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WIE SICH DER MENSCH AUS DEM TIERREICH HERAUS ARBEITETE

wie sich der Mensch aus dem Tierreich heraus­"arbeitete"

Daß uns die Affen näher stehen, als wir lange Zeit geglaubt haben

Vor einiger Zeit nahm man noch an, daß schon vor 30 bis 35 Millionen Jahren Pongide (Affenartige) und Hominide (Menschenartige) getrennte Wege gegangen seien. Neuere Untersuchungen legen aber nahe, daß verschiedene Affenarten zu sehr verschiedenen Zeitpunkten den Weg verlassen haben, der zum Menschen führt: die Gibbons vor 20, die Orang-Utans vor 15 und die Gorillas vor 10 Millionen Jahren und als letzte, nämlich erst vor fünf oder sechs Millionen Jahren die Schimpansen. Die afrikanischen Menschenaffen sind - so sagen uns einschlägig bewanderte Wissenschafter - enger mit uns Menschen verwandt als mit den Orang-Utans, weshalb sie nicht mehr den Pongiden, sondern den Hominiden zugerechnet werden.



Daß die einen im Regenwald zu guten Turnern wurden, während sich andere in der Savanne den aufrechten Gang angewöhnten

Auf jeden Fall paß­ten sich vor Millionen Jahren unsere tierischen Vor­fahren verschiedenen Le­bensräu­men an: Im tropi­schen Regenwald entwic­kelten sich die einen zu spe­zialisierten Schwing-Hangel­kletterern, während sich aus den Lebensbedingungen der mit hohem Gras be­stan­denen Sa­vanne der aufrechte Gang der anderen ergab, der die Hände von der Fortbewe­gungs­funktion befreite.

Daß es entwicklungsgeschichtlich entschieden günstiger war, die Hände frei zu haben

In vielfältiger Weise konnten diese unspezialisierten Organe nun zur Beschaffung des zum Le­ben Notwendigen eingesetzt wer­den. Die Menschenartigen began­nen in Afrika auf der Stufe des Homo habilis ("befähigter Mensch") vielleicht schon vor drei Mil­lionen Jahren damit, in der Natur vorge­fundene Gegen­stände als Werk­zeug zu benutzen und - was viel wichtiger ist - die­ses Werkzeug (und nicht etwa sich selbst als Art) bestimmten Pro­blemstellungen anzupassen, wäh­rend sich körpereigene Waf­fen und Werkzeuge (Gebiß) all­mählich zurückbildeten.

Daß man den Menschen am Werkzeuggebrauch und an der Werkzeugherstellung erkennt

Bearbeitungsspuren an Steinen, die von Hominiden als Werkzeug verwendet wurden, las­sen die ersten Ansätze spezi­fisch menschlichen Verhaltens, nämlich planmäßigen, bewußten Han­delns und damit des Denkens, erkennen. So unansehnlich die Faustkeile der Hominiden auch ne­ben einer Bienenwabe wirken, sie sind Ausdruck eines gewal­tigen Entwicklungs­sprungs.

Wie Hand und Hirn sich und einander im Wechselspiel entwickel­ten


Hand und Hirn, Praxis und Theorie, entwickelten sich und einander im Wechselspiel, for­der­ten einander mit immer neuen Problemstellungen heraus, bis sich aus dem Menschenarti­gen der Ho­mo sapiens entwickelt hatte. (H. habilis - H. erectus - H. neanderthalensis - H. sa­piens). Etwa 60.000 Jahre alte Reste, die in Frankreich, Is­rael und Athiopien gefunden wurden, weisen bereits weitge­hend die Merkmale des Homo sa­piens auf.

Daß nur der Mensch sein Verhalten plant, denkt und spricht


Das Tier "arbeitet" nicht, es verhält sich instinktiv, un­bewußt. Selbstverständlich verhält sich auch der Mensch instink­tiv, hat aber als am weitesten ent­wic­kelte Lebensform darüber hinaus die Möglichkeit, sein Verhalten zu planen, es in Ge­dan­ken vorweg­zu­nehmen, zu denken. Bearbeitungsspuren an Steinen, die von Hominiden als Werk­zeug verwendet wurden, lassen auf die ersten Ansätze menschlichen Denkens schließen.

Die Sprache ist das "Vehikel" des Den­kens und mit diesem untrennbar verbun­den. Sie ist sozusa­gen dessen praktische Seite über die das Bewußtsein eines menschlichen Individuums auch den anderen zugänglich wird. Der Le­benskampf des "nackten Affen", des Menschen, erfor­derte von Anfang an die Zusam­men­arbeit in der Gruppe und damit die Entwicklung eines Kommuni­kati­onssystems - der Sprache.

Welche Bedeutung der Nutzung des Feuers bei der weiteren Ent­wicklung des Menschen zukam

Von entscheidender Be­deutung für seine weitere Entwicklung war der Übergang zur Nut­zung des Feuers, der vielleicht eine halbe Million Jahre zurückliegt. Die über dem Feuer zuberei­tete tieri­sche Nahrung wurde besser aufgeschlossen und der Körper reichlicher mit hochwertigem Eiweiß ver­sorgt.

Bis der Mensch lernte, Feuer selbst zu erzeugen, vergingen 350.000 Jahre. Die erste Na­tur­gewalt, die der Mensch damit beherrschen lernte, stellt einen chemischen Prozeß dar, während der nächste große Schritt vorwärts mit der Beherrschung biologischer Prozesse ver­bunden ist: Ac­kerbau und Viehzucht. Die Nutzung mechanisch-physikalischer Naturkräfte durch Wasserräder etwa, gelang erst viel später. Andererseits gelang die wissenschaftliche Durchdringung mechanisch-physikalischer Gesetzmäßigkeiten viel früher als die chemischer oder biologischer Zusammen­hänge.

wie der Mensch von aneignenden zu produzie­renden Wirt­schaftsformen gelangte

Wie der Mensch aneignende Wirtschaftsformen perfektionierte

Bis ins zehnte Jahrtausend v. befleißigte sich der Mensch ausschließlich der aneignen­den Wirtschaftsformen des Sammelns, der Jagd und des Fischfangs. Inzwischen hatte er die dabei ein­ge­setzten Geräte und Methoden perfektioniert. Er stellte Fallen, jagte mit Speer, Pfeil und Bume­rang, erleichterte sich das Ausgraben von Wurzeln durch Grabegabel und Haken und verwendete Gefäße aus gebranntem Ton. In guten Jagdgebieten und an fischreichen Gewässern wurde der Mensch seß­haft.

Wie der Mensch mit produzierenden Wirtschaftsformen experi­men­tierte


Der seßhaft gewordene Mensch hatte Gelegenheit neue Beobachtungenzu machen. Er konnte die Entwicklung der Pflanzen über die ganze Wachstumsperiode verfolgen. Es sollte aber Jahrtausende dauern, bis sich solche Beobachtungen zu neuen Erkenntnissen verdichteten aufgrund derer die besten Körner des gesammelten Wildgetreides bewußt wieder ausgesät wurden.

Die Anfänge der Domesti­kation liegen dort, wo Tiere als lebender Fleischvorrat gefangengehalten oder von den Pflanzungen ange­lockt wurden.

Der Mensch hatte also begonnen, sich die Erde untertan zu machen, die Vorgaben der Na­tur seinen Bedürfnissen anzupassen. Die ältesten Befunde für Feldbau und Tierhaltung stammen aus den Bergländern Vorderasiens.

wie Ackerbau und Viehzucht soziale Gegensätze und or­ga­nisier­ten Krieg mit sich brach­ten


Die Anderung der Methoden, die der Mensch bei der Beschaffung des zum Leben Not­wendi­gen anwandte, zog - auch in späteren Epochen - Veränderungen in den Formen des Zu­sammenlebens nach sich.

Wie sich der organisierte Krieg entwickelte


Altsteinzeitliche Jäger hatten einander im Kampf um die Jagdbeute vielleicht getötet, oder gar einander als Jagdbeute aufgefressen, aber sie hatten einander nicht unterjocht, weil es so gut wie nichts gab, was sie einander nehmen konnten, außer dem Leben oder der Jagdbeute.

Mit der Ent­wick­lung produzierender Wirtschaftsformen aber entwickelte sich der organisierte Krieg, der nun die gewaltsame Aneignung von Viehherden, Weideplätzen und Wasserstellen, von Ackern Ernte und Ar­beitskräften zum Ziel hatte.

Als Jäger und Sammler hatte der Mensch von der Hand in den Mund gelebt. Die Produktivität seiner Arbeit hatte nur zur Aufrechterhal­tung seiner bloßen Existenz ge­reicht.

Ackerbau und Viehzucht aber gestatteten die Produktion von Überschüssen, um deren Aneig­nung sich seither die ganze menschliche Geschichte dreht.

Wie sich soziale Gegensätze entwickelten


Solange der Pflug nicht bekannt war, bestand der Zwang einer kollektiven Bewirtschaf­tung des Bodens. Durch den Einsatz des Pfluges (genauer: des "Hakens", da er nur den Boden aufriß und die Scholle nicht wendete) und von Zugtieren vor dem Pflug konnte eine Familie ih­ren Land­anteil selbständig bearbeiten und die Vorstellung von privatem Eigentum an Land, Ar­beitsgeräten und Vieh entwickeln.

Die Produktion von Überschüssen war die Voraussetzung dafür, daß ein Teil der Ge­sell­schaft, dem nun organisatorische, kultische und dergleichen Aufgaben obla­gen, von unmit­telbar pro­duktiver Arbeit befreit werden konnte. Aus den Funk­tionären aber wurden Herren. Diejeni­gen, die den Boden bloß bearbeiteten, waren nicht dieje­nigen, die über ihn verfügten.

Die Spaltung der Ge­sellschaft äußert sich bereits deutlich in der unter­schiedlichen Ausstattung jungsteinzeitlicher Gräber und vor allem den aus riesigen Felsblöcken errichteten Grabmälern der Megalithkultur (Stonehenge).

Wie die Verwendung von Metallen die soziale Differenzierung för­derte


Die Arbeitsteilung und die mit ihr einhergehende soziale Differenzierung wurde durch die Verwendung metallischer Werkstoffe vorangetrieben. Im 6. Jahrtausend entdeckte der Mensch (zuerst in Vorderasien und Südosteuropa) das Kupfer, das im Vorderen Orient im 4. Jahrtausend v. mit Zinn legiert wurde. Seit etwa 3000 v. war das optimale Mischungsverhältnis (80-90% Kup­fer) bekannt. Der Besitz reichlicher Bronzevorräte war ein kriegsentscheidender Faktor. Durch Plünderung und Unterwerfung fremder Stämme kam es gelegentlich zur Anhäufung von Bronzeschätzen, die in der Verfügungsgewalt der Kriegshäuptlinge und Stammesführer verblieben, deren Ruhm vermehrten und allmählich als deren Eigentum betrachtet wurden.

Eisen wurde ebenfalls zuerst im Vorderen Orient verarbeitet (ab etwa 1500 v.).

Wie die Unterdrückung der Frau begann


Die Jahrtausende lange Unter­drückung der Frau, die Herrschaft des Mannes - das Patriarchat - begann, als die überle­gene Kör­perkraft des Mannes mit dem Übergang zu Ackerbau und Viehzucht und zum organi­sierten Krieg in den Vordergrund trat. Dazu kam die Entwicklung der Einzelfamilie mit priva­tem Grundeigen­tum, deren Angehörige - freie und unfreie Personen - der Gewalt des väterli­chen Familienober­haupts unterworfen waren. Ursprünglich bezieht sich der Begriff "Familie" wohl gar nur auf Skla­ven (lat. "famulus" - Sklave).

Wie sich die ersten HOCHKULTUREN entwickel­ten

Wie die Probleme der Bewässerung in den großen subtropi­schen Stromtälern zentrale Planung und staatliche Organisa­tion er­for­derten und hervorbrachten


Hochkulturen (durch schriftliche Quellen dokumentierte Kulturen) sind an der Wende vom 4. zum 3. Jahrtausend v. zuerst im Niltal, in Mesopotamien und im Südwestiran (Chusistan) ent­standen. Indien und China folgten um die Mitte des 2. Jahr­tausends v.

Die großen Stromtäler der subtropischen Zone konfrontierten den Menschen mit tech­ni­schen und organisatorischen Problemen, deren Meisterung mit dem im 4. Jahrtausend v. er­reichten Ent­wick­lungsstand der Produktion möglich wurde und gleichzeitig einen entscheiden­den Schritt vor­wärts erforderte.

Während die Hochwasserperiode des Nil in die Zeit zwischen Ernte und Saat fiel, wa­ren die von Euphrat und Tigris vorgegebenen Bedingungen für den Feldbau wesentlich ungün­sti­ger: Beide Ströme führten Hochwasser während der Wachstumsperiode.

Eine in den orientalischen Trockengebieten verbreitete Bewässerungsmethode wurde auf dem Gebiet des heutigen Iran entwickelt: Tief in die Erde gelegte Tunnel, die in regelmäßi­gen Ab­ständen durch Schächte zugänglich sind, leiten das, solcherart vor Verdunstung ge­schützte Wasser auf die Felder.

Welche konkreten Probleme die Bewässerung auch mit sich brachte, die erforderlichen Ar­bei­ten an Däm­men, Kanä­len, Zisternen und Schöpfwerken bedurften der ra­tionellen Zu­sam­men­fassung der Arbeitskraft der Bauern und ei­ner einheitlichen Planung, der sich die ein­zelnen Dorf­gemein­schaf­ten unterordnen mußten. Aus den leitenden Funktionären wurde eine herr­schende Klasse, an deren Spitze die altorientalischen Despoten standen, die die höhere Ein­heit personifi­zierten, die durch die Kooperation der Bauerngemeinden entstanden war, und im Na­men des je­weiligen Staatsgottes ein Obereigentum am Grund und Boden beanspruchten: in Agypten der "Pharao", in den Stadtstaaten Mesopotamiens der Priesterfürst, der "Ensi". Als Rahmenbedin­gung großräumiger Kooperation war die altorientalische Despotie ökonomisch gerechtfertigt. Zu ihrer eigenen Verherrlichung aber zwang sie ganze Heere von Bauern zur Arbeit an den Kolossal­bauten.


wie sich der ägyptische Staat entwickelte


Agypten, das ist im wesentlichen die nicht ganz 1000 km lange und 10 bis 20 km breite Fluß­oase des Nil bis zum ersten Katarakt (Assuan). Unter- und Oberägypten (auf die Strom­rich­tung des Nil bezogen) waren ursprünglich selb­ständige Staaten, die um 3000 (unter Menes) verei­nigt wurden. Die Pharaonen trugen weiterhin die Kronen der "beiden Länder" - die weiße, mitraähnliche Krone Oberägyptens und die rote Krone Unterägyptens - als Doppelkrone.

Wie man die ägyptische Geschichte periodisiert und dabei hauptsächlich Altes, Mittleres und Neues Reich unterscheidet

Der ägyptische Priester Manetho verfaßte um 280 v. eine Darstellung der Geschichte Agyptens, die in griechischer Sprache überliefert worden ist. Er unterscheidet darin 30 Dyna­stien und ordnet sie folgenden Zeitabschnitten zu:

Frühzeit/Thinitenzeit (nach Thinis in Mittelägypten): 1. und 2. Dynastie

ALTES REICH: 3.-6. Dynastie (2778-2423)

Erste Zwischenzeit: 7.-9. Dynastie (2423-2065)

MITTLERES REICH: 10.-12. Dynastie (2065-1785)

Zweite Zwischenzeit / Hyksoszeit: 13.-17. Dynastie (1785-1580)

NEUES REICH: 18.-20. Dynastie (1580-1085)

Spätzeit: 21.-30. Dynastie (1085-341)

Wie der Pyramidenbau die Wirtschaft des alten
Agypten bela­stete

In der Frühzeit wurden die Pharaonen mit dem Himmelsfalken Horus identifiziert. "Da nicht nur der Himmel, sondern auch die Sonne als Falke angesehen wurde, ergab sich die Glei­chung >König = Sonne = Himmel<, die schließlich in dem Königssymbol der Flügelsonne ihren Ausdruck fand".[i] Im Alten Reich wurden sie zu Söhnen des Sonnengottes Re degradiert. Dessen ungeachtet wurden ihnen Grabmäler von so gewaltiger Größe errichtet - die großen Py­ramiden von Saqqara, Giza, Medum und Dahschur -, daß deren Bau den Bauern allzu schwere Frondienste aufbürdete und ihre Arbeitskraft den Feldern allzu lange entzog. Hunger­revolten waren die Folge, die gemeinsam mit Selbständig­keitsbestrebungen der Gaufürsten und Noma­deneinfällen aus dem syrischen Raum den Zu­sammenbruch des Alten Reiches herbeiführ­ten. Pyramiden wurden wohl bis ins 16. Jahrhundert errichtet, erreichten aber nie mehr die Ausma­ße der zur Zeit der 4. Dynastie (2723-2563, "Pyramidenzeit") errich­teten Anlagen.

Was in Agypten zur Zeit des Mittleren Reiches geleistet wurde


Die Gaufürsten von Theben (heute: Luxor) gingen siegreich aus dem Kampf rivalisie­render lokaler Dynastien hervor und stellten die, von wirtschaftlichen Erfordernissen gebiete­risch gefor­derte, Reichseinheit wieder her (Mittleres Reich). Der thebanische Lokalgott Amon wurde zum Staatsgott befördert und mit Re fusioniert.

Zur Zeit des Mittleren Reiches setzte sich Gold als Wertmaßstab durch (nicht gemünzt) und der Werkstoff Glas wurde bekannt (Glasbläserei ist eine phönizische Erfindung). Eine der Depressionen in der libyschen Wüste - das Fajjum, etwa 75 km südwestlich des heutigen Kairo gelegen - wurde (unter Amenemhet III. [1842-1795]) durch einen Kanal mit dem Nil verbunden und kultiviert. Der solcherart entstan­dene Moerissee diente als Ausgleichsbecken für das Nilhochwas­ser. Überhaupt wurde im Mitt­leren Reich die Wasserwirtschaft perfektioniert.

Der ägyptische Staat expandierte in den Sudan und nach Syrien-Palästina (= Kanaan - "Land der roten Farbe), pflegte Han­delsbeziehungen mit dem sagenhaften Goldland Punt, worunter man wahrscheinlich Somaliland zu verstehen hat, und mit dem ägäischen Raum.

Bildende Kunst und Literatur (Märchen und die Erzählung von den Erlebnissen des Si­nu­het in Palästina) erreichten in dieser Epoche den Höhepunkt ihrer Entwicklung.

Wie es den Hyksos gelang, Unterägypten zu erobern


Das Ende des Mittleren Reiches war abermals von der Schwäche der Zentralgewalt und Bauernerhebungen charakterisiert. Den Schlußpunkt setzte der Einfall der aus Syrien kommen­den und schwer einzuordnenden (mehrheitlich wohl semitischsprachigen) "Hyksos", die ihre vorübergehende Herrschaft in Unterägyp­ten dem (zuvor in Agypten unbekannten) Pferd und ihren Streitwagen verdankten (als Reittier wurde das Pferd noch nicht verwendet).

Wie Echnaton vergeblich versuchte, die Amon-Priesterschaft zurückzudrängen

Die Wiederherstellung der Reichseinheit erfolgte abermals von Theben aus (Neues Reich). Agyptische Heere stießen (unter Thutmosis I. [1557-1539]) erstmals. bis zum Euphrat vor. Mit Hatschepsut (1490-1468) kam ausnahmsweise eine Frau an die Macht. Amenophis IV.(1372-1354) versuchte, die allmächtige Amon-Priesterschaft auszuschalten und dem Sonnengott Aton als neuem zentralistischem Staatsgott mit dem Hang, keine anderen Götter neben sich zu dulden, zur Macht zur verhelfen, konfiszierte die Güter der Amon-Priester­schaft, brach mit den Tradi­tionen, verlegte die Haupt­stadt nach Norden (Achet-Aton / Tell el-Amarna), legte sich einen neuen Namen zu (Echnaton) und - scheiterte. Echnaton konnte mit seinen Reformen die Masse der Bevölkerung nicht mobilisieren, da sie sich von diesen keine Verbesserung ihrer Lebensver­hältnisse erwarten konnte. Sein berühmter aber bedeutungsloser Nachfol­ger unterwarf sich Amon und nannte sich wieder nach ihm: Tut-Anch-Amon.

Wie Echnatons Bruch mit den Traditionen sich auch in der Kunst seiner Zeit äußerte

Echnatons Bruch mit den Tradi­tio­nen äußert sich auch in dem naturalistischen Kunststil, den die Amarna-Zeit mit sich brachte, und dessen berühmtestes Beispiel die Portraitbüste Nofretetes, der Frau Echnatons, darstellt.

Daß die Auseinandersetzung mit den Hethitern um die Vorherrschaft in Kanaan mit einem Remis endete und die Agypter auch mit der Bedrohung durch die "Seevölker" fertig wurden

Zur Zeit der 19. Dynastie (13. Jh. v.) kam es zu schweren Kämpfen mit Kanaanäern und Hethitern (einem indoeuropäisch sprechenden Volk unbekannter Herkunft, das das im zweiten Jahrtausend v. vom östl. Kleinasien aus einen bedeutenden vorderorientalischen Staat errichtet hatte) um die Herrschaft in Palästina. Die zwischen Agyptern und Hethi­tern geschla­gene Schlacht von Kadesch (1286) endete unentschieden, und Palästina blieb in ägyptischer Hand. Der danach zwischen Agyptern und Hethitern geschlossene Frieden wurde durch die Heirat Ramses´ II. (1290-1224) mit einer hethitischen Königstochter besiegelt.

Wer die "Seevölker" waren und, daß zu ihnen die "Philister" und vielleicht auch die Etrusker gehörten

Ein­fäl­le der sogenannten "Seevölker" (ein Völkerkonglomerat, das im Zusammenhang mit der Agäischen Wanderung, in deren Verlauf die Landnahme griechischer Stämme erfolgte, in Bewegung geraten war) konnten durch Ramses II. und seine Nach­folger abgewehrt werden. In ägyptische Gefangenschaft geratene Gruppen wurden in dem spä­ter nach ihnen benannten Gebiet - Palästina - angesiedelt. Es handelt sich um die "Philister". Durch den Niedergang der ägyptischen Macht erlangten sie bald die Selbständigkeit. Einer der in einem Papyrus aufgeführten Namen der Seevölker ist übrigens möglicherweise mit dem der Etrusker zu identifizieren.

Wie letztlich doch der Hohepriester des Amon sich zum Pharao aufschwang

Als der letzte der "Ramessiden" (19. und 20. Dynastie) starb, erhob sich Herihor, der Hohepriester des Amon, zum Pharao und begründete den Gottesstaat des Amon (1085). Mit Herihor begann die Spätzeit der ägyptischen Ge­schichte. Agypten war in dieser Zeit vorübergehend den Assyrern tributpflichtig, die syrisch-palästinischen Besitzungen gingen unter Necho (609-594) verloren.

Daß vermutlich schon zur Zeit des Neuen Reiches der Nil und das Rote Meer durch einen Kanal verbunden waren

Nach ihm ist der Kanal be­nannt, der das Nildelta mit dem Roten Meer verband und solcherart einen Vorläufer des Suez-Kanals darstellte. Vermutlich aber war diese Wasserstraße schon zur Zeit des Neuen Reichs angelegt worden und war nur versandet.

Nachdem die Perser Agypten schon einmal (525 unter Kambyses II.) unterworfen, aber (404) wieder verloren hatten, besetzten sie es neuerlich im Jahre 341 (unter Artaxerxes III.).

wie sich die mesopotamischen Staaten entwickelten

Daß die Sumerer die Begründer der mesopotami­schen Hochkultur waren

Die eigentlichen Begründer der mesopotamischen Hochkultur waren die Sumerer, die man - sprachlich gesehen - mit der (vorindogermanischen, drawidischen) frühen Induskultur (Harappa, Mohendjo Daro) in Verbindung bringt. Sie errichteten im Süden Mesopotamiens eine Reihe von Stadtstaaten, deren wichtigste Ur, Uruk, Lagasch, Kisch, Umma, Nippur und Eridu waren.

Daß im Lauf des dritten Jahrtausends semitischsprachige Stäm­me in Mesopotamien eindrangen und die sumerische Kultur über­nahmen und weiterentwickelten

Seit etwa 3000 wanderten semitischsprachige Stämme ein, die die sumerische Kultur übernahmen und weiterentwickelten und das Zweistromland erstmals (unter Sargon um 2350) zu einem Großreich vereinigten, das knapp 200 Jahre bestand, und dessen Zentrum die Stadt Akkad war, deren Name zugleich den Oberbegriff bezeichnet, unter dem die in Nord- und Südmesopotamien gesprochenen ostsemitischen Dialekte Assyrisch und Babylonisch zusam­mengefaßt werden: "Akkadisch".

Daß die Geschichte Mesopotamiens durch den Wechsel der Zentren, von denen aus sich grössere Staaten bildeten, sowie durch den Einbruch semitisch sprechender Stämme von Süden und indoeuropäisch sprechender Stämme von Norden charakte­risiert ist

Die weitere Geschichte Mesopotamiens wird durch den Wechsel der Zentren, von de­nen aus sich größere Staaten bildeten, sowie durch den Einbruch weiterer semitischsprachiger Stämme von Süden (Aramäer, insb. Chaldäer) und indoeuropäisch sprechender Stämme von Norden (Hethiter, Meder, zuletzt Perser) charakterisiert.

Den Sumerern gelang es unter der III. Dynastie von Ur kurz vor 2000 vorübergehend noch einmal, fast ganz Mesopotamien zusammenzufassen.

Nach dem Zerfall des Reiches von Ur in kleinere Staaten vereinigte nach 1800 Ham­murapi, von der bis dahin ziemlich unbedeutenden Stadt Babylon aus unter seiner Herrschaft neuerlich ganz Mesopotamien.

Daß der Codex Hammurapi die bedeutendste Gesetzessammlung des Alten Orients darstellt und durch die Prinzipien der Un­gleichheit vor dem Gesetz und der Vergeltung charakterisiert ist

In der während seiner Regierungszeit verfaßten berühmten Gesetzessammlung spiegeln sich die sozialen Gegensätze der altorientalischen Gesellschaft. Der Codex Hammurapi begün­stigte die Herrschenden und Besitzenden und regelte Strafmaß und Ersatzansprüche nach dem sozialen Stand der Streitparteien. Neben dieser ausdrücklichen Ungleichheit vor dem Gesetz ist das Prinzip der Vergeltung ("Auge um Auge, Zahn um Zahn") ein hervorstechendes Merkmal die­ser Gesetzessammlung.


Daß Codex Hammurapi und Gilgamesch-Epos grundlegende Werke der altorientalischen Literatur darstellen, die auch bei der Abfassung der Bibel als Vorbild gedient haben

Noch lange aber galt der Codex Hammurapi nicht einfach nur als Gesetzestext, sondern auch als Meisterwerk der Literatur, dem großen Epos gleichwertig, das auf sumerischen Er­zäh­lungen beruht, die von dem legendären König Gilgamesch von Uruk handeln, ein über viele Jahrhunderte weiterentwickelter Stoff, der in Babylonien unter das Leitmotiv der Suche nach dem ewigen Leben gestellt wurde. Das Gilgamensch-Epos wurde auch in andere Sprach- und Kulturkreise des Vorderen Orients übernommen (es gibt auch eine hethitische und eine churri­tische Version). Aus dem Text der Bibel geht hervor, daß ihren Autoren zweifellos so­wohl der Codex Hammurapi als auch das Gilgamesch-Epos bekannt waren.

Wie Assur das Zentrum einer Grossmacht wurde, deren Truppen Babylon zerstörten und vorübergehend sogar Teile Agyptens besetzten

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts besetzten die Hethiter Babylon vorübergehend. Sie wa­ren zu Beginn des zweiten Jahrtausends gemeinsam mit anderen - gleich ihnen indoeuropäische Dialekte sprechenden - Gruppen in Kleinasien eingedrungen. Danach wurde Babylonien mehrfach von Assur un­terworfen, das Zentrum eines kräftig expandierenden Staates in Obermesopotamien geworden war. Im Jahre 689 kam es (unter dem assyrischen König Sanherib) gar zur völligen Zerstörung Babylons. Assur eignete sich (671) auch Teile Agyptens an.

Nach 1700 drangen die aus dem Iran kommenden und sprachlich schwer einzuordnen­den Churriter in Assyrien ein und gründeten dort eine Reihe von Staaten, deren wichtigster das Mitanni-Reich war. Die Herrscher der Churriterstaaten trugen seit etwa 1500 indoeuropäische Namen.

Wie sich ein neubabylonisches Reich unter aramäischer Führung entwickelte und in Babylon unter Nebukadnezar ein wahrer Bau-Boom einsetzte, schließlich aber Perserkönig Kyros
in Babylon einzog

Seit etwa 1100 waren Aramäer (Chaldäer) in Babylonien eingedrungen. Bereits im Jahre 626 befreite sich Babylonien unter chaldäischer Führung von assyrischer Herrschaft. Im Bündnis mit den Medern (unter Kyaxares) eroberten die Chaldäer (unter Nabopolassar) Assy­rien und machten Assur und Ninive dem Erdboden gleich.

Damit hatte die sogenannte neubabylonische Periode begonnen. Nebukadnezar (II. 605-562) unterwarf Syrien und Palästina. Während seiner Regierungszeit entfaltete sich in Babylon eine rege Bautätigkeit (Terassengärten, die "hängenden Gärten der Semiramis", eines der "sieben Weltwunder", ferner der "Turm zu Babel", der etwa 90 Meter hohe Turm des dem Stadtgott Babylons [Marduk] geweihten Heiligtums).

Nebukadnezars Nachfolger Nabonid geriet in einen offenen Gegensatz mit der Marduk-Priesterschaft, der den vordringenden Persern den Sieg leicht machte. Der Perserkönig Kyros (II.) zog 539 in Babylon ein.

wie die Israeliten nach Agypten kamen und heilfroh waren, als sie es wieder verlassen konnten, wonach sie einen eigenen Staat in Kanaan gründeten

Wie und warum überhaupt Nomaden in die Fruchtländer Mesopo­tamiens und Agyptens kamen

Bereits gegen Ende des dritten Jahrtausends kamen semitisch sprechende Stämme auch nach Agypten. Wie in Mesopotamien kamen sie , um die Produkte ihrer auf Kleinviehzucht beruhenden Nomadenwirtschaft einzutauschen (auf Kamelzucht spezialisierte Nomaden traten erst im 9. Jh. v. unter dem Namen "carab" auf), sie kamen als Eroberer oder - in Dürrejahren - vom Hunger getrieben, was oft das Gleiche war. Viele kamen als Kriegsgefangene. In der Hy­ksoszeit trugen etliche Machthaber Unterägyptens semitische Namen.

Es spricht einiges dafür, daß der Ausdruck "Hebräer" (in ägyptischen Quellen "capiru", in akkadischen Texten "chabiru") nicht als Bezeichnung eines Stammes, sondern einer niederen Sozialschicht zu deuten ist. Die Agypter meinten damit jedenfalls die verschiedenen ausländi­schen Zwangsarbeiter. Die Bibel hingegen beschränkt die Verwendung des Begriffs "Hebräer" auf die Israeliten, die als Stammesgruppe erscheinen, die sich im östlichen Nildelta niederließ und aller Wahrscheinlichkeit nach von Ramses II. für Bauarbeiten an den Grenzfestungen Per-Atum und Per-Ramses (in der Bibel: Pitom und Ramses) herangezogen wurde, und unter des­sen Nachfolger Merneptah (1224-1204) abwanderte.

daß sich die Stammesgruppe der Israeliten wahrscheinlich erst bildete, nachdem sie aus Agypten geflohen war

Es ist wahrscheinlich, daß die als "Israeliten" bezeichnete Gruppe sich überhaupt erst im Zu­sammenhang mit dem Exodus, der Flucht aus Agypten, aus einigen semitisch sprechen­den Stämmen gebildet hat. Etwa gleichzeitig mit den Israeliten entwickelten sich im Raum Ka­naans (Syrien-Palästina) andere Nationen aus semitisch sprechenden Stämmen: Edom, Moab und Ammon. In der Erzählung von der Offenbarung am Berg Sinai spiegelt sich vielleicht das Wer­den der israelitischen Nation. "Die biblische Überlieferung unterstellt, daß der zusam­menge­würfelte Haufen von Menschen, der aus Agypten entrann (Num 11, 4) den Bund am Sinai auf sich nahm und von Anfang an unter dem Namen Israel in Sippen geordnet und sau­ber in zwölf Stämme aufgeteilt war. Diese zwölf halbnomadischen Stämme überdauern durch eine Reihe von Wundern die Wüstenwanderung - woraus hervorgeht, daß sie keine richtigen No­maden, sondern dem Wüstenleben schlecht angepaßt waren. Sie waren offenbar ebenso­wenig ein starker Truppenkörper "[ii] In der Genesis (46,26) ist von nur 70 Personen die Re­de.

Daß die Landnahme der Israeliten in Kanaan etwas von Invasion, von Heimkehr und von Sozialrevolution an sich hatte und nicht ganz so schnell und glatt vor sich ging, wie´s in der Bibel steht

Jedenfalls dürfte die "Landnahme" zunächst höchstens von einigen tausend Mann un­ternommen worden sein. Vieles spricht dafür, daß es sich dabei nicht (wie die Bibel das Ge­schehen schildert) um eine rasche, zielstrebige Invasion, sondern um einen in mehreren Schrit­ten erfolgten Infiltrationsprozeß handelte. Verschiedene Indizien sprechen auch für eine Prä­senz israelitischer Stämme (Benjamin, Sebulon) vor der Landnahme sowie dafür, daß sich das Eindringen der Israeliten mit Bauernaufständen in den verschiedenen kanaanitischen Staaten verbunden habe.

Wie sich um 1000 ein israelitischer Staat bildete und Jahwe dort eine feste Behausung bekam, daß dieser Staat aber bald in
zwei Teile zerfiel

Die Herausbildung eines israelitischen Staates beendete die Herrschaft charismatischer Stammesführer (der "Richter"). Saul wurde (1010) zum König proklamiert. Unter David (1006-966) wurde Jerusalem den Philistern entrissen und zum politischen und kultischen Zen­trum eines kanaanitischen Großstaates, der bis an den Euphrat reichte. Davids Sohn und Nach­folger Salomo verlor allerdings die aramäischen Gebiete wieder. Der eine Gott der Israeliten erhielt nun im einen Staat der Israeliten mit dem (salomonischen, ersten) Tempel eine dauernde Heimstatt statt eines baulichen Provisoriums, wie es das "Stiftszelt" gewesen war. Im Allerhei­ligsten stand die "Bundeslade", die die Moses übergebenen Gesetzestafeln enthielt.

Nach dem Tod Salomos zerfiel der israelitische Staat in das Nordreich Israel (mit der Hauptstadt Samaria) und das Südreich (mit der Hauptstadt Jerusalem).

Wie aus Rest-Kanaan Phönikien wurde

Im Zuge der Invasionen und Völkerbewegungen jener Zeit hatten die Kanaanäer neun Zehntel ihres Gebietes an die Aramäer, Israeliten und Philister verloren. Den selbständig ge­bliebenen etwa 200 km langen Streifen an der Mittelmeerküste, der sich im wesentlichen mit dem Gebiet des heutigen Libanon deckte, nannten die Griechen "Phönikien", was ebenso wie die semitische Bezeichnung "Kanaan" "Land der roten Farbe" bedeutet. In der Tat waren mit dem Sekret der Purpurschnecke gefärbte Textilien das wichtigste Exportgut jenes Raumes.

Wie sich die Phönizier auf die Seefahrt spezialisierten, von Salomo aber auch als Baumeister und handwerker geschätzt wurden

Die Kanaanäer/Phönizier sahen sich genötigt, ihre Wirtschaft den neuen beengten Ver­hältnissen anzupassen, woraus sich geradezu der Zwang einer Spezialisierung auf die Seefahrt ergab, die ihnen auf diesem Gebiet bald einen Entwicklungsvorsprung verschaffte. Im gesamten Mittelmeeraum errichteten die Phönizier Handelsstützpunkte. Auf ihren Fahrten gelangten sie bis Westafrika und Britannien. Selbst die Machthaber der damaligen Großstaaten ließen bei den Phöniziern fahren. Die phönikischen Stadtstaaten (Ugarit, Byblos [Gebal], Arwad, Sidon, Tyrus) standen in besonders enger Beziehung zu Agypten, das schon im Alten Reich Bauholz aus dem Libanon bezogen hatte. Intensive Beziehungen gab es auch mit dem Agäischen Raum (Kreta, Mykene), Kleinasien und natürlich mit der näheren Umgebung: Salomo schloß mit Hiram, dem König von Tyrus, einen Vertrag, der die Lieferung von Baumaterialien und die Be­reitstellung spezialisierter Handwerker für den Bau des Tempels in Jerusalem vorsah. Phöni­kische und die Königshäuser Israels und Judas waren durch Heirat verbunden.

