechtschreibreform für Niedersachsen in einem Einzelfall. Drei Tage später setzt mit Niedersachsen erstmals ein Bundesland die vorzeitige Einführung der neuen Schreibregeln bis zu einer endgültigen Klärung aus. - 


- 21. Oktober: Das Hamburger OVG erklärt die Reform in zweiter Instanz für zulässig. - 


- 3. November: Das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen bestätigt die Ablehnung durch das VG Dresden. - 


- 7. November: Das VG Potsdam lehnt eine Einzelklage gegen die Reform ab. - 


- 12. November: Das OVG in Münster lehnt zwei Eilanträge von Eltern gegen die neuen Regeln ab. Damit werden zwei erstinstanzliche Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Gelsenkirchen revidiert.



Rechtschreibreform - Warum?

"Staatssekretärin Doris Ahnen zur Rechtschreibreform" (Internet/AOL)


"Mit der Rechtschreibreform kann in der schulischen Rechtschreiberziehung die Sicherheit und Souveränität der Schreibenden gestärkt werden. Ziel der Reform sei es, die Schriftsprache leichter erlernbar zu machen", betonte Doris Ahnen, Staatssekretärin im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung in Mainz.


Auf der Grundlage des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 1. Dezember 1995 habe Rheinland-Pfalz die Regelung getroffen, daß mit der Umsetzung der Neuregelung der Rechtschreibung in den Schulen im Schuljahr 1996/97 auf freiwilliger Basis begonnen werden konnte. Die überwiegende Mehrheit der Schulen habe von dieser Möglichkeit mit gutem Erfolg Gebrauch gemacht. Eine weitere Stufe der Einführung sei für die Grundschule ab dem Schuljahr 1997/98 vorgesehen. Die verbindliche Einführung für alle Klassenstufen und Schularten habe die Kultusministerkonferenz für den 1. August 1998 festgelegt.


Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler sowie ihre Eltern seien durch die neu entfachte Diskussion um die Rechtschreibreform verunsichert, jedoch habe Rheinland-Pfalz bisher keinen Grund, vom vorgesehenen Fahrplan abzuweichen.


() Die bisher an der Einführung der Rechtschreibreform Beteiligten in Bund und Ländern hätten die Frage der rechtlichen Umsetzung intensiv geprüft. Sie seien zu der Auffassung gelangt, daß es keiner gesetzlichen Regelung bedürfe.

Zum Schutze der Schulen seien nun alle Beteiligten gefragt, Vorurteile und Fehleinschätzungen gegenüber der Rechtschreibreform auszuräumen. Es gehe darum, den heranwachsenden Kindern das Erlernen des richtigen Schreibens durch Vereinfachung der Rechtschreibregeln vor allem durch den Abbau von Ausnahmen zu erleichtern. Ein Eingriff in das Kulturgut Sprache, erst recht in ihre Substanz, sei damit nicht verbunden.



"Münchner Erklärung zur Rechtschreibreform" (Internet/AOL)


Die Rechtschreibreform ist 'überflüssig wie ein Kropf' (so Bundespräsident Herzog), milliardenteuer, inhaltlich mißlungen und unpädagogisch. Deshalb rufen wir hiermit die in Bayern stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürger zu einem Volksbegehren gegen die Rechtschreibreform auf - mit der Möglichkeit, sich in eine Unterschriftenliste einzutragen.


Seit dem 1. Juli 1996, seit die 'zwischenstaatliche Absichtserklärung' (ohne völkerrechtliche Bedeutung, da kein Vertrag) unterzeichnet wurde, ist Bayern zu einem Vorreiter der Rechtschreibreform geworden. Der Widerstand gegen diese uns alle betreffende Reform entstand auch deshalb in Bayern. Öffentlich wurde er jedoch auf der Frankfurter Buchmesse.


Die Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform wurde seit Anfang Oktober von weit über 40 000 Bürgerinnen und Bürgern aus allen Teilen der Bevölkerung unterzeichnet.





Sechs Argumente gegen die Rechtschreibreform


l. Die Rechtschreibreform ist absolut überflüssig: Sie ist überflüssig für alle, die schon schreiben gelernt haben, also für uns alle, die wir nichts davon haben als Verwirrung, Mühe und Kosten, wenn wir umlernen müssen. Sie ist aber auch für die Kinder überflüssig, weil sie keine der zentralen Schwierigkeiten der deutschen Orthographie behebt. Die Doppel-s-Regelung z.B. ändert nichts an der Schwierigkeit, 'das' und 'daß' (bzw. 'dass') zu unterscheiden, Besonders eklatant ist die Überflüssigkeit bei den neuen Trennregeln. Denn kein Schüler trennt ein Wort, wenn er Zweifel hat. Die meisten aber schreiben am Computer und haben ein Trennprogramm. Wozu also die Anderungen? Sicher ist nur, daß allein durch die neuen Trennregeln alle Schreibprogramme auf einen Schlag entwertet sind und Updates gekauft werden müssen.


