Theodor Storm Ein Leben zwischen Dänemark und Deutschland
Hans Theodor Woldsen Storm, Sohn eines Advokaten und einer Mutter aus altem
Patriziergeschlecht, wuchs in einer Zeit großer politischer, wirtschaftlicher
und sozialer Veränderungen auf. Storm, geboren am 14. September 1817 in Husum,
gestorben am 4. Juli 1888 stand diesen Geschehnissen nicht gleichgültig
gegenüber.Der Junge wächst in großer Freiheit auf und zählt zu seinen
Spielgefährten Kinder aller Stände. Nach der Volksschule ging er auf eine Gelehrtenschule
auf der er jedoch nur mäßig erfolgreich war. In Lübeck erst vollendete er seine
Gymnasialstudien und erlangte dort auch literarische Bildung. Auf Wunsch des
Vaters studierte der zwanzigjährige in Kiel Rechtswissenschaft und freundet
sich mit den Gebrüdern Mommsen an, die kleine literarische Beiträge verfassen
und schleswig-holsteinische Märchen und Sagen sammeln.1843 kehrte Storm in
seine Vaterstadt Husum zurück und heiratet seine Cousine Constanze Esmarch.
Durch die Anderung der politischen Verhältnisse erhält Storm Berufsverbot und
muß ins Exil nach Preußen gehen (er trat für die Erhebung der Elbherzogtümer
gegen die dänische Herrschaft ein). In Berlin nimmt er Kontakt zu Theodor
Fontane auf und er erhält eine Anstellung im preußischen Justizdienst. Im Jahre
1865 stirbt seine Frau Constanze im Kindbett. Zwei Jahre später wird die Ehe
mit Dorothea Jensen geschlossen.Storm stirbt schließlich an einem Krebsleiden
und wird in der Familiengruft in Husum beigesetzt.
Die von Storm 1888 vollendete Rahmennovelle 'Der Schimmelreiter' war
sein letztes Werk.
Ein Mann reitet bei Sturm zu nächtlicher Stunde einen Damm entlang, als er
einem Reiterbegegnet bei dem ihm auffällt, daß er lautlos auf einem Schimmel an
ihm vorbeistob. Als er in eine Ortschaft kommt und in die Stube eines
Gasthauses eintritt, findet dort gerade eineVersammlung der
Deichbevollmächtigten statt und es geht auch dementsprechend laut her. Als er
jedoch von seinem Erlebnis erzählt verstummt plötzlich alles, denn der besagte
Reitertaucht nur auf, wenn der Deich bricht. Und zur Aufklärung des Fremden
beginnt derSchulmeister die Geschichte des Schimmelreiters zu erzählen.
Mitte des 18. Jahrhunderts lebte der gebildete Tede Haien, dessen Sohn Hauke
schon als junger Mensch behauptet, der Deich sei falsch angelegt worden. Nach
dem Tod des Deichgrafen übernimmt er dessen Position und plant die Anlage eines
weiteren Deiches. Wenig später ersteht Hauke einen heruntergekommenen Schimmel.
Haukes Knechte haben eine abergläubische Furcht vor dem Schimmel und verbreiten
das Gerücht, in ihm sei ein Pferdegerippe lebendig geworden.In Hauke und Elkes
neuntem Ehejahr wird deren Tochter geboren und im darauffolgenden Jahr der
Deichbau fertiggestellt. Die Jahre vergehen, der neue Koog (= Land das man dem
Meer abgewonnen hat) wird in fruchtbares Land verwandelt und Haukes neuer Deich
hat sich somit bewährt. Bald darauf bemerkt Hauke eine schadhafte Stelle im
alten Deich. Im gelingt es nicht bei der Versammlung der Deichbevollmächtigten
eine gründliche Reperatur durchzusetzen. Vielmehr wird der alte Deich aufgrund
mangelnder finanzieller Mittel nicht gründlich genug ausgebessert. Im Herbst
setzt unerwartet eine Sturmflut ein und der alte Deich bricht genau an der
schadhaften Stelle.Hauke sieht noch in den Wassermassen Frau und Kind umkommen.
Daraufhin jagt er mit seinem Schimmel in die Fluten und kommt ebenfalls ums
Leben, doch sein Deich - der Hauke Haien Deich - hat bis heute standgehalten.
Seit dieser Zeit erscheint der Schimmelreiter als Verkünder nahenden Unheils
und warnt die Bauern vor Deichbrüchen.
Die Novelle als Form mittleren Umfangs.
Die Novelle ist eine Prosaerzählung (seltener: Verserzählung) von mittlerem
Umfang. Der auf Wesentliches verdichtete Inhalt zielt auf einen zentralen
Konflikt, einen Zusammenstoss von Mensch und Schicksal, Realem und
Aussergewöhnlichem. Goethe spricht von einer 'unerhörten
Begebenheit'.Die Handlungsführung ist geradlinig konzentriert und weist
eine der geschlossenen Form des Dramas verwandte Architektur auf: geraffte
Exposition, Steigerung, pointierter (mitunter szenisch gestalteter) Höhe- und
Wendepunkt, Abfall und Ausklang. Die Geschlossenheit der Form wird auch durch
Leitmotive, Dingsymbole, Raffungen und Vermeiden breiter Schilderungen bewirkt.
Besondere Formen sind die zyklisch angelegten Novellen und die Rahmennovelle.
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