Wie die Assyrer das israelitische Nordreich eroberten und die dort ansässigen zehn Stämme deportierten, die seither als "verloren" gelten, und wie Nebukadnezar im Jahre 587 den salomonischen Tempel zer­störte und die Israeliten in die babylonische Gefangenschaft führte, die Perser sie aber wieder gehen ließen

Die Assyrer eroberten 722 Israel und zerstörten Samaria. Die - seither "verlorenen" - zehn Stämme des Nordreichs (oder wenigstens ihre Führungsschicht) wurden deportiert. Juda teilte später das Schicksal des Nordreichs: Die Aramäer zerstörten 587 unter Nebukadnezar den Tempel Jahwes ("erste" Tempelzerstörung) und deportierten einen Teil der Bevölke­rung ("babylonische Gefangenschaft"), dem die Perser (unter Kyros) aber die Rückkehr gestat­teten. Auch der Tempel wurde nun wieder aufgebaut.


wie sich die ersten Schriften entwickelten

Daß Die ägyptische Hieroglyphenschrift und die mesopotamische Keilschrift Mischsysteme aus Laut- und Begriffszeichen darstellen

Aus dem Bedürfnis der Nachrichtenübermittlung und der Speicherung von Daten und Fak­ten ergab sich im Alten Orient die Erfindung der Schrift. Die eigentliche Leistung bestand dabei nicht etwa darin, daß die Agypter und Sumerer Dinge, Tiere und Menschen bildlich dar­stell­ten (das hatten viele tausend Jahre zuvor auch schon die Men­schen der Altsteinzeit getan), sondern darin, daß sie viele ge­eignete Zei­chen nicht nur als Träger des darge­stell­ten Be­griffs (Begriffszeichen, Ideo­gramme), sondern als Träger der entsprechenden Laut­kombinati­on, als Lautzeichen, Phonogramme, ver­wendeten. Die ägyptische Hieroglyphen­schrift und die meso­potamische Keilschrift stellen damit Mischsy­steme aus Laut- und Begriffszei­chen dar.

Was die Besonderheiten der Hieroglyphenschrift sind

Das Altägyptische gehört der Familie der hamitose­miti­schen Sprachen an, in denen den Voka­len nur sehr unterge­ordnete Bedeu­tung zukommt. Die Agypter ver­standen da­her die Vokale nur als "Färbung" der sie umgeben­den Konsonanten. Das Zeichen men (Brettspiel) z.B. konn­te nun auch für die Kon­so­nantenkombination m+n stehen, das Zeichen wen (Hase) für w+n, das Zeichen pe (Sitz) für den Konsonanten p.

Etwas mehr als 150 der insgesamt ca. 750 Zeichen um­fassenden ägyptischen Hierogly­phen­schrift sind solche Laut­zeichen. Die Lautzeichen (Phonogramme) wurden ursprüng­lich den Begriffszeichen (Ideogrammen) beigegeben, um Mißverständnisse bei der Lesung auszu­schließen. Ferner fügte man jenen Zeichen, die für zwei oder drei Konsonanten standen, noch ein oder zwei Einkonso­nan­tenzeichen hinzu, die ebenfalls nicht gelesen werden dürfen, sondern nur die Eindeutigkeit der Lesung sicherstellen sol­len.

Etwa 100 von den Symbolen der Hieroglyphenschrift sind sogenannte Determinative. Das sind Deutzeichen, die - ans Ende eines Worts gesetzt - insbeson­dere bei gleichlautenden Begriffen Eindeutigkeit her­stellen sollen. So zum Beispiel ist die Grundbedeutung der Kon­son­antenkombi­nation n+f+r "gut". Mit dem Determinativ "sitzende weibliche Person" versehen bedeutet diese Konso­nan­tenkombination "junges Mäd­chen".

Die Hieroglyphenschrift kann von links nach rechts, von rechts nach links oder von oben nach unten geschrieben sein. Schriftzeichen, die Menschen oder Tiere darstellen. blicken immer zum An­fang der Zeile.

Für den alltäglichen Ge­brauch wurden Kursivschriften entwickelt (Hieratisch und De­moti­sch).

Im Jahre 1799 fand ein Of­fizier der französischen Expe­ditionsarmee nahe einer Ort­schaft im Nildelta namens La Rosette einen Stein aus ptole­mäischer Zeit (196 v.) mit hie­rogly­phischer, demoti­scher und griechischer Inschrift, an Hand dessen der französische Agypto­loge Champollion die Hierogly­phenschrift entziffern konnte

Was die Besonderheiten der Keilschrift sind

Als Sy­steme sind Keil­schrift und Hieroglyphenschrift gut miteinander vergleichbar, wenn sie sich auch in den gra­phischen Formen sehr stark un­terscheiden. Der Unterschied zwi­schen beiden ist hauptsäch­lich darin zu sehen, daß die Lautzeichen (Phonogramme) der sumeri­schen Keilschrift immer Silben, die Vokale enthalten, oder Vokale darstellen. Einzelne Konso­nanten kommen nicht vor.

Babylonier und Assyrer übernahmen die Keilschrift und paßten sie den Erfor­der­nis­sen semitscher Spra­chen an. Ein berühmtes Beispiel für die babylonische Keil­schrift ist die Ge­set­zesstele des Hammurabi.

Wie die Phönizier nurmehr Konsonantenzeichen verwendeten und die Schrift damit zum Alphabet vereinfachten

Die Phönizier vereinfachten die ägypti­sche Hierogly­phenschrift zum Konsonantenal­phabet mit nur 22 Zeichen. Das älteste Doku­ment der phönizi­schen Konsonan­ten­schrift stammt aus dem 17. oder 16. Jahrhundert.

Die Griechen übernehmen das phönizische Alphabet. Die älteste griechische Inschrift stammt aus der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts v.. Die Grie­chen ergänzten das semitische Kon­sonantenal­phabet durch Vo­kale, indem sie die Zeichen für typisch semitische Konsonanten, die das der indo­germanischen Sprachfamilie angehörende Griechisch nicht kennt, umin­terpre­tier­ten. Sie taten damit den letzten Schritt zur Ent­wicklung der vollständigen Lautschrift.

Letztlich haben alle Al­phabete ihren Ursprung im phö­nizischen Alphabet.

wie sich auch im ägäischen Raum Hochkulturen entwickelten

Daß Kreta der wichtigste Verkehrsknotenpunkt des östlichen Mittelmeerraums war, daß der Palast von Knossos auch als Warenlager diente, und daß man sich dort leicht
verlaufen konnte

Seit der Mitte des dritten Jahrtausends traten "ägäische" Kulturen neben die Agyptens, Mesopotamiens und Kanaans. Primär sind das die sogenannte "minoische" Kultur auf Kreta und die von ihr stark beeinflußte helladische Kultur auf dem griechischen Festland.

Die Bezeichnung "minoische Kultur" ist vom Namen des Minos abgeleitet, des sagen­haften Königs von Knossos, der ein Sohn des Zeus und der Europa gewesen sein soll. Der Sa­ge zufolge entprang einem Seitensprung seiner Frau mit einem Stier der Minotauros - halb Stier, halb Mensch, der in dem eigens für ihn erbauten Labyrinth Menschenopfer verspeiste, bis ihm Theseus mit Hilfe Ariadnes, der Tochter des Minos, den Garaus machte. Hierin spiegelt sich die Kompliziertheit der Palastanlage von Knossos und eventuell die Tributpflicht der (in der Sage Menschenopfer liefernden) Festlandskultur. Die minoischen Palastanlagen (Phaistos, Knos­sos) stellten gleichzeitig Herrensitz, politisches Zentrum und ökonomisches Zentrum dar, in dem auch die Waren, die Gegenstand des minoischen Handels waren, gelagert wurden. Die geographische Lage Kretas prädestinierte es zum Knotenpunkt der Schiffahrtsrouten, die Grie­chenland, Agypten und Kanaan miteinander verbanden. Die durch die Wanderungen indoeuro­päisch oder semitisch sprechender Völker an den Küsten des östlichen Mittelmeeres hervorge­rufenen Wirren ließen dem kretischen Handel dort zunächst keine Konkurrenz erstehen. Der Handel bildete den Nerv der kretischen Palastwirtschaft.

Wie sich auf dem griechischen Festland unter kretischem Einfluss die "mykenische" Kultur entwickelte.
Daß ihre Spezialität besonders solides Bauen war

Ahnliche "Ballungszentren" entwickelte auch die helladische Kultur in Mykene, Tiryns, Pylos, Athen und Theben, deren monumentale Architektur - Festungsanlagen, Kuppelgräber - "kyklopische" Dimensionen hat (die Kyklopen, ungeschlachte Riesen der griechischen Sage galten als ihre Erbauer). Hauptfundort der helladischen Kultur ist Mykene, nach dem auch die helladische Spätphase (ab 1600) "mykenisch" genannt wird.

Die minoische Kultur stand in enger Beziehung mit Agypten und Kanaan. Möglicherweise stammte auch die Bevölkerung Kretas aus dem Vorderen Orient. Jedenfalls sprach sie keine indoeuropäische Sprache. Eine schwache Erinnerung scheint sich in der Sage zu spiegeln: Europa wird von Syrien nach Kreta entführt und gebiert dort Minos.

Nach 1500 v. versetzten anscheinend Erdbebenkatastrophen der minoischen Kultur schwere Schläge, von denen sie sich nicht mehr erholte. Kreta stand nun im Schatten und bald unter der Herrschaft Mykenes, was sich auch in der Ablösung der alten (noch nicht entziffer­ten) minoischen Silben- oder Hieroglyphenschrift (Linear A) durch die auch aus Mykene be­kannte (nicht vollständig entzifferte) Schrift (Linear B) äußert.

wie die Griechen in die Geschichte traten und welche Gegensätze die griechische Gesellschaft kennzeichneten, bis es zur Errichtung der Demokratie kam, die aber einen entscheidenden Schönheitsfehler hatte

Wie die Griechen im ägäischen Raum einwanderten und die kretisch-mykeni-sche Kultur zerstörten

Schon seit dem Beginn des zweiten Jahrtausends waren indoeuropäisch sprechende Stämme in die Balkanhalbinsel eingewandert und hatten die frühe helladische Kultur (von einer nicht indoeuropäisch sprechenden Bevölkerung) übernommen und weiterentwickelt. Sie wer­den mit einem bei Homer entlehnten Ausdruck als "Achäer" bezeichnet. Ob man in ihnen be­reits "Griechen" sehen soll, ist zweifelhaft. Seit etwa 1250 v. aber erschütterte eine Völkerbe­wegung die Welt des östlichen Mittelmeers, die den schon erwähnten "Seevölkersturm" und das gewaltsame, von Verwüstungen begleitete Eindringen weiterer indoeuropäisch sprechender - griechischer - Stämme in den ägäischen Raum mit sich brachte, deren eisernen Waffen der kretisch-mykenische Kulturkreis lediglich bronzene Schwerter entgegenzusetzen hatte.

Als kurz nach 1000 v. das Hethiterreich unterging, siedelten sich Jonier, die dem Druck der Dorer wichen, an der Westküste Kleinasiens an, ein Vorgang, den man als sogenannte "Erste Kolonisation" bezeichnet. Von der kleinasiatischen Kultur, auf die die Griechen in den Kolonialgebieten trafen, gingen Impulse aus, die zu einer schnelleren Entwicklung als im eigentlichen Griechenland führten. Hier entstanden vermutlich die "Homerischen" Epen, hier liegen die Anfänge der griechischen Philosophie.

Nach der Zerstörung der kretisch-mykenischen Kultur traten die Phönizier deren Erbe als Vermittler zwischen den Kulturen an. Von ihnen übernahmen die Griechen die Schrift und paßten sie ihrer Sprache an.

Wie sich in der griechischen Gesellschaft soziale Gegensätze entwickelten und die Schuldsklaverei zu einer verbreiteten Erscheinung wurde

Die Eroberer teilten das Land unter sich auf, wobei die Stammesaristokratie sich mehr und besseres Land sicherte. Dabei mag schon eine Fläche von 20 Hektar als Großbesitz gegolten haben, während Kleinbauern nur ein, zwei Hektar ihr Eigen nannten. Die ungleiche Landverteilung zog weitere soziale Differenzierung und schließlich die Schuldknechtschaft nach sich: Der Kleinbauer wurden durch Mißernten, Krieg und Naturkatastrophen eher an den Rand seiner Existenz gebracht als der Großbesitzer. Nahm der Kleine die Hilfe des Großen in Form von Saatgut und Vieh in Anspruch und konnte er sich wegen eines Mißgeschicks der dafür eingegangenen Verpflichtungen (Entschädigung in Naturalien) nicht entledigen, so hielt sich der Gläubiger am Besitz und gegebenenfalls auch an der Person des Schuldners schadlos.

Daß die "Polis" im wesentlichen die gemeinsame Siedlung der Grundbesitzer eines bestimmten Gebietes darstellte und nichts zu melden hatte, wer nichts besaß

Die Grundbesitzer siedelten geschlossen in Städten, vielleicht, weil sie Schutz vor Erhebungen der geknechteten Vorbevölkerung, der "Heloten", boten. Im Fall Spartas standen den Heloten so wenige Eroberer gegenüber, daß diese militärisches Training und militärische Lebensweise zu ihrem Lebensinhalt machen mußten.

Der griechische Ausdruck "Polis", der eine solche Siedlung bezeichnet, meinte ursprünglich einen Verband von Personen, denen ein bestimmtes Gebiet gehörte. "Politische" Rechte waren an Grundbesitz gebunden. Der Polisbürger verlor sie, wenn er sein Grundeigentum verlor. Der Anteil der besitz- und daher rechtlosen Bevölkerung wuchs ständig.

Waren die politischen Verhältnisse der Wanderungszeit durch das Zusammenwirken der Volksversammlung mit dem Kriegshäuptling oder Heerkönig charakterisiert gewesen, so traten an dessen Stelle nun auf Zeit gewählte Beamte. In Athen waren das die neun "Archonten", die jeweils für ein Jahr gewählt wurden.

Daß Drakon in Athen das bis dahin nur mündlich tradierte Gewohnheitsrecht aufschrieb und drakonische Strafen das Eigentum schützten

Drakon schuf eine gewisse Rechtssicherheit durch die schriftliche Fixierung des bis dahin nur mündlich tradierten Gewohnheitsrechts (621). "Drakonische" Strafen schützten das Eigentum: Auf den Diebstahl von Feldfrüchten etwa stand die Todesstrafe.


Daß Solon die Schuldknechtschaft abschaffte und den Bürgern Athens politische Rechte nach ihrem Vermögen zuwies

Solon milderte die Strafen, vor allem aber schaffte er die Schuldknechtschaft ab (594). Die eigentliche Sklaverei gewann damit an Bedeutung. Ferner schuf er eine Verfassung, die eine Staffelung der politischen Rechte nach Vermögensklassen vorsah. An den Besitzverhältnissen änderte sich nichts.

Daß in den meisten Poleis Volksaufstände Tyrannenherrschaften mit sich brachten

Es kam daher zu einer Volkserhebung, die den Tyrannen Peisistratos an die Macht brachte (560). In den meisten griechischen Poleis führten im 7. und 6. Jahrhundert Erhebungen der Unterschicht zu revolutionären Diktaturen sogenannter "Tyrannen".

Wie die Kolonisationsbewegung den Unterprivilegierten die Möglichkeit bot, sich eine neue Existenz aufzubauen

Die Kolonisationsbewegung der Zeit zwischen etwa 750 und 550 ("Zweite" Kolonisation) bot den Angehörigen der Unterschicht griechischer Poleis die Möglichkeit, sich eine neue Existenz aufzubauen. Allenthalben an den Küsten des Mittelmeers und des Schwarzen Meers, besonders dicht aber in Süditalien, entstanden neue, unabhängige Griechenstädte.

Wie sich die griechische Sklavenhalterdemokratie entwickelte

Nachdem die Herrschaft des Adels vorübergehend wiederhergestellt worden war, gab sich Athen unter dem Archontat des Kleisthenes (507) eine demokratische Verfassung. Die demokratische Regierungsform setzte sich während der Perserkriege (erste Hälfte des 5. Jahrhunderts v.) in den Poleis durch. Gleichzeitig wurde die Sklaverei zum bestimmenden Faktor der Wirtschaft. Krieg und Handel sorgten für den Nachschub an Arbeitskräften. Griechenland ist die Wiege der Demokratie. Die Sklaven gehörten nicht zum "Demos" und hatten daher auch nichts zu "krateín". Diejenige Bevölkerungsschicht, die die Hauptlast der Produktion zu tragen hatte war also rechtlos. Der freie Polisbürger erachtete körperliche Arbeit für seiner unwürdig.

In Athen wählte die Volksversammlung Jährlich die zehn "Strategen" als die höchsten Beamten.Die bedeutendste Politikerpersönlichkeit der attischen Demokratie ist Perikles, der in den Jahren 443 bis 430 zum Strategen gewählt wurde. Unter seiner Regie­rung entwickelte sich Athen zum kulturellen Zentrum der griechischen Welt.

wie die Griechen die Bedrohung durch die Perser abwehrten, einander in einem dreissigjährigen Krieg schwächten und schliesslich mit Makedonien zwangsvereinigt wurden

Wie die Perser in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. vergeblich versuchten, Griechenland zu unterwerfen, wobei ihre phönizischen Untertanen ihnen Schiffe zur Verfügung stellten, letztlich aber den Handel im Agäischen Raum den Griechen überlassen mußten

Im 6. Jahrhundert v. gerieten die jonischen Griechenstädte Kleinasiens unter persische Herrschaft. Ein Aufstand, der im Jahre 500 v. unter der Führung Milets begann, endete mit dessen Zerstörung. Eine persische Invasion unter Dareios konnte an der Ostküste Attikas bei Marathon zum Stehen gebracht werden (490). Zehn Jahre später wurde ein von Xerxes unternommener abermaliger Angriff durch einen griechischen Seesieg bei der Insel Salamis abgewehrt. Zur weiteren Zurückdrängung der Perser schloß Athen mit den Jonischen Poleis und den Inselstaaten den Delisch-Attischen Seebund (478). Der Oberbefehl kam Athen zu. Das oberste Organ des Bundes war der Bundesrat, der auf Delos zusammentrat. Sparta blieb dem Bund fern. Weitere Niederlagen der Perser zu Lande und zur See folgten. Das Gros der persischen Flotte stellten die Phönizier. Die Perser sahen sich (449) genötigt, einen Kompromiß zu schließen: Die jonischen Küstenstädte Kleinasiens blieben unter persischer Oberhoheit, behielten aber ihre Autonomie, die Agäis war für die persisch-phönikische Flotte gesperrt. Die phönikische Konkurrenz des griechischen Handels war nun weitgehend ausgeschaltet.

Mit dem Ende der Perserkriege zeigte sich deutlich die Absicht Athens, den Seebund zu seinem Herrschaftsbereich umzuwandeln. Die Tribute der Mitglieder dienten nun nicht mehr dazu, den Krieg gegen die Perser zu finanzieren, sondern wurden etwa für den Ausbau der Akropolis in Athen verwendet.

Wie es nach einem fast dreissigjährigen Krieg zwischen Athen und Sparta um die Vorherrschaft in Griechenland nur Verlierer gab

Unter der Hegemonie Spartas war schon um 550 der "Peloponnesische Bund" gegründet worden, dem auch Korinth angehörte, das die stärkste Handelsmacht des Peloponnesischen Bundes darstellte. Die Handelskonkurrenz zwischen Athen und Korinth bildete das Hauptmotiv für den sogenannten "Peloponnesischen Krieg" (431-404). Die Spartaner ließen sich nur ungern in den Krieg hineinziehen, da sie einen Helotenaufstand fürchteten, fielen schließlich aber in Attika ein. Unter der in Athen eingeschlossenen Bevölkerung brach die Pest aus, der auch Perikles zum Opfer fiel (429). Sparta blieb siegreich und installierte in Athen eine spartafreundliche Oligarchie. Letztlich aber gab es nach diesem fast dreißigjährigen Krieg, der systematische Verwüstungen mit sich gebracht hatte, nur Verlierer. Griechenland erholte sich nie mehr ganz.

Wie Philipp von Makedonien Griechenland unter seiner Herrschaft einte und sein Sohn Alexander die vereinigten Griechen und Makedonen gegen die Perser führte und ein Reich von gewaltiger Ausdehnung errichtete

Es konnte den nördlichen Nachbarn und Verwandten, den Makedonen nichts entgegensetzen. Viele, besonders die Aristokraten, wollten das auch gar nicht. Nach einem makedonischen Sieg bei Chaironeia (338) erkannten die Griechen Philipp II. von Makedonien als Hegemon an. Nachdem dieser ermordet worden war, realisierte sein von Aristoteles in griechischem Geist erzogener Sohn Alexander den Plan eines Feldzugs gegen die Perser.

Alexander brach 334 auf, eroberte Phönikien und Agypten und brachte dem Perserkönig Dareios bei Gaugamela am Tigris 331 die entscheidende Niederlage bei. Dareios wurde auf der Flucht von einem seiner Satrapen ermordet. Alexander drang bis zum Indus vor. Dort verweigerte ihm die Truppe den Gehorsam und zwang ihn umzukehren.

Daß das Reich Alexanders keinen inneren Zusammenhang hatte und nach seinem Tod in die Herrschaftsbereiche seiner Nachfolger (Diadochen) zerfiel, inzwischen aber griechische und orientalische Kultur einander näher gekommen waren

Alexander machte Babylon zur Hauptstadt seines "Reiches" das allerdings keinen inneren Zusammenhang hatte und nur das Ergebnis eines Feldzuges darstellte. Er förderte die Verschmelzung griechischer und orientalischer Kultur zum "Hellenismus", ermutigte seine Soldaten, Ehen mit Perserinnen einzugehen und heiratete selbst zwei persische Prinzessinnen.

Von den vielen Städten denen Alexander den Namen Alexandria gegeben hatte, war nur eine eine wirkliche Neugründung: die künftige Hauptstadt Agyptens, westlich des Nildeltas gelegen.

Das "Reich" Alexanders zerfiel nach seinem Tod in die Herrschaftsbereiche seiner Nachfolger (Diadochen), von denen hier nur einige genannt seien: Ptolemaios, Seleukos und Antigonos, Dynastiegründer und Herren in Agypten, Babylonien und Makedonien.

Wie die Römer in die Geschichte eintraten, eine Zeit lang die Herrschaft etruskischer Könige hinnehmen mussten, bevor sie eine unabhängige Republik gründen konnten, und welche sozialen Gegensätze in dieser Republik herrschten

Wie italische Stämme in die Apenninenhalbinsel einwanderten und sabinische und latinische Dörfer zur Stadt Rom zusammenwuchsen

Eng verwandte indoeuropäische Sprachen sprechende Stämme, die unter dem Begriff "Italiker" zusammengefaßt werden, wanderten seit dem 2. Jahrtausend auch in die Apenninenhalbinsel ein (Latiner, Osker, Umbrer, Bruttier, Kampaner, Lukaner, Sabiner, Samniten). Der römischen Überlieferung zufolge soll im Jahre 753 v. die Stadt Rom gegründet worden sein. Anscheinend wuchsen im 8. Jahrhundert v. die auf den "sieben Hügeln" des späteren Rom gelegenen latinischen und sabinischen Dörfer zu einer Stadt zusammen.

Wie Rom unter etruskische Fremdherrschaft geriet

Im 6. Jahrhundert geriet Rom unter die Herrschaft der Etrusker, die möglicherweise als eines der "Seevölker" zu identifizieren sind. Sie hatten sich in Nordwestitalien festgesetzt. Ihre - vor allem auf dem Gebiet der Metallbearbeitung - überlegene Kultur, die in etlichen Details nach Kleinasien als Ursprungsland weist, befähigte sie, sich zu Herren der Vorbevölkerung aufzuschwingen. Die Namen der letzten der sagenhaften sieben Könige, die in Rom vom 8. bis zum 6. Jahrhundert v. geherrscht haben sollen, sind etruskisch.

Wie Rom mit der Vertreibung der Etrusker zur aristokratischen Republik wurde, die kleinbäuerlichen Plebejer aber schrittweise ihre Gleichberechtigung durchsetzten

Mit der Vertreibung des Tarquinius Superbus (510 v.) erlangte Rom seine Selbständigkeit als aristokratische Republik an deren Spitze jährlich gewählte Beamte, die beiden Konsulen, standen. Bis 287 v. währten die "Ständekämpfe", in deren Verlauf die persönlich freien aber politisch rechtlosen kleinbäuerlichen "Plebejer" ihre Gleichberechtigung mit den großbäuerlichen "Patriziern" erlangten. Durch die Verweigerung des Heeresdienstes setzten die Plebejer das Recht durch, Vertreter ihrer Interessen, die Volkstribunen, zu wählen (494 v.). Die Parallelen mit der griechischen Geschichte sind augenfällig: Im Jahre 449 v. erzwangen die Plebejer die schriftliche Fixierung des bis dahin nur mündlich tradierten Gewohnheitsrechts ("Zwölftafelgesetze"). Seit 396 v. wurden die Plebejer bei der Verteilung des Eroberungen in römischen Besitz gekommenen "Staatslandes" berücksichtigt. Niemand sollte mehr als 125 ha Staatsland besitzen (367 v.). Die Aufhebung der Schuldsklaverei erfolgte 326 v.. Seit 287 v. hatten die von den Plebejern in ihren Versammlungen gefaßten Beschlüsse (Plebiszite) Gesetzeskraft. Patrizier und wohlhabende Plebejer wuchsen nun zu einer neuen Oberschicht, zur "Nobilität" zusammen.

Daß die römische Verfassung drei verschiedene Formen der Volksversammlung vorsah

Eine Besonderheit der römischen Verfassung bestand darin, daß sie drei verschiedene Formen der Volksversammlung (comitia) mit jeweils verschiedenen Befugnissen vorsah:

Da waren zunächst die Kuriatskomitien, die es schon in der Königszeit gegeben hatte. Die Teilnahme an dieser ältesten Form der Versammlung war ursprünglich wohl den Patriziern vorbehalten. In der römischen Republik waren die Kuriatskomitien politisch bedeutungslos. In der Königszeit war eine ihrer Aufgaben die Inauguration des Königs gewesen. In der Republik kam es ihnen zu, den hohen Beamten (Magistraten) das imperium, die Amtsgewalt, zu übertragen, deren äußeres Zeichen die fasces darstellten (jeweils ein Beil umschließende und von Lederriemen zusammengehaltene Rutenbündel).

Gewählt wurden die hohen Magistrate aber von der Heeresversammlung, den Zenturiatskomitien, die auch über Krieg und Frieden entschieden und ursprünglich, nach Hundertschaften (Zenturien) gegliedert, außerhalb Roms auf dem Marsfeld antraten. Der römischen Überlieferung zufolge soll noch zur Zeit des vorletzten Königs (Servius Tullius) die Heeresversammlung ihren rein militärischen Charakter verloren haben und zu einem Instrument der "Timokratie" (gr. "Herrschaft des Reichtums") geworden sein. Jedenfalls wurde in der Republik die Einteilung der Bürgerschaft in Zenturien mit einer Einteilung nach Vermögensklassen so kombiniert, daß den Besitzenden bei den Abstimmungen ein sattes Übergewicht zukam.

Daß die römische Verfassung nicht ganz so demokratisch war, wie es auf den ersten Blick scheint

In den Tributkomitien schließlich versammelten sich die Bürger nach Wohnbezirken geordnet, wählten die niederen Magistrate, darunter auch die Volkstribunen, und ermittelten den Willen des Volkes durch Plebiszit - die normale Form der Gesetzgebung bis zum Ende der Republik. Aber auch hier trügt der demokratische Anschein: Die Abstimmung erfolgte nach tribus - Wohnbezirken, wodurch die stimmenschwachen tribus ländlicher Grundbesitzer gegenüber den stimmenstarken tribus städtischer Habenichtse aufgewertet wurden.

Welche Macht der Senat hatte, obwohl ihm die Verfassung keine Gesetzgebende oder ausführende Gewalt zuerkannte

Der Senat, der "Rat der Alten" (lat. senex = Greis) stellte ursprünglich die Versammlung der Häupter des patrizischen Adels dar. In der Republik wandelte er sich zu einem Rat gewesener Magistrate. Hier versammelten sich die "großen alten Männer" der römischen Politik. "Ohne eine eigentliche gesetzgebende oder ausführende Gewalt zu besitzen, hat der Senat als ständiger Beirat der jeweils amtierenden Magistrate [] die wirkliche Leitung des Staates fest in der Hand gehalten. Seine in gutachtlicher Form abgefaßten und darum "Ratschläge" (senatus consulta) genannten Beschlüsse enthielten die maßgeblichen politischen Entscheidungen, und durch sein Verfügungsrecht über die Gemeindefinanzen sowie durch geschickte Ausnutzung der sich aus Annuität und Kollegialität ergebenden Schranken magistratischer Gewalt vermochte er auch widerstrebende Amtsträger seinem Willen zu beugen."[iii]

Wie Rom espandierte, dabei aber manchen Rückschlag hinnehmen mußte

Nach der Abschüttelung der etruskischen Fremdherrschaft und dem Übergang zur Republik, hatte Rom begonnen zu expandieren, erlitt dabei aber auch mehrere Rückschläge: Die in Norditalien eingefallenen (indoeuropäisch sprechenden) Gallier (unter Brennus) verwüsteten Rom und konnten nur das Kapitol nicht einnehmen. Ihren Abzug ließen sie sich durch römischen Tribut bezahlen (387 v.). Während der Kämpfe mit den südlichen Nachbarn, den Samniten, mußte ein römisches Heer kapitulieren (321 v.). Im Verlauf der Auseinandersetzung mit den Griechen Süditaliens brachte deren verbündeter Pyrrhos, König von Epirus, den Römern zwei empfindliche Niederlagen bei (Heraclea 280 v., Ausculum 279 v.), wobei ihn aber die zweite gewonnene Schlacht soviel Substanz kostete, daß er ausrief: "Noch ein solcher Sieg, und ich bin verloren". Der "Pyrrhussieg" ist seither sprichwörtlich. Die Ambitionen des Pyrrhos, die Wirren der Diadochenkämpfe zu nutzen und - nach dem Vorbild Alexanders - die Herrschaft über ganz Griechenland und letztlich die ganze damals bekannte Welt zu erringen, fanden bei einem Straßenkampf in Argos ein jähes Ende. In ihrem Ringen mit den Griechen Süditaliens waren die Römer seit 275 v. wieder Herren der Lage. Zehn Jahre später waren sie Herren Italiens.

Warum grad die Römer zu den Herren Italiens wurden

Unter dem Einfluß der Kulturen der Etrusker und der Griechen Süditaliens war bei den Römern die gesellschaftliche Entwicklung etwas rascher vorangeschritten als bei den übrigen Italikern. Plebejer wie Patrizier profitierten durch Landzuteilungen von der römischen Expansion und betrieben sie mit kriegerischem Elan. Die Etrusker und Griechen waren uneinig, ihren Söldnertruppen fehlte der Eifer und die Disziplin der römischen Legionäre. Die geschickte römische Diplomatie, die (erst in der Neuzeit) mit dem treffenden Schlagwort "divide et impera" - "teile und herrsche" umrissen worden ist, trug das Ihre zu einem letztendlichen römischen Sieg über Italien bei: Die Römer gliederten die Besiegten als "Bundesgenossen" ihrem Herrschaftsbereich ein und maßen ihnen unterschiedliche Rechte zu, wodurch sie unter ihnen eine Konkurrenzsituation schufen, die das Entstehen einer einheitlichen antirömischen Front verhinderte.

Wie Rom im Rahmen der "Punischen Kriege" die karthagische Konkurrenz im westlichen Mittelmeer ausschaltete, dabei aber in mancherlei Schwierigkeiten geriet

Als Rom zur Herrin Italiens geworden war, stießen seine Herrschafts- und Handelsinteressen mit denen Karthagos, der Herrin des westlichen Mittelmeers, zusammen. Im Rahmen der drei "Punischen" Kriege zwischen 264 und 146 v. verdrängte Rom die Karthager aus Sizilien, Sardinien, Korsika und Spanien, obwohl der karthagische Feldherr Hannibal die Römer (im zweiten Punischen Krieg 218 - 201 v.) an den Rand einer katastrophalen Niederlage brachte. Karthago selbst wurde im Jahre 146 v. von den Römern zerstört. Die den Karthagern entrissenen Gebiete wurden als "Provinzen" dem römischen Herrschaftsbereich eingegliedert.

Wie die Römer die Provinzen ausbeuteten

Die Abgaben der Provinzen bildeten die Haupteinnahmequelle des römischen Staates, der ihre Eintreibung privaten Pächtern (publicani) überließ. Diese hatten eine im voraus festgesetzte Summe an den Staat abzuführen. Was sie darüber hinaus aus den Provinzen herausholten, war ihr Profit. Die Vorauszahlung des Fixums überstieg oft die Möglichkeiten eines einzelnen publicanus, weshalb sich Steuerpächter häufig zu Pachtgesellschaften vereinigten.

Wie die Römer ihre Herrschaft auch über das östliche Mittelmeer audehnten und sich bei dieser Gelegenheit reichlich mit Sklaven versorgten, deren Arbeit den Kleinbauern Konkurrenz machte

Gegen Ende des 3. Jahrhunderts v. begannen die Römer, ihre Herrschaft auch über das östliche Mittelmeer auszudehnen. Bezeichnenderweise zerstörten die Römer Korinth, die wichtigste Konkurrentin im Ostmittelmeerhandel, und Karthago im gleichen Jahr (146 v.).

Bei den unterworfenen Völkern versorgten sich die Römer reichlich mit Sklaven. Die Sklaverei wurde zur Grundlage der römischen Wirtschaft. Es entstanden landwirtschaftliche Großbetriebe (Latifundien), die durch den rationellen und massenweisen Einsatz von Sklavenarbeit den kleinen Bauernwirtschaften Italiens überlegen waren. Diese hatten außerdem unter der Konkurrenz billigen Getreides zu leiden, das aus den Provinzen Sizilien und Africa eingeführt wurde. Und wachsende Entfernungen der Kriegsschauplätze von der Heimat hielten die römischen Bauern, die (vom 17. bis zum 60. Lebensjahr) als Legionäre dienten, für immer längere Zeiträume von ihren Feldern fern.

Wie viele Kleinbauern bald nichts mehr hatten außer einer zahlreichen Nachkommenschaft

Die Bauernschaft, die doch das Rückgrat der römischen Gesellschaft darstellte, verarmte. Viele gaben ihre Wirtschaften auf und vermehrten in den Städten die Zahl der besitzlosen proletarii (von lat. proles = Nachkommenschaft). Frei übersetzt bedeutet dieser Ausdruck etwa "diejenigen, die nichts besitzen außer einer zahlreichen Nachkommenschaft".

Daß die "Proletarier" aber noch im Besitz ihrer politischen Rechte waren und ihre Wahlstimmen dem Meistbietenden verkauften

Das einzige, was sie außerdem noch besaßen, waren ihre Stimmen in der Volksversammlung. Wer ihnen Unterhalt und Unterhaltung bot - "panem et circenses", "Brot und Spiele" - konnte ihre Stimmen haben. Von den Besitzenden verachtet und doch umworben - selbst Cicero schmeichelte ihnen in zehn Reden - waren sie zu einem Dasein als Parasiten verurteilt, denn die Mittel, die großzügige Getreidespenden, öffentliche Ausspeisungen und glänzende Zirkusspiele ermöglichten, stammten aus der Ausplünderung der Provinzen und der Ausbeutung der Sklaven. Solange die einzige Ware, mit der die Proletarier Handel treiben konnten, etwas galt, war ihr Leben erträglich, es hatte sogar seine Vorzüge gegenüber dem mühevollen Bauerndasein.

Daß politische und ökonomische Verhältnisse durch die Proletarisierung der Kleinbesitzer in einen schroffen Widerspruch geraten waren

Aber als sich die Realität der römischen Gesellschaft durch die Proletarisierung der Kleinbesitzer allzu weit von den überkommenen politischen Verhältnissen und der überkommenen Verfassung entfernte, die von einer gesunden Bauernschaft, von einem Volk von Kleineigentümern ausging, setzte sich eine Angleichung der politischen Verhältnisse an die ökonomischen Gegebenheiten auf die Tagesordnung der römischen Geschichte. Das konnte nur bedeuten, daß am Ende die große Masse der römischen Habenichtse ihre politischen Rechte verlieren mußte.

GESCHICHTE IST NICHT EINFACH ENTWICKLUNG. GESCHICHTE IST EBENSOSEHR DER GLEICHZEITIGE MANGEL AN ENTWICKLUNG.


Zwischen beiden baut sich allmählich jene Spannung auf, die sich in den Brennpunkten der Geschichte in sich überstürzenden Ereignissen entlädt. Es ist deshalb übrigens Unsinn, die Evolution gegen die Revolution auszuspielen, die eine als maßvoll-vernünftigen Normalfall der anderen als Inbegriff menschlicher Leidenschaften und Unvernunft gegenüberzustellen. Beide haben ihre Berechtigung im historischen Prozeß.