2. Die Schreibreform ist milliardenteuer. Diese sinnlose Anschaffung von Updates für 10 Millionen Computer in Deutschland kostet Hunderte von Millionen DM. Die Schulbuchverlage rechnen, mit 300 Millionen DM für Umstellungskosten. Sie haben schon jetzt Bücher in der bisherigen Schreibung, die keine Schule mehr kaufen will, für 25 bis 40 Millionen DM ausgesondert, d.h. einstampfen lassen. Wer zahlt das alles? Wer finanziert die Steuerausfälle in Millionenhöhe, wenn Verlage weniger oder gar keine Gewinne mehr machen, weil sie umstellen müssen? Wer bezahlt die Umstellung aller Formulare in den Behörden, wer ersetzt uns die Millionen sinnloser Arbeitsstunden, wenn wir uns mit der Neuschreibung beschäftigen müssen, um die bisherige, die wir mehr oder weniger beherrschen, zu verlernen? Wenn die Politiker wollen, können sie diese 'Reform' sofort stoppen. Wenn dadurch sinnlose Ausgaben verhindert werden, müssen sie es tun.


3. Die Neuschreibung ist wissenschaftlich unhaltbar: Sie enthält zahlreiche Verstöße gegen die Sprachlogik. Professor Eisenberg z.B. urteilte im März 1995: 'Es ist die schlechteste überhaupt denkbare Lösung' (zur ss-Regelung), 'Der Schematismus der Reform geht an den sprachlichen Gegebenheiten vorbei' (zur Getrenntschreibung) etc. Wie miserabel die Neuregelung ist, zeigt sich erst, seit Bertelsmann und Duden versucht haben, sie in Wörterbüchern umzusetzen. Von den etwa 10 000 Unterschieden seien hier nur sieben genannt: 'wohlbekannt', 'wohlgemeint', 'wohltemperiert' und 'wohlverwahrt' werden laut Bertelsmann zusammen, laut Duden auseinander geschrieben, bei 'wohlgetan', 'wohltuend' und 'wohlunterrichtet' ist es umgekehrt. Wer soll sich da auskennen?


4. Die Neuschreibung ist ein Angriff auf die deutsche Sprache und Literatur. Wer verlangt, daß in Zukunft Wörter wie dasein, fertigstellen, heiligsprechen, liebhaben, nahelegen, sitzenlassen, frischgebacken, nichtssagend, notleidend usw. nicht mehr zusammengeschrieben werden dürfen, der eliminiert Wörter aus dem deutschen Wortschatz und vermindert so die Ausdrucksmöglichkeiten unserer Sprache. Niemand hat ein Recht zu solchen Eingriffen.

5. Sie ist total unpädagogisch: Sie verlangt von den Schülern in vielen Fällen das Gegenteil von dem, was ihnen bisher gesagt wurde. Sie drängt viele Schüler ab sofort, sich einer Regelung zu unterwerfen, die erst ab 1998 in Kraft treten und erst ab 2005, aber nur in Schulen, falsch sein soll. Sie schlägt Regelungen vor, die wir alle bis an unser Lebensende in nahezu allen Büchern daheim und in Bibliotheken ganz anders lesen werden. Am schlimmsten ist es jedoch, daß die Schüler etwas lernen müssen, von dem es immer wieder heißt, daß die Erwachsenen sich nicht daran halten müssen. Seit wann erzieht die Schule zu etwas, was im Leben nicht anerkannt wird? Wenn den Schriftstellern offiziell empfohlen wird, sie sollten weiter so schreiben wie bisher, wenn sogar der Bundespräsident davor warnt, die Neuregelung als Reform zu bezeichnen, und erklärt, er werde sich nicht an die Neuschreibung halten, was sollen die Schüler dazu sagen? Sie müssen täglich in den sauren Apfel. beißen, der von anderen verschmäht wird. Das ist das Ende jeder vernünftigen Pädagogik.


6. Sie ist undemokratisch durchgesetzt worden: 'Ein Musterbeispiel dafür, daß die Parlamente ihre Möglichkeiten nicht nutzen, ist die verpaßte Chance, die Rechtschreibreform zu verhindern Hier sind die Parlamente von den Kultusministern Vergewaltigt worden. In meinen Augen darf so etwas nie mehr passieren, oder wir können die Kulturhoheit der Länder zu Grabe tragen' (Horst Milde, SPD, Landtagspräsident in Niedersachsen, Nordwestzeitung, 1.11.96).


(Hamburger Abendblatt 20.8., Die Welt 22.8., MOPO 22.8.)