Wie die in der römischen Gesellschaft erfolgten Veränderungen zu einer politischen Dauerkrise führten, die römische EXpansion inzwischen aber fortgesetzt wurde

Wie die Brüder Gracchus bei dem Versuch, aus römischen Proletariern wieder Kleinbauern zu machen, scheiterten

Eine Periode des Umbruchs wurde in der römischen Geschichte durch die Reformversuche der Brüder Tiberius Sempronius Gracchus und Gajus Sempronius Gracchus eingeleitet, die als Volkstribunen der Jahre 133 bzw. 123/22 der Proletarisierung des Bauerntums durch die Erneuerung jenes Ackergesetzes entgegenwirken wollten, das den Besitz an Staatsland beschränkte. Dadurch sollte Land für neue Bauernstellen gewonnen werden. Ihr Reformeifer kostete beide Brüder und einige tausend ihrer Anhänger das Leben. Gajus Gracchus beging zudem den Fehler, nicht nur die Ansprüche der Besitzenden in Frage zu stellen, sondern die Agrarfrage mit dem Bundesgenossenproblem zu verbinden, womit er sich vielen seiner Anhänger entfremdete.


Wie die Untersprivilegierten ihre kargen Privilegien hüteten

Die rechtlich und wirtschaftlich benachteiligten zwangsverbündeten Italiker und Griechen Süditaliens forderten das römische Bürgerrecht. Die Proletarier aber wollten ihre kargen Privilegien nicht mit den Bundesgenossen teilen. In einem regelrechten Krieg (Bundesgenossenkrieg 90 - 88 v.) erkämpften sich die socii dann doch das Bürgerrecht. Allerdings erforderte die Stimmabgabe persönliche Anwesenheit in Rom. Als in der Kaiserzeit aus Bürgern Untertanen geworden waren und das Bürgerrecht seine Bedeutung verloren hatte, erhielten alle freien Reichsbewohner das römische Bürgerrecht (unter Caracalla 212).

Wie Sklavenaufstände die Republik erschütterten

Nicht nur die Auseinandersetzungen unter den Freien, sondern auch Sklavenaufstände erschütterten die Republik, so etwa der von dem syrischen Sklaven Eunus geführte Aufstand.


In den Dreißigern des 2. Jahrhunderts ließ sich Eunus unter dem Namen "Antiochos" zum König eines Sklavenstaates auf Sizilien ausrufen und brachte römischen Truppen eine Reihe von Niederlagen bei, bevor er besiegt und gefangengenommen wurde.


Am bedeutendsten war der von dem Thraker Spartacus, dem Fechtmeister der Gladiatorenschule in Capua, in den Jahren 74 - 71 geführte Sklavenaufstand. Auch Spartacus errang mehrere Siege über römische Heere. Uneinigkeit über die Ziele der Bewegung führte aber zu ihrer Zersplitterung. Spartacus fiel mit den meisten seiner Anhänger in seiner letzten Schlacht in Apulien. 6.000 überlebende Aufständische wurden entlang der Via Appia (Verbindung zwischen Rom und Capua) gekreuzigt.

Warum die aufständischen Sklaven keine "Revolutionäre" waren

Die Sklavenaufstände waren übrigens keine eigentlich "revolutionären" Bewegungen. Noch war die Sklaverei so fest in der antiken Gesellschaft verankert, daß sich selbst die Sklaven eine Gesellschaftsordnung ohne Sklaverei nicht vorstellen konnten. Sie hatten kein Gegenkonzept, das sie der herrschenden Ordnung hätten entgegenstellen können. Sie erstrebten persönliche Befreiung und nicht Abschaffung der Sklaverei.


Gegen Ende des 2. Jahrhunderts v. bedrohten die germanischen Kimbern und Teutonen den Norden des Römischen Reiches (manche betrachten die Kimbern als keltischen Volksstamm). Die Römer mußten im Kampf gegen sie die Niederlagen von Noreia (Neumarkt/Stmk., 113) und Arausio (Orange in Südfrankreich, 105) hinnehmen.

Wie die Proletarisierung der Kleinbauern sich auch auf das römische Heer auswirkte und Marius dem entgegenwirkte

Unter dem Eindruck dieser Niederlagen reformierte Marius als Konsul von 105 das römische Heer, vor allem, indem er Freiwillige aus den Reihen der besitzlosen (und daher nicht dienstpflichtigen!) Proletarier aufnahm, die nach 16 bis 20 Dienstjahren Anspruch auf Versorgung hatten. Damit begann der - wie sich in den folgenden Bürgerkriegen zeigen sollte - folgenschwere Übergang zum Berufsheer. Nicht der römische Staat und nicht die Verfassung garantierten die Erfüllung der Versorgungsansprüche der Veteranen, sondern ihr Feldherr.

Wie die römische Innenpolitik durch die Auseinandersetzungen zwischen Optimaten und Popularen geprägt wurde

Die Auseinandersetzungen zweier "Parteien" prägten die römische Innenpolitik: die der "Optimaten" und der "Popularen"

Die Optimaten waren die Partei der reaktionären Scharfmacher, deren Anhänger aus der Nobilität kamen (Patriziat plus plebejische Oberschicht).

Die Popularen stellten eine Art "Reformpartei" dar, deren heterogene Anhängerschaft alle anderen umfaßte.

Wie der Bürgerkrieg zwischen Marius und Sulla verlief und Sulla Diktator wurde

Der Bürgerkrieg entzündete sich am Kampf des Optimaten Sulla und des Popularen Marius um den Oberbefehl im Krieg gegen Mithridates, den Herrscher des Königreichs Pontos (an der Südküste des Schwarzen Meeres, aus den Diadochenkämpfen als selbständiger Staat hervorgegangen).

Sulla war in der römischen Geschichte der erste, der römische Soldaten gegen Rom führte. Seinem Terror fielen etwa 10.000 Marianer zum Opfer. Als er sich zur Führung des mithridatischen Krieges nach Osten begab, kehrte Marius , der nach Afrika geflohen war, zurück und rechnete mit seinen Gegnern brutal ab ("Proskription" - "öffentlicher Anschlag": Achtung durch öffentlichen Anschlag). Marius starb 86 v..


Als Sulla seinerseits zurückkehrte, besiegte er die Marianer (82 am Collinischen Tor), ließ sich zum Diktator auf Lebenszeit ausrufen und schritt sodann an die Ausmerzung seiner Gegner durch Proskription. Manche gerieten nur wegen ihres Vermögens auf die Proskriptionslisten, weil dieses für einen Anhänger Sullas bestimmt war.


Sulla legte 79 seine Vollmachten zurück und starb im Jahr darauf.

Danach wuchs der Widerstand gegen die von ihm installierte oligarchische Verfassung. Das Proletariat drängte auf die Wiedereinführung der von Sulla abgeschafften Getreidezuwendungen und auf die Wiederherstellung der Rechte der Volkstribunen, die Italiker murrten wegen der Ansiedlung der Veteranen Sullas. Die Konsulen des Jahres 70, Crassus und Pompejus, stellten die vorsullanische Ordnung wieder her.

Wie Pompejus die hellenistische Staatenwelt zerschlug

Von der Südküste Kleinasiens (Kilikien) und von Kreta aus beherrschten seit dem Ende des 2. Jhs. v. Piraten das Mittelmeer. Zu ihrer Bekämpfung wurde Pompejus im Jahr 67 für drei Jahre mit außerordentlichen Vollmachten ausgestattet. Pompejus räumte in wenigen Monaten mit der Piraterie auf und zerschlug im Anschluß die hellenistische Staatenwelt endgültig. Er schuf eine Reihe neuer Provinzen und Klientelstaaten.


Auch Judäa geriet in Abhängigkeit vom Römischen Reich. Wir wollen einen Blick auf die dortigen Entwicklungen seit den Tagen Alexanders des Großen werfen:

Was sich in Judäa zugetragen hatte, bevor Pompejus eingriff

Nach dessen Tod fiel Judäa zunächst den Ptolemäern zu. 198 wurde es dem Seleukidenreich eingegliedert. Die Juden sahen sich massivem Steuer- und Hellenisierungsdruck ausgesetzt. Ein Gutteil der Oberschicht arrangierte sich mit den neuen Herren und übernahm deren Anschaungen und Lebensart. Der wachsende Gegensatz zwischen ihr und der Masse des Volkes äußerte sich in Unruhen und Straßenkämpfen und führte in die Katastrophe von 169, zu der die Bibel folgendes meldet:


"Als dem König [Antiochus IV.] zu Ohren kam, was geschehen war, glaubte er, Judäa wolle von ihm abfallen. Wütend wie ein wildes Tier brach er daher mit seinem Heer von Agypten [das er vorübergehend unter seine Herrschaft gebracht hatte] auf und nahm die Stadt mit Waffengewalt ein. Sie richteten unter jung und alt ein großes Blutbad an; junge Männer Frauen und Kinder kamen um, man erstach Mädchen und Säuglinge. In nur drei Tagen verlor die Stadt achtzigtausend Einwohner; vierzigtausend fanden im Kampf den Tod, ebensoviele, wie man ermordet hatte, wurden in die Sklaverei verkauft.


Doch das genügte dem König noch nicht; in seiner Frechheit betrat er den heiligsten Tempel der ganzen Erde Seine blutbefleckten Hände griffen nach den heiligen Geräten, und was andere Könige gestiftet hatten, um Glanz und Würde des Ortes zu erhöhen, raffte er mit unreinen Händen zusammen." (2. Makkabäer 5, 11-16)

Wie die "Makkabäer" Judäa von der Herrschaft der Seleukiden befreit hatten

Ein Partisanenkrieg unter der Führung des Jehuda Makkabi aber befreite Judäa, das sodann von einer makkabäischen (hasmonäischen) Dynastie regiert wurde, von der Herrschaft der Seleukiden


"Judas aber, den man auch den Makkabäer nennt, und seine Leute schlichen sich heimlich in die Dörfer und holten ihre Verwandten zu sich; auch gewannen sie die treugebliebenen Juden, so daß sie etwa sechstausend Mann zusammenbrachten.


Sie riefen zum Herrn, er möge auf das von allen geschundene Volk schauen und Mitleid haben mit dem Tempel, den ruchlose Menschen entweiht hätten, er möge auch der Stadt gnädig sein, die zerstört werde und bald dem Erdboden gleichgemacht sei, und auf das unschuldig vergossene Blut hören, das (anklagend) zu ihm aufschreie. Er solle daran denken, daß man entgegen jedem Recht unschuldige Kinder ermordet und seinen Namen gelästert habe, und zeigen, daß er das Böse hasse.

Sobald der Makkabäer eine Streitmacht aufgestellt hatte, konnten ihn die Heiden nicht mehr aufhalten; denn der Herr hatte seinem Zorn Gnade folgen lassen. Er überfiel Städte und Dörfer und steckte sie in Brand. Da er günstige Stellungen bezog, jagte er nicht wenige Feinde in die Flucht. Meist nutzte er die Nächte zu solchen Unternehmungen, und der Ruf seiner Kühnheit verbreitete sich überall." (2. Makkabäer 8, 1-7)


"Der Makkabäer aber und seine Leute konnten unter der Führung des Herrn das Heiligtum und die Stadt wieder in Besitz nehmen. Sie rissen die Altäre ein, die die Heiden auf dem Tempelplatz errichtet hatten, und legten die Umfriedungsmauern nieder. Den Tempel selbst reinigten sie und bauten einen neuen Brandopferaltar. Sie schlugen Feuer aus Steinen und zündeten so die Opfer an, die sie nach zweijähriger Unterbrechung wieder darbringen konnten. Auch bemühten sie sich um Räucherwerk, Leuchter und Schaubrote.


Dann warfen sie sich auf die Erde nieder und flehten zum Herrn, daß sie nie wieder in solches Unglück gerieten." (2. Makkabäer 10, 1-3)


Bis auf den heutigen Tag feiern die Juden die Wiedereinweihung des geschändeten Tempels im Rahmen des achttägigen Chanukkafestes. Zu den damit verbundenen Bräuchen gehört das Anzünden des achtflammigen Chanukkaleuchters, wobei man - beginnend mit einer Flamme - jeden Tag eine weitere entzündet. Die Legende erzählt von einem letzten übriggebliebenen Fläschchen kultisch reinen Öls, das wunderbarerweise acht Tage lang für die Beleuchtung gereicht habe, bis neues Öl zur Verfügung stand.

Wie sich die Römer in Judäa festsetzten

Die gemeinsame Feindschaft gegenüber den Seleukiden hatte Juden und Römer noch während des Makkabäeraufstandes einander näher gebracht. Die Römer aber mischten sich unter Pompejus in den Thronstreit zwischen den hasmonäischen Rivalen Aristobul II. und Hyrkan II. und gingen nicht mehr aus dem nur noch formell unabhängigen und seit 6 n. einem römischen Statthalter unterstellten Land. Lediglich messianische Hoffnungen und eschatologische (Endzeit-) Erwartungen wiesen den Weg aus neuerlicher bedrückender Fremdherrschaft in die Freiheit, die im "Krieg der letzten Tage" zu erkämpfen sein würde.


Zurück zu Pompejus. Im Jahr 62 kehrte er als strahlender Held und reicher Mann nach Italien zurück. In Brundisium entließ er sein Heer. In Rom geriet er in politische Isolierung. Den Popularen galt er als Optimat. Ihr Mann war Cäsar, der sich seine Beliebtheit unter der städtischen Plebs ein Vermögen kosten ließ. Die von Pompejus im Osten getroffenen Verfügungen waren jedoch durchaus nicht immer im Sinn der Optimaten gewesen. So zum Beispiel hatte er die "Ritter" (nicht der Nobilität zuzurechnende aber vermögende Schicht, deren Angehörige bei der Reiterei Dienst taten) durch Aufhebung von Beschränkungen, die ihnen bezüglich der Steuerpacht auferlegt worden waren, begünstigt.

Wie sich Cäsar, Crassus und Pompejus zum "Triumvirat" verbündeten

Im Jahr 60 verband sich Pompejus mit Cäsar und Crassus (Beiname "dives" - "der Reiche") zum sogenannten Ersten Triumvirat ("Dreimännerbund"). Diese drei verhalfen einander und ihren Günstlingen, zum Teil durch Anwendung blanker Waffengewalt, zum Konsulat

Wie Cäsar das noch freie Gallien eroberte

Konsul des Jahres 59 war Cäsar. Für die Zeit danach ließ er sich die Verwaltung der Provinzen Gallia Cisalpina, Gallia Ulterior (oder: Gallia Narbonensis - die Provence in Südfrankreich) und Illyricum übertragen. Die Eroberung des noch freien Gallien durch Cäsar dauerte bis in das Jahr 50.

Pompejus und Crassus wurden Konsulen des Jahres 55. Danach war für jeden von ihnen ein fünfjähriges Kommando vorgesehen, für Pompejus in Spanien, für Crassus in Syrien.

Wie der erste der Triumvirn ausfiel

Crassus fiel 53 im Kampf gegen die Parther, ein dem iranischen Sprachraum zuzurechnendes Reitervolk. Die Parther waren um die Mitte des 3. Jhs. v. aus der Gegend östlich des Kaspischen Sees gegen den Widerstand der Seleukiden vorgedrungen und hatten um die Mitte des 2. Jhs. ein zwischen Euphrat und Indus liegendes Großreich geschaffen, dessen Hauptstadt Ktesiphon am Tigris war.


Führender Kopf der städtischen Plebs war der Volkstribun Clodius, der bewaffnete Gefolgsleute um sich sammelte, darunter auch Freigelassene und Sklaven. Auch die Optimaten stellten bewaffnete Abteilungen auf. Unter ihren Anführern tat sich vor allem Milo hervor. Seinen Bürgerkriegstruppen gehörten ebenfalls zahlreiche Gladiatoren an. Permanente Straßenkämpfe zwischen den Leuten des Milo und denen des Clodius verhinderten in Rom in den Jahren 54 und 53 reguläre Wahlen.


Der Senat sah sich genötigt, Pompejus abermals mit außerordentlichen Vollmachten (als Konsul "sine collega" - "ohne Kollegen") auszustatten, damit er die innere Ordnung wiederherstelle.

Wie Cäsar zurückberufen wurde, sein Heer jedoch nicht entließ, sondern damit nach Italien marschierte

Cäsar wurde aus Gallien zurückberufen, fügte sich jedoch dem (von Pompejus initiierten) Befehl, sein Heer zu entlassen, nicht, sondern überschritt zu Beginn des Jahres 49 mit seinen Truppen den Rubico ("alea iacta est"), den Grenzfluß zwischen der Gallia Cisalpina und Italien. Nach wenigen Monaten war ganz Italien in Cäsars Hand.

Wie Pompejus auf der Flucht ermordet wurde

Danach kämpfte er mit Pompejus um die Provinzen. Die entscheidende Niederlage mußte Pompejus im Jahr 48 bei Pharsalos hinnehmen. Als er nach Agypten floh, wurde er (auf Befehl Ptolemaios´ XIII.) ermordet.

Wie Cäsar sich in ägyptische Angelegenheiten einmischte, dabei Kleopatra näher und in Schwierigkeiten kam

Nach seiner Landung in Alexandria mischte sich Cäsar in Thronstreitigkeiten der Ptolemäer und ermöglichte Kleopatra VII., die von ihrem Bruder Ptolemaios XIII. vertrieben worden war, die Rückkehr. Cäsar blieb bis 47 in Agypten und kam dabei Kleopatra näher. Den Agyptern kam er währenddessen nicht näher. Im Gegenteil: Sein eigenmächtiges Schalten und Walten in ägyptischen Fragen sowie hohe Geldforderungen seinerseits führten zum (alexandrinischen) Krieg, der ihn in sehr ernste Schwierigkeiten brachte. Während jener Tage brannte die berühmte alexandrinische Bibliothek ab.


Der Sohn des Königs Mithridates von Pontus (Pharnakes) meinte, den Bürgerkrieg zur Rückgewinnung verlorenen Gebietes ausnützen zu können, unterlag aber (47 bei Zela) Cäsar, der lapidar an den Senat meldete: "Veni, vidi, vici" - "Ich kam, sah und siegte".


Die Kämpfe mit den Anhängern des Pompejus dauerten noch bis 45 an.

Cäsar erhielt nach seinem Sieg bei Pharsalos die Diktatur auf unbestimmte Zeit, danach auf Lebenszeit und schließlich den vererbbaren Titel "Imperator".

Wie die Bürgerkriege eine neue Herrschaftsform hervorbrachten und diese den römischen Sklavenhalterstaat noch einmal stabilisierte

Wie Cäsar seine frühere populistische Haltung aufgab und sich innenpolitisch zwischen die Stühle setzte

Cäsars Politik lief nunmehr (im Gegensatz zu seiner früheren "populistischen" Haltung) auf die Beseitigung der Gegensätze zwischen den verschiedenen besitzenden Schichten des römischen Reiches und auf die Zurückdrängung des Einflusses städtischer Habnichtse hinaus. Cäsar vergab großzügig das römische Bürgerrecht an Provinziale und beschnitt den Proletariern die Getreidezuteilungen.


Die Optimaten würden ihre Privilegien mit anderen besitzenden Ständen teilen müssen, die besitzlose städtische Plebs würde ihr politisches Gewicht und ihr Privileg, ein parasitäres Leben auf Kosten der Provinzialbevölkerung zu führen, verlieren. Das war der Zug der Zeit. Cäsar aber hatte sich zwischen zwei Stühle gesetzt: Die einen konnte er nicht für sich gewinnen, auch wenn er seine früheren Gegner mit Milde behandelte, die anderen waren enttäuscht.

Wie Cäsar einer Verschwörung zum Opfer fiel

Im Jahr 44 fiel Cäsar an den Iden des März (15. März) einer Optimatenverschwörung zum Opfer, an der auch Männer teilnahmen, die zu ihm übergelaufen waren: Brutus und Cassius (in Shakespeare's Julius Cäsar daher: "Auch du, mein Brutus").

Daß die Republik dennoch nicht zu retten war

Die Monarchie war aber durch diesen Mord nicht aufzuhalten. Die republikanische Verfassung entsprach der veränderten römischen Gesellschaft nicht mehr.


Die Verfassung des Stadtstaates stand im Gegensatz zu den Verhältnissen des Weltreichs, die Verfassung einer Republik von Kleineigentümern stand im Gegensatz zu der gesellschaftlichen Wirklichkeit in großer Zahl proletarisierter Kleineigentümer. Kurz: die Form stand im Gegensatz zum Inhalt.


Der Mord ließ nun die städtischen Habenichtse sich wieder um die zum Gott überhöhte Figur Cäsars scharen.


Aus den Kämpfen um das Erbe und die Nachfolge Cäsars sollte dessen Großneffe und Adoptivsohn Octavian siegreich hervorgehen.

Wie sich die führenden Anhänger Cäsars zum "zweiten Triumvirat" zusammenschlossen

43 ging er mit Antonius und Lepidus das sogenannte zweite Triumvirat "zur Ordnung des Staatswesens" ("tres viri rei publicae constituendae") ein - keine private, sondern eine von den Cäsarianern, die koordiniertes Vorgehen gegen die Cäsarmörder wünschten, geforderte und gesetzlich bestätigte Übereinkunft.


Antonius hatte Cäsar als Truppenführer, Volkstribun und Konsul gedient und sich Cäsars Nachlaß angeeignet. Lepidus war als Befehlshaber der Reiterei und als Pontifex maximus einiges Gewicht zugekommen.

Durch abermalige blutige Proskriptionen schalteten die Triumvirn ihre Gegner (darunter Cicero) aus.

Wie die Triumvirn über die Cäsarmörder siegten


Wie Octavian im Kampf um die Alleinherrschaft siegte

Nach dem Sieg über die Cäsarmörder Brutus und Cassius (42 bei Philippi) teilten sie das Reich unter sich auf, wobei Octavian den Westen, Antonius den Osten und Lepidus lediglich Sizilien erhielt. Lepidus wurde auch als erster ausgeschaltet. Der Endkampf zwischen Octavian einerseits und Antonius und der ägyptischen Königin Kleopatra anderseits (die Antonius trotz seiner Ehe mit Octavia, der Schwester Octavians geheiratet hatte) wurde durch einen Seesieg Octavians (31 bei Aktium) entschieden.

Welche Lehren Octavian aus der Ermordung Cäsars zog und sich zum "Augustus" wandelte

Octavian zog die Lehren aus der Ermordung Cäsars und verkündete die "Wiederherstellung der Republik". Der Schönheitsfehler an der wiederhergestellten Republik: Octavian vereinigte die wichtigsten Amter in sich. Er nannte sich "Prinzeps" - "erster Bürger". Die frühe Kaiserzeit wird deshalb auch mit dem Begriff "Prinzipat" etikettiert (zum Unterschied vom unverhüllten "Dominat" [lat. "dominus" = "Herr"] der späten Kaiserzeit [284 - 476]). Im Jahr 27 v. nahm Octavian den Titel "Augustus" - "der Erhabene" an. Als "divi filius" - "Sohn des Göttlichen (Cäsar)" genoß er göttliche Ehren.

Seit 14 n. wurden die Komitien nicht mehr einberufen.


Nach den Kaisern der julisch-claudischen (Augustus, Tiberius, Caligula, Claudius, Nero) und der flavischen (Vespasian, Titus, Domitian) Dynastie wurde die Nachfolge (von Nerva bis Marc Aurel) durch Adoption geregelt. Auf Commodus, den Sohn Marc Aurels, folgten bis 284 die sogenannten Soldatenkaiser, die den Thron ihren Truppen verdankten.

Daß es seit Augustus zu keinen großen Eroberungskriegen mehr kam

Augustus und seine Nachfolger führten wohl keine großen Eroberungskriege mehr, aber das Römische Reich expandierte zunächst noch. Das Staatsgebiet der heutigen Republik Österreich erstreckt sich über Teile der neuerworbenen Provinzen Rätien, Noricum und Pannonien. Zum Reichsgebiet kamen ferner Britannien, Armenien und Mesopotamien.


Unter Kaiser Trajan (98 - 117) erreichte das Römische Reich seine größte Ausdehnung.


Ein großer Teil der Grenzlinie wurde zum Schutz vor Einfällen benachbarter Völker befestigt.


Verschiedene unterjochte Völker versuchten, die Herrschaft der Römer abzuschütteln (Aufstände beispielsweise in Nordafrika 17 - 24, in Britannien 60 - 61, in Gallien 68 - 69), so auch die Juden in den Jahren 66 bis 70.

Wie die Judäer versuchten, die römische Herrschaft abzuschütteln

Der jüdische Krieg wurde mit aller Härte geführt. (Der spätere Kaiser) Titus legte Jerusalem im Jahre 70 (zur Zeit Vespasians) in Schutt und Asche und zerstörte den Tempel. Der Titusbogen in Rom erinnert noch heute an den Sieg der Römer und zeigt denTriumphzug des Titus, anläßlich dessen die Tempelschätze mitgeführt wurden, die übrigens erst bei der Plünderung Roms durch die Vandalen (455)endgültig verlorengingen.


Die auf einem Tafelberg westlich des Toten Meeres gelegene Festung Massada fiel erst 73, wobei die 900 Verteidiger kollektiven Selbstmord begingen, um den Römern nicht in die Hände zu fallen, die bereits eine Bresche geschlagen hatten.



Wie aus Judäa Palästina wurde

Auch der Aufstand des Bar-Kochba (132 - 135) endete in einem blutigen Desaster. 580.000 jüdische Kämpfer sollen (nach Dio Cassius) gefallen sein, Zehntausenden war das Los der Sklaverei beschieden. Den Juden war es nun verboten, Jerusalem zu betreten. Selbst den Namen der Juden tilgten die Römer von der Landkarte: Aus Judäa wurde Palästina, das Land der Philister.

Daß das Judentum dennoch "religio licita" war

Einen römischen "Staatsantisemitismus" gab es dennoch nicht. Die Römer respektierten die Religion der Juden als "religio licita" - "erlaubte Religion". Die Juden verweigerten konsequent den Kaiserkult und die Römer - befreiten sie davon.


Die Juden bildeten einen unter vielen Mosaiksteinen des römischen Vielvölkerreichs, in dem sie mit vier bis fünf Millionen Menschen etwa sieben oder acht Prozent der Bevölkerung darstellten. Man respektierte oder verachtete, bewunderte oder haßte, verleumdete oder lobte sie wie andere Gruppen auch. Niemand kam auf die Idee, die Juden für eine besondere "Rasse" zu halten, niemand kam auf die Idee, sie mit Handel und Geldgeschäft zu identifizieren. Ihre Lage verschlechterte sich erst im christlichen Staat.

Wie der Masse der besitz- und hoffnungslosen des Römischen Reichs nur noch Gott helfen konnte


Den Massen der Besitz- und Hoffnungslosen, die sich in den Städten des Römischen Reiches konzentrierten, konnte - insbesondere nach der Konsolidierung des Imperiums unter Augustus - keine Macht der Welt helfen. Nur noch Gott.


Das lateinische Wort "paganus" enthält einen deutlichen Hinweis darauf, daß die Anhänger des christlichen Glaubens zunächst wohl im städtischen Milieu zu finden waren: Es bedeutet "Landbewohner" und "Heide". Auch die Lilien auf dem Felde, die nicht säen und spinnen, aber doch gedeihen, geben damit die Lebensverhältnisse des städtischen Proletariats wider.


Orientalische Kulte (um Isis und Osiris, Mithras, Sol invictus und andere), die Erlösung, eine Umkehr der sozialen Ordnung und womöglich ein Weiterleben nach dem Tod versprachen, erfreuten sich an der Zeitenwende großer Beliebtheit.

Wie im Wettstreit der Erlösungsreligionen das Christentum siegte

Im Wettstreit der Religionen siegte trotz Verfolgungen, (die ihren Höhepunkt [303/13] unter Diocletian und Galerius erreichten) das Christentum. Es entwickelte sich zunächst im Schutz der religiösen Freiheiten, die den Juden zugestanden wurden, bis die Römer erkannten, daß sie es nicht mehr mit der bloßen Stammesreligion eines schrulligen Völkchens zu tun hatten, sondern mit einer eigenen Religion, die den Charakter einer sozialen Protestbewegung hatte: Die jetzt hungern werden dann satt sein, und die jetzt satt sind, werden dann Hunger leiden. Laßt eure Schuldner frei, so werdet auch ihr freigelassen werden. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als daß ein Reicher in den Himmel eingeht.


Auf revolutionäres Handeln verzichtete des Christentum: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott was Gottes ist. Jedermann sei obrigkeitlichen Gewalten untertan, denn es gibt keine Obrigkeit, die nicht von Gott ist.

Was sich die frühen Christen für die nächste Zukunft versprachen

Allerdings kündigt die Apokalypse (auch: "Offenbarung des Johannes", nicht zu verwechseln mit dem Jahannesevangelium), die vermutlich bald nach Nero und unter dem Eindruck der von ihm initiierten Christenverfolgungen niedergeschrieben wurde, an, daß es in nächster Zukunft zu einem furchtbaren, entscheidenden Kampf zwischen dem Antichrist und dem zurückkehrenden Christus und letztlich zur Errichtung eines Tausendjährigen Reichs durch ihn kommen werde.


In diesem Tausendjährigen Reich wollten die von Christus zur herrschenden Klasse erhobenen Elenden des römischen Reichs der Freuden teilhaftig werden, die ihnen einstweilen noch versagt blieben. Bischof und Kirchenlehrer Irenäus (2. Hälfte d. 2. Jhs.) stellte folgendes beispielsweise folgendes in Aussicht:


"Es wird die Zeit kommen, da die Weinstöcke wachsen, jeder mit zehntausend Reben, jede Rebe mit zehntausend großen Zweigen, jeder große Zwei mit zehntausend kleinen Zweigen, jeder kleine Zweig mit zehntausend Trauben, jede Traube mit zehntausend Beeren und jede Beere mit Saft für zwanzig Maß Wein."

Und:

"Die jungen Mädchen werden sich da in Gesellschaft der Jünglinge ergötzen; die Greise werden dieselben Vorrechte genießen, und ihr Kummer wird sich in Vergnügen auflösen." [iv]


In dem Maß, in dem sich das Christentum mit der herrschenden Staatsmacht arrangierte, trat die Apokalypse in den Hintergrund und mit ihr die "chiliastischen" Erwartungen, die mit dem erhofften, baldigen Anbruch eines Tausendjährigen Reiches verbundenen Erwartungen (gr. "chilias" bedeutet "tausend").


Mit den sozialen Bewegungen des Mittelalters sollten sie jeweils wieder aufleben.

Welche Lehren man aus den großen Sklavenaufständen zog

Die Sklavenaufstände hatten deutlich die Gefahren aufgezeigt, die die Bewirtschaftung riesiger Latifundien durch Tausende von Sklaven mit sich brachte. Außerdem hatte sich gezeigt, daß ab einer bestimmten Betriebsgröße die Kosten schneller wuchsen als der Gewinn. In der frühen Kaiserzeit wurde daher die extensive Latifundienwirtschaft durch die auf arbeitsintensive Kulturen (Wein, Oliven) spezialisierte Villenwirtschaft abgelöst.

Neben der Sklaverei entwickelte sich eine Form der Pacht, das sogenannte Kolonat: Besonders nach dem Spartacusaufstand übergaben die Großgrundbesitzer einen Teil ihrer Ländereien -zunächst noch - freien Pächtern, den "colones" zur Bewirtschaftung.

Wie hinter der im Zerfall begriffenen römischen Sklavenhaltergesellschaft bereits die Umrisse des christlichen Mittelalters sichtbar wurden

Wie die römische Marktwirtschaft verfiel

Die Verelendung breiter Schichten schränkte in der Kaiserzeit die Kaufkraft und damit den Markt ein. Durch das Ausbleiben von Kriegserfolgen wurden Sklaven vom Massenartikel zum Luxusgut. Die Sklaverei trat mit dem 2. Jh. zugunsten des Kolonats in den Hintergrund. Gegen Ende des 3. Jhs. verloren die Kolonen ihre persönliche Freiheit und unterschieden sich von Sklaven nurmehr dadurch, daß sie frei wirtschafteten. Sie produzierten primär für den eigenen Bedarf sowie den des Herrn, und nicht für den Markt.


Damit insgesamt zeichneten sich bereits in der späteren römischen Kaiserzeit die Umrisse der mittelalterlichen Feudalgesellschaft ab.


Die allgemeine Krise spiegelte sich im raschen Wechsel der Soldatenkaiser, in Volksaufständen und in der Bedrohung der Grenzen des römischen Reichs.

Wie Diocletian und Konstantin das römische Reich zu stabilisieren versuchten

Zur Stabilisierung der Verhältnisse führte Diocletian (284 - 305) die "Tetrarchie" ("Viererherrschaft") ein, eine administrative und territoriale Gewaltenteilung unter zwei Cäsares, die von zwei Augusti unterstützt wurden, die auch als ihre Nachfolger gedacht waren. Damit war die spätere Reichsteilung (395) bereits vorbereitet. Mit den Reformen Diocletians begann der Dominat, die orientaisch geprägte offene Despotie.


Konstantin (I., d. Gr. 272 - 337) riß wieder die Herrschaft über das Gesamtreich an sich und wählte Byzanz als neue Reichshauptstadt (Konstantinopel).

Wie Konstantin das Christentum tolerierte

Er tolerierte (mit dem Edikt von Mailand 313) das Christentum (trat aber selbst erst auf dem Sterbebett zum Christentum über) und versuchte es mit dem syrischen Kult um den "Sol invictus" - "die unbesiegte Sonne" zu vereinigen. Noch mehr als ein Jahrhundert später geißelte Papst Leo I. die Sitte, sich beim Betreten des Petersdoms nach Osten, zur aufgehenden Sonne hin zu verneigen.


Konstantin leitete das Konzil von Nikäa (325), das die Lehre des Arius verdammte und die wichtigsten Dogmen des Christentums zusammenfaßte. Die durch das Konzil geprägte Formel "Ein Gott, ein Logos (gr. Wort = der Sohn Gottes als menschgewordene Lehre), ein Kaiser!" drückt das gemeinsame Interesse aus, das die Kirche mit dem Kaiser verband.

Daß es verschiedene Auffassungen von Christentum gab

Schon im 2. Jh. hatte der Streit bezüglich der Menschen- und/oder Gottesnatur Jesu Christi begonnen. Im 4. Jahrhundert erhielten diese Streitigkeiten politische Bedeutung. Arius bestritt die Gottesnatur Jesu und fand damit bei den unteren Bevölkerungsschichten großen Anklang.


381 erhob Theodosius (auf dem Konzil von Konstantinopel) die Lehre des Athanasius (295 -373, Bischof von Alexandria) zur Staatsreligion.

Wie sich das Christentum von der jüdischen Religion abgrenzte und diese bekämpfte

Mindestens so heftig wie der Kampf zwischen den einzelnen Richtungen des Christentums wurde christlicherseits der Kampf gegen das Judentum geführt.

Zwei Jahrtausende lang berief sich christliche Judenfeindschaft auf das Neue Testament, obwohl es bei Johannes - auch - (4, 22) heißt "Das Heil kommt von den Juden.":

"Warum versteht ihr nicht, was ich sage? Weil ihr nicht imstande seid, mein Wort zu hören. Ihr habt den Teufel zum Vater, und ihr wollt tun, wonach es euren Vater verlangt."

(Johannes 8, 44)

"Und ich weiß, daß du von solchen geschmäht wirst, die sich als Juden ausgeben; sie sind es aber nicht, sondern sind eine Synagoge des Satans

(Offenbarung 2, 9)

"Leute aus der Synagoge des Satans, die sich als Juden ausgeben, es aber nicht sind, sondern Lügner - ich werde bewirken, daß sie kommen und sich dir zu füssen werfen und erkennen, daß ich dir meine Liebe zugewandt habe."

(Offenbarung 3, 9)

"Gebt acht auf diese Hunde, gebt acht auf die falschen Lehrer, gebt acht auf die Verschnittenen!"

(Philipper 3, 2)


Wie immer man jene Textstellen des Neuen Testaments, die sich auf die Juden beziehen, heute interpretieren mag, die Kirchenväter stellten die Juden sehr wohl "als von Gott verworfen oder verflucht" dar, "als ob dies aus der Heiligen Schrift zu folgern sei", wogegen sich das zweite Vatikanische Konzil (1962 - 1965) ausdrücklich wandte.


Die Kirche war (und bleibt nach christlicher Auffassung) das "neue Volk Gottes", das "neue", das "wahre" Israel. Und diejenigen, die Israel nur "dem Fleische nach" bildeten, wurden zu "verstockten" Juden, indem sie an ihrem alten Glauben festhielten, der schon deshalb sündhaft war, weil er weiterexistierte.


Ein 1982 von der Österreichischen Bischofskonferenz genehmigter Text der Pastoralkommission Österreichs nimmt Bezug auf jene Stellen des Johannesevangeliums, die auf den Unkundigen judenfeindlich wirken:


"Mit 'Juden' meint Johannes nicht die Juden im Gegensatz zu den Heiden, sondern er benützt den Ausdruck als Typos für den Ungläubigen, also für jeden, der Jesus und seine Botschaft vom Reich Gottes trotz Erkenntnis nicht annimmt; der Ausdruck gilt also für schuldhaft Ungläubige auch heute "


Den Juden wurde der Tod Jesu Christi zur Last gelegt, obwohl nichts in der Lehre des Nazareners der jüdischen Religion grundsätzlich widersprach und den Gottesmord motivieren hätte können. Hingegen konnte sich die Entlastung der römischen Staatsmacht vom Vorwurf des Gottesmords nur günstig auf die Entwicklung der Beziehungen zwischen dieser und dem Christentum auswirken.

Welche Argumente die Kirchenväter gegen die Juden ins Treffen führten

Die Kirchenväter äußerten sich vielfach rabiat judenfeindlich. Etliche von ihnen verfaßten Kampfschriften mit dem Titel "Gegen die Juden". Der heilige Augustinus etwa bot in einem solchen Ouvre einen handlichen Überblick über die judenfeindlichen Argumente der frühen Christen. Ihm (und schon Tertullian [um 200, Präzisierung der lateinischen Kirchensprache]) diente die Geschichte von Jakob und Esau als Beleg dafür, daß Gott die Juden dazu bestimmt hätte, den Christen zu dienen: "Merkt auf das Mysterium: Der Jude ist Sklave des Christen. Das ist offenkundig und erfüllt den Erdkreis". Als Belegstelle diente ihm Genesis 25, 23. Dort heißt es: "Ein Stamm ist dem andern überlegen. Der ältere muß dem jüngeren dienen." Damit war die theologische Grundlage der mittelalterlichen Kammerknechtschaft vorbereitet.


Eusebius (260/65-339, Verfasser der ersten Kirchengeschichte) meinte in seiner "Vita Constantini", daß sich der christliche Ostertermin nicht nach dem jüdischen Pessachfest richten dürfe, denn " Nichts soll uns also gemeinsam sein mit dem verhaßten Volk der Juden."


Und beim heiligen Johannes Chrysostomos (344/54-407, gefeierter Prediger, Bischof von Konstantinopel, umfangreichstes Schrifttum der griechischen Patristik) lesen wir beispielsweise: "Die Synagoge ist nicht bloß ein Theater, sie ist ein Hurenhaus, eine Räuberhöhle und Zufluchtsstätte unreiner Tiere, eine Wohnstätte der Teufel."

Daß beispielsweise der heilige Johannes Chrysostomos die Juden als reif zur Schlachtung bezeichnete

Und das folgende Wort dieses Heiligen klingt für den unbefangenen und theologisch nicht vorgebildeten Leser schlicht nach einer Aufforderung zum Massenmord: "[Die Juden] nehmen das Joch Christi nicht an und ziehen nicht den Pflug der Lehre Solche Tiere aber, die zur Arbeit unnütz sind, sind reif zur Schlachtung geworden. So geht es auch ihnen: sie haben sich für die Arbeit als unnütz erwiesen und sind deshalb reif zur Schlachtung geworden."


Im christlichen Staat verschlechterte sich die Lage der Juden, die radikal antijüdischen Worte der Kirchenväter schlugen in Taten um - Zerstörung von Synagogen oder deren Umwandlung in Kirchen: Der erste bekannte Fall ist die Zerstörung der Synagoge von Kallinikon am Euphrat 388.


Das unter Kaiser Theodosius II. 438 zusammengefaßte römische Recht (Codex Theodosianus) enthielt bereits eine ganze Reihe von gegen die Juden gerichteten Gesetzen, die sie unter anderem von öffentlichen Amtern und Würden ausschlossen.


In der zweiten Hälte des 4. Jhs. erlangte infolge der Bedrohung der römischen Grenzen durch die Völkerwanderung das von Konstantin geschaffene Amt des "Heermeisters" (militärisches Oberkommando), das wie andere militärische Kommandopositionen zunehmend mit Persönlichkeiten germanischer Abstammung besetzt wurde, politische Bedeutung, während auf den Kaiserthron schließlich Kinder gesetzt wurden (der achtjährige Gratian, der vierjährige Valentinian II., der sechsjährige Arcadius, der neunjährige Honorius).

Wie Odoaker den letzten römischen Kaiser in Pension schickte

Auch der letzte weströmische Kaiser Romulus "Augustulus" war noch ein Kind, als er 476 von dem germanischen Söldnerführer Odoaker, dessen Leute ihn zum König ausriefen, auf seinen Landsitz in Kampanien geschickt wurde.

Wie es zur Zeit der Völkerwanderung
drunter und drüber ging


Wie in Italien auf Odoaker die Ostgoten, Byzantiner und Langobarden folgten

Der Staat Odoakers fiel 493 einer ostgotischen Invasion unter Theoderich (bis 526) zum Opfer. Theoderichs Nachfolger Totila vermochte sich nicht gegen die oströmische Aggression unter Justinian (527 - 565) zu behaupten. Aber auch die byzantinische Herrschaft in Italien blieb eine kurze Episode, denn im Jahr 568 besetzten die Langobarden einen Großteil des Landes.


Während des 5. Jhs. waren germanische Stämme als "Föderaten" auf römischem Boden angesiedelt worden, wo man ihnen ein bis zwei Drittel des Bodens zugewiesen hatte. Dafür sollten sie sich verpflichten, die Grenzen des Reiches zu schützen.

Wie die Reiche der Burgunder, Westgoten und Vandalen entanden und vergingen

Die im Gebiet der Rheinpfalz als Föderaten angesiedelten Burgunder versuchten nach Westen zu expandieren, wurden jedoch von Heermeister Aetius mit Hilfe der Hunnen vernichtend geschlagen, ein Ereignis, das sich in der Nibelungensage spiegelt. Darauf wurden sie im Gebiet zwischen Genfer und Neuenburger See angesiedelt. In den Sechzigerjahren des 5. Jhs. drangen die Burgunder bis ans Mittelmeer vor. Ihr Staat wurde jedoch 534 von den Franken erobert


Die Hunnen drangen seit 420 wiederholt in das oströmische Reich ein und wandten sich unter Attila (434 - 453) auch gegen das weströmische Reich. Aetius trat ihnen 451 (auf den Katalaunischen Feldern) mit einem Heer entgegen, das hauptsächlich von Föderaten gestellt wurde, und besiegte ihn. Attila verwüstete im Jahr darauf Oberitalien und zog sich dann in den Raum Noricum-Pannonien zurück, wo er starb.


Die 382 in Mösien und Thrakien als Föderaten angesiedelten Westgoten plünderten 410 unter Alarich, der im gleichen Jahr starb, Rom. Unter seinem Nachfolger zogen sie nach Südgallien und errichteten einen Staat mit der Hauptstadt Tolosa (Toulouse). Von dort aus dehnten die Westgoten ihre Herrschaft über den größten Teil Spaniens und über Gallien bis zur Loire aus. Die Franken nahmen ihnen 506 den gallischen Anteil ihres Reiches ab. Das Westgotenreich in Spanien fiel 711 der arabischen Expansion zum Opfer.


An der Jahreswende 406/07 überschritten Vandalen, Alanen und Sueben den mittleren Rhein und drangen in den folgenden Jahren bis Spanien vor. Ein selbständiger Suebenstaat in Nordwestspanien wurde 584 von den Westgoten erobert. 429 stießen die Vandalen unter Geiserich mit den Alanen nach Nordafrika vor. 455 landete Vandalenkönig Geiserich persönlich mit einer Flotte an der Tibermündung, nahm Rom ein und ließ seine Leute die Stadt zwei Wochen lang plündern. Der Vandalenstaat erfreute sich bis 533 seiner Unabhängigkeit, als er nach aufreibenden Kämpfen mit berberischen Völkern des Hinterlandes von den Truppen des Belisar, des Feldherrn Justinians, erobert wurde.

Wie sich in kurzer Zeit ein arabisches grossreich entwickelte


Der Lebensraum der arabischen Halbinsel brachte im wesentlichen die Lebensformen der nomadischen Dromedarzüchter (die unter der Bezeichnung carab erstmals im 9. Jh. v. auftraten), der Oasenbauern und der Städter hervor.

Wie und warum sich der Islam entwickelte

Auf der arabischen Halbinsel ging die Herausbildung (feudal‑)staatlicher Verhältnisse Hand in Hand mit der Entwicklung einer die Stammesdifferenzen überwindenden monotheistischen Religion. Der Fernhandel - Lebensnerv der städtischen Wirtschaft - war von einer funktionierenden Zentralherrschaft abhängig, seine ständige Bedrohung durch nomadisierende Reiterkrieger (badw - Beduinen) untragbar. Schon vor Mohammed traten sogenannte Hanifen als Verkünder monotheistischer Ideen auf, aber erst ihm war es beschieden, die Araber zu einen.


Mohammed sah sich nicht als Religionsgründer, sondern als Vollender des jüdisch-christlichen Monotheismus. Seit etwa 610 empfing er göttliche Offenbarungen und predigte die Hingabe an den Einen Gott (= Islam). In seiner Heimatstadt Mekka fand er jedoch nur wenige Anhänger, zumeist Angehörige der Unterschicht. In Mekka, auch Heimatstadt zahlreicher Götter, die von den arabischen Stämmen verehrt wurden, stießen seine Ideen zunächst auf Ablehnung, sodaß er 622 nach Medina übersiedeln mußte, wo es ihm gelang, ein islamisches Staatswesen zu begründen. 622, das Jahr des Auszugs - der Hedschra, bildet den Beginn der islamischen Zeitrechnung (in Mondjahren). 630 konnten die Anhänger Mohammeds Mekka nahezu ohne Gewaltanwendung besetzen.


Der Koran, das Heilige Buch des Islam, enthält insgesamt 114 Offenbarungen (Suren), die man, als das Gesamtwerk im Jahr 650, also 18 Jahre nach dem Tod des Propheten, veröffentlicht wurde, kurzerhand nach ihrer Länge ordnete. Der Koran lehrt einen absoluten Monotheismus, Vergeltung der Taten des Menschen im Jüngsten Gericht, regelt kultische, rechtliche und wirtschaftliche Fragen und legt die religiösen Pflichten fest. Das sind vor allem die sogenannten fünf Säulen des Islam:

Was die wichtigsten Grundsätze des Islam sind

Glaubensbekenntnis: Es gibt keinen Gott außer dem Einen Gott, und Mohammed ist sein Prophet.

Fasten im Monat Ramadan.

Fünfmaliges Gebet am Tag (bei den Schiiten dreimalig).

Wallfahrt nach Mekka.

Mildtätigkeit.



Außerdem dient dem Muslim die Sunna als Richtschnur, die zahlreiche Berichte über die Taten des Propheten und seiner Gefährten enthält, die nicht in den Koran aufgenommen wurden.


Als der Prophet 632 starb, wurde sein Schwiegervater Abu Bakr zum Nachfolger (chalifa - Kalif) bestimmt. Ihm gelang es, die islamische Gemeinde zusammenzuhalten, obwohl viele die Auffassung vertraten, daß sie nur dem Propheten persönlich verpflichtet gewesen seien.


Abu Bakrs Nachfolger Omar war der Begründer des theokratischen arabischen Weltreichs. Er eroberte (635) Damaskus, Jerusalem (637), Persien (640 - 644) und Agypten (639 - 641).


Unter Osman zeigten sich bereits erste Verfallserscheinungen und Richtungstreitigkeiten innerhalb des Islam. Osman wurde - wie schon Omar - ermordet (656).

Wie sich verschiedene islamische Konfessionen herausbildeten und die Omayyaden an die Macht kamen

Ali, Schwiegersohn und Vetter des Mohammed wurde nicht überall anerkannt und unterlag schließlich Moawija, dem (mit dem Propheten verwandten) Statthalter Syriens und Begründer der Omayyadendynastie. Seither aber ist die islamische Welt in verschiedene Konfessionen gespalten. Da ist zunächst die Schi'at Ali, die Partei des Ali, kurz Schia (Stimmabsatz zw. i und a), die davon ausgeht, daß die Lenkung der islamischen Gemeinde Ali und seinen Nachfahren gebühre. Die Sunna wird von den Schiiten nicht anerkannt. Die Sunniten bilden die große Mehrheit (90%) in der islamischen Welt. Das Kalifat sollte ihrer Auffassung nach den nächsten Verwandten des Propheten in männlicher Linie vorbehalten sein.


Unter den Omayyaden erreichte das arabische Reich seine größte Ausdehnung (vom Kaukasus bis Spanien, das 711 [unter dem Feldherrn Tarik: Djebel Tarik - Gibraltar] erobert wurde).


Der Franke Karl Martell wies 732 (zwischen Tours und Poitiers) einen tief ins Innere Frankreichs führenden arabischen Vorstoß ab.

Wie die Omayyaden von den Abbasiden verdrängt wurden

Um an die Macht zu kommen nutzten die Abbasiden (Ahnherr Abbas, ein Onkel Mohammeds) erfolgreich Volksbewegungen im Osten des Reiches aus, die sich gegen die Diskriminierung nichtarabischer Muslime richteten, und rotten das Geschlecht der Omayyaden aus. Lediglich Abd ar-Rahman gelang es, nach Spanien zu entkommen, wo er das Emirat (später Kalifat) Cordoba und damit den ersten vom Kalifen unabhängigen islamischen Staat begründete.


Mittelpunkt des Abbasidenreiches war Bagdad. Bekanntester und bedeutendster Abbasidenkalif war Harun ar-Raschid, ein Zeitgenosse Karls des Großen.


Weitere Regionen (Tunesien-Tripolitanien, Agypten, Nordostpersien, Transoxanien) entzogen sich der Zentralgewalt, erkannten aber die Oberhoheit des Kalifen formell an.

Wie sich der fränkische Feudalstaat entwickelte

Was der Ausdruck "Feudalismus" im weiteren Sinn bezeichnet

Noch in der römischen Antike warem die Umrisse der mittelalterlichen Feudal­ge­sellschaft sichtbar geworden, die auf Subsistenzwirtschaft beruhte (geschlossene Hauswirtschaft, keine Warenproduktion), und in der das Eigentum am Grund und Boden und bald schon ein einge­schränktes Eigentum an den Bauern der Grundbesitzerklasse zukam. Die Völkerwanderung brachte vielfach nur einen Wechsel der Herren mit sich.

Auch bei den germanischen Eroberern kam es zu einer Art "Arbeits-teilung" zwischen einem auf das Kriegshandwerk spezialisierten grundbesitzenden Stammesadel und abhängigen Bauern, die zur Ablieferung von Naturalien und zu allerlei Diensten verpflichtet waren. Ihre Abhängigkeit und Unfreiheit reichte in vielfäl­ti­gen Abstufungen von einer lockeren Tributpflicht bis zur eigentlichen Leibeigenschaft, die sich kaum von Sklaverei unterschied.

Was der Ausdruck "Feudalismus" im engeren Sinn bezeichnet

Im engeren Sinn bezeichnet der Ausdruck "Feudalismus" lediglich die Beziehungen und Abhängigkeiten innerhalb der Gesellschaftsklasse der kriegeradeligen Grundbesitzer: Die Krone überließ ihren Vasallen (Grafen, Herzögen) Land als "Lehen" (lat. "feudum"), das heißt "leihweise" und nicht als Eigentum. Die Gegenleistung bestand im Kriegsdienst der Vasal­len, die ihrerseits wieder "Aftervasallen" (Ritter) belehnten. Im Frankenreich wurden die Bauern im 8. Jahrhundert (Schlacht zwischen Tours und Poitiers) nicht mehr im Krieg aufgeboten.

Wie sich das Frankenreich und das Königtum der Merowinger her­ausbildeten und die Kirche zur wichtigsten Stütze
des fränkischen Staates wurde

Feudalstaatliche Verhältnisse entwickelten sich um die Wende vom 5. zum 6. Jahr­hun­dert zuerst bei den Franken, die von ihrem Stammland an der unteren Schelde ins Pariser Becken expandierten. Am Ende des 5. Jahrhunderts brach der Merowinger Chlodwig die Macht der übrigen fränkischen Stammesfür­sten und Kleinkönige und begründete das fränkische Königtum.

Chlodwig trat zum katholischen Christentum über, das als Religion der "Mühseligen und Beladenen" entstanden war. Die Kirche wurde nun aber zur stärksten Stütze des fränkischen Staates und der feudalen Gesellschaftsordnung. Die Unterwerfung von Völkerschaften ging in den folgenden Jahrhunderten mit deren Christianisierung einher. Und stets war es der Adel, der zuerst zum Christentum übertrat. Schenkungen mach­ten die Kirche zum größten Grundbesitzer des Reiches.

Wie die Merowinger von den Karolingern abgelöst wurden und das Frankenreich den Höhepunkt seiner Macht unter Karl dem Grossen erreichte

Seit der Mitte des 7. Jahrhunderts wurden die Merowinger mehr und mehr zu bloßen Schattenkönigen herabgedrückt, während die Familie der Karolinger ihre Stellung als Haus­meier immer mehr ausbaute und festigte. Im Jahre 751 wurde der letzte Merowingerkönig in ein Kloster gebracht und der Karolinger Pippin mit päpstlicher Hilfe zum König des Franken­reiches erhoben.

Den Höhepunkt seiner Macht erreichte das fränkische Karolingerreich um die Wende des 8. zum 9. Jahrhundert. Karl der Große unterwarf/christianisierte die Sachsen. Eine Verschwörung gegen die fränkische Herrschaft wurde von ihm im Jahre 782 mit Hilfe von Teilen des sächsischen Adels blutig unterdrückt. Zeitge­nössische Quellen berichten, daß damals in Verden an der Aller 4.500 Aufständische hingerich­tet worden sein. Wi­dukind, der bedeutendste unter ihren Führern unterwarf sich drei Jahre spä­ter.


Nachdem Karl der Große die Sachsen und Bayern unterworfen hatte, war der fränkische Staat zum wichtigsten Machtfaktor Mittel- und Westeuropas geworden, und, indem er sich im Jahre 800 vom Papst zum Kaiser krönen ließ, erhob er den Anspruch auf die Erb­schaft des weströmischen Reiches. Die oströmischen Kaiser anerkannten Karl notgedrungen.

Daß das Reich Karls des Grossen aber lediglich ein mit militä­risch-adminis-trativen Mitteln zusammengefügtes Konglomerat von Völ­kerschaften darstellte, das bald nach Karls Tod ausein­anderfiel

Das Karolingische Reich war ein mit militärisch-administrativen Mitteln zusammenge­fügtes Konglomerat von Völkerschaften, die im Verband des Reiches weiterhin ihr Eigenleben führten und ihre eigenen Sprachen besaßen. Das einzige Band, das diese einander fremden Teile zusam­menhielt, war die relativ starke Zentralgewalt unter Karl dem Großen mit einer strengen Verwal­tungsordnung. Die Zentralgewalt, die sich faktisch nur auf den königlichen Grundbesitz stützte und die nicht einmal einen festen Königshof besaß - aus Versorgungsgrün­den wechselte der Sitz des karolingischen Hofes -, zerfiel bereits wieder mit dem Tod Karls im Jahre 814. Die Kräfte, die an ihrer Aufrechterhaltung interessiert waren, eine kleine Reichs­aristokratie, die in allen Teilen des Imperiums begütert war, und die Kirche, waren nicht stark genug, das Auseinanderbröckeln zu verhindern.

wie aus den fränkischen Teilungen ein selbständiger deutscher Staat hervorging

Daß ausgerechnet die erst von Karl unterworfenen Sachsen da­nach die deutschen Könige stellten

Drei Jahrzehnte später, im Jahre 843, wurde in Verdun das Karolingische Reich in drei Teile auf­geteilt, wenn auch seine Einheit formal als weiterbestehend anerkannt wurde.

Ausgangspunkt für die Entwicklung zu einem selbständigen deutschen Staat wurde das ostfränkische Reich. Bis zur Konsolidierung eines eigentlichen deutschen Staates sollten freilich noch mehr als sieben Jahrzehnte vergehen, in denen das Reich in kleine König­reiche und Adelsherrschaften auseinanderzufallen drohte. Im Jahre 919 wurde aber Herzog Heinrich von Sachsen von den sächsischen und einem Teil der fränkischen Feudalherren zum König gewählt.

Daß die deutschen Könige die Kirchenorganisation zur Aus­übung der Macht benutzten, deshalb auch gerne den Papst von sich ab­hängig machen wollten und überhaupt gerne nach Italien zogen

Daß ein relativ starkes Königtum an der Spitze des deutschen Staates fortbestand, hat seine Ursache nicht zuletzt in der Existenz eines mit diesem Königtum verbundenen relativ stabilen Organs: der Reichskirche. Gerade das aber mußte in der Folgezeit Auseinandersetzun­gen zwischen Papsttum und Königtum In dem Versuch, den Einfluß des deutschen Königtums auf die Kirche dadurch zu si­chern, daß auch der Papst in seine Abhängigkeit gebracht wurde, können wir eine der Wurzeln der Itali­enpolitik erkennen, die um die Mitte des 10. Jahrhunderts unter Otto I. (936-973) be­gann. Eine der Wurzeln, aber nicht die einzige: Zugleich spielte das Streben, die reichen oberi­talienischen Handelsstädte auszuplündern, eine Rolle, und da auch die süddeutschen Herzog­tümer sich deshalb in Italien festsetzen wollten, versuchten die Könige, das Erstarken der Par­tikulargewalt dadurch zu verhindern, daß sie sie von dort verdrängten und selbst Einfluß auf Ober- und Mittelitalien zu gewinnen suchten.

wie die deutschen Könige bzw. Kaiser durch ihre Italien­politik die Zentralgewalt stärken wollten, aber das Ge­genteil erreichten

Daß die deutschen Könige dem Adel Zugeständnisse machten, um freie Hand für ihre Italienpolitik zu haben, und damit die Zentral­gewalt schwächten

Statt daß die Italienexpansion die Zentralgewalt stärkte, war sie umgekehrt nur durch immer neue Zugeständnisse an die Partikularmächte fortzuführen. Immerhin hatte Otto wenig­stens insofern Erfolg, als es ihm und seinem Nachfolger gelang, die Kaiserkrone zu erwerben, während die bereits im 9. und 10. Jahrhundert unternommenen Versuche einer Expansion nach Osten, gegen die slawischen Nachbarn, mit dem umfassenden Slawenaufstand 983 wenigstens für eineinhalb Jahrhunderte scheiterten und der erfolgreiche Widerstand der Elbslawen auch den wei­ter östlich lebenden slawischen Völkern die zeitweilige Unabhängigkeit sicherte und ihnen die Festigung selbständiger Staaten erleichterte.

Wie sich eine innerkirchliche Reformbewegung gegen die Ein­griffe der deutschen Könige bzw Kaiser in kirchliche Angele­genheiten richtete

Reichskirchensystem und Italienpolitik konnten freilich keine dauerhaften Erfolge zeiti­gen. Eine vom Kloster Cluny in Burgund (gegr. 910) ausgehende Reformbewegung beeinflußte auch die Geschicke der deutschen Königsmacht. Die cluniazensische Bewegung richtete sich gegen die Verweltlichung des Klosterlebens und gegen die Eingriffe weltlicher Herrscher in kirchliche Ange­legenheiten.

Wenn die Spannungen zwischen der weltlichen und geistlichen Feudalmacht aber zu dieser Zeit in allen Ländern wuchsen, wurden sie in Deutschland dadurch verschärft und kompliziert, daß die Expansion der deutschen Kaiser nach Italien zusätzliche Konfliktstoffe zwischen Staat und Kirche schuf.

Wie Kaiser und Papst im Investiturstreit aneinanderge­rieten


Die Herrschaftsansprüche Heinrichs IV. stießen mit weltli­chen Ansprüchen des Papstes in Italien bald so scharf zusammen, daß Gregor VII., Papst seit 1073, in ihm seinen Hauptgegner erkannte. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen stand die Laieninvestitur, d.h. das Recht weltlicher Mächte, Geistliche, vor allem Bischöfe, Abte und andere hohe Kirchenfür­sten, in ihr Amt einzusetzen. Im Kampf gegen den König besaß Gregor VII. auch die Unterstüt­zung weltlicher Feudalherren, die ihre Macht auf Kosten der Zentral­gewalt vergrößern wollten. Heinrich IV. dagegen konnte nur das junge Bürgertum der Städte, wie Worms am Rhein, das er vor Übergriffen der Feudalherren schützte, als sicheren Bundes­genossen ansehen. Als er Gregor VII. für abgesetzt erklärte, antwortete der Papst mit einem wirksamen Gegenschlag: Er verhängte über König Heinrich den Kirchenbann. Heinrich IV. konnte nur dadurch seinen Thron halten, daß er 1077 durch Ableistung der Kirchenbuße den Papst zwang, ihn vom Bann zu lösen.

Daß die kaiserliche Macht sich von den im Investiturstreit erlit­te­nen Schlägen nie mehr ganz erholte

Vor dem Bergschloß Canossa erlebte Heinrich IV. eine persönliche Demütigung, si­cherte aber seiner Macht eine Grundlage, indem er es den deutschen Feudalherren unmöglich machte, sich unter Berufung auf den Bannfluch des Papstes noch länger ihres Treueides für entbunden zu erklären. Die völlige Wiederherstellung seiner Macht, gelang jedoch nicht: Mit dem Ausgang des Investiturstreites wurde der König zum Primus inter pares herabgedrückt, die Fürsten setzten das freie Wahlrecht gegenüber dem königlichen Geblütsrecht durch, und das Reichskirchensystem zerbrach.

wie einige unscheinbare Neuerungen in der Landwirt­schaft grosse Veränderungen bewirkten

Wie die Landwirtschaft ihre Produktivität steigerte und da­durch die Trennung des Handwerks von der Landwirtschaft und das Wiederaufleben des Städtewesens möglich wurde

Neue­rungen, die seit der Zeit Karls des Großen (768-814) feststell­bar sind, wie der Über­gang von der Feldgraswirtschaft zur Dreifelderwirtschaft, die Er­findung des Pferdekum­mets und des zweiteiligen Dreschflegels ermöglichten eine Steigerung der Produktivität der Landwirt­schaft . Die regelmäßige Produktion von Überschüssen war eine unerläßliche Voraus­setzung für die Her­auslö­sung des Handwerks aus der Landwirtschaft, die im 10./11. Jahrhundert das Wie­deraufleben des Städtewesens mit sich brachte, da die fort­schrei­tende Arbeitsteilung zwischen den verschiedenen Sparten des Handwerks deren Konzen­tration an günstig gelegenen Orten erforderte, die gleichzeitig als Märkte dienten.


Die Römer hatten die Warenproduktion bereits zu einer beachtlichen Höhe entwickelt. Das frühe Mittelalter hatte spezialisierte Warenproduktion, Markt und Geldwirtschaft nicht gekannt, es hatte "von vorne" begonnen. Für das Jahr 1363 jedoch zählt beispielsweise die Nürnberger Chro­nik bereits wieder 50 verschiedene Handwerksberufe auf.

Das waren die Anfänge der - zunächst noch hinter den Stadtmauern eingeschlossenen - bürgerlichen Gesellschaft.

Wie Europa in den Beziehungen mit dem Orient die Initiative zu ergreifen begann und der Vermittlerdienste der "ungläubigen" nicht mehr bedurfte

Daß man die Ursachen der Kreuzzugsbewegung nicht unbedingt nur im religiösen Übereifer suchen muß

Europa begann in den wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Orient die Initiative zu ergreifen. Vermittlerdienste der "Ungläubigen" wurden nicht mehr benötigt.

Nun wurde die (schon früher ge­dachte) Kreuzzugsidee ak­tuell.

Am 27. November 1095 predigte Papst Urban II. auf dem Konzil von Clermont-Ferrand den Kreuzzug, um das Heilige Grab aus den Händen der türkischen Seldschuken zu befreien, die die Herrschaft über das Heilige Land an sich gerissen und dem oströmischen Kaiser eine schwere Niederlage beigebracht hatten und christliche Pilger mißhandelten. Adlige Herren, Mönche und gewöhnliches Volk folgten dem Ruf des Papstes, denn "Gott will es".

Daß man die Illusionen, die eine Epoche sich über sich selbst macht, nicht übernehmen soll

Natürlich ergeben sich aus der nachträglichen Betrachtung der Kreuzzüge Zusammen­hänge, die dem einzelnen Kreuz­zugsteilnehmer nicht bewußt wa­ren. Wenn er adelig war, trieb ihn vielleicht die Aussicht, sich ein Fürstentum zu erobern, Hörige und Leibeigene zu besit­zen, Beute zu machen, sich mit Ruhm zu bedecken, einen guten Platz im Himmel zu ergattern. Wenn er Bauer war, hoffte er auf ein Leben in Freiheit, mit eigenem Grund und Boden.

Sicher ging es dem einzel­nen Kreuzfah­rer nicht um die Gewinne vene­zianischer Kaufleute.

Daß man die Kreuzzugsbewegung im Zusammenhang mit dem Wiederaufleben des Städtewesens sehen muß

Dennoch muß die Kreuzzugsbewegung im Zusammenhang mit der seit dem 11. Jahrhundert ein­setzenden Neubelebung des ita­lienischen Städtewesens gesehen werden. Diese war Voraussetzung und Folge der Kreuzzüge.

Venedig hatte auch im frü­hen Mittelalter die ökonomische Funktion einer Stadt nicht verloren und in begrenztem Umfang Han­delsbeziehungen mit Byzanz un­terhalten

In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhun­derts setzten sich die Normannen in Süditalien fest und bekämpften mit den Seestädten Venedig, Genua, Pisa, Neapel und Amalfi die Sa­razenen, die (seit 827) in Süditalien in Süditalien eingedrungen waren, und er­zwangen im gegenüberliegenden Abschnitt der nordafrikani­schen Küste eine Vorzugsstellung für ihren Handel. Genua und Pisa drängten die Sarazenen aus Sar­dinien und Korsika, Venedig faßte gegen den Widerstand kroatischer Seeräuber in Dalma­tien Fuß.

Seit dem Beginn des 12. Jahr­hunderts erschienen regelmäßig lombardische und ve­nezianische Kaufleute in Paris und Flan­dern, dem zweiten Schwerpunkt der Entwicklung des europäischen Städtewesens.

Wie sich der von feurigen Kreuzzugspredigern angestachelte Eifer der Kreuzfahrer zuerst gegen die jüdischen "Ungläubigen" richtete

"Ungläubige", deren Vermittlerdienste nicht mehr benötigt wurden, lästige Konkurrenz, waren nun auch die Juden. Feurige Kreuzzugsprediger erinnerten sich des "Gottesmords" und riefen zu Judenmassakern auf.

Die deutschen Juden schlugen Warnungen aus Frankreich in den Wind und meinten, nichts fürchten zu müssen. Französische und deutsche adlige Herren aber führten ihre mordenden und plündernden Banden systematisch von einer jüdischen Gemeinde zur anderen. Grafen und Kirchenfürsten (Bischof Adalbert in Worms, Erzbischof Ruthard in Köln) stellten sich den Kreuzfahrern entgegen, vermochten die Juden meist aber nicht zu schützen. Wenn die Juden die Aussichtslosigkeit des Widerstands erkannt hatten, richteten sie meist ihre Waffen gegen sich selbst. Albert von Aix berichtet von den Massakern in Mainz:


"Sie vernichteten lieber sich selbst mit ihren eigenen Händen, als daß sie den Schlägen der Unbeschnittenen erlegen wären. Nur eine ganz geringe Zahl von Juden konnte diesem grausamen Morden entrinnen; nur einige nahmen die Taufe an, viel mehr aus Furcht vor dem Tod als aus Liebe zum christlichen Glauben."


Auch anläßlich des Zweiten Kreuzzuges riefen eifrige Ordensmänner wie Peter von Cluny und Radulf die Kreuzfahrer zum Judenmord auf:


"Rächet zuerst den Gekreuzigten an seinen Feinden, die unter uns leben "


Die Zahl der Opfer hielt sich dieses Mal aber in den Grenzen von Hunderten, nicht zuletzt, weil Zisterzienserabt (und Mitgestalter des Zisterzienserordens, der sich 1108 als selbständiger Orden von den Benediktinern gelöst hatte) Bernhard von Clairvaux - obwohl Hauptideologe des Zweiten Kreuzzugs - den Hetzpredigern entschieden entgegentrat.


Von nun an aber verband sich jede Kreuzzugspredigt mit einer Predigt gegen die Juden, gleichgültig ob es gegen die Sarazenen, gegen die Albigenser, gegen die Hussiten, gegen den Sozialismus oder gegen den Kapitalismus ging.


Daß man im wesentlichen sieben Kreuzzüge unterscheidet,

dazu einige wundersame Begebenheiten der Kreuzzugszeit

Hier ein kurzer Überblick Überblick über die Kreuzzüge:

- 99 Erster Kreuzzug (Nord- und Südfranzosen, Normannen Süditaliens)
1099 Eroberung Jerusalems, Begründung eines Königreichs Jerusalem (unter Gottfried von Bouillon) und einiger anderer kleiner Feudalstaaten.

1147 - 49 erfolgloser Zweiter Kreuzzug (Staufer Konrad III. und Ludwig VII. von Frankreich).

1187 Rückeroberung Jerusalems durch Saladin (Salaah_ed-diin, Begründer der in Agypten [1171 - 1250] herrschenden Dynastie der Aijubiden).

1189 - 92 (Deutsch-französisch-englischer) Dritter Kreuzzug unter Leitung Kaiser Friedrichs I. Barbarossa, der jedoch nach dem Sieg bei Ikonion (1190, Kleinasien) beim Baden ertrank. Der englische König Richard Löwenherz eroberte Akko und schloß einen Waffenstillstand mit Saladin.
Im Zusammenhang mit der Eroberung Akkos war es zu einem Zwischenfall zwischen dem - ebenfalls am Dritten Kreuzzug teilnehmenden Babenbergerherzog Leopold V. (1177 - 1194) und Richard Löwenherz gekommen, der ein österreichisches Feldzeichen von einem eroberten Turm hatte entfernen lassen, worauf der Babenberger das Kreuzfahrerheer verlassen hatte.
Die Zurückführung des rotweißroten österreichischen Bindenschilds auf den während der Kämpfe um Akko über und über mit Blut bespritzten Mantel Leopolds, der nur unter dem Waffengurt weiß geblieben sei, ist in den Bereich der Legende zu verweisen, nicht aber die Erpressung eines gewaltigen Lösegelds für den englischen König:

"Der englische König Richard Löwenherz wurde auf der Rückkehr vom Heiligen Land bei dem Versuch, sich durch babenbergisches Gebiet durchzuschlagen, in dem Wiener Vorort Erdberg erkannt und festgenommen (1192). Zuerst vom Herzog in Dürnstein (Wachau) in königlicher Haft gehalten, bestimmte eine vertragliche Abmachung seine Übergabe an den Kaiser (1193). Für seine Freilassung mußte England hohes Lösegeld bezahlen, von dem Herzog Leopold einen beträchtlichen Teil erhielt. Er verwendete diese Summe für Neuanlagen (Wiener-Neustadt), Erweiterungen (Wien) und Befestigungen (Hainburg) von Städten sowie für die Finanzierung der Wiener Münzprägung. Der "Wiener Pfennig" trat an die Stelle der älteren Kremser Prägungen"[v]

Wie die Venezianer den Vierten Kreuzzug gegen ein Land lenkten, in dem ohnehin schon des Kreuz herrschte

Dem vierten Kreuzzug, der zu­nächst die Er­oberung Agyptens zum Ziel ge­habt hatte, verstanden die Ve­nezianer eine andere Richtung zu geben: In den Jahren 1202 bis 1204 wurde unter der Füh­rung des Dogen Enrico Dan­dalo Byzanz erobert, wo ohnehin das Kreuz herrschte, wenn auch ein fremdes Kreuz, denn 1054 hatten sich Papst- und Ostkirche getrennt. Die Sieger suchten Byzanz in barbarischer Weise heim und plünderten es.

Folge des Vierten Kreuzzugs war die Errichtung des sogenannten "Lateinischen Kaiserreichs", in dem französische Feudalherren und venezianische Großkaufleute das Sagen hatten, das sich aber bereits ein halbes Jahrhundert später (1261) wieder auflöste.


1212 führte ein "Kinderkreuzzug" tausende Kinder von Marseille nach Agypten - direkt in die Sklaverei.

1228 - 29 Fünfter Kreuzzug Friedrichs II. von Hohenstaufen, der im Rahmen des in Akko von Sultan al-Kaamil vertraglich Jerusalem, Bethlehem und Nazareth erwarb.

1248 - 54 Sechster, gegen Agypten gerichteter Kreuzzug Ludwigs IX., des Heiligen von Frankreich. Ludwig wurde besiegt, gefangengenommen und gegen Lösegeld freigelassen

1270 Katastrophe des Siebenten Kreuzzugs Ludwigs IX. in Tunesien, die ihn und den Großteil seiner Männer das Leben kostete.

wurde Akko als letzte christliche Bastion von den Mameluken erobert.

(Mameluken [ar. "mamluuk" - eigen, leibeigen]: Die letzten Aijubiden hielten sich eine Garde von Militärsklaven aus dem Schwarzmeergebiet. 1250 stürzte Aibeg, der Führer der Mameluken, die Aijubiden und begründete die bis 1517 [Jahr der Eroberung Agyptens durch die Osmanen] währende Mamelukenherrschaft)

Wie deutsche Feudalherren nach dem slawischen Osten
expandierten, das deutsche Königtum aber mit seiner
Italienpolitik scheiterte,
und wie sich inzwischen der MACHTBEREICH DER Babenberger
entwickelte

Wie sich Gehorsam, Keuschheit und Armut mit dem Kampf gegen die Ungläubigen verbanden

Während der Zeit der Kreuzzüge waren geistliche Rittervereinigungen, Ritterorden, entstanden, deren Angehörige zusätzlich zu den Mönchsgelübden (Gehorsam, Keuschheit, Armut) den Kampf gegen die Ungläubigen zu geloben hatten.