Beispiele für die Rechtschreibreform


ALT                                                          NEU


volltanken                                                voll tanken

abscheuerregend                                      Abscheu erregend

äußerst abscheuerregend                         äußerst abscheuerregend

fernlenken/bleiben                                   fernlenken/bleiben

fernhalten/liegen                                     fern halten/liegen

gegenübersitzen                                       gegenübersitzen

nebeneinandersitzen                                nebeneinander sitzen

irre werden                                               irrewerden

Flußaal                                                     Flussaal

pushen                                                      puschen

Mißetat                                                    Missetat

Missetat                                                   Missetat

hintenüberfallen                                      hintenüberfallen

vornüberfallen                                         vorn überfallen

die Selbstgedrehten                                 die selbst Gedrehten

all-abendlich                                            alla-bendlich

voll-enden                                                vol-lenden

Teen-ager                                                 Tee-nager

Stellungnahme


Wir sind der Meinung, daß die Rechtschreibreform unverzüglich gestoppt werden muß. Sie entbehrt sich uns jeglicher Logik und ist in weiten Teilen nicht nachvollziehbar. Daß, nach den ersten Monaten schon mehr als 8000 Unstimmigkeiten aufgetaucht sind zeigt deutlich, daß in der Organisation zahlreiche Mißverständnisse vorhanden sein müssen. Uns stellt sich folgendes Bild dar: Die Kultusminister haben etwas beschlossen, das laut FORSA Umfrage von zwei Dritteln der Bevölkerung abgelehnt wird. Ohne sich vorher über Widerstand Gedanken zu machen hat man sie gegen die aufkeimende Ablehnung mit Macht durchgesetzt.

Während unserer Recherche ist uns aufgefallen, daß die neue Rechtschreibung wirtschaftlich, wie gesellschaftlich großen Schaden anrichten kann. Die Kosten einer solch tiefgreifenden Anderung wurden schon ausführlich dargestellt. Alleine die Gehälter derjenigen klugen Köpfe die dieses Machwerk geschaffen haben übersteigen jegliche Limits.

Diese Stellungnahme soll nicht übertrieben wirken, jedoch hat uns die Wut und das Unverständnis so sehr angestachelt, das wir uns darüber informiert haben was man als 16 Jährige gegen solch ein "Diktat" tun kann. Wir sind dabei auf den neuen Vorsitzenden des Ortsausschusses Alstertal Dr. Wolfgang Wenskat (CDU) gestoßen, mit dem wir ein Treffen organisieren konnten. Da wir uns nicht vor dem 14.11. mit ihm treffen können werden wir später darüber berichten. Wir werden uns darüber informieren ob und wie es für uns möglich ist eine Bürgerinitiative zu gründen, oder uns einer anderen anzuschließen.

Sprache ist für uns etwas flexibles, sie verändert sich von alleine, Begriffe werden eingebürgert und besitzen dadurch eine allgemeine Akzeptanz. Die Rechtschreibreform hingegen stellt eine tiefgreifende Veränderung der Regeln dar, die keine Basis allgemeiner Akzeptanz besitzt. Dies macht sie zur Angelegenheit der Parlamente. Es ist unbefriedigend, daß bei solchen grundlegenden Veränderungen eines Kulturguts, Sprache ist Teil der Kultur, schlichte Beschlüsse genügen.

Es stellt sich uns die Frage weshalb eine Vereinfachung überhaupt sein muß, sind wir in unserer Gesellschaft schon so weit, daß einem alles leichtgemacht werden muß, oder ist das deutsche Volk einfach nur unfähig oder zu faul zum nachzudenken und lernen? Die neuen Regeln sind nicht logischer als die alten, sie stiften nur Verwirrung und Unsicherheit.

Prof. Gerhard Augst, Vorsitzender der Rechtschreibkommission, sagte in der ARD am 28. August: "(daß wir) in den nächsten 20 Jahren 2 Rechtschreibungen nebeneinander erleben werden." Solche Zustände dürfen in einer Weltmacht allerdings nicht vorhanden sein!

Ein anderes Problem, das sich in dem Zusammenhang auftut bezieht sich auf internationale Beziehungen, es wird es so sein, daß sich die Schüler die sich irgendwo auf der Welt dazu entschieden haben Deutsch zu lernen ebenso umstellen müssen; doch wie können diese die Anderungen verstehen, wenn es nicht einmal die Einheimischen tun können? Kurz gesagt: Wie soll sich ein Land, das sich nicht einmal über seine eigene nationale Rechtschreibung einig ist international behaupten können!

Quellenangaben:


1. AOL /Internet

2. "Die Welt", vom 20.7.97 - 28.10.97

3. "Bild" 30.7.97 /20.8.97

4. "Hamburger Morgenpost" Do. 14. 8.97 - 25.10.97

5. Ortsamt Alstertal (Ortsamtsleiter)

6. http:www.altavista.digital.com%1dg%2Recht

7. http:www.yahoo.de%1dpa

8. WIR gegen die Rechtschreibreform

(Postfach 82362 Weilheim i. OB.)

9. ARD /ZDF /N3

10. dpa@AOL.com (deutsche Presse Agentur)

11.DERMIB@.AOL.com

12. Hamburger Abendblatt 1.8.97 - 20.10.






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