Die Anfänge der Johanniter, der ältesten dieser Vereinigungen, liegen wahrscheinlich in der Gründung eines Pilgerspitales (daher auch "Hospitaliter") durch italienische Kaufleute in Jerusalem. Zur Zeit der Kreuzzüge drängte der Kampf gegen die Ungläubigen das ursprüngliche Hauptanliegen des - heute noch als karitative Organisation bestehenden - Ordens, die Krankenpflege, in den Hintergrund. Nach dem Fall Akkos wichen die Johanniter nach Rhodos aus ("Rhodiser"), unterlagen im 16. Jahrhundert den vordringenden Türken und erhielten 1530 von Karl V. die Insel Malta als Lehen ("Malteser"). 1798 verloren die Johanniter Malta an Napoleon.

Der Templerorden wurde 1119 unter Beteiligung Bernhards von Clairvaux (Mitverfasser der Ordensstatuten) gegründet. Nach massiven Verfolgungen, die der König von Frankreich, Philipp IV. ("der Schöne"), der es wohl auf das beträchtliche Vermögen des Ordens abgesehen hatte, durch den Vorwurf der Unzucht und der Häresie ausgelöst hatte, wurde der Orden auf dem Konzil von Vienne (1311 - 12) von Papst Clemens V. aufgehoben.

Wie der Deutsche Ritterorden gleich im Osten Deutschlands Ungläubige fand, die er bekämpfen konnte

Der Deutsche Ritterorden, der im Lauf des Dritten Kreuzzuges - ähnlich den Johannitern - im Heiligen Land ursprünglich als Krankenpflegerorden gegründet worden war, konzentrierte sich - von Herzog Konrad von Masowien zu Hilfe gerufen - bald auf einen ganz anderen Kampf gegen ganz andere Ungläubige, nämlich auf den gegen die heidnischen Pruzzen (Preußen), die dem baltischen Sprachraum zuzurechnen sind. 1283 war die Unterwerfung der Preußen abgeschlossen.

Wie deutsche Feudalherren davon beseelt waren, den Slawen das Kreuz zu bringen, und dabei ihre Territorien erweiterten

Das war nur ein Aspekt der deutschen Ostexpansion, die etwa gleichzeitig mit dem Beginn der Kreuzzüge erneut eingesetzt hatte (nachdem sie 983 durch den schon erwähnten allgemeinen Slawenaufstand zum Stehen gebracht worden war). Mächtige deutsche Feudalherren wie der Welfe Heinrich der Löwe, Herzog von Bayern und Sachsen oder sein Gegenspieler Albrecht der Bär, Herr der Nordmark, die er zur Mark Brandenburg erweiterte, eroberten die Gebiete zwischen Elbe und Oder, Schlesien und Pommern. Das Königtum erfuhr durch die Ostexpansion keine Stärkung.


Es gelang den Staufern wohl, die mächtigen Welfen in die Knie zu zwingen, doch sie verabsäumten es, diesen Sieg zur Stärkung der Zentralgewalt auszunützen:

Die Welfen waren von Heinrich IV. 1070 mit Bayern belehnt worden, und die Heirat Heinrichs des Stolzen mit der Erbin Kaiser Lothars III. (1125 - 1137) hatte ihm das Herzogtum Sachsen eingebracht.

Wie im Streit der Staufer mit den mächtigen Welfen das Herzogtum Bayern vorübergehend babenbergisch wurde

Die Welfen erhoben Anspruch auf die Königswürde, vermochten sich aber nicht gegen die Staufer durchzusetzen:

Konrad III. (1138 - 1152) übertrug das Herzogtum Bayern dem Babenberger Leopold IV.

Die Babenberger waren 976 mit jener Grenzmark im Osten des Reiches belehnt worden, für die seit 996 die Bezeichnung "Ostarrichi" nachgewiesen ist.

Ursprünglich handelte es sich wohl nur um ein Stück Donautal plus Alpenvorland im westlichen Niederösterreich und östlichen Oberösterreich. Um das Jahr 1000 dürfte sich der babenbergische Machtbereich bereits bis an March und Leitha erstreckt haben.

Die Babenberger blieben in Österreich an der Macht, bis ihr Geschlecht (mit dem Tod Friedrichs II., des Streitbaren 1246) erlosch. Nur zur Zeit Leopolds III. schien ihre Herrschaft über Österreich in Frage gestellt: Leopold hielt es im Investiturstreit mit der Päpstlichen Seite und bekam dafür eins von Heinrich IV. übergebraten, der den Böhmenherzog Wratislaw mit der Mark belehnte. Leopold kam dann - trotz einer Niederlage, die er im Kampf gegen Wratislaw (bei Mailberg 1082) erlitten hatte - mit einigen Gebietsverlusten davon.

Leopold lehnte die ihm angebotene Wahl zum deutschen König ab. Die Kirche aber reihte ihn (1485) unter die Heiligen ein.

Wie die Babenberger Bayern wieder verloren, dafür aber zu Herzögen befördert wurden

Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152 - 1190) suchte zunächst den Ausgleich mit den Welfen und gab Heinrich dem Löwen Bayern zurück, allerdings exklusive Österreichs, das nun (unter dem Babenberger Heinrich Jasomirgott) zum selbständigen Herzogtum wurde. Friedrich Barbarossa entschädigte Heinrich Jasomirgott 1156 durch das "Privilegium minus" - das "kleinere", dafür aber echte Privileg, zum Unterschied von einem größeren ("maius"), aber unechten Privileg, auf das sich Mitte des 14. Jahrhunderts Rudolf der Stifter berufen sollte.

Das Privilegium minus beinhaltete zum Beispiel und vor allem die Beschränkung der Heerfolgepflicht auf Feldzüge, die sich gegen unmittelbare Nachbarn Österreichs richteten; das Herzogtum sollte auch in weiblicher Linie erblich sein; Jasomirgott und seine Gemahlin, die byzantinische Prinzessin Theodora, sollten im Fall der K-inderlosigkeit ihrer Ehe den Nachfolger selbst bestimmen können.


Der Staufer-Welfen-Streit fand unter Friedrich Barbarossa, der 1180 den Welfen Bayern und Sachsen nahm, ein - vorläufiges - Ende. Barbarossa aber fügte diese Herzogtümer nicht dem Königsterritorium hinzu, das er zwischen dem Elsaß und dem Vorland des Erzgebirges aufgebaut hatte, sondern vergab sie an die Wittelsbacher beziehungsweise an die Askanier. Anders formuliert: Im Gegensatz zu Frankreich waren in Deutschland die Fürsten stark genug, den "Leihezwang" durchzusetzen. Zurückgefallene Lehen mußten wieder ausgegeben werden. Der Sieg über die Welfen stärkte somit die Zentralgewalt nicht.

Die Babenberger aber profitierten neuerlich von den Streitigkeiten der Staufer und Welfen: Leopold V. konnte sein Gebiet um das westliche Mühlviertel erweitern.

Wie die Babenberger an die Steiermark kamen

Vor allem aber kam - wie in einem Erbvertrag, der "Georgenberger Handfeste", vereinbart, das Herzogtum Steiermark mit dem Aussterben der steirischen Otakare (1192) an die Babenberger.


Die Steiermark hatte sich erst im 12. Jahrhundert vom Herzogtum Kärnten gelöst, und dieses wiederum hatte sich 976, dem Jahr der Belehnung der Babenberger mit Österreich, von Bayern getrennt.

Wie Friedrich Barbarossa bei dem Versuch, deutsche Ansprüche gegen die Städte Oberitaliens durchzusetzen, scheiterte

Friedrich Barbarossa nahm auch die Italienpolitik wieder auf, erlitt aber bei dem Versuch, die Städte Oberitaliens, die sich zum Lombardischen Bund zusammenschlossen hatten, zu unterwerfen, 1176 bei Legnano eine empfindliche Niederlage und mußte die Autonomie der Lombardischen Städte anerkennen. Erstmals hatten damit bürgerliche Fußsoldaten ein Ritterheer besiegt.

Daß Heinrich VI. das normannische Königreich beider Sizilien erbte

Heinrich VI. (1190 - 1197), der Sohn Friedrich Barbarossas, erbte durch seine Heirat (mit Constanze, der Tochter Rogers II.) das südliche Italien, das normannische "Königreich beider Sizilien" (Italien südlich des Kirchenstaates plus Sizilien).


Schon zur Zeit Karls des Großen hatten die skandinavischen Wikinger oder Normannen England und die nördlichen Küsten des Frankenreiches mit ihren Raubzügen beunruhigt.

Wie die Normannen nach Sizilien gekommen waren und was sie überhaupt so alles trieben

In der Völkerwanderungszeit hatte in Skandinavien ein wirtschaftlicher Aufschwung eingesetzt: Die Erfindung des Bodenwendepfluges machte die Bearbeitung schwerer (Diluvial-) Böden möglich. Durch die Überwinterung des Viehs in großen Wohnstallhäusern konnte die Produktivität der Viehzucht gesteigert werden. Die Besiedlungsdichte stieg und damit die Häufigkeit kriegerischer Auseinandersetzungen unter den Clans und Stämmen, die zur Herausbildung von Stammesverbänden und kleinen Königreichen führten und eine Reihe von Stämmen in Bewegung setzten. In den küstennahen Gebieten gewann der Schiffbau an Bedeutung. Viele Skandinavier erhielten als seefahrende Kaufleute Kenntnis von den Reichtümern, die im Süden ihrer Welt auf sie warteten.

Um 900 ließen sich dänische Normannen in dem seither nach ihnen benannten nordwestfranzösischen Gebiet (Normandie) nieder und nahmen es aus der Hand des französischen Königs (Karls des Einfältigen [898 - 922]) als Lehen.

Schwedische Wikinger (Waräger) drangen als kriegerische Kaufleute in die Länder südlich der Ostsee ein, die ihnen über Dnjepr und Wolga Handelswege nach Byzanz und Arabien boten. Die Waräger etablierten ihre Herrschaft um die Zentren Nowgorod und Kiew, die um 900 zum Reich von Kiew vereinigt wurden. Sie assimilierten sich jedoch schnell der slawischen Bevölkerung.

Norwegische Wikinger gelangten um 1000 über Island und Grönland nach Amerika. Ihre Entdeckung geriet aber wieder in Vergessenheit.

Unter Herzog Wilhelm schlugen die französischen Normannen die Angelsachsen (1066 Schlacht bei Hastings) und eroberten England. Wilhelm, "der Eroberer" wurde zum König (1066 - 1087) gekrönt. In seiner Eigenschaft als Herzog der Normandie war der englische König nun Vasall des Königs von Frankreich. Anders formuliert: Der englische König hatte Besitzungen in Frankreich. Das ist der Stoff, aus dem die Hundertjährigen Kriege sind (der Hundertjährige Krieg [mit Unterbrechungen 1337 . 1453] zwischen England und Frankreich endete mit dem Verlust der englischen Besitzungen in Frankreich)

Französische Normannen waren es auch, die im 11. Jahrhundert Byzantiner und Sarazenen aus Süditalien und Sizilien vertrieben.


Nach dem Tod Heinrichs VI. stärkte ein langjähriger (1198 - 1215) staufisch-welfischer Thronstreit die Fürsten weiterhin auf Kosten des Königtums.

Wie Friedrich II. sich mehr mit Italien als mit Deutschland beschäftigte und dort den Fürsten wichtige Rechte überließ, damit sie Ruhe gaben, und wie alles vergeblich war

Um freie Hand für seine Italienpolitik zu bekommen, überließ der Staufer Friedrich II. (1215 - 1250) den Fürsten wichtige Königsrechte (Regalien [Markt-, Münz-, Zollrecht, Befestigungshoheit, Gerichtsbarkeit]).

Vergeblich, denn nach dem Tod Friedrichs brach die Stauferherrschaft zusammen.

Franzosen und Spanier bemühten sich nun um die Herrschaft im südlichen Italien, wobei die Spanier die Oberhand behielten

Der Papst (Urban IV.) übertrug das Königreich beider Sizilien dem Bruder des französischen Königs (Karl von Anjou), der Konradin, den letzte Staufer, (in der Schlacht bei Tagliacozzo 1268) besiegte und in Neapel hinrichten ließ.

Die französische Herrschaft über die Insel Sizilien währte allerdings nur bis zur "Sizilianischen Vesper", dem Volksaufstand von 1282, der in einen dynastischen Krieg mündete: Der sizilianische Adel hob Peter III. von Aragon auf den Thron. Den Spaniern gelang es erst 1442 die Franzosen gänzlich aus Süditalien zu vertreiben.

Wie Rudolf von Habsburg dem Interregnum und König Ottokars Glück ein Ende setzte und die Herrschaft der Habsburger in Österreich installierte

Wie Böhmenkönig Ottokar nach dem Aussterben der Babenberger deren Herzogtümer an sich riß

Etwa gleichzeitig mit dem Zusammenbruch der Stauferherrschaft starben die Babenberger aus (1246). Böhmenkönig Przemysl Ottokar II. nützte das Chaos des "Interregnums", der "kaiserlosen" Zeit und ließ sich von Richard von Cornwall, dem ersten von den zwei Scheinkönigen des Interregnums (der zweite war Alfons von Kastilien), mit den babenbergischen Herzogtümern Österreich und Steiermark (schriftlich) belehnen. Dazu kam Kärnten, das ihm der kinderlos gebliebene Herzog Ulrich vererbte.

Daß König Ottokar in Österreich sehr beliebt war

Die Herrschaft Przemysl Ottokars war in Österreich durchaus populär. Der Adel schätzte ihn weniger. Noch lange nach seinem tragischen Ende "gingen Volkslieder um, die von der 'guten Zeit' des 'goldenen Königs mit der gebenden Hand' erzählten".[vi] Wien prosperierte und wuchs in jenen Jahren auf seine doppelte Größe an. Es mußte ein neuer Handelsplatz, der "Neue Markt" angelegt werden.

Daß Böhmenkönig Ottokar nicht deutscher Kaiser werden durfte, weil die Fürsten keinen mächtigen Kaiser wollten, und wie Rudolf von Habsburg Ottokars Glück ein Ende bereitete

Gerade weil er der mächtigste Fürst Deutschlands war, durfte Przemysl Ottokar nicht deutscher König (eigentlich: "Erwählter Römischer König") beziehungsweise (nach Krönung in Rom) Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation werden. Die Fürsten entschieden sich für den Grafen Rudolf von Habsburg, der Ottokars schriftliche Belehnung nicht anerkannte. Ottokar verlor 1276 die österreichischen Länder, behielt aber Böhmen und Mähren. Przemysl Ottokar ließ es (1278) auf die Entscheidung bei Dürnkrut im Marchfeld ankommenen, wo er Schlacht und Leben verlor.

Rudolf setzte die Belehnung seiner Söhne Albrecht und Rudolf "zur gesamten Hand" mit Österreich (ob und unter der Enns), Steiermark und Krain durch (1282).

Dazu kamen Kärnten 1335 und Tirol 1363. Die Erwerbung Vorarlbergs durch die Habsburger stellt einen überaus langwierigen Prozeß dar, der sich im wesentlichen zwischen 1377 und 1523 hinzog. Salzburg blieb bis in die napoleonische Zeit ein selbständiges geistliches Fürstentum und kam erst 1815 an Österreich. Erwerbungen zwischen 1366 und 1374 schufen den Habsburgern einen Zugang zur Adria. Triest zog die Herrschaft der Habsburger der Venedigs vor und unterwarf sich 1382 freiwillig.

Ihre Stammlande auf dem Gebiet der heutigen Schweiz aber verloren die Habsburger.

Da ihm der Sankt Gotthard-Paß aus dem Blickwinkel seiner Italienpolitik sehr wichtig gewesen war, hatte Kaiser Friedrich II. der Talschaft Uri und den Schwyzern die Reichsunmittelbarkeit verliehen. Nidwalden (Unterwalden) erlangte diesen Status ebenfalls (Reichsunmittelbar-keit: dem Zugriff lokaler Machthaber entzogen und unmittelbar königlicher beziehungsweise kaiserlicher Verwaltung unterstellt). Diese drei "Urkantone" schlossen 1291 einen "ewigen Bund", der sich durch den Beitritt weiterer Städte und Landgemeinden bis 1513 zur "dreizehnörtigen Eidgenossenschaft", einer lockeren Konföderation ohne zentrale Machtorgane, erweiterte. Die Habsburger versuchten im 14. Jahrhundert, ihre alten Rechte wieder geltend zu machen und holten sich dabei die Niederlagen von Morgarten (1315), Sempach (1386) und Näfels (1388).

Die Habsburger (beziehungsweise Habsburg-Lothringer [seit der Ehe Maria Theresias mit Franz Stephan von Lothringen]) blieben österreichische Landesherren bis 1918. Die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation waren sie (fast) durchgehend erst seit 1438 (Albrecht II.).

Durch die Belehnung seiner Söhne "zur gesamten Hand" konnte Rudolf I. spätere wiederholte Teilungen des habsburgischen Gebiets nicht verhindern. Albrecht erlangte die Alleinherrschaft und wurde deutscher König (Albrecht I. 1298 - 1308), enthielt aber seinem Bruder Rudolf die vereinbarte Abfindung vor, wofür er von dessen Neffen Johann ("Parricida" - Verwandtenmörder) umgebracht wurde.

Welche Rechte sich die Kurfürsten herausnahmen


Wittelsbacher und vor allem Luxemburger stellten jetzt (bis 1438) die deutschen Kaiser. Die Wahl der Kaiser war seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts Sache der sieben Kurfürsten (Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Sachsen, Markgraf von Brandenburg, König von Böhmen), was erstmals in einem Dokument aus dem Jahr 1338 (Kurverein zu Rhense) klar zum Ausdruck kommt. Wie sie zu dieser Ehre gekommen sind und welche Kriterien dabei im Spiel waren, ist nicht klar. Die Kurfürsten stellen in der genannten Urkunde fest, daß schon die Königswahl kaiserliche Rechte und den Kaisertitel mit sich bringe. Dennoch kam es auch noch später zu Kaiserkrönungen in Rom, zuletzt 1452 (Krönung Friedrichs III.)

Die endgültige Regelung der Königswahl erfolgte 1356 unter dem Luxemburger Karl IV. (1347 - 1378) in einem ersten großen Staatsgrundgesetz, der "Goldenen Bulle". Dort ist von päpstlichen Ansprüchen überhaupt keine Rede mehr. Die Goldene Bulle nahm dem Kaiser den Kurfürsten gegenüber das Evokationsrecht, das heißt, sein Recht, als oberster Richter Prozesse abzufordern und an sich zu ziehen. Den Untertanen der Kurfürsten nahm sie das Recht, an den Kaiser zu appellieren.

Wie man die Juden für die Pest verantwortlich machte, und dass es darüber zur Zeit Karls IV. zu den schwersten Judenverfolgungen vor Hitler kam


Wie die aufkommende Geldwirtschaft den Gegensatz zwischen Adel und Bauern verschärfte

Mit fortschreitender Entwicklung der Städte, der Waren- und Geldwirtschaft drang das Geld in das Gefüge der feudalen Beziehungen und Abhängigkeiten ein und verschärfte die dort herrschenden Gegensätze, so den zwischen Adeligen und Bauern:

Geldzahlungen begannen an die Stelle von Naturalabgaben der Bauern zu treten und weckten die Gier der adligen Herren.

Daß die Juden seit dem Ersten Kreuzzug in die Pfandleihe abgedrängt worden waren

Den kleinen Leuten liehen die Juden, die seit der Katastrophe, die der Erste Kreuzzug für sie dargestellt hatte, aus dem Fernhandel in die Pfandleihe abgedrängt worden waren. Das große Geschäft mit Kaiser und Papst machten im Späten Mittelalter die Fugger, doch das ist eine andere Geschichte.

Daß der Bauer seine berechtigte Wut eher am jüdischen Pfandleiher als am Grundherrn auslassen konnte

Der Bauer, den die Forderungen seines Grundherren zwangen, beim jüdischen Pfandleiher die Ernte zu verpfänden, um die Saat beschaffen zu können, durfte seine Wut, wenn schon nicht am Herrn, so wenigstens am Juden auslassen, denn der zweifelhafte gebührenpflichtige "Schutz", unter den Friedrich II. die Juden 1236 als kaiserliche "Kammerknechte" (Knechte, Leibeigene der Hofkammer - mittelalterliche Vorläuferin des Finanzministeriums) gestellt hatte, erwies

Daß die "Kammerknecht-schaft" den Juden wenig Schutz bot

sich als bloßes "Nutzungsrecht" an ihnen, das die Kaiser seit Karl IV. mit örtlichen Machthabern und Städten teilten. Mitunter annullierte der Kaiser die Ansprüche jüdischer Gläubiger oder übertrug sie den Städten und ließ sich dafür bezahlen. Als zur Zeit des Schwarzen Todes, wie wir gleich sehen werden, das Leben der Juden nichts mehr wert war, überließ Karl IV. bestimmten Städten das Vermögen "seiner" Juden von vorneherein. Diese Katastrophe kündigte sich in den 50 Jahren davor mehrfach an.


Der im Jahre 1298 in Röttingen vorgebrachte Vorwurf einer Hostienschändung war der Anlaß für die unter der Führung eines gewissen Rintfleisch veranstalteten Massaker, denen allein - nach dem Zeugnis eines christlichen Chronisten - 200.000 Juden zum Opfer gefallen sein sollen.

Der Ritter Armleder zog in den Jahren 1335-1337 mit seinen "Judenschlägern" durch Süddeutschland, um den Tod Jesu an den Juden zu rächen. Zimberli wütete mit seinen Banden im Elsaß und im Rheinland. Angeblicher Hostienfrevel motivierte 1338 Judenverfolgungen im niederösterreichischen Pulkau und eine gleichzeitige Verfolgungswelle in Niederbayern. Dort geht aus den Chroniken ganz klar der Zusammenhang mit der Heuschreckenplage desselben Jahres hervor.

Ein Beispiel dafür, wie sich im späten Mittelalter oft sozialer Protest, religiöser Wahn und Judenhaß verbanden

Es waren die katastrophalen Mißernten von 1314/15, die in Frankreich am Beginn der Bewegung der "Pastoureaux" standen: verzweifelte Bauern, von Predigermönchen, die die Visionen eines Hirtenknaben aufgegriffen hatten, zum Kreuzzug gegen die Ungläubigen aufgehetzt. Sie rotteten einer jüdischen Quelle zufolge 140 jüdische Gemeinden aus.

Die Furcht vor der Vergeltung für das Morden ließ bald darauf das Gerücht entstehen, diese hätten sich mit den Aussätzigen und allerlei orientalischen Herrschern oder dem Teufel verschworen, um die Christenheit durch Vergiftung der Brunnen zu verderben. Das Rezept des Gifts: Menschenblut, Urin, drei geheime Kräuter und das Pulver einer geweihten Hostie. Viele Juden endeten auf dem Scheiterhaufen, die anderen wurden aus Frankreich vertrieben.

Wie die Juden beschuldigt wurden, durch Brunnenvergiftung die Pest verursacht zu haben

Als die Pest 1348/49 Europa heimsuchte, war dies in den Augen vieler Menschen Beweis genug, daß so etwas wie eine "jüdische Weltverschwörung" zur Vergiftung der Brunnen nun doch erfolgreich gewesen war. Über die Judenheit brach nun eine Katastrophe herein, die erst durch die Scho'a übertroffen wurde.

("Schoa" oder "Shoah" [endbetont, Stimmabsatz zwischen "o" und "a"] bedeutet im Hebräischen Abgrund, Dunkelheit, Untergang, Katastrophe, Vernichtung, insbesondere die Vernichtung des europäischen Judentums. Wir geben dem Ausdruck "Schoa" den Vorzug gegenüber "Holocaust", was soviel wie "Brandopfer" bedeutet.)

Daß oft schon Juden verbrannt wurden, bevor noch die Pest ausgebrochen war

Papst Clemens VI. wies vergeblich in einer Bulle darauf hin, daß die Pest auch dort wütete, wo es keine Juden gab und daß Juden genauso von der Pest hingerafft würden. Auf der Folter erpreßte Geständnisse wurden als Beweismittel von Stadt zu Stadt weitergegeben. Vielfach wurden die Juden verbrannt, ohne daß man sich mit Formalitäten der Rechtsprechung aufhielt. Die meisten jüdischen Gemeinden in Deutschland wurden von der Raserei der Massen heimgesucht, meist schon vor dem ersten Auftreten der Pest. Österreich blieb - mit Ausnahme von Krems - von dieser Verfolgungswelle verschont.

Manche erkannten, daß viele Christenmenschen wohl auch durch die Aussicht, sich nun ihrer Gläubiger entledigen zu können, zum Morden motiviert waren. Ein Straßburger Chronist berichtet: "Was man den Juden schuldig war, das war alles getilgt. Und alle Pfänder und Briefe, die sie über Schulden hatten, wurden zurückgegeben. Das bare Gut, das sie hatten, nahm die Rotte..."

Daß viele überlebende Juden nach Polen abwanderten

Nach dieser Katastrophe wanderten viele der überlebenden Juden nach Polen ab, das das Ziel anhaltender jüdischer Migration blieb. Verglichen mit Deutschland erschienen den Juden die dortigen Verhältnisse als geradezu paradiesisch: "po-lon-ia" - "hier wohnt Gott" lautete ein Wortspiel.

Die Juden bildeten (bis ins 18. Jahrhundert) selbständige Gemeinden. Die polnischen Machthaber begünstigten die jüdische Selbstverwaltung, da sie die Steuereinhebung erleichterte.

Am Ende des 15. Jahrhunderts lebten hier etwa 30.000 Juden, in der Mitte des 18. Jahrhunderts betrug der jüdische Bevölkerungsanteil zehn Prozent. Drei von den sechs Millionen polnischer Bürger, die im 20. Jahrhundert dem Naziterror zum Opfergefallen sind, waren Juden.

Wie polnische Machthaber die Juden zur Stimulierung der Wirtschaft ins Land holten

In Polen wiederholte sich in gewisser Weise, was zuvor in Deutschland geschehen war: Die Machthaber versprachen sich von den Juden die Stimulierung der zurückgebliebenen Wirtschaft. Die entsprechenden Schutzbriefe - und vor allem der Kasimirs des Großen ([1333 - 1317] der die Vereinigung der polnischen Teilfürstentümer vollendete) von 1364 - räumten den Juden Rechte ein, wie sie ihnen seinerzeit im Karolingerreich zugestanden worden waren.

und diese dort gleichsam den Mittelstand bildeten

In Westeuropa hatten die Juden den Mittelstand in mancher Hinsicht eine Zeit lang ersetzt. Aber in Polen waren sie eine Zeit lang der Mittelstand. Zahlreiche alte polnische Münzen tragen bezeichnenderweise hebräische Schriftzüge. Bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts war das Bankwesen eine jüdische Domäne..

Man fand Juden in nahezu allen Berufen, in ihrer Mehrheit waren sie jedoch kleine Handwerker und Handeltreibende.

Auf dem Land traten sie als Verwalter der Adelsgüter in Erscheinung sowie als Inhaber verschiedener Konzessionen und Pachten, die im Polnischen unter dem Begriff "Arenda"zusammengefaßt wurden: Gegenstand der "Arenda" waren Grundbesitz, Mühlen, Nutzholzgewinnung, Salzminen, Gastwirtschaften, Steuern und Münzprägung.

Auch in Polen polemisierte zuerst die Geistlichkeit gegen die Juden und die ihnen eingeräumten Rechte. Dann kamen auch hier die Bestrebungen christlicher Mittelständler hinzu, die Juden aus Handel und Handwerk zu verdrängen.

Den eigentlichen Wendepunkt aber bildete 1648 eine Erhebung ukrainischer Leibeigener, die als "Kosaken", als "freie Krieger" unter der Führung Bogdan Chmielnitzkis Polen und Juden abschlachteten:

"Denkt an das Unrecht, das euch die Polen und die Juden, die vorzugsweise ihre Verwalter und Geschäftsführer waren, angetan haben!" schärfte Chmielnitzki den ukrainischen Bauern ein. Allein auf jüdischer Seite ging die Zahl der Opfer in die Zehntausende.Das polnische Judentum sollte sich von diesem Schlag nie wieder erholen.

Wie es zu den Hussitenkriegen kam


Die Wirtschaft Böhmens hatte sich im 14. Jahrhundert außerordentlich rasch entwic­kelt. Eine wichtige Rolle spielten dabei die reichen Sil­bervorkommen bei Kuttenberg (die 1237 entdeckt worden wa­ren).

Wie es böses Blut machte, daß die von den böhmischen Fürsten ins Land geholten Deutschen die städtische Oberschicht bildeten und den hohen Klerus stellten

Zur Förderung der Wirt­schaft hatten Böhmens Fürsten im 13. Jahrhundert deutsche Einwanderer ins Land geholt. Kuttenberg und andere Berg­städte wie Deutschbrod und Iglau waren vorwiegend von Deutschen bewohnt. In anderen Städten befanden sich der Rat und die vornehmeren Zünfte in den Händen der Deutschen. Die Masse der Handwerker und die Städtische Unterschicht stell­ten die Tschechen. Die 1348 von Karl IV. (die böhmische [Wenzels-]Krone war 1310 an das Geschlecht der Luxemburger übergegangen) gegründete Prager Universität - die erste Universität auf dem Gebiet des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" überhaupt - wurde von Deutschen kontrol­liert, den hohen Klerus stell­ten die Deutschen.


Das ist die Situation, "in der jene dem Papst und den Deutschen feindliche Bewegung erwuchs, die nach dem Namen ihres vornehmsten literarischen Vertreters, Johannes Hus, die hussitische genannt worden ist."[vii]

Hus war Professor der Theologie an der Universität Prag. Seine Auffassungen kamen denen des englischen Theologen Wicliff nahe, der in den Acht­zigerjahren des 13. Jahrhun­derts zum Ketzer gestempelt worden war, nachdem aufständi­sche Bauern seine Lehre aufge­griffen hatten. Die deutschen Theologen in Prag bezeichneten 45 Sätze aus der Lehre Wicliffs als ketzerisch. Als sich Hus auch gegen den 1411 von Papst Johann XXIII. (vom Konzil in Konstanz 1415 abgesetzt) feil­gebotenen Ablaß wandte und den Papst öffentlich als Antichrist bezeichnete, brach in Prag der offene Konflikt in Form gewalt­tätiger Auseinandersetzungen zwischen hussitischen Tschechen und katholischen Deutschen aus.

Wie die Verbrennung des der Ketzerei verdächtigen Jan Hus einen Volksaufstnd auslöste

Das 1414 in Konstanz zusammen­getretene Konzil sollte nicht nur mit dem Umstand fertig wer­den, daß es damals gerade drei Päpst gleichzeitig gab, sondern auch den Fall Johannes Hus ver­handeln. Bekanntlich endete Hus trotz des ihm von Kaiser Sigis­mund (1410 - 1437) zugesicherten freien Geleits auf dem Schei­terhaufen. Die Verbrennung des Johann Hus aber kam einer Kriegserklärung von Kirche und Reich an Böhmen gleich. Sie lö­ste einen Volksaufstand aus. Und auch die tschechischen Ade­ligen eigneten sich - um Hussens Tod zu rächen, versteht sich - Kirchengüter an, wo sie nur konnten.[viii]

Daß die Hussitenbewegung keinen einheitlichen Block bildete

Der gemeinsame Gegensatz zu Kirche und Reich, dessen Symbol der Kelch wurde, ver­deckte kurzzeitig die Gegen­sätze innerhalb der Anhänger­schaft des Jan Hus, um sie dann umso deutlicher hervortreten zu lassen.

Jede Revolution wird erst von einem Taumel patriotischer Einigkeit, scheinbarer Versöh­nung aller gegenüber dem Haupt­feind erfaßt. Sobald dieser aber vorerst geschlagen ist, brechen die Gegensätze unter den Siegern in einem blutigen Kampf um die neue Ordnung auf.

Die Hochadeligen unter den Hussiten waren mit der reichli­chen Konfiskation von Kirchen­gut zufrieden und wünschten darüber hinaus keine Verände­rung der bestehenden Gesell­schaft, schon gar keine Bauern­befreiung. Gemeinsam mit den reichen Bürgern vor allem Prags bildeten sie die Partei der Calixtiner (von lat. calix Kelch; auf das Symbol des Kelches wird weiter unten noch näher eingegangen).

Der niedere Adel hatte bei einer erfolgreichen Bauern­revolution ebenfalls den Ver­lust von Zins und Fronden zu gewärtigen, hatte andererseits aber mit der Masse der aufstän­dischen Bauern im Rücken die Chance, den Hochadel auszu­schalten. Dementsprechend schloß sich ein Teil der Rit­terschaft der hochade­lig-"gemäßigten" Partei, ein an­derer der demokratischen Volks­bewegung (Bauern, Handwerker, Taglöhner) an. Von den Rittern, die es mit der Volksbewegung hielten, ist vor allen anderen Zizka von Trocnow zu nennen.


Daß die "Taboriten" die radikale Vorhut der Hussiten darstellten, die die Veränderung der Gesellschaft nach dem urchristlich-kommunistischen Ideal anstrebte

Die radikale Vorhut der hussitischen Volksbewegung strebte die Verwirklichung des urchristlich-kommunistischen Ideals an, wie es von allen seit dem Hohen Mittelalter ent­standenen Sekten vertreten wor­den war, von den Waldensern in Südfrankreich und Norditalien, von den Apostelbrüdern oder Pa­tarenern in Norditalien, von den Begharden in Flandern, von den Lollharden in England.

Gewissermaßen das "Motto" der Letzteren lautete - ins Deutsche übertragen: "Als Adam pflügte, Eva spann, wo war da wohl der Edelmann?"

In Böhmen wurden die den urchristlichen Kommunismus anstrebenden Radikalen nach der von ihnen gegründeten befestigten Siedlung an der Luznic, der sie den alttestamentarischen Namen Tabor gegeben hatten, "Taboriten" genannt.

Ihre Hoffnung auf eine baldige grundlegende Verände­rung der Gesellschaft äußerte sich (wie bei den anderen mit­telalterlichen Sekten) in chi­liastischen Erwartungen

Wir wissen schon: In der Johannesapokalypse wird das Bild eines nahe bevor­stehenden Reiches entworfen, das aus einem furchtbaren Kampf mit dem Antichrist, den Chri­stus aber siegreich beenden wird, hervorgehen wird. Alle, die am Wort Gottes festgehalten haben, werden in diesem "Zukunftsstaat des Urchristen­tums"[ix] mit Christus für tausend Jahre zur Herrschaft gelangen.

Ob die Hussiten wirklich wegen einer liturgischen Frage viele Jahre lang Krieg geführt haben

Der Kelch sollte beim hei­ligen Abendmahl unter den Laien kreisen, um auch dem Kirchen­volk die Kommunion unter bei­derlei Gestalt zu ermöglichen. Der Laienkelch wurde für die Hussiten zum "Feldzeichen, um das sie sich scharten, das sie bis zum äußersten verteidigten, aber nicht ihr Kampfobjekt".[x]

Die Menschen haben einan­der niemals bloß wegen liturgischer Fragen die Köpfe eingeschlagen, nicht einmal im Mittelalter. Da aber die Kirche ihre Lehre in den Dienst der Aufrechterhal­tung der Feudalordnung stellte und die Mitglieder der hohen Geistlichkeit gleichzeitig Feu­dalherren waren, mußte jede po­litische Opposition notwendigerweise eine reli­giöse Erscheinungsform haben, so wie die Bekämpfung solcher Opposition notwendigerweise mit ihrer Verketzerung verbunden war.

Die katholischen Theologen in Prag hielten in einer 76 Punkte umfassenden Liste die Abweichungen der Auffassungen der Taboriten vom wahren Glau­ben fest. Den Taboriten wurde vorgeworfen, daß sie unter an­derem folgendes lehrten:

"In dieser Zeit wird auf Erden kein König oder Herrscher, noch Un­tertan sein, und alle Abgaben und Steuern werden aufhören, keiner wird den anderen zu et­was zwingen, denn alle werden gleiche Brüder und Schwestern sein.

Wie in der Stadt Tabor kein Mein und Dein, sondern al­les gemeinschaftlich ist, so soll immer alles allen gemein­schaftlich sein und keiner ein Sondereigentum haben, umd wer solches hat, begeht eine Tod­sünde."[xi]

Wie der taboritische Kommunismus die Mächtigen schreckte

Der taboritische Kommunis­mus war - so wie der urchristli­che - ein Kommunismus des Kon­sums, während ja der "rote" Kommunismus das Gemeineigentum an den Produktionsmitteln in den Vordergrund stellt. "Praktisch gestaltete sich der Kommunismus schließ­lich so wie bei den ersten Christen: Jede Familie arbei­tete für sich und lieferte bloß den Überschuß, den sie er­zielte, an die gemeinsame Kasse ab."[xii]

Die radikaleren Taboriten ("Adamiten") forderten den vollständigen Kommunismus, dem­zufolge auch die Aufhebung der Familie und der Einzelehe. Es kam zum offenen, gewalttätigen Konflikt zwischen gemäßigten und radikalen Taboriten, der mit der Ausrottung der letzte­ren unter der Führung Zizkas endete.

Die Ausrottung der Hussi­tischen Ketzerei überhaupt mußte im Interesse aller feuda­len Gewalten sein. Ein Abge­sandter des Kardinallegaten Branda beschrieb dem Polenkönig die von den Taboriten ausge­hende Gefahr mit folgenden Wor­ten:

"Der Grund meiner Sendung ist die Ehre Gottes, das Wohl des Glaubens und der Kirche, die Rettung der menschlichen Gesellschaft. Ein großer Teil der Ketzer behauptet, es müsse alles gemeinsam sein, und man solle den Obrigkeiten keinerlei Zinstribut oder Gehorsam lei­sten. Grundsätze, durch welche die menschliche Kultur vernich­tet und jede sachgemäße, kun­dige Führung der Menschheit un­möglich gemacht wird. Sie er­streben die Beseitigung aller göttlichen und menschlichen Rechte durch die rohe Gewalt; und es wird so weit kommen, daß weder die Könige und die Für­sten in ihren Reichen und Herr­schaften noch die Bürger in den Städten noch überhaupt jemand in seinem eigenen Hause vor ih­rer Frechheit sicher ist; diese abscheuliche Ketzerei verfolgt ja nicht allein den Glauben oder die Kirche, sondern führt, vom Teufel getrieben, Krieg ge­gen die ganze Menschheit, deren Rechte sie antastet und nieder­reißt."[xiii]


Bis 1431 wurden fünf Kreuzfahrerheere aufgeboten, die allesamt der von Zizka ge­führten Taboriten nicht Herr werden konnten. Diese gingen, im Gegenteil, sogar zum Angriff über. Erst 1434 (in der Schlacht bei Lipan) konnten sie durch Verrat besiegt werden. Von 18.000 taboritischen Kämp­fern fanden dabei 13.000 den Tod.

Wie es zur Zeit der Hussitenkriege zur Ersten Vertreibung der Juden aus Wien kam

Daß es eine gewisse Affinität zwischen Juden und Hussiten gab

In der Zeit der Hussitenkriege verdächtigte man die Juden, mit den Hussiten zu kollaborieren. Es gab in der Tat eine gewisse Affinität zwischen Juden und Hussiten, die aber wohl eher auf gleichermaßen erlittene Verfolgung zurückzuführen ist, als auf oberflächliche Übereinstimmungen in der religiösen Lehre

Beide - Juden wie Hussiten - lehnten die Verehrung der Heiligen als Götzendienst ab, beide hatten aus katholischer Sicht ein abnormes Verhältnis zum heiligen Abendmahl: Die Hussiten mit ihrem Laienkelch und die Juden mit ihren angeblichen Hostienschändungen.

In einer vor 1452 verfaßten jüdischen Chronik ist zu lesen, daß Hus "leKiddúsch haSchém" - "zur Heiligung des Namens" verbrannt worden sei, eine Formel, die ansonsten nur auf jüdische Märtyrer angewandt wurde. Aus der gleichen Handschrift geht hervor, daß mehrtägiges Fasten der Juden Gott dazu bewegen sollte, den Hussiten den Sieg zu verleihen. Und zwar nachdem die Schikanen durch die sich 1420 zum Kampf gegen die Hussiten sammelnden Heerhaufen bereits überstanden waren.

Daß die Hussiten die theologisch begründeten Vorurteile der Katholiken gegenüber den Juden nicht teilten

Die Hussiten teilten die theologisch begründeten Vorurteile der Katholiken nicht. Ihnen leuchtete es nicht ein, daß aus Genesis 49, 17, wo es heißt: "Zur Schlange am Weg wird Dan, zur zischelnden Natter am Pfad", geschlossen werden müsse, daß sich dereinst der Antichrist aus den Reihen des jüdischen Volkes erheben werde

Schon Wicliff hatte gelehrt, daß nur ein Teil der Juden in der nahen Endzeit dem Antichrist folgen, ein anderer aber sich bekehren werde. Da man nicht wissen könne, wer von ihnen zu welcher der beiden Gruppen gehöre, solle man sie mit Güte und Nachsicht zu bekehren versuchen. Für Matthias von Janow, den wichtigsten Theologen der hussitischen Bewegung, ist der Antichrist die Gesamtheit der bösen Christen.

Den Hussiten wurde von katholischer Seite prompt Judenfreundlichkeit vorgeworfen. Auch wenn zum Beispiel bei einem taboritischen Aufstand in Prag 1422 auch das Judenviertel geplündert worden war. Auch wenn sich die hussitische "Judenfreundlichkeit" wie im Falle der Einnahme der Stadt Komotau (1421) darin erschöpfte, daß man die Juden vor die Wahl Tod oder Taufe stellte, während die Katholiken getötet wurden, ohne die Wahl zu haben.

In Wien erhitzten sich die Gemüter eifriger Studenten der Theologie an dem Gedanken, die Juden machten gemeinsame Sache mit den Hussiten. Sie drangen mehrfach gewalttätig ins Judenviertel ein.

Wie Albrecht durch Judenmord seine durch die Hussitenkriege zerrütteten Finanzen aufbesserte

Der österreichische Erzherzog und spätere Kaiser Albrecht II. half sich aus der hauptsächlich durch die Hussitenkriege hervorgerufenen Geldverlegenheit, indem er 1420 alle Juden ob und unter der Enns gefangennehmen ließ. Die Mittellosen unter ihnen ließ er in Flußkähne pferchen, auf denen sie auf die Donau hinab nach Ungarn trieben, in den Herrschaftsbereich Sigismunds, des damaligen Königs von Böhmen und Ungarn und Kaisers des "Heiligen Römischen Reichs", der sie in Böhmen und Ungarn aufnahm. Die 200 zurückgehaltenen begüterten Juden hingegen ließ Albrecht foltern und schließlich (1421) auf der Erdberger Lände bei Wien verbrennen, was mit einer angeblichen Hostienschändung in Enns motiviert wurde. Der Besitz der ermordeten Juden wurde eingezogen. Die herzogliche Kammer betrachtete sich außerdem als deren Rechtsnachfolgerin und trieb ihre Außenstände ein.

Zu den genannten 200 ist eine größere Anzahl von Juden zu zählen, die, wie ein zeitgenössisches jüdisches Dokument berichtet, sich in der Synagoge selbst den Tod gegeben und damit den Folterknechten Albrechts entzogen haben.

Auf dem Judenplatz vorgenomme Grabungen sind 1995 auf die Reste der mittelalterlichen Synagoge gestoßen und haben diesen Bericht bestätigt.

Die Vertreibung der Juden aus Wien hatte negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaft, sodaß Friedrich III. (1440 - 1493) "zum gemeinsamen Nutzen für Juden und Christen" einzelnen Juden den Aufenthalt in Wien wieder gestattete. Maximilian I. (1493 - 1519) und Ferdinand I. (1531 - 1564) schrieben den Juden aber vor, ein Zeichen in Form eines gelben Rings an ihrer Kleidung zu tragen. Unter Maximilian II. (1564 - 1576) wurden sie abermals aus Österreich ob und unter der Enns ausgewiesen.

Wie aus dem Kreuzestod der vom Kreuz gegebene Tod wurde,
und wie aus darstellendem Spiel tödlicher Ernst werden konnte


Seit dem 9. Jahrhundert weist die Bildkunst in mancherlei Variationen antijüdische Motive auf: Kirche und Synagoge sind durch weibliche Personen - von zunächst durchaus gleichem Aussehen und gleicher Anmut - dargestellt, die unter dem Kreuz stehen. Während die Kirche sich dem vom Kreuz ausgehenden Heil zuwendet, wendet sich die Synagoge (manchmal mit einem Schleier über den Augen) vom Kreuz ab. Oder: Ecclesia steht auf der Seite des Lebens, Synagoga auf der Seite des Todes. Oder: Die Kirche wird gekrönt, die Synagoge verliert ihre Krone.

Wie die bildende Kunst des späten Mittelalters von zunehmender Gewaltbereitschaft den Juden gegenüber kündet

Eine besonders bemerkenswerte Variante des Motivs "Der Gekreuzigte flankiert von Synagoge und Kirche" (aber nicht die einzige dieser Art) findet sich in der Andreaskirche von Thörl (Kärnten).

Das Gemälde wurde um 1490 von Thomas von Villach geschaffen. Das Kreuz teilt das Bild in eine Seite des Heils, der sich der Gekreuzigte zuwendet, und eine Seite des Unheils. Auf der Seite des Heils befinden sich Ecclesia und Maria. Hier wächst auch der Baum des Lebens, der Hostien als Früchte trägt. Mit ihrem Mantel schirmt Maria die Begnadeten, vor allem Papst und Kaiser. Auf der anderen Seite des Kreuzes befinden sich Synagoga und Eva. Synagoga wird mit verbundenen Augen dargestellt - sie ist der Erkenntnis, daß Jesus der Messias sei, unfähig. Ihre linke Hand trägt den blutenden Kopf eines Bockes. In der griechischen Mythologie Reittier der Aphrodite, galt der Bock als Verkörperung ungezügelter, tierischer Sexualität. Neben der Synagoge steht die nackte Eva als Verkörperung der Erbsünde. In der einen Hand hält sie einen Apfel, den sie vom Baum der Erkenntnis gepflückt hat, um den sich die Schlange windet, in der anderen Hand einen Totenkopf. Unter den beiden Frauengestalten: die Hölle.

Aus den vier Enden des Kreuzes wachsen Hände. Die obere öffnet das Himmelstor, die untere zerschlägt mit einem Hammer das Tor zur Hölle. Eine Hand des Querbalkens krönt Ecclesia, die andere führt ein Schwert, das von oben den Kopf der Synagoga und ihre Brüste durchstößt.

Welche Gefahren die Osterzeit im Spätmittelalter für die Juden mit sich brachte

Solche Darstellungen sowie Passionsspiele, die in unerträglicher Ausführlichkeit die Leiden und den Tod Christi darstellten, verfehlten nicht ihre Wirkung auf das breite Publikum. Mitunter wurde die Marter Christi derart wirklichkeitsnah gespielt, daß die Darsteller des Heilands die damit verbundenen Strapazen nicht aushielten und tatsächlich ihren Geist aufgaben.

Psychologische Spekulationen über die in diesem speziellen Zusammenhang erlaubte Lust am Verhöhnen, Quälen und schließlich Töten Gottes sparen wir uns.

Wenn die in solchen Spielen (wie etwa dem Alsfelder Passionsspiel) dargestellten Juden schließlich mehrere Tage lang Jesus verhöhnt oder gar mit Hand angelegt hatten, während er immer neue, phantasievoll ausgedachte Qualen litt, war das Publikum in derartige Raserei versetzt, daß ein Gerücht, die Juden hätten den Mord an Jesus an einer geweihten Hostie oder einem Christen wiederholt, nicht selten zu einem realen Massaker an den realen Juden führte. Und nicht selten entsprang ein neuer Kult um einen neuen Lokalheiligen einem solchen österlichen Aufruhr.

Wie das Mittelalter noch lange nachwirkte

Wenn so ein Heiliger - etwa der selige Simon von Trient - einmal geschaffen war, mußte an der Geschichte auch etwas dran sein: 1893 argumentierte Pfarrer Joseph Deckert (der einem Platz in Wien Währing seinen umstrittenen Namen gegeben hat) in einem seiner insgesamt 13 antisemitischen Ergüsse, daß die seinerzeitige Hinrichtung von 14 Juden zu Recht erfolgt sein müsse, denn:

"Ein Kirchenfürst, der Bischof von Trient hätte einen entsetzlichen Justizmord begangen gegen die unschuldigen Juden; auch der päpstliche Stuhl hätte sich durch die Approbation der Prozeßacten, durch die Gestattung der Verehrung des hl. Simon in Trient an anderen Orten, und durch dessen Eintragung in das Martyrologium Romanum dieses Frevels mitschuldig gemacht und in einer auf den Kult bezüglichen Angelegenheit geirrt."

Derlei Irrtümer sind nach Deckert undenkbar.

1965 hob die Ritenkongregation in Rom nach neuerlicher Überprüfung der Prozeßakten von 1475 die Verehrung des "Beatus Simoninus" auf.

Allerlei Geschichten Vom Heiraten und Erben

Wie Albrecht II. deutscher, böhmischer und ungarischer König wurde

Mit Albrecht II. erlangte 1438 wieder ein Habsburger die Königskrone, und als Schwiegersohn und Erbe des Luxemburgers Sigismund (mit vertraglich abgesicherten Ansprüchen) erwarb Albrecht auch die böhmische Wenzelskrone und die (erst 1387 durch Sigismund erworbene) ungarische Stephanskrone.

Dazu vielleicht ein bißchen "Kronologie":

Wenzelskrone: Die für die Krönung Wenzels I. (1230 - 1253), des nachmaligen heiligen Wenzel, hergestellte Krone. Karl IV. ließ sie in die gegenwärtige Form bringen. 1346 wurde durch päpstliche Bulle verfügt, daß die Krone künftig auf der im Prager Veits-Dom aufbewahrten Kopfreliquie des heiligen Wenzel ruhen solle.

Stephanskrone: Nach den Hunnen und ihren Verwandten, den Awaren (von Karl dem Großen geschlagen und aus der Geschichte verschwunden) hatten um 900 die Magyaren - ebenfalls ein asiatisches Hirtennomadenvolk - von Ungarn Besitz ergriffen. Die Magyaren (Ungarn) sind dem finno-ugrischen Sprachraum zuzurechnen (der wiederum mit dem der mongolischen und Turksprachen in "verwandtschaftlicher" Beziehung steht). Nach einer (955) im Kampf gegen Otto I. erlittenen Niederlage hatten sie ihre Streifzüge eingestellt und waren seßhaft geworden. Stephan I. (später ebenfalls zum Heiligen befördert) hatte ihm Jahre 1000/01 das Christentum sowie (aus der Hand Papst Sylvesters II.) die Königskrone angenommen, die aber 1258 verlorenging. Stephan V. (1270 - 1272) ersetzte sie darauf durch die noch heute erhaltene Krone, die aus mehreren Teilen verschiedener (auch byzantinischer) Herkunft zusammengesetzt ist.

Daß Albrechts II. Nachfolger Friedrich III. dieses Kunststück nicht fertigbrachte und dem Ungarnkönig Matthias Corvinus zeitweise sogar Wien überlassen mußte

Albrecht II. starb früh (1439), ebenso sein nachgeborener Sohn Ladislaus ("Postumus"). Böhmen und Ungarn wählten ihre eigenen Könige (Georg von Podiebrad und Matthias Corvinus) und Kaiser Friedrich III. (1440 - 1493) vermochte seine Ansprüche nicht durchzusetzen. Im Gegenteil: Matthias Corvinus hielt Wien zwischen 1485 und 1490 besetzt.

Matthias Corvinus starb 1490 und hinterließ keinen legitimen Erben. Allerdings war für diesen Fall vertraglich die Erbberechtigung der Nachkommen Friedrichs vorgesehen worden. Die Herrschaft über Böhmen und Ungarn aber rissen die polnischen Jagellonen an sich.

Wie Maximilian das Erbe Karls des Kühnen, des Herzogs von Burgund erheiratete

Karl der Kühne, der Herzog von Burgund, hatte zwischen Deutschland und Frankreich, von der Nordsee bis an die Rhone, ein Mittelreich geschaffen. Beim Versuch gewaltsamer Erweiterung seines Fürstentums fiel er 1477 - ohne männlichen Erben - bei Nancy. Seine Tochter Maria brachte im gleichen Jahr ihr burgundisches Erbe in die Ehe mit dem habsburgischen Kronprinzen Maximilian mit.

Wie Maximilian seinen Sohn so gut verheiratete, daß im Habsburgerreich die Sonne nicht mehr unterging

Maximilian (Kaiser seit 1493) verheiratete seinen Sohn Philipp mit der Erbin des spanischen Throns Johanna (der Wahnsinnigen). Sie war die Tochter der "katholischen Könige" Ferdinand (von Aragon) und Isabella (von Kastilien), die durch ihre Ehe Spanien vereinigt hatten. Philipp starb noch vor seinem Vater Maximilian, sein Sohn Karl (V. 1519 - 1556/58) aber wurde zum Monarchen eines Reiches, in dem die Sonne nicht unterging. Allerdings überließ Karl bereits 1521 seinem jüngeren Bruder Ferdinand die österreichischen Länder.

Wie Ferdinand wegen der Osmanen zum Erben der Jagellonen in Böhmen und Ungarn wurde und dann wegen der Osmanen dieses Erbe zum Teil nicht antreten konnte

Inzwischen expandierten die Osmanen nach Europa. Die Eroberung Konstantinopels gelang ihnen erst 1453, aber schon davor waren sie auf den Balkan vorgedrungen und hatten Serbien unterworfen (Schlacht auf dem Amselfeld 1389). 1526 griffen die Osmanen Ungarn an und besiegten bei Mohács das Heer des erst zwanzigjährigen jegellonischen Königs Ludwig, der in dieser Schlacht umkam.

Der mit Ludwigs Schwester Anna verheiratete Ferdinand trat das Erbe der Jagellonen an (Böhmen und Ungarn), mußte dazu jedoch erst Gegenkönig Johann Zápolya aus Ungarn vertreiben, der von den Osmanen unterstützt wurde.

Wie es zur "Ersten Türkenbelagerung" kam

Sultan Soliman (Süleiman II., der Prächtige) brach im Frühjahr 1529 mit etwa 250.000 Mann von Konstantinopel auf und stand Mitte September vor Wien, gab aber knapp einen Monat später die Belagerung auf. Ferdinand mußte den Osmanen jedoch einen Großteil Ungarns lassen. Er erkaufte sich den Frieden sogar eine Zeit lang durch Tributzahlungen ("Ehrengeschenke").

Im Prinzip aber gingen die Habsburger bis 1918 nicht mehr aus Böhmen und Ungarn.

Wie die griechisch-römische Antike an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit "wiedergeboren" wurde

Holbein (1494 - 1519),

Peutinger (1465 - 1547),

Pirckheimer (1467 - 1532),

Was die Antike für die Menschen des ausgehenden Mittelalters so interessant machte

Die Römer hatten die Warenproduktion bereits zu einer beachtlichen Höhe entwickelt. Das frühe Mittelalter hatte spezialisierte Warenproduktion, Markt und Geldwirtschaft nicht gekannt, es hatte "von vorne" begonnen. In Norditalien waren seit jeher die aus der Levante kommenden Waren umgeschlagen worden. Hier entwickelte sich zuallererst der Handelskapitalismus. Seine "Muttersprache" ist das Italienische. Und bis auf den heutigen Tag verwenden wir italienische Vokabeln in der Banksprache. Ein ebenfalls durch den Verlauf der Verkehrswege begünstigter Raum war Flandern. Auch hier zeigten sich früh die Ansätze kapitalistischen Wirtschaftens.

Im Spätmittelalter erreichte die Warenproduktion wieder ein Niveau, das die Römer schon einmal erreicht hatten. Vieles aus der Hinterlassenschaft der Römer wurde jetzt interessant, so zum Beispiel das Römische Recht. Mit anderen Worten:

Die warenproduzierende Gesellschaft der Antike hatte der warenproduzierenden Gesellschaft des späten Mittelalters wieder etwas zu sagen. Man setzte sich deshalb mit der Antike auseinander und machte sich ihre Errungenschaften nutzbar.

Dieser Rückgriff auf die Errungenschaften der Griechen und Römer war so umfassend, daß geradezu von einer Wiedergeburt - Renaissance - der Antike gesprochen wird, obgleich natürlich die Voraussetzungen, unter denen sich die Warenproduktion jeweils entwickelt hat, völlig verschieden sind.

Bei der Bewahrung des Erbes der Antike hatten übrigens Araber und Juden eine entscheidende Rolle gespielt.

Im Mittelalter war das theologisch-philosophische System der Schlolastik geschaffen worden, das im wesentlichen das von der Patristik übernommene Dogmensystem vernunftmäßig zu begründen und mit der Philosophie des Aristoteles, den man irrtümlich für einen Christen hielt, in Einklang zu bringen versuchte. Die Scholastik stellt allerdings keine einheitliche, geschlossene Lehre dar. Aus der Vielzahl der Namen sei der wichtigste herausgegriffen: Thomas von Aquin (1225/26 - 1274).

Bei fortschreitender Entwicklung von Produktion und Gesellschaft konnte die Theologie ihre Herrschaft über das Denken der Gebildeten nicht mehr aufrecht erhalten. Die Wissenschaft begann sich von der Bevormundung durch die Theologie zu befreien.

Vieles, was früher Sache des Glaubens gewesen war, wurde Gegenstand der Wissenschaft.

Wie eine von der Vorstellungswelt des Handelsbürgertums geprägte Ideologie entstand, in deren Mittelpunkt der Mensch und nicht mehr Gott stand

Waren- und Geldwirtschaft rationalisierten das bürgerliche Denken, brachten in Italien eine neue, von der Vorstellungswelt des Handelsbürgertums geprägte Ideologie hervor, den Humanismus, eine Ideologie, in deren Mittelpunkt der Mensch und nicht mehr Gott stand. Der Humanismus stand der Religion (wenigstens in Italien) skeptisch und ironisch, aber nicht feindlich gegenüber.

Ein paar Namen:

Italien: Francesco Petrarca (1304 - 74), Giovanni Boccaccio (1313 - 1375), Gian Francesco Poggio (1380 - 1459), Lorenzo Valla (1406/07 - 57), Giovanni Pico della Mirandola (1463 - 94)

Frankreich: Guillaume Budé (1467 - 1540), Jacobus Faber Stapulensis (um 1450 - 1536/37)

England: Thomas Morus (1478 - 1535)

Niederlande: Erasmus von Rotterdam (1469 - 1536)

Deutschland: Johannes Reuchlin (1455 - 1522), Philipp Melanchton (1497 - 1560), Ulrich von Hutten (1488 - 1523)

Sowohl der Körper des Menschen, als auch seine geistige Tätigkeit weckten wissenschaftliche Neugier. Die Aufarbeitung der geistigen Hinterlassenschaft der Antike bedingte die philologischen Studien der Humanisten. Renaissancekünstler betonten jetzt gern die Menschennatur Jesu Christi und stellten oft Menschen aus bäuerlichem oder bürgerlichem Milieu in den Mittelpunkt ihrer Darstellungen. Der berühmte von Grünewald geschaffene Isenheimer Altar beispielsweise zeigt Jesus nicht als Gottessohn, sondern als entstellten, verkrampften Leichnam eines geschundenen Menschen.

Noch ein paar Namen:

Italien: Alberti (1404 - 1472), Bramante (1444 - 1514), Brunelleschi (1377 - 1446), Donatello (1386 - 1466), Ghiberti (1378 - 1455), Leonardo da Vinci (1452 - 1519), Mantegna (1431 - 1506), Masaccio (1401 - 1429), Michelangelo (1475 - 1564), Piero della Francesca (1410/20 - 1492), Raffael (1483 - 1520)

Niederlande: Campin (1375 - 1444), Hugo von der Goes (um 1440 - 1482) Jan van Eyck (um 1390 - 1441), Rogier van der Weyden (1399/1400 - 1464),

Deutschland: Cranach (1513 - 1537), Dürer (1471 - 1528), Grünewald (1470/80 - nach 1529)

Wie die Menschen einander trotz aller Arbeitsteilung noch als unverwechselbare Individuen begegneten und noch nicht zu Bestandteilen einer Maschinerie degradiert waren

Bei aller Rationalisierung der Wirtschaft aber waren die ökonomischen Beziehungen noch überschaubar, sie blieben Beziehungen von Mensch zu Mensch. Die Menschen traten einander noch als ganze Persönlichkeiten, als unverwechselbare Individuen gegenüber. "Gleichzeitig drückt auch der Erzeuger den Gegenständen ungeachtet der gesteigerten Rationalisierung des Arbeitsprozesses noch immer seinen persönlichen Stempel auf, denn noch vernichtet die Arbeitsteilung nicht die Verwertung seiner persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten. Der starke, bis heute bewunderte künstlerische Einschlag im Handwerk der damaligen Zeit ist ein Beweis dafür".[xiv]

Die allseitig entwickelte Persönlichkeit war das Bildungsideal des Humanismus, das von niemandem besser verkörpert wurde als von Leonardo da Vinci.

Heute, am vorläufigen Endpunkt des Prozesses der Durchrationalisierung der Wirtschaft, versucht das dem Produktionsprozeß eingegliederte Individuum seine Individualität abzustreifen, die doch nur hinderlich wäre, Reibungsverluste mit sich brächte, es fühlt sich eingeschränkt, unfrei. "Ausbildung" ist dementsprechend und zum Unterschied von der -humanistischen - "Bildung" die Erzeugung von Normwesen, die über ausreichende Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen und ausreichend trainiert sind, um sich ohne solche Reibungsverluste der Produktion einzugliedern, ihre Individualität aber im "Frei"zeitbereich zurücklassen.

Wie sich ein deutscher Humanist mit den "Hunden des Herrn" anlegte


Entsprechend dem gesellschaftlichen Entwicklungsgefälle von Italien nach Deutschland, vermochte sich der deutsche Humanismus nicht im gleichen Maß von der Religion zu lösen wie der italienische. Dennoch: die gefährliche Borniert der Dominikaner etwa beleidigte den Intellekt der Humanisten.

Daß die Ketzerbekämpfung das Hauptanliegen des Dominikanerordens darstellte

Der Dominikanerorden war zu Beginn des 13. Jahrhunderts, in den Tagen des Kampfes gegen die ketzerischen Albigenser in Südfrankreich, vom heiligen Dominikus gegründet worden. Ihrer Tradition der Ketzerbekämpfung blieben die Dominikaner treu. Sie liebten es, sich als "domini canes", als die "Hunde des Herrn" zu bezeichnen. Sie nahmen die Witterung der Ketzer auf, stellten sie und überantworteten sie der heiligen Inquisition, die hauptsächlich von Angehörigen ihres Ordens (und Franziskanern) ausgeübt wurde.

Was man unter "Inquisition" versteht

Der Begriff Inquisition bezeichnet ganz allgemein ein strafrechtliches Verfahren, in dem die selbe Instanz Anklage erhebt, untersucht und das Urteil fällt.

Diese Vorgangsweise war im Rechtswesen des Mittelalters allgemein üblich. Die "heilige" Inquisition als Schöpfung des Heiligen Stuhles war seit dem 13. Jahrhundert mit dem weltlichen Strafvollzug verknüpft, als die Bekämpfung der ketzerischen Sekten zu einem Anliegen aller feudalen Gewalten wurde. Bezeichnenderweise wurde im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation die Hinrichtung von Ketzern auf dem Scheiterhaufen ausgerechnet durch den gebildeten und weltmännischen Staufer Friedrich II. verfügt, der in ewigem Streit mit dem Papst lag, der sich mit Beratern aus dem islamischen Kulturkreis umgab, der in so kritischer Distanz zum Christentum stand, sodaß ihm manche nachsagten, er sei Atheist.

Einmal mehr wird deutlich: Wo die Herrschaft religiöse Weihe erhält, ist Widerstand "Ketzerei", an deren Ausmerzung dem Herrscher auch dann gelegen sein muß, wenn er nicht religiös ist.


Dominikaner (Heinrich Institoris und Jakob Sprenger) waren es übrigens auch, die (1487) den berüchtigten "Hexenhammer" verfaßt hatten, ein Strafgesetzbuch bzw. eine Strafprozeßordnung für Inquisitionsprozesse. Darin spielte der von Papst Innocenz VIII. in einer Bulle (Summis desiderantis affectibus, 1484) geäußerte Gedanke eine große Rolle, daß die Ketzerei nicht natürlichen Ursprungs, sondern nur das Werk von Dämonen sein könne.

Wie sich die Dominikaner auch mit der Frage beschäftigten, ob man den Talmud verbrennen müsse

Die Dominikaner, widmeten ihre Aufmerksamkeit auch der Frage, ob und welche Schriften der Juden Schmähungen des Neuen Testaments, Jesu oder Mari­ens enthielten, um sie gegebenenfalls den Flammen zu übergeben.

Sie bedienten sich dabei eines getauften Juden, der in ihrem Auftrag eine Reihe wenig fundierter Schriften verfaßte, in denen er beispielsweise behauptete, die Juden beichteten den Hühnern und Fischen.

Wie der Sachverständige Reuchlin nicht zu dem gewünschten Schluß kam und darüber in einen Streit mit den Dominikanern geriet

Der Erzbischof von Mainz trat dem Übereifer der Dominikaner entgegen und regte die Bildung einer Kommission an, der auch der große deutsche Humanist Johannes Reuchlin (1455-1522) als Sachver­ständiger angehörte. Reuchlin legte in einer Schrift mit dem Titel "Augenspiegel" seine Auffassungen dar, aus denen keineswegs die Notwendigkeit einer Talmudverbrennung gefolgert werden konnte.

Eine besondere Sympathie für die Juden war dabei nicht im Spiel. Johannes Reuchlin kleidete seine Abneigung ihnen gegenüber beispielsweise in folgende Worte:

"Jeden Tag beleidigen, beschmutzen und lästern sie Gott in der Person seines Sohnes, des wahren Messias Jesus Christus. Sie nennen ihn einen Sünder, einen Zauberer, einen Gehenkten. Sie behandeln die heilige Jungfrau Maria als Haria, als böses Weib. Sie gehen mit den Aposteln und Jüngern um als mit Häretikern. Und uns Christen halten sie für dumme Heiden."

Auf einem anderen Blatt stand Reuchlins Interesse an der hebräischen Sprache, in der er sich von Jacob Loans, dem jüdischen Leibarzt Kaiser Friedrichs III. (!), hatte unterweisen lassen. Er galt als der einzige Christ in Deutschland, der Hebräisch konnte.

Wie andere Humananisten die "Dunkelmännerbriefe" schrieben, um Reuchlin zu Hilfe zu kommen

Durch sein Gutachten geriet Reuchlin in einen viele Jahre währenden Streit mit den Dominikanern, in dessen Verlauf die berühmten "Dunkelmännerbriefe" entstanden, Satiren, in denen Ulrich von Hutten, Crotus Rubeanus und andere Humanisten die Borniertheit der Dominikanermönche verspotteten, die partout den Talmud und Reuchlins "Augenspiegel" verbrannt sehen wollten.

Die Dunkelmännerbriefe waren in schlechtem Latein verfaßt, wie man es von den Mönchen kannte. Bei denjenigen, die Latein verstanden, fanden die Briefe reißenden Absatz, besonders, als sie verbo­ten wurden.

Wie der Reuchlinsche Streit mit einer Niederlage der Dominikaner endete

Den Ausschlag im Reuchlinschen Streit gab die Tatsache, daß sich Franz von Sickingen - er wird uns noch als Anführer im Ritteraufstand von 1522 begegnen - für Reuchlin einsetzte und den Dominikanern mit einer Fehde drohte, falls das Urteil nicht respektiert würde, zu dem der Bischof von Speyer gekommen war, der die Angelegenheit im Auftrag Papst Leos X. untersucht und im wesentlichen die Argumente Reuchlins bestätigt hatte. Dominikanerprior und Inquisitor Hoogstraeten wurde suspendiert, und es kam - diesmal - zu keiner Bücherverbrennung.

Wie bürgerliches Wirtschaften schon so sehr in den Vordergrund getreten war, dass Jakob Fugger dem Kaiser Frechheiten sagen konnte

Wie die Zünfte als Begleiterscheinung der mittelalterlichen Stadt entstanden waren

Die Zünfte hatten im Mittelalter den Konkurrenzkampf der städtischen Handwerker durch Preisabsprachen eingeschränkt, sie hatten Normen für Quantität und Qualität der Waren festgelegt, sie hatten Anzahl und Größe der Betriebe begrenzt und damit und durch den Zunftzwang dem einzelnen Meister seinen Marktanteil gesichert. Die Zünfte waren im Hohen Mittelalter als Begleiterscheinung der Trennung des Handwerks von der Landwirtschaft entstanden und hatten diese Trennung gleichzeitig beschleunigt und begünstigt (etwa durch die Bannmeilen, innerhalb derer sie das dörfliche Handwerk zum Erliegen brachten).

Wie sich am Ausgang des Mittelalters das Zunftwesen bereits überlebt hatte

Mit dem Fortschreiten der Arbeitsteilung überlebte sich jedoch die Zunftorganisation: Das zur Betriebsgründung notwendige Kapital wurde größer, denn die Werkzeuge und Produktionsinstrumente wurden zahlreicher. Die Chancen der Gesellen, einst selbständige Meister zu werden, sanken. Fortschreitende Arbeitsteilung ermöglichte in steigendem Maß den Einsatz ungelernter Arbeitskräfte, gleichzeitig stiegen die Anforderungen bei den Meisterprüfungen, mitunter bis zur Unerfüllbarkeit. Im 16. Jahrhundert profitierte vom Gewerbe- und Marktmonopol der Zünfte nurmehr eine begrenzte Zahl etablierter Meister.

Wie sich die Fugger von einfachen Webern zu Gläubigern der Kaiser emporgearbeitet hatten

Die großen - wohlgemerkt christlichen - Handelshäuser vor allem der Fugger und Welser beherrschten die frühkapitalistische Wirtschaft, in die auch die feudalen Gewalten verstrickt wurden. Die schlagartige Entstehung eines Weltmarktes durch die geographischen Entdeckungen förderte die rasche Entwicklung des Kaufmannskapitals.

Die Fugger hatten in Augsburg als Angehörige der Weberzunft begonnen, sich dann aber als "Verleger", die sich zwischen Handwerk und Markt schalteten, und Fernhändler betätigt. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts stiegen die Fugger mit einem Kredit von 150.000 Gulden, für den ihnen Erzherzog Sigmund seine Rechte am Tiroler Bergbau verpfändete, auch ins Montangeschäft ein. Weitere derartige Geschäfte folgten unter dem späteren Kaiser Maximilian. Das chaotische Finanzwesen der Renaissancefürsten ließ eine Rückzahlung von Krediten kaum zu - die Pfänder verfielen. In den Jahren 1487 bis 1494 konnten die Fugger einen Gewinn von 400.000 Gulden allein aus dem Tiroler Silberhandel verbuchen.

Daß Jakob Fugger, der Reiche es sich leisten konnte, dem Kaiser einen frechen Mahnbrief zu schreiben

Kaiser Maximilian I. stützte sich in Geldangelegenheiten bald nur noch auf die Fugger, und die Fugger waren es, die bei der Kaiserwahl den Habsburger Karl I. von Spanien (als Kaiser des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation": Karl V., 1519-1556) gegen die anderen Kandidaten (Heinrich VIII. von England und Franz I. von Frankreich) unterstützten, indem sie den Großteil der Summe vorstreckten, die nötig war, um die Stimmen der Kurfürsten zu kaufen: 852.000 Gulden. Mit geringen Anteilen waren auch die Welser und drei oberitalienische Bankhäuser an diesem Kreditgeschäft beteiligt. Jakob Fugger konnte in seinem berühmten Mahnbrief von 1523 Karl darauf hinweisen, daß er ohne seine Hilfe nicht Römischer Kaiser hätte werden können:

"Es ist auch wissentlich und ligt am tag, dass Ew(re). Kay(serliche). M(ajestät). die Römisch Cron ausser mein nicht hette erlangen mögen So hab ich auch hierin mein aigen nutz nit angesehen; dann wo ich von dem haus Oesterreich absteen und Frankreich fürdern hette wollen, wollte ich gross guott und gelt, wie mir dann angeboten worden, erlangt haben. Wass aber Ew. Kay. Majestät und dem haus Oesterreich nachtail daraus entstanden were, das haben Ew. Kay Majestät aus hohem Verstandt wol zu erwegen."

Wie manche die Kirche und andere gleich die ganze Gesellschaft reformieren wollten


Die Kirche war in den Augen vieler Menschen jener Zeit reformbedürftig.

Mit Roderico Borgia war im Jahre 1492 - dem gleichen Jahr, da Kolumbus Amerika entdeckt hatte, da die Reconquista, die Rückeroberung Spaniens, mit dem Fall des letzten maurischen Fürstentums (Granada) zu einem Ende gekommen war, da die Juden, die sich nicht zum Christentum hatten bekehren wollen, aus Spanien verjagt worden waren - ein Unwürdiger zum Nachfolger des Heiligen Petrus gewählt worden, der sich Alexander VI. (1492-1503) nannte. Die verschwenderische Hofhaltung des Papstes und der Bau des Petersdoms in Rom verschlangen Unsummen.

Einen wesentlichen Teil ihrer Einnahmen bezog die Römische Kirche aus Deutschland

Wie die Kirche - kanonisches Zinsverbot hin, Ablaßhandel her - in die Geldwirtschaft verstrickt wurde

Die westeuropäischen Monarchien hatten sich weitgehend dem Zugriff der Kirche entzogen. Heinrich VIII. von England (1491-1547) proklamierte gar sich selbst als Oberhaupt einer von Rom gelösten "anglikanischen" Staatskirche (1534), was übrigens mit einer "Reformation" nichts zu tun hat. Aus deutschen Gebieten aber preßte die Kirche enorme Summen.

Die Kirchenämter und die mit ihnen verbundenen Einnahmen, die Pfründe, wurden immer mehr zum Gegenstand eines schwunghaften Handels.

Ulrich von Hutten sagt:

"Nicht leicht hat einer hier eine fette Pfründe, der nicht zu Rom darum gedient oder viel Geld zur Bestechung dahin geschickt oder sie geradezu durch die Vermittlung der Fugger gekauft hat."


Die aus dem Ablaßhandel zu erwartenden Einnahmen streckten die Fugger vor und berechneten selbstverständlich Zinsen dafür - eine konsquente Einhaltung des kanonischen Zinsverbotes war selbst der Kirche nicht möglich. Die großen - christlichen - Handelshäuser vor allem der Fugger und Welser beherrschten die frühkapitalistische Wirtschaft, in die auch die feudalen Gewalten verstrickt wurden.

Wie im Lauf des Spätmittelalters die Geldwirtschaft in das Beuiehungsgefüge der Feudalgeselschaft eindrang und die Gegensätze verschärfte, die's dort ohnehin schon gab

Im Lauf des Spätmittelalters drang die Geldwirtschaft in die feudalen Beziehungen und Abhängigkeiten ein und verschärfte die in der Feudalgesellschaft herrschenden Gegensätze - der von den adeligen Grundherren auf die Bauern ausgeübte Druck steigerte sich, der niedere Adel verarmte.

In den seit dem 11. Jahrhundert wieder aufblühenden Städten erhielten die Bauern für ihre Überschüsse bares Geld, das - wie wir schon früher festgestellt haben - die Begehrlichkeit der adeligen Grundherren auf sich zog. In weiterer Folge wurden die Naturalabgaben und Frondienste der Bauern - scheinbar im beiderseitigen Interesse - immer mehr durch Geldzahlungen (Geldrente) abgelöst, was die Steigerung des auf den Bauern lastenden Drucks nach sich zog und damit letztlich den Deutschen Bauernkrieg (1524-1526) auslöste. Die "natürlichen" Grenzen, die die Ausbeutung zuvor durch den begrenzten Bedarf an Naturalien und deren begrenzte Haltbarkeit gefunden hatte, fielen nun weg, denn der Bedarf an Geld ist unbegrenzt. Der von den Grundherren auf die Bauern ausgeübte Druck konnte umso leichter gesteigert werden, als sich seit dem 15. Jahrhundert die Städte abschlossen und aufhörten Zufluchtsstätten der bäuerlichen Bevölkerung zu sein.

Wie nicht nur die Bauern, sondern auch die Adeligen unter Druck gerieten

Der niedere Adel, das Rittertum, verlor seine militärische Bedeutung durch die Erfindung der Feuerwaffe und durch die Tatsache, daß auch der Kriegsdienst allmählich zu einer von käuflichen Söldnern gelieferten Ware wurde. Der hohe Adel, die Landesherren, die Fürsten, profitierten in Form von Steuern von der Entwicklung des Städtewesens und der Geldwirtschaft. Aber die Einkünfte des Ritters ermöglichten diesem kaum ein standesgemäßes Leben, auch wenn er seine Bauern noch so sehr auspreßte. Hier wurzelt das spätmittelalterliche Raubritterunwesen. Fast gleichzeitig mit den Bauern und ebenso vergeblich erhoben sich unter der Führung Franz von Sickingens (der in diesem Kampf fiel) die Ritter (1522).


Der Große Deutsche Bauernkrieg 1524-1526 war ein Versuch, den Angriff der Reformation auf die römisch-katholische Kirche und die geistliche Feudalität zum Kampf gegen die Feudalität überhaupt zu erweitern.

Wie Martin Luther zur Zentralfigur der Reformation wurde

Der Mann, der im Mittelpunkt der Reformation stand, war Dr. Martin Luther. Seine 95 gegen den Ablaßhandel gerichteten Thesen waren jedoch weder besonders originell, noch besonders radikal. Luther stellte den Ablaß als solchen überhaupt nicht in Frage, im Gegenteil, These 71 sagt: "Wer wider die Wahrheit des päpstlichen Ablasses redet, der sei im Fluch und vermaledeiet."

Luthers Kritik aber traf die Kirche zu einer für sie ungünstigen Zeit an einem wunden Punkt.


Die "Dunkelmännerbriefe", die zu dieser Zeit die mönchische Gelehrsamkeit der Lächerlichkeit preisgaben, waren nur einer von etlichen "Pfeilen gegen den Schurken", wie Hutten formuliert. Wenn in den Chor der Kritiker dann ein Insider einstimmte, mußte das doppelt unerwünscht sein. Und die besonders sensible Stelle, an der Luthers Thesen die römische Kirche getroffen hatten, das war der Geldbeutel. Deshalb konnte die Auseinandersetzung zwischen Luther und Tetzel, dem Verkaufsleiter in Sachen Ablaß, nicht das bleiben, was sie eigentlich war, nämlich bloßes Mönchsgezänk.


Der weitere Verlauf der Dinge entwickelte eine Eigendynamik, der sich Luther nicht entziehen konnte.

"Ohne rechte eigene Initiative wurde Luther vorwärtsgeschoben von Freund und Feind, zum Bruch mit dem Papsttum. Wenn er 1519 verfluchte, was er noch 1518 gesegnet, für alleinseligmachend erklärte, was er eben noch verdammt, so war dies nicht die Folge einer Erweiterung seiner Erkenntnis, sondern die Folge der Wirkung rein äußerer Einflüsse, von denen er sich tragen und leiten ließ."

Wie Luther vor dem Reichstag zu Worms stand und nicht anders konnte

Die Bannbulle des Papstes (Giovanni de Medici alias Leo X. 1513-1521) steigerte nur die Popularität Luthers. Der Kaiser (Karl V. 1519-1556) zitierte Luther vor den Reichstag in Worms (1521). Der Vergleich mit Jan Hus liegt nahe. Hus hatte sich auf dem Konzil von Konstanz einer feindlichen Front gegenübergesehen. Luther blieb aber gar nichts anderes übrig, als mit der Papstkirche zu brechen, die deutsche Öffentlichkeit erwartete das von ihm: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen"[xv]. Luthers späterer Gegenspieler, der große Ideologe der Volksreformation Thomas Müntzer relativierte (in seiner "Hoch verursachten Schutzrede" von 1524) Luthers Heldentum: "So du zu Worms hättest gewankt, wärest du eher erstochen vom Adel worden als losgegeben; weiß es doch ein jeder." In die Reichsacht getan ("getan" heißt´s in den Geschichtsbüchern an dieser Stelle immer, einen Luther "tut" man immer in die Reichsacht) wurde Luther wohlweislich erst, als die mit seiner Lehre sympathisierenden Fürsten den Reichstag bereits verlassen hatten.

Wie Luthers Lehre allen Ständen etwas zu bieten hatte

Luthers Reformation sprach zunächst alle Stände an.

Ein Aufruf "An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung" (1520) empfahl eindringlich die Anwendung von Waffengewalt gegen die "Raserei der Romanisten", und

stellte dem Adel damit Bereicherung an säkularisierten Kirchengütern in Aussicht:

"Wenn wir Diebe mit dem Strang, Mörder mit dem Schwert, Ketzer mit dem Feuer bestrafen, warum greifen wir nicht vielmehr mit allen Waffen diese Lehrer des Verderbens an, diese Kardinäle, diese Päpste und das ganze Geschwür des römischen Sodom, welche die Kirche Gottes ohne Unterlaß verderben, und waschen unsere Hände in ihrem Blute."

Luthers Worte "Von der Freiheit deines Christenmenschen" (1520) verstanden die Bauern als Verheißung des Endes der Unterdrückung durch die Feudalherren und nicht bloß die geistlichen.

Dem Bürgertum kam Luther insofern entgegen, als er die Achtung bürgerlicher Erwerbstätigkeit aufhob und berufliche Arbeit zur menschlichen Pflicht und zum gottgefälligen Werk erklärte Am kanonischen Zinsverbot hielt er jedoch fest.

daß es Luther dann aber lieber mit den Fürsten als mit den Bauern hielt

Ein sicherer Instinkt führte Luther an die Seite derer, die allein langfristig von der Bewegung profitierten, die er wohl nicht verursacht, für die er aber das Startsignal gegeben hat. Als die Reformation sich zu einem Bürgerkrieg ausgeweitet hatte, der von Luther klare Parteinahme forderte, schlug er sich auf die Seite der Fürsten, wetterte "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" (1525) und stellte damit klar, daß er die "Freiheit eines Christenmenschen" als bloß innerliche verstanden wissen wollte, obwohl er seinerzeit formuliert hatte:

"Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Ding und niemandem untertan."

Daß die Lehre des Schweizer Reformators Zwingli dagegen antifürstliche Vorstellungen wiedergibt

Insgesamt stellt sich die lutherische Reformation als Kompromißideologie zwischen Handelsbürgertum und Feudalismus dar.

Radikalere, das heißt republikanische und antifürstliche Vorstellungen des Kleinbürgertums fanden ihren Ausdruck in der humanistisch-rationalistisch gefärbten Lehre des Züricher Reformators Huldrych Zwingli (1484-1531).

Wie die Bauern die Herren das Fürchten lehrten

Wie sich die Erhebung der Bauern ankündigte

Die Bauernerhebung, die im Sommer 1524 losbrach, hatte sich schon in den Jahrzehnten davor in den "Bundschuh"-Verschwörungen (Symbol des bäuerlichen Bundschuhs im Gegensatz zu dem von Adeligen getragenen Stiefel) und im Aufstand des "Armen Konrad" angekündigt.

Die Reformation hatte an den Lebensverhältnissen des gemeinen Mannes nichts geändert. Die Bauern ergriffen nun selbst die Initiative. Aufständische Bauern formierten sich im Südwesten Deutschlands, in Thüringen und in den Alpenländern zu Heerhaufen und stürmten die Adelssitze. Ihre Vorstellungen von einer reformierten Gesellschaft kamen in Manifesten und Programmen zum Ausdruck.. Hier sind zunächst und vor allem die "Zwölf Artikel" zu nennen: Ihre Pfarrer wollen die Bauerngemeinden selbst wählen und gegebenenfalls abwählen:

Was die Bauern wollten

"Ain gantze gemain sol ain Pfarer selbs Erwölen und kyesen. Auch gewalt haben den selbigen wider zuentsetzen, wann er sich vngepürlich hieldt. Der selbig erwölt Pfarer sol vns das hailig Euangeli lauter vnd klar predigen, one allen menschlichen zusatz, laer vnd gebot."

Der Zehnt soll seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt werden (Lebensunterhalt des Pfarrers, Armenfürsorge).

Die Leibeigenschaft soll abgeschafft werden:

"Ist der Brauch bisher gewesen, daß man uns für ihr eigen leut gehalten haben, wölchs zu erbarmen ist, angesehen daß uns Christus all mit seinem kostparlichen plutvergüssen, erlöst und erkauft hat [] Darumb erfindet sich mit der Geschrift das wir frei seien und wöllen sein."

Weitere Forderungen richten sich auf freie Jagd, freien Fischfang, freie Holznutzung. Die Grundherrschaft als solche wird aber nicht in Frage gestellt. Die Abgaben sollen nicht abgeschafft, sondern in einem vernünftigen Rahmen neu festgesetzt werden.

Einzelne Programmschriften erhoben weitergehende Forderungen: So zielt der Artikelbrief der Schwarzwälder Bauern bereits auf die Abschaffung der Feudalordnung ab:

"Nachdem uns aber aller Verrat, Zwangnus und Verderbnus aus Schlössern, Klöstern und Pfaffenstiften erfolgt und erwachsen, sollen die von stundan in den Bann verkündt sein.

Wo aber der Adel, Münch oder Pfaffen, sölicher Schlösser, Klöster oder Stiftungen williglich abston wöllten und sich in gemeine Heuser wie ander fremd Leut begeben und in diese Christenliche Vereinigung ingon wöllten, so söllen sie mit ihrer Hab und Gut freundlich und tugendlich angenommen werden."

Daß Thomas Müntzer der bedeutendste Theoretiker und Praktiker der revolutionären Volksreformation war

Bedeutendster Theoretiker und Praktiker der revolutionären Volksreformation war Thomas Müntzer. Im Juli 1524 versuchte Müntzer in seiner "Fürstenpredigt" noch die Obrigkeit von der Notwendigkeit von Reformen zu überzeugen. Er charakterisiert die bestehende Ordnung als einen Bund der Gottlosen, der sich gegen den gemeinen Mann richte. Und er warnt: Das Volk werde sich selbst das Schwert nehmen, wenn die Obrigkeit es nicht gegen den Antichrist richte, und die Herrschaft ausüben. In seiner "Hochverursachten Schutzrede", in der er auf Angriffe Luthers antwortete schrieb er:

"Die Grundsuppe des Wuchers, der Dieberei und Räuberei sind unsere Herren. Sie nehmen alle Kreaturen zum Eigentum [] Darüber lassen sie dann Gottes Gebote ausgehen unter die Armen und sprechen: Gott hat geboten, du sollst nicht stehlen [] Die Herren machen das selber, daß ihnen der arme Mann feind wird. Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun. Wie kann es auf die Länge gut werden? So ich das sage, muß ich aufrührerisch sein!"

Wie es auch Müntzer nicht gelang, die Bauern zu einen

Müntzer versuchte, die Lokalborniertheit der Aufständischen, deren Horizont meist nicht weit über ihr Dorf und ihr Tal hinausreichte, zu überwinden. Vergeblich, wie wir wissen, den letztlich gelang es den Feudalherren, die einzelnen Bauernhaufen durch Versprechungen und Scheinverhandlungen voneinander zu isolieren und nacheinander zu besiegen. Besonders der Truchseß von Waldburg, genannt der "Bauernjörg", tat sich dabei hervor. Den Aufständischen des Bodenseegebiets und des Allgäus etwa versprach er, ihre Forderungen zu erfüllen, wenn sie die Waffen niederlegten und nach Hause gingen, was sie auch taten. Bauernjörg überfiel anschließend ihre Dörfer und ließ die Bewohner niedermachen.

Der Bauernjörg wurde nach dem Bauernkrieg in den Grafenstand erhoben und erwarb riesigen Grundbesitz aus eingezogenem Bauernland.

(Bernd Engelmann verweist in "Wir Untertanen - ein deutsches Geschichtsbuch" auf die Tatsache, daß die Erben des Bauernjörg bis auf den heutigen Tag die größten Grundbesitzer jener Gegend sind.)

und auch flammende Appelle nicht halfen

In flammenden Appellen rief Müntzer die Aufständischen zur Tat. In seinem Manifest an die Mansfelder Bergknappen vom 26. April 1525 schreibt er:

"Die reinen Forcht Gottes zuvor, lieben Brüder! Wie lange schlaft ihr? Wie lang seid ihr Gott seins Willens nit gestendig, darum daß er euch (nach eurem Ansehen) vorlassen hat? Ach, wie viel hab ich euch das gesagt, wie es muß sein? Gott kann sich anderst nit offenbaren, ihr mußt gelassen stehen! Tuet ihrs nicht, so ist das Opfer, euer herzbetrübtes Herzeleid, umsunst. Ihr mußt darnach von neuem auf wieder in Leiden kommen. Das sag ich euch: Wollt ihr nit um Gottes willen leiden, so mußt ihr des Teufels Merterer sein. Darum hüt euch, seid nit also vorzagt, nachlessig, schmeichelt nit lenger den vorkahrten Fantasten, den gottlosen Boswichtern, fanget an und streitet den Streit des Herren! Es ist hoch Zeit! [] Zu Fulda seind in der Osterwochen vier Stiftkirchen vorwüstet, die Bauern im Klegau und Hegau Schwarzwald seind auf, dreimal tausend stark, und wird der Hauf je lenger je großer. Allein ist das mein Sorg, daß die nerrischen Menschen sich vorwilligen in einen falschen Vertrag, darum daß sie den Schaden noch nit erkennen.

Wann euer nur drei ist, die Gott gelassen, allein seinen Willen, Namen und Ehre suchen, werdet ihr Hunderttausend nit furchten. Nun dran, dran, dran, es ist Zeit, die Boswichter seind frei vorzagt wie die Hund! Regt die Bruder an, daß sie zur Fried kommen und ihr Bewegung Gezeugnus holen. Es ist uber die Maß hoch, hoch vonnöten. Dran, dran, dran! Laßt euch nicht erbarmen, ob euch der Esau gute Wort furschlegt (Genesis 33). Sehet nit an den Jammer der Gottlosen! Sie werden euch also freundlich bitten, greinen, flehen wie die Kinder. Lasset euch nit erbarmen, wie Gott durch Mosen befohlen hat

Sieh, da ich die Wort schreib, kame mir Botschaft von Salza, wie das Volk den Amtmann Herzog Georgen vom Schloß langen wöllen, um des willen, daß er drei hab heimlich wollen umbringen. Die Bauern vom Eisfelde seind ihr Junkern feind worden, kurz, sie wollen ihr kein Gnade haben. Es ist des Wesens viel euch zum Ebenbilde. Ihr mußt dran, dran, es ist Zeit! Balthasar und Barthel Krump, Valtein und Bischoff, gehet vorne an den Tanz! Lasset diesen Brief den Berggesellen werden! Mein Drucker wird kommen in kurzen Tagen, ich hab die Botschaft kriegen. Ich kann es itzund nit anders machen, sonst wollt ich den Brüdern Unterricht gnug geben, daß ihnen das Herz viel großer sollt werden dann alle Schlosser und Rustung der gottlosen Böswichter auf Erden.

Dran, dran, dran, dieweil das Feuer heiß ist. Lasset euer Schwert nit kalt werden, lasset nit vorlehmen! Schmiedet pinkepanke auf den Ambossen Nimrods, werfet ihne den Torm zu Bodem! Es ist nit mugelich, weil sie leben, daß ihr der menschlichen Forcht solltet leer werden. Man kann euch von Gotte nit sagen, dieweil sie uber euch regieren. Dran, dran, weil ihr Tag habt! Gott gehet euch vor, folget, folget! Die Geschichte stehen beschrieben Matt. 24, Ezech. 34, Danielis 7, Esdre 10, Apoca. 6, welche Schrift alle Ro.13 erkleret.

Darum laßt euch nit abschrecken! Gott ist mit euch, wie geschrieben 2. Paralip. 20. K. Dies sagt Gott: 'Ihr sollt euch nit forchten! Ihr sollt diese große Menge nit scheuen, es ist nit euer, sondern des Herrn Streit. Ihr seid nit, die da streiten, stellet euch furwahr mennlich! Ihr werdet sehen die Hulfe des Herren uber euch.' Da Josaphat diese Worte hörete, da fiel er nieder: Also tuet auch und durch Gott, der euch sterke, ohne Forcht der Menschen im rechten Glauben. Amen.

Datum zu Muhlhausen im Jahre 1525.

Thomas Muntzer, ein Knecht Gottes wider die Gottlosen."

Müntzer wurde im Verlauf des Kampfes um die Stadt Frankenhausen gefangengenommen, zwölf Tage lang gefoltert und schließlich bei Mühlhausen hingerichtet.

Wie sich Erzherzog Ferdinand des Tiroler Bauernführers Michael Gaismair durch einen gedungenen Mörder entledigte

In Tirol trat Michael Gaismair (1491/92 - 1532) als Führer der aufständischen Bauern hervor. Aus seiner Feder stammt das am urchristlichen Gleichheitsprinzip orientierte Programm der Tiroler Bauern, die "Tiroler Landesordnung". Nach dem Scheitern des Aufstands zog sich Gaismair auf venezianisches Gebiet zurück, fiel dort aber 1532 dem Anschlag eines Mörders zum Opfer, der in den Diensten Erzherzog Ferdinands stand.


Das Gemetzel begann erst eigentlich nach der Niederlage der Bauern. Ein zeitgenössischer Chronist (Valerius Anshelm) schätzt, daß in Südwestdeutschland 130.000 Aufständische den Tod gefunden haben.

Nach Luther zu schließen hatten sie diesen Tod verdient. In "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" heißt es:

Mit welch starken Worten Dr. Martin Luther zum heiligen Krieg gegen die Bauern aufrief

"Dreierlei greuliche Sünden wider Gott und Menschen laden diese Bauern auf sich, daran sie den Tod verdienet haben an Leibe und Seele mannigfältiglich: Zum ersten, daß sie ihrer Oberkeit Treu und Hulde [Gehorsam] geschworen haben, untertänig und gehorsam zu sein, wie solchs Gott gebeut, da er spricht: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. Und Röm. 13: Jedermann sei der Oberkeit untertan etc. Weil sie aber diesen Gehorsam brechen mutwilliglich und mit Frevel und dazu sich wider ihre Herren setzen, haben sie damit verwirkt Leib und Seel, als die treulose, meineidige, lügenhaftigen, ungehorsamen Buben und Bösewicht pflegen zu tun, darum auch St. Paulus Röm. 13 ein solch Urteil über sie fället: Welche der Gewalt widerstreben, die werden ein Gericht über sich überkommen. Welcher Spruch auch die Bauern endlich treffen wird, es geschehe kurz oder lange, denn Gott will Treu und Pflicht gehalten haben.

Zum andern, daß sie Aufruhr anrichten, rauben und plündern mit Frevel Klöster und Schlösser, die nicht ihr sind, damit sie als die öffentlichen Straßenräuber und Mörder alleine wohl zwiefältig den Tod an Leib und Seele verschulden. Auch ein aufrührischer Mensch, den man des bezeugen kann, schon in Gotts und kaiserlicher Acht ist, daß, wer am ersten kann und mag, denselben erwürgen recht und wohl tut. Denn über einen öffentlichen Aufrührigen ist ein iglicher Mensch beide, Oberrichter und Scharfrichter, gleich, als wenn ein Feur angehet: Wer am ersten kann leschen, der ist der Best. Den Aufruhr ist nicht nur ein schlechter [einfacher] Mord, sondern wie ein groß Feur, das ein Land anzündet und verwüstet. Also bringt Aufruhr mit sich ein Land voll Mords, Blutvergießen und macht Witwen und Waisen und verstöret alles wie das allergroßest Unglück. Drum soll hie zuschmeißen [erschlagen], würgen und stechen, heimlich oder öffentlich, wer da kann, und gedenken, daß nicht Giftigers, Schädlichers, Teuflischers sein kann denn ein aufrührerischer Mensch, gleich als wenn man einen tollen Hund totschlagen muß: Schlagst du nicht, so schlägt er dich und ein ganz Land mit dir.

Zum dritten, daß sie solche schreckliche, greuliche Sünde mit dem Evangelio decken, nennen sich christliche Brüder, nehmen Eid und Hulde und zwingen die Leute zu solchen Greueln mit ihnen zu halten, damit sie die allergrößten Gotteslästerer und Schänder seines heiligen Namens werden und ehren und dienen also dem Teufel unter dem Schein des Evangelii. Daran sie wohl zehenmal den Tod verdienen an Leib und Seele, daß ich häßlicher Sünde nie gehöret habe.

Es hilft auch die Baurn nicht, daß sie furegeben, 1. Mos. 1 und 2, seien alle Ding frei und gemeine geschaffen, und daß wir alle gleich getauft sind, denn im Neuen Testament hält und gilt Moses nicht, sondern da steht unser Meister Christus und wirft uns mit Leib und Gut unter den Kaiser und weltlich Recht, da er spricht: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. So spricht auch Paulus Röm. 12 zu allen getauften Christen: Idermann sei der Gewalt untertan. Und Petrus: Seid untertan aller menschlicher Ordnung. Dieser Lehre Christi sind wir schuldig zu geleben, wie der Vater vom Himmel gebeut und sagt: Dies ist mein lieber Sohn, den höret. Denn die Taufe macht nicht Leib und Gut frei, sondern die Seelen. Auch macht das Evangelion nicht die Güter gemein, ohn alleine, welche solchs williglich von ihn' selbs tun wöllen, wie die Aposteln und Jünder Apostelgesch. 4 täten, welche nicht die fremden Güter Pilatis und Herodis gemin zu sein forderten, wie unser unsinnige Bauren toben, sonder ihr eigen Güter. Aber unser Bauren wöllen der andern fremden Güter gemein haben und ihr eigen für sich behalten. Das sind mir feine Christen!

Darum ist hie nicht zu schlafen. Es gilt auch nicht hie Geduld oder Barmherzigkeit. Es ist des Schwerts und Zorns Zeit hie und nicht der Gnaden Zeit.

So soll nu die Oberkeit hie getrost fortdringen und mit gutem Gewissen dreinschlagen, weil [solange] sie eine Ader regen kann. Denn hie ist das Vorteil, daß die Bauren böse Gewissen und unrechte Sachen haben, und welcher Baur darüber erschlagen wird, mit Leib und seele verloren und ewig des teufels ist.

Also kann's denn geschehen, daß wer auf der Oberkeit Seiten erschlagen wird, ein rechter Märtyrer für Gott sei, [] denn er geht in göttlichem Wort und Gehorsam

Steche, schlage, würge hie, wer da kann! Bleibst du drüber tot, wohl dir! Selichern Tod kannst du nimmermehr überkommen, denn du stirbst in Gehorsam göttlich Worts und Befehls

Wie die Erhebung der Bauern in der Täuferbewegung noch ein Nachspiel hatte

Mit der Niederlage der Bauern hatte "die radikalste Tatsache der Deutschen Geschichte", wie Karl Marx sich ausgedrückt hat, ihr Ende gefunden. Ein Nachspiel gab es da allerdings noch in Form der Bewegung der Täufer. Es handelt sich dabei um eine vielschichtige sozial-religiöse Oppositionsbewegung, deren Anfänge in Kreise um den Schweizer Reformator Huldrych Zwingli zurückreichen. Gemeinsam waren den verschiedenen Gruppierungen der Täufer die Ablehnung der Kindstaufe und die Propagierung der Erwachsenentaufe sowie urchristlich-kommunistische Ideale und chiliastische Erwartungen. Die Obrigkeiten, aber auch die Reformatoren sahen in der Täuferbewegung die Fortsetzung der Müntzerschen Volksreformation. Seit 1528 wurden die Täufer durch ein kaiserliches Mandat mit der Todesstrafe bedroht.

Ihren Höhepunkt erreichte die Täuferbewegung 1534 in der Errichtung einer Täuferherrschaft in Mün­ster, die nach 16 Monaten in einer blutigen Niederlage endete.

Wie sich gerade in den Gebieten, in denen keine Erhebung stattgefunden hatte, die Lage der Bauern verschlechterte

Wenn die siegreiche Feudalreaktion auch furchtbare Rache an den unterlegenen Bauern nahm, so war deren Aufstand vielleicht doch nicht ganz vergeblich gewesen. Denn zu einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Bauern kam es gerade in den Aufstandsgebieten nicht, sehr wohl aber in den Gebieten östlich der Elbe. Hier war es zu keinen wesentlichen Erhebungen gekommen, und hier erlebte unter den Wirtschaftsbedingungen der frühen Neuzeit die Leibeigenschaft eine Renaissance als sogenannte "zweite Leibeigenschaft". Durch die Fortschritte der westeuropäischen Wirtschaft öffneten sich für die ostelbischen Agrargebiete neue Märkte. Die Junker, die kleinen Landadeligen, trachteten, auf Kosten der Bauern ihre Eigenwirtschaften zu vergrößern und sich die zur Bearbeitung des Bodens notwendigen Arbeitskräfte zu sichern. Dazu diente etwa die Einrichtung des "Gesindezwanges", demzufolge die Bauern ihre arbeitsfähig gewordenen Kinder zuerst für einige Jahre dem Gutsherrn als Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Dazu kam die Tendenz, Geldrenten in Naturalleistungen zurückzuverwandeln und die Frondienste zu erhöhen. Die Junker monopolisierten den Getreidehandel und behinderten damit die Entwicklung eines Handelsbürgertums und der Städte, die - nach einem Wort Franz Mehrings (1846 - 1919; deutscher Historiker und sozialdemokratischer Politiker) - noch bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts halb Domänen (landesherrlicher Besitz), halb Garnisonen (Truppen-standorte) waren.

Wie die Politik Karls V. dem Augsburger Religionsfrieden entgegenschwankte

Wie der Handlungsspielraum Karls gegenüber der Reformation durch - vor allem - außenpolitische Vorgaben (Frankreich, Papst, Türken) eingeschränkt war

Die Haltung Kai­ser Karls V. gegenüber der Reformation wurde im wesentlichen von habsburgischen Hausmachtinteressen und wechselnden Vorgaben der Außenpolitik bestimmt. "Die drei Be­stimmungsstücke, aus denen er seine jeweilige Haltung konstruierte, waren: Papst, Orient, Frankreich." (Egon Fridell)

w    , als Karl V. seinen ersten Krieg gegen Franz von Frankreich führte, brauchte den Papst als Verbündeten. Mit dem Wormser Edikt wurde denn auch über Luther die Reichsacht verhängt, alle Neuerungen wurden untersagt.

w    Ein Bündnis, das der Papst 1526 mit Frankreich gegen Karl einging, zwang diesen, auf dem ersten Reichstag in Speyer, der Reformation Zugeständnisse zu machen.

w    Als 1529 in Cambrai ein allgemeiner Friede geschlossen wurde, und die Türken die die Belagerung Wiens abbrechen mußten, trat Karl der neuen Konfession gegenüber wieder forsch auf: Er erneuerte auf dem zweiten Reichstag von Speyer entgegen dem Pro­test ihrer Anhänger, die seither "Protestanten" genannt werden, das Wormser Edikt.

w    1530 vereinigten sich die protestantischen Fürsten zum "Schmalkaldischen Bund". Karl gestand ihnen 1532 im Nürnberger Religionsfrieden freie Religionsausübung zu, denn im gleichen Jahr geriet er durch das Vorrücken der Türken unter Druck.

w    Die kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Türken fanden 1544 in einem Waffenstillstand ein vorläufiges Ende, und der Kaiser ging den Protestanten gegenüber wieder in die Offensive: Ein Krieg gegen den Schmalkaldischen Bund endete mit dessen Niederlage und ein auf dem sogenannten "geharnischten" Reichstag von Augsburg 1548 erlassenes provisorisches Religionsgesetz ("Augsburger Interim") machte den Protestanten nur wenige Zugeständnisse.

Wie der Kaiser schließlich den Fürsten Religionsfreiheit gewähren mußte

w    Einige Jahre später fiel Kurfürst Mo­ritz von Sachsen vom Kaiser ab, und dieser gewährte den Protestanten den Augsburger Religionsfrieden von 1555, der den Landesherren und freien Städten das Recht zuerkannte, die Konfession ihrer Untertanen zu bestimmen: "cuius regio, eius religion" - "wessen Territorium, dessen Religion").


Der Augsburger Religionsfrieden stellte freilich nur Lutheraner und Katholiken einander gleich. Zwinglianer, Calvinisten und Täufer tolerierte er nicht. Außerdem sah der sogenannte "geistliche Vorbehalt" vor, daß geistliche Fürsten im Falle eines Übertritts zum Protestantismus ihrer Würde verlustiggehen sollten.

Karl V. war damit bei dem Versuch, die Alleinherrschaft der Papstkirche im "Heiligen Römischen Reich" wiederherzustellen, endgültig gescheitert und dankte kurze Zeit später ab.

Daß dieser Sieg der Fürsten eine wesentliche Voraussetzung für den Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs darstellt

Die Territorialfürsten hatten gesiegt, und die territoriale Zersplitterung Deutschlands war zementiert worden. In der Verfolgung ihrer Sonderinteressen gingen die Fürsten im Kampf gegeneinander Bündnisse mit ausländischen Mächten ein, die sich inzwischen zu zentralisierten Monarchien entwickelt hatten. Die Konflikte, die zwischen ihnen bestanden, wurden so nach Deutschland getragen und schließlich im Rahmen eines drei Jahrzehnte währenden Krieges hauptsächlich in Deutschland ausgetragen.

Ob das Sein das Bewusstsein erzeugt oder umgekehrt, und was der Calvinismus damit zu tun hat

Daß sich bürgerliches Denken in Deutschland nicht in so hohem Maße von der Religion gelöst hatte wie in der italienischen Renaissance,

Der Handelskapitalismus gab im "Heiligen Römischen Reich" des 16. Jahrhunderts wohl bereits kräftige Lebenszeichen von sich, erreichte punktuell italienisches Niveau, blieb insgesamt jedoch in seiner Entwicklung weit hinter italienischen Verhältnissen zurück. Als Folge der "Entdeckungen" verlagerte sich überdies das ökonomische Schwergewicht Europas an die Antlantikküste, sodaß Deutschland in seiner Entwicklung künftig hinter Frankreich und England zurückbleiben mußte.

Bürgerliches Denken hatte sich dementsprechend in Deutschland noch nicht in so hohem Maß von der Theologie gelöst wie in Italien. Selbst die Kritik an der Kirche bediente sich theologischer Argumente.



weshalb in Deutschland die Religion nicht ignoriert, sondern nur reformiert werden konnte

"Selbst Erasmus [von Rotterdam], der 1491 das Kloster verläßt und dessen Denken deutlich in die Richtung der humanistischen Transzendierung des Religiösen weist, theologisiert, da er mit den deutschen Verhältnissen in ständigem Kontakt steht, sein Leben lang, diskutiert mit der Theologie, wenngleich er es selten unterläßt, sie auch zu ironisieren. Auf deutschem Boden kann keine Geistesrichtung abseits von den religiösen Fragen Stellung beziehen oder gar ähnlich wie in Italien sich an der Religion uninteressiert zeigen."

In Deutschland konnte im 16. Jahrhundert die Religion nicht im Stil des italienischen Humanismus ignoriert, sie konnte nur reformiert werden.


Wie der Aufstieg des Manufakturbürgertums sich in neuer - bürgerlich geprägter - Religiosität äußerte

Während bürgerliches Denken im Rahmen der italienischen Renaissance großen Abstand zur Religion gewonnen hatte, äußerte sich gerade der Aufstieg einer neuen Fraktion der städtischen Gesellschaft - des Manufakturbürgertums - in neuer, bürgerlich geprägter, christlicher Religiosität, im Calvinismus.



Oder ob - umgekehrt - diese neue bürgerliche Religiosität den Manufakturkapitalismus erst hervorbrachte


Es ist das Verdienst Max Webers (1864-1920), der als einer der Begründer der modernen Soziologie gilt, in seiner Arbeit "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus" (1904), den engen Zusammenhang zwischen dem Calvinismus und dem Manufakturkapitalismus aufgezeigt zu haben. Bis zum heutigen Tag aber löst die Frage, ob hier nun eine religiöse Richtung eine Wirtschaftsordnung hervorgebracht habe, oder umgekehrt, heftige Kontroversen aus, weil sich hier gleichzeitig eine weltanschauliche Grundfrage stellt: Bewegen Ideen die Welt, bestimmt das Bewußtsein das Sein (idealistische Geschichtsauffassung), oder bestimmt das Sein das Bewußtsein (materialistische Geschichtsauffassung)? Folgt man Max Weber oder Karl Marx? Weber erklärt das Entstehen des Kapitalismus aus der protestantischen, das heißt aus der calvinistischen Ethik und bleibt damit im Rahmen der idealistischen Geschichtsauffassung.

Das Wesen der materialistischen Geschichtsauffassung umreißt Karl Marx mit folgenden Worten:

Ob also das Sein das Bewußtsein schaffe oder umgekehrt

"In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt."

So gesehen ist die Art und Weise, wie der Mensch produziert, die Vorgabe, auf Grund derer sich bestimmte Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse, Weltbilder und Ideologien entwickeln. Neue Produktionsweisen (und das ihnen entsprechende Weltbild) geraten mit alten Herrschaftsverhältnissen (und dem ihnen entsprechenden Weltbild) in einen Widerspruch, der zu einer Krise der Gesellschaft und letztlich in eine Epoche des Umsturzes, der Revolution, führt. Aus dieser Revolution geht - vielleicht - eine Gesellschaft hervor, in der sich Produktionsverhältnisse und Herrschaftsverhältnisse wieder im Einklang befinden. Ist eine neue Produktionsweise noch nicht weit genug entwickelt, dann wird halt aus so einer Revolution nichts, etwa in Deutschland in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Unter günstigeren Voraussetzungen konnte eine frühe bürgerliche Revolution durchaus erfolgreich sein, so der Freiheitskampf der Niederlande.


Daß der Renaissance-Kaufherr den Lebensstil des Adels kopiert und mit der Reinvestition des Gewinns nicht viel im Sinn gehabt hatte

Die Betreiber von Manufakturen kamen zum größeren Teil aus den Reihen der Zunfthandwerker, zum kleineren Teil aus dem Handelsbürgertum. Die von ihnen getragene neue Produktionsweise war verbunden mit der Entwicklung eines neuen Bewußtseins, das sich deutlich von dem des Renaissance-Kaufherren unterschied. Dieser trennte seinen persönlichen Verbrauch noch nicht scharf von der Geschäftsgebarung. Den Gewinn reinvestierte er nur zum geringeren Teil, den größeren verbrauchte er ganz im Stil des Adels, der von ihm mit Luxusgütern versorgt wurde. Diesseitsgewandtheit und Sinnenfreudigkeit charakterisierten das Bewußtsein des Kaufherren.

Wie das -völlig anders geartete - Bewußtsein des Manufakturbürgers seinen prägnantesten Ausdruck in der Lehre Calvins fand, und wie diese bürgerliches Profitstreben vom Odium der Sündhaftigkeit befreite


Die Geisteshaltung der Manufakturbürger hingegen knüpfte an asketisch-sektiererische Traditionen an und fand schließlich ihren prägnantesten Ausdruck in der Lehre Johannes Calvins (eigtl. Jean Cauvin, 1509-1564), deren Kernstück die Prädestinationslehre ist:

Calvin lehrte, daß Gott schon vor dem Sündenfall einem Teil der Menschheit seine Gnade geschenkt und die anderen verworfen habe. Wirtschaftlicher Erfolg galt nun als sichtbarer Ausdruck der Gnade. Bürgerliches Profitstreben befreite sich damit nicht nur von dem Odium der Sündhaftigkeit, das ihm nach katholischer und selbst noch lutherischer Lehre anhaftete, sondern gab sich darüber hinaus eine religiöse Weihe. Gleichzeitig rechtfertigte damit eine wirtschaftlich erfolgreiche Minderheit ihre Herrschaft innerhalb der Stadtmauern.

Daß man hinter der ernsten Lebensführung des Calvinisten die bürgerliche Sparsamkeit vermuten darf

Ein hervorstechendes Merkmal des Calvinismus ist ferner ein ausgeprägt asketischer Zug, der jedoch mit der willig oder sogar freiwillig ertragenen Armut frommer Sektierer nichts mehr gemein hatte. Hinter der calvinistischen Askese steckt das Prinzip der Kapitalakkumulation: Man bringt den Gewinn nicht durch, sondern man reinvestiert ihn. Hinter dem gottgefälligen, ernsten, dem Luxus und oberflächlichen Vergnügungen abholden Leben des rechten Calvinisten steckt die bürgerliche Sparsamkeit. Eine scharfe Abgrenzung der calvinistischen Askese von der Armut frommer Sektierer, unterblieb jedoch. Mittelstand und Unterschicht, die die Prädestinationslehre im Grunde ja nicht akzeptieren konnten, ließen sich so eine Zeit lang innerhalb der calvinistischen Bewegung halten, in der sie deren demokratischen Flügel bildeten, der uns etwa in der englischen Revolution in der Gestalt der Bewegung der Leveller begegnen wird.

Wie kurz in Spanien zur Zeit Karls V. der Weg von der Theologie zum Rassismus war, und was das mit der Entwicklung der spanischen Wirtschaft zu tun hat

Daß in Spanien ein Gutteil der Handwerker jüdisch war

In Spanien hatten die Juden bedeutenden Anteil an der Entwicklung bürgerlich-städtischer Kultur. Anders als in Deutschland, wo die handwerkliche Produktion in den Händen christlicher Zünfte lag, die Andersgläubigen die Aufnahme verweigerten, war in Spanien ein Gutteil der Handwerker jüdisch. Aber die Repressionen, denen sich die spanischen Juden seit dem 14. Jahrhundert ausgesetzt sahen waren auch hier eng mit dem Wunsch des Mittelständlers verknüpft, sich jüdische Konkurrenz vom Hals zu schaffen:

Daß es seit dem 14. Jh. zu Zwangstaufen kam

Das Konzil von Palencia ghettoisierte die Juden. Erzdiakon Ferrando Martínez von Écija hetzte seit 1378 in seinen Predigten unermüdlich gegen die Juden und rief die Bevölkerung zu ihrer Vertreibung und zur Zerstörung der Synagogen auf.

1391 stellte die fanatisierte Masse der Bevölkerung Sevillas die Juden vor die Wahl Tod oder Taufe. Die meisten nahmen das Kreuz, die anderen bezahlten ihre Unbeugsamkeit mit dem Leben. In kurzer Zeit griff der Aufruhr um sich.

Ein weiterer wortgewaltiger Prediger, der heilige Vinzenz von Ferrer, setzte das Statut von Valladolid durch (1412): Juden durften den Christen keine Nahrungsmittel verkaufen, den Titel don nicht führen, sich die Haare nicht kurz schneiden, sich den Bart nicht rasieren und nur grobe Kleidung tragen, die ein deutliches Unterscheidungszeichen aufweisen mußte.

Daß die nicht bekehrten Juden 1492 aus Spanien vertrieben wurden

Die Bekehrten wurden conversos, nuevos cristianos oder (später) marranos - "Schweine" - genannt. Diejenigen Juden, die dem Glauben ihrer Väter treu geblieben waren, etwa die Hälfte der spanischen Judenheit, wurden 1492 von den reyes católicos Ferdinand von Aragon und Isabella von Kastilien, die das Land durch ihre Heirat 1474 vereinigt hatten, aus Spanien vertrieben.


Die spanische Gesellschaft änderte sich durch die Zwangstaufen. Die Juden, denen das Kreuz aufgenötigt worden war, begnügten sich nicht mit dem stillen Glück, des rechten Glaubens dank der tätigen Hilfe der Altchristen doch noch teilhaftig geworden zu sein. Sie drängten aus den juderias in die christliche Gesellschaft. Die Taufe stand am Beginn so mancher erstaunlichen Karriere. Viele wurden Männer der Kirche. Das konnte aus altchristlicher Sicht unmöglich der Sinn der Zwangstaufen gewesen sein. Dazu kam der - nicht unbegründete - Verdacht, daß die Wirkung des Weihwassers zur wahrhaftigen Bekehrung der Juden nicht ausgereicht hätte. Da es am Weihwasser nicht liegen konnte, mußte es an den Juden liegen. Da das theologische Argument auf die conversos nicht mehr anwendbar war, nahm der Judenhaß offen rassistische Form an.

Wie die Inquisition die Neuchristen bespitzelte und so manchen von ihnen ums Leben brachte

Im Spanien der reyes católicos erhielt die Heilige Inquisition mit der Bespitzelung der des insgeheimen Festhaltens am Judentum verdächtigen conversos durch eine entsprechende päpstliche Bulle ein neues Aufgabengebiet. 1483 wurde der Dominikaner und leidenschaftliche Judenhasser Thomas de Torquemada zum Großinquisitor für Aragon und Kastilien ernannt.

Die Enteignung der Verurteilten war wohl ein wesentlicheres Anliegen der Inquisitionsgerichtsbarkeit als ihre Tötung. Deshalb zerrte man noch die Toten aus den Gräbern vor die Richter, fällte den Schuldspruch, verbrannte die Gebeine und enteignete die Nachkommen. Der Papst (Sixtus IV.) stellte schon 1482 fest, daß die Praxis der Inquisition mehr von materiellen Interessen als von seelsorgerischem Eifer bestimmt würde und intervenierte bei den Katholischen Königen. Längst aber war die spanische Inquisition seiner Kontrolle entglitten.

Die Gesamtzahl der Hinrichtungen bis zur Abschaffung der Inquisition im Jahre 1834 wird von Juan Antonio Llorente mit 341.021 beziffert.

Llorente war während der Napoleonischen Kriege Sekretär der Inquisition. 1808 wechselte er auf die Seite der Franzosen über, die ihm die Verwaltung der Archive der Inquisition übertrugen. Ihm verdanken wir eine kritische Darstellung der Geschichte der spanischen Inquisition.

Nach der Auffassung des Historikers Ernst Schäfer wurden insgesamt "nur" etwa 100.000 Menschen verbrannt. "Der größte Teil - was auch immer ihr Verbrechen gewesen sein mag - waren die Nachkommen von schlecht oder gut getauften Juden" (wie Leon Poliakov formulierte, auf dessen Geschichte des Antisemitismus ich mich hier stütze).

Wie sich Zünfte und Orden den "Neuchristen" verschlossen

Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts beschlossen viele spanische Zünfte, keine "Neuchristen" - konvertierte Juden - in ihrer Mitte dulden zu wollen. Ritter- und Mönchsorden folgten. Nur die Jesuiten (Gründung durch Ignatius von Loyola 1540) nahmen eine Sonderstellung ein. 1536 erhielten Reglements, die die conversos diskriminierten, durch das Eingreifen Karls V. in eine lokale Auseinandersetzung zwischen Altchristen und conversos gleichsam Gesetzesrang.

Der Weltklerus hatte sich zunächst keineswegs durchgehend gegen die conversos gesperrt. In manchen Diözesen konnten sie auch höchste Kirchenämter bekleiden.

Wie der Erzbischof von Toledo einen theologisch begründeten "Arierparagraphen" durchsetzte

Die unermüdliche Agitation des Erzbischofs von Toledo, Juan Martínez Siliceo, der die von ihm erarbeiteten Prinzipien der "limpieza de sangre" - der "Reinheit des Blutes" durchzusetzen trachtete, hatte schließlich Erfolg. Die "Abscheulichkeit" jüdischen Blutes war zu einem Gesetzesartikel geworden. Martínez ging von der prinzipiellen Verderbtheit der Juden aus, die er aus der Bibel nachzuweisen trachtete. So zum Beispiel sei Jesus deshalb ausgerechnet zu den Juden gekommen, weil er diese ihre Verderbtheit erkannt habe und Heilung gerade dorthin habe bringen wollen, wo sie am dringendsten nötig gewesen sei.

Wie die Ausplünderung der spanischen Kolonien eine künstliche Konjunktur erzeugte, die den Verlust bürgerlicher Freiheiten vergessen ließ

Man begreift den Kult um die "limpieza de Sangre" leichter, wenn man ihn vor dem Hintergrund der vollständigen Niederlage der bürgerlichen Opposition Spaniens betrachtet, die sich, nachdem ihr die Söldner Karls V. das Rückgrat gebrochen hatten, die Ideologie und den Lebensstil des Adels zu eigen machte, was wohl durch kein Detail besser veranschaulicht wird, als durch das im Jahre 1523 an Karl gerichtete Ansuchen der cortes (Stände), allen Spaniern das Tragen des Degens zu erlauben.

Die Ausplünderung der amerikanischen Kolonien erzeugte eine künstliche Konjunktur, auch ohne bürgerliche Initiative und städtische Selbstverwaltung. Die Phrase von der Mission der spanischen Nation ersetzte die verlorengegangene Freiheit.

Wie bürgerliche Erwerbstätigkeit dem adeligen Lebensideal widersprach und einen dem Verdacht aussetzte, "Neuchrist" zu sein

Das adelige Lebensideal ging mit der Verachtung der Arbeit einher und lähmte die persönliche Initiative. Die Tatsache, daß Handwerk und Handel Domänen der "Neuchristen" darstellten, verstärkte diese Tendenz einer Abkehr von bürgerlicher Erwerbstätigkeit.

Inzwischen kam die Produktivität der 1492 vertriebenen spanischen ("sefardischen") Juden dem Osmanischen Reich zugute, wo der größere Teil von ihnen Aufnahme gefunden hatte. Sultan Bajazet soll deshalb ausgerufen haben:

"Ihr nennt Ferdinand einen weisen König, der doch sein Land arm und unseres dagegen reich gemacht hat!"

Und der russische Gesandte beim Heiligen Stuhl sagte 1526 über die Juden:

" es sind gemeine und bösartige Menschen. Haben sie nicht erst in jüngster Zeit den Türken beigebracht, Kanonen aus Bronze zu gießen?"

Der Standes- und Rassendünkel, den die adelige Lebensart mit sich brachte, war womöglich bei ihren Nachahmern niederer Herkunft deutlicher ausgeprägt als bei den Abkömmlingen der alten Adelsgeschlechter selbst. So stammte Juan Martínez Siliceo, der Theoretiker der "limpieza", selbst aus bäuerlichem Milieu. Die Prinzipien der "limpieza" zu ignorieren konnte sich nur ein Mann vom Format des Ignatius von Loyola (des Begründers des Jesuitenordens) leisten, der einen converso, Diego de Lainez, zu seinem Nachfolger machte, der öffentlich bekannte, daß er es als eine große Gunst betrachtet hätte, wenn er vom Blute Jesu Christi gewesen wäre. Der Jesuitenorden übernahm das Statut der "limpieza de sangre" erst drei Jahrzehnte nach dem Tod seines Stifters im Jahre 1592, wandte es dann aber umso konsequenter an.

Was sich die Bürger von der Herrschaft des Fürsten erhofften

Wie ohne den "Solidus" am Ende des Mittelalters nichts mehr ging - schon gar nicht das Regieren

Ohne den Solidus, den Gulden, ging nichts mehr, vor allem das Regieren nicht, denn die Söldner und Beamten der Fürsten wollten besoldet werden. Allerdings war - wie wir gesehen haben - die Finanzgebarung der Fürsten unsolide. Solidität - Ehrbarkeit - ist ja auch kein typisch aristokratisches Standesmerkmal, sondern kommt vielmehr dem Erfinder des Solidus zu, dem Bürger. Ehrbarkeit, könnte man sagen, ist die bürgerliche Ehre, die an das Bare gebunden ist.

Es gab zu wenig von dieser allgemeinen Ware, die man gegen alle anderen eintauschen kann - Geld. Edelmetalle waren während des ganzen Mittelalters auf Grund der Einseitigkeit der Handelsbeziehungen mit dem Orient dorthin abgeflossen.

Der Fürst hoffte, daß seine Alchimisten doch noch den Stein der Weisen finden würden. Die Bergleute an den bekannten Erzförderstätten wagten sich in größere Tiefen und versuchten, sich durch wasserkraftgetriebene Pumpen das Wasser in den Gruben vom Leib zu halten. Neue Erzlagerstätten wurden entdeckt. Kühne und skrupellose Abenteurer suchten nach sagenhaften Goldländern.

Wie Fürst und Bürgertum voneinander abhängig waren

Der Fürst war bei der Ausübung seiner Herrschaft vom Gedeihen der bürgerlichen Wirtschaft abhängig, und gleichzeitig richteten sich die Hoffnungen des Bürgertums auf ihn: "Die alten staatlichen Verhältnisse mit ihrer Selbständigkeit der Landesteile und der diese beherrschenden Willkür des Adels werden als mit den neuen gesellschaftlichen Verhältnissen unverträglich empfunden. Mächtig erhebt sich das Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit des Verkehrs, nach zusammenfassender Gestaltung und Ordnung, nach Durchsetzung einheitlicher, der Kalkulation zugänglicher organisatorischer Prinzipien, kurz, das Bedürfnis nach einer staatsleitenden Gewalt, die die neuen Ansprüche begreift und die nicht feudal beschränkt ist."

Daß sich unter der Bezeichnung "Absolutismus" ein historischer Kompromiß zwischen dem Fürsten und dem Bürgertum verbirgt

Unter der Bezeichnung "Absolutismus" verbirgt sich der historische Kompromiß zwischen dem Bürgertum und dem Fürsten, der eine formal unumschränkte - absolute - Herrschaft ausübte.

Der Adel ließ sich seine politische Entrechtung gefallen, solange der Fürst bei seinem Bemühen, dem Bürgertum entgegenzukommen, nicht das Wesentliche am Feudalismus in Frage stellte: die Ausbeutung der Bauern durch den Adel. Die Städtebürger erwarteten vom Fürsten die Schaffung akzeptabler Rahmenbedingungen für ihr Wirtschaften, vor allem die Beendigung der ewigen Feudalfehden, die den Handelsverkehr behinderten, und die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraumes.

Daß man die Wirtschaftspolitik des Absolutismus "Merkantilismus" nennt, und was dessen Ziele sind

Merkantilismus nennt man die Wirtschaftspolitik des Absolutismus, die seit dem 16. Jahrhundert auf eine positive Handelsbilanz und die Mehrung des Staatsschatzes abzielte, was durch Schutzzölle, Ausfuhrverbot für Rohstoffe und Edelmetalle, Ausreiseverbot für Fachkräfte, Abwerben von Fachkräften, Ermutigung des Erfindergeistes durch Patente für die exklusive Nutzung guter Ideen, durch die Förderung der Manufakturproduktion und Zurückdrängung der erstarrten Zünfte, erreicht werden sollte. Niedrige Lohnkosten sollten durch künstlich niedrig gehaltene Lebensmittelpreise erzielt werden - Konkurrenz­fähig­keit auf Kosten der Bauern, die damit nicht gerade zur Steigerung der Produktion ermuntert wurden.

Daß in jener Zeit die Verherrlichung des Fürsten und republikanische oder demokratische Ideen einander nicht unbedingt ausschlossen

Es ist kein Widerspruch, wenn von Gesellschaftskritikern und ‑theoretikern der Renaissancezeit republikanische oder gar demokratische Gedanken vertreten und gleichzeitig die Herrschaft des Fürsten verherrlicht werden konnten. Das gilt für den Vaganten François Villon (1431-1463), der als die erste große Dichterpersönlichkeit Frankreichs angesehen wird, diesen "dichtenden Interpreten des Volkswillens und Freund der Armen, diesen revolutionären Haudegen und Feind des Adels, der nichtsdestoweniger vertrauens- und erwartungsvoll zum Königtum emporsah"[xvi], und das gilt auch für die Schriften des florentinischen Staatsdieners Nicolò Machiavelli (1469 - 1527). "Il Principe" ("Der Fürst") ist vielfach als bloßer Leitfaden skrupelloser Machtausübung durch den Fürsten mißverstanden worden - nicht zuletzt von einem solchen Fürsten selbst, der dann im zarten Alter von 17 Jahren eine leidenschaftliche Entgegnung schreiben sollte: den "Antimachiavell". Dieser "aufgeklärte" Fürst war Friedrich II. von Preußen (1740-1786).

Wie 20 Millionen Indianer ihre Entdeckung mit dem Leben bezahlten, schwarze Sklaven sie ersetzten und das ganze die europäische Wirtschaft ankurbelte

Daß die Suche nach Gold, wovon im Mittelalter eine Menge in den Orient abgeflossen war, einen wesentlichen Antrieb für die "Entdeckungen" darstellt

Der Mangel an Zirkulationsmittel, an dem Schmierstoff, der die Wirtschaft in Bewegung hält, an Gold, an Geld, der zu Beginn der Neuzeit in Europa herrschte, stellte einen wesentlichen Antrieb für die "Entdeckungen" dar. Nicht nur die Blockierung der traditionellen Handelswege durch Turkvölker, die in den Nahen Osten vorgedrungen waren. Aufgrund der Einseitigkeit der Handelsbeziehungen des mittelalterlichen Europa mit dem Orient war sehr viel Edelmetall dorthin abgeflossen.

Um 1500 hatten also die Europäer ihren Horizont wesentlich erweitert:

Was die wichtigsten der Fahrten sind, die wir unter dem Schlagwort "Entdeckungen" zusammenfassen

Den Weg nach Indien hatten portugiesische Reisende erschlossen:

w    1487 war Pêro da Covilha zu einer Reise aufgebrochen, die ihn über Agypten nach Indien geführt hatte.

w    Bartolomeu Diaz hatte 1487/88 das Kap der Guten Hoffnung umsegelt und

w    Vasco da Gama 1497/98 auf einer Reise begleitet, die nun tatsächlich bis Indien geführt hatte.

w    Gleichfalls auf der Suche nach einem Weg nach Indien und im festen Vertrauen auf die Kugelgestalt der Erde hatte bekanntlich der in den Diensten der spanischen reyes catòlicos (Ferdinand und Isabella) segelnde Genuese Cristoforo Colombo (Kolumbus) Amerika entdeckt. Insgesamt hatten ihn zwischen 1492 und 1504 vier Entdeckungsfahrten in die Neue Welt geführt:

(Erste Fahrt [1492/93]: Bahamas, Kuba, Haiti

Zweite Fahrt [1493 - 96]: Kleine Antillen, Puerto Rico Jamaica

Dritte Fahrt [1498 - 1500]: Küste Südamerikas, Trinidad

Vierte Fahrt [1502 - 1504]: Küste Mittelamerikas)

w    Der in Florenz geborene Seefahrer Amerigo Vespucci, den zwischen 1497 und 1504 vier Reisen nach Mittel- und Südamerika geführt hatten, hatte erkannt, daß Kolumbus einen neuen Kontinent entdeckt hatte. Der deutsche Kartograph Martin Waldseemüller (1470[?] - 1518[?]) hatte diesen Kontinent deshalb erstmals als "Amerika" bezeichnet.

w    Der portugiesische Seefahrer Pedro Álvares Cabral hatte 1500 die Ostküste Brasiliens entdeckt und - in Übereinstimmung mit dem Vertrag von Tordesillas von 1494 - für die portugiesische Krone in Besitz genommen. In dem genannten Vertrag hatten sich Spanien und Portugal auf der Basis eines Schiedsspruches Papst Alexanders VI. die zu entdeckende und zu erobernde Welt aufgeteilt. Die Trennungslinie ihrer Imperien sollte der 46. Längengrad bilden.

w    Giovanni Caboto (John Cabot), ein in englischen Diensten stehender italienischer Seefahrer, hatte 1497 die Ostküste Nordamerikas entdeckt.

w    Der Portugiese Fernao de Magalhaes (span.: Fernando de Magellanes) war 1519 mit fünf Schiffen zu einer Weltumseglung aufgebrochen, die den ersten praktischen Nachweis der Kugelgestalt der Erde darstellt. Magalhaes selbst allerdings war auf den Philippinen im Kampf mit Einheimischen umgekommen.

Daß der "Entdeckung" die Eroberung - "Conquista" folgte, die zwanzig Millionen Menschen das Leben kostete

An die "Reconquista" (die Rückeroberung Spaniens aus der Hand der Araber) reihte sich nahtlos die "Conquista", die Eroberung der neuen Welt, deren Bewohner man "Moros" - "Mauren" nannte. Die herausragenden Gestalten unter den Conquistadores, die zu Beginn des 16. Jhs., die indianischen Hochkulturen Mesoamerikas zerstörten, waren Hernan Cortés (Mexico 1519 - 21) und Francisco Pizarro (Peru 1531 - 33).

Unter den Quellentexten, die die unglaubliche Brutalität, mit der die Eroberer vorgingen, wiedergeben, haben die Schriften des Dominikaners Bartolomé de las Casas und insbesondere der "Kurzgefaßte Bericht von der Verwüstung der Westindischen Länder" besondere Bedeutung:

"Noch in unseren Tagen ist eine Generation von Spezialisten in Spanien, Mexiko, in Südamerika und in den Vereinigten Staaten mit den vergilbten Drucken, Briefen und Manuskripten beschäftigt [] Was zur Verhandlung steht, das ist ein Völkermord, begangen an zwanzig Millionen Menschen."

So schreibt Hans Magnus Enzensberger in einem Nachwort zu Las Casas´ Kurzgefaßtem Bericht von der Verwüstung der Westindischen Länder (erschienen als Insel-Taschenbuch 553), auf das ich mich im Folgenden stütze.

Daß der Dominikaner Las Casas, der von den Verbrechen der Konquistadoren berichtet, bezeichnenderweise auch heute noch manchem Historiker ein dorn im Auge ist

Die Ungeheuerlichkeit der Verbrechen, derer Las Casas die Konquistadoren anklagt, hat noch im 20. Jahrhundert bei - vor allem spanischen - Historikern das Bedürfnis erzeugt, ihn zu widerlegen. Einer nennt den Mann aus dem 16. Jahrhundert gar einen "Prediger des Marxismus". Selbst das dtv-Wörterbuch zur Geschichte (eine Ausgabe von 1972 ist es, die vor mir liegt) zeigt sich eher besorgt, daß das Urteil über den Völkermord in der Neuen Welt zu hart ausfällt, als daß die Taten der Konquistadoren verschwiegen oder beschönigt werden: "Die Grausamkeiten der Conquista sollen nicht beschönigt werden, sie müssen jedoch, um gerecht beurteilt werden zu können, im Zusammenhang mit der gesamten Zeit, frei von falscher Romantik und von Vorurteilen gesehen werden."

Der Bericht des Las Casas "handelt vom Kolonialismus in seiner frühesten Form, das heißt, vom blanken Raub, der unverhüllten Plünderung. Das verwickelte Ausbeutungssystem der internationalen Rohstoffmärkte war zu seiner Zeit noch nicht bekannt. Handelsbeziehungen spielten bei der spanischen Conquista keine Rolle, und nicht die Ausbreitung einer überlegenen materiellen Zivilisation, keine wie auch immer geartete 'Entwicklungspolitik' diente ihr als Rechtfertigung, sondern ein hauchdünnes formales Christentum, das die Heiden bekehren wollte, soweit sie die Ankunft der Christenheit überlebten. In diesem Urzustand verzichtete der Kolonialismus auf die Fiktion der Partnerschaft, des Tauschhandels. Er bot nichts feil, er nahm, was er fand: Sklaven, Gold und Genußmittel."

Wie die Konquistadoren die ihnen als Seelsorgern "anempfohlenen" Indianer ausbeuteten und ums Leben brachten

Der wahre Glaube wurde den Indianern durch die "Encomienda" - "Anempfehlung" vermittelt. Das heißt, den einzelnen Spaniern als Seelsorgern wurde jeweils eine Anzahl von Indianern "anempfohlen", die dann als völlig rechtlose Sklaven für ihre neuen Herren, ihre "Encomenderos" zu schuften hatten.

Plantagenwirtschaft und Bergbau standen in der Ökonomie der Neuen Welt im Vordergrund. Daran hat sich in vielen lateinamerikanischen Ländern bis heute nichts geändert, nur daß die Konquistadoren an Bodenschätzen lediglich edle Metalle interessierten, denn der Transport war riskant und teuer. Es mußten konzentrierte Werte sein, die nach Europa verschifft wurden. Auch in Perlen konzentriert sich hoher Wert auf engem Raum, deshalb bildete die Perlenfischerei einen ergänzenden Zweig der kolonialen Raubwirtschaft. Las Casas beschreibt seine diesbezüglichen Eindrücke:

"Man senkt die Perlfischer nämlich drei, vier, auch wohl fünf Klafter tief ins Meer, und zwar von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Da müssen sie die ganze Zeit über unter dem Wasser herumschwimmen und die Muscheln losreißen, worin Perlen wachsen Fast alle können diese abscheuliche Lebensart nur kurze Zeit ertragen; denn es ist schlechterdings unmöglich, daß Menschen, die ohne Atem zu schöpfen unter Wasser arbeiten müssen, lange leben können. Ihr Körper wird unaufhörlich von Kälte durchdrungen; ihre Brust wird vom häufigen Zurückhalten des Atems zusammengepreßt; mithin bekommen sie Blutspeien und Durchfall, und sterben daran. Ihr Haar, das von Natur schwarz ist, bekommt eine ganz andere Farbe und wird brandrot wie das Fell der Meerwölfe. Auf ihrem Rücken schlägt Salpeter aus. Kurz, sie sehen wie Ungeheuer in Menschengestalt aus."

Daß die Konquistadoren ihre Verbrechen nicht unter "Befehlsnotstand" verübten

Wenn man Menschen wie Tiere behandelt, so erbringt diese Behandlung zugleich den Beweis, daß man es nicht mit Menschen zu tun hat und rechtfertigt so ihre unmenschliche Behandlung

"Sie achteten und schonten sie weit weniger - und ich sage die Wahrheit, denn ich habe es die ganze Zeit über mitangesehen - nicht etwa bloß als ihr Vieh - wollte Gott, sie hätten sie nicht grausamer als ihr Vieh behandelt! - sondern sie achteten sie nicht höher, ja noch weit geringer, als den Kot auf den Straßen."

Es bedurfte und bedarf keines besonderen Zwanges, um aus Ehren- oder Biedermännern, aus Konquistadoren oder "anständigen" SS-Männern Massenmörder zu machen. Es bedarf keines "du mußt!". Es genügt ein "Du darfst!"

"Einst, als wir uns wohl noch zehn Meilwegs von einem großen Flecken befanden, kamen uns die Indianer zum Empfang entgegen, und brachten uns Lebensmittel und andere Geschenke. Ihre Abgeordneten hatten eine große Menge Fische, Brot und andere Speisen bei sich, und gaben uns von allem, so viel sie nur konnten. Aber plötzlich fuhr der Teufel in die Christen, so, daß sie in meinem Beisein, ohne die mindeste Veranlassung oder Ursache, mehr als dreitausend Menschen, Weiber und Kinder darnieder hieben, die rings um uns her auf der Erde saßen. Hier nahm ich so unbeschreibliche Grausamkeiten wahr, daß andere Sterbliche dergleichen wohl schwerlich gesehen haben, oder sie für möglich halten möchten."

Wie die Konquistadoren bei ihren Verbrechen auch noch "im Recht" sein wollten

"Du darfst!", weil du einem "höheren" Ziel dienst (Verbreitung des Christentum, der "Zivilisation" et cetera). "Du darfst!", weil du "im Recht" bist. Der SS-Mann füllt mitunter umständlich einen Vordruck aus, in dem er einen KZ-Häftling wegen eines "Vergehens" zur Meldung bringt, der Konquistador verliest den Indianern ihre "Rechte", bevor er sie umbringt:

"Sie schickten nämlich den Indianern Befehle zu, sie sollten sich zum christlichen Glauben bekehren und den Königen von Castilien unterwerfen, sonst werde man sie mit Feuer und Schwert heimsuchen, erwürgen, zu Sklaven machen, usw. Sobald jener unselige verruchte Gouverneur [Pedro Arias d´Avila, Gouverneur von "Darien", dem Grenzgebiet der heutigen Republiken Panamá und Colombia; er dürfte für den Tod von zwei Millionen Indianern verantwortlich sein] die Verfügung getroffen hatte daß dergleichen Befehle ausgefertigt wurden, so suchte er denselben, da sie an und für sich abgeschmackt, unvernünftig und ungerecht waren, wenigstens einigen Schein Rechtens zu verschaffen. Er befahl demnach, oder die Mörder, welche er aussandte, trafen von selbst die Verfügung, daß die Ortschaften, worin man Gold gewahr geworden war, und welche sie berauben und plündern wollten, nicht eher überfallen werden dürfen, bis sich die Indianer in ihren Wohnungen ganz sicher glaubten. Dann näherten sich die spanischen Räuber einem solchen Orte bei Nachtzeit bis auf etwa eine halbe Meile, verkündigten oder verlasen jene Befehle unter sich selbst, und riefen sodann: Ihr Indianer dieses Ortes, wir tun euch hiermit zu wissen, daß es nur Einen Gott, Einen Papst und Einen König von Castilien gibt, welcher der Herr von diesem Lande ist! Kommt augenblicklich herbei, unterwerft euch ihm usw. Wo nicht, so wisset, daß wir euch bekriegen, totschlagen, gefangen nehmen werden usw. Gegen vier Uhr des Morgens stürmten sie in den Ort, warfen Feuer in die Häuser, verbrannten Weiber und Kinder lebendig, schlugen tot was sie wollten, und taten denjenigen, welche sie leben ließen, alle nur erdenklichen Martern an, damit sie entweder noch mehr Gold, als sie daselbst fanden, herbeischaffen, oder andere Ortschaften angeben sollten, wo derlgeichen zu finden sei; brandmarkten die, welche sie übrig ließen, als Sklaven, und suchten sodann das Gold zusammen, welches sich in den Häusern befunden hatte.

Wie hinter allen vorgeschobenen Motiven immer eines zum Vorschein kam: die Gier nach Gold

Auf diese Art, und mit solchen Taten beschäftigte sich dieser verruchte Mensch, nebst allen den Unchristen, die er mit dorthin brachte, vom Jahr eintausend fünfhundert und vierzehn, bis zum Jahr eintausend fünfhundert ein und zwanzig. Auf dergleichen Zügen schickte er immer fünf oder sechs seiner Bedienten mit aus, damit er - außer demjenigen, was er ohnehin als oberster Befehlshaber bekam - noch ebensovielfachen Anteil an dem Golde, den Perlen und Edelsteinen, welche sie raubten, wie auch an denjenigen hätte, welche sie zu Leibeigenen machten. Das nämliche taten alle Beamten des Königs; jeder von ihnen schickte so viele Knechte oder Bedienten mit aus, als er nur konnte; selbst der vornehmste Bischof des Reichs sendete seine Diener in der Absicht mit, seinen Teil von der gemachten Beute in Empfang nehmen zu lassen. In diesem einzigen Reiche wurde während jenes Zeitraumes - insofern ich solches überschlagen kann - für mehr als eine Million Castilianer Goldes geraubt; ja ich glaube, daß ich noch zu wenig angebe. Gleichwohl findet sich, daß der König von allem diesem zusammengeraubten Gute mehr nicht als nur dreitausend Castilianer bekam; und dennoch wurden deswegen mehr als achtmal hundert tausend Menschen erwürgt."

Daß die Taten der Konquistadoren Arbeitskräftemangel erzeugten, und wie darüber die Arbeitskraft zur Ware wurde

Nachdem die Konquistadoren weite Landstriche entvölkert hatten, hörte die Arbeitskraft auf, ein Gut zu sein, das man sich im Bedarfsfall an Ort und Stelle aneignen konnte. Die Arbeitskraft wurde zur Ware und der Sklavenhandel wurde zu einem Wirtschaftszweig.

Las Casas wird oft als derjenige genannt, der Karl V. anläßlich einer Audienz (1520) die Verwendung afrikanischer Sklaven vorgeschlagen haben soll, die aufgrund ihrer angeblich robusteren Konstitution der Arbeit auf den Plantagen und in den Bergwerken besser gewachsen seien. Dazu schreibt Las Casas (in seiner Historia general de las Indias) von sich selbst:

"Der Priester Las Casas hat als erster dazu geraten, daß man Afrikaner nach Westindien einführe. Er wußte nicht, was er tat. Als er vernahm, daß die Portugiesen wider alle Rechtlichkeit in Afrika Menschen fingen und sie zu Sklaven machten, bereute er bitter seine Worte Das Recht der Schwarzen ist dem Recht der Indianer gleich."

Wie der Sklavenhandel zu einem Hauptzweig des europäischen Kolonialhandels wurde, und daß dabei zwischen zehn und zwanzig Millionen Afrikaner nach Amerika verschleppt wurden

In den folgenden Jahrhunderten wurden zwischen fünfzehn und zwanzig Millionen Afrikaner nach Amerika verschleppt. Die Verbringung der schwarzen Sklaven nach Amerika bildete die "Mittelpassage", ein Teilstück im Dreieckshandel zwischen Europa, Afrika und Amerika.

In Afrika erwarben die Europäer vor allem Sklaven, aber auch Elefantenzähne, Goldstaub und Guineapfeffer ("falscher Pfeffer": afrikanisches Gewächs mit pfefferartig schmeckenden Früchten). Afrikanische Landschaften hießen daher "Sklavenküste" (Bucht von Benin), "Goldküste" (Küstengebiet Ghanas am Golf von Guinea [daher auch die Bezeichnung für eine englische Goldmünze: "Guinee"]) und "Pfefferküste" (die westafrikanische Küste zwischen Monrovia und Harper, Liberia).

Über die Bedingungen, die während der Überfahrt herrschten, berichtet ein italienischer Sklavenhändler 1594:

"Die Männer gingen an Bord des von uns gecharterten Schiffes. Dort brachten sie die männlichen sklaven unter Deck, wo sie in einem Schiffsraum so dicht zusammengepfercht waren, daß sie sich nur mit Mühe von einer Seite auf die andere drehen konnten. Die Frauen verteilten sich über das ganze Deck, wo sie sich, so gut es gehen wollte, einrichteten. Alle bekamen einmal am Tag soviel zu essen, wie sie haben wollten. Die Nahrung bestand aus einem in Wasser gekochten Hirsebrei, wie er in jenen Ländern üblich ist, und der mit Öl und Salz zubereitet wird. [] Nach dem Mittagessen gab es dann zu trinken, wobei die Sklaven den Mund in einen großen Kübel steckten. Jeder trank so viel, wie er, ohne Atem zu holen fassen konnte. []

Es war aber recht betrüblich ansehen zu müssen, wie fast jeden Tag ein Sklave über Bord geworfen wurde. Viele Sklaven starben an roter Ruhr. [] In Cartagena brachten wir nur noch die überlebenden achtundsechzig Sklaven an Land. Von diesen befanden sich allerdings einige in ziemlicher schlechter Verfassung - entweder Krank oder halbtot. Wir versuchten, diese Leute wieder gesundzupflegen. Und ich muß gestehen, daß wir das nicht in erster Linie aus Mitleid taten. Wir bangten vielmehr um das in die Sklaven gesteckte Geld."[xvii]

Die in Amerika durch Einsatz von Sklavenarbeit erzeugten Produkte - Rohrzucker, Kaffee, Kakao, Tabak, Reis, Baumwolle, Indigo und andere Farben - wurden in Europa verarbeitet (Feinzucker, Rum, Zigarren, Textilien) und zum größeren Teil verbraucht. Ein kleinerer Teil dieser Waren wurde zusammen mit europäischen Produkten (Waffen, Metallwaren, Glasperlen) nach Afrika verschifft und dort gegen Gold, Elfenbein, Pfeffer und vor allem Sklaven eingetauscht.

Daß die Europäer asiatische Luxusgüter mit in Amerika geraubtem Silber bezahlten

Aus Amerika kamen gewaltige Mengen Edelmetalls nach Europa, wovon aber ein Teil (möglicherweise bis zur Hälfte) nach Asien abfloß, denn nach wie vor war die asiatische Warenproduktion der europäischen überlegen. Asiatischen Luxuswaren hatten die Europäer nichts anderes entgegenzusetzen. Der europäische Ostindienhandel war nur durch die Ausplünderung Amerikas finanzierbar.

Wie es schon im 16. Jahrhundert zu einer erfolgreichen bürgerlichen Revolution kam

Wie die Niederlande den Habsburgern Steuern einbrachten und Vorteile aus dem Handel mit den spanischen Kolonien zogen

Die Niederlande waren - wie bereits beschrieben - als Teil des Herzogtums Burgund durch die Heirat Maximilians I. mit Maria von Burgund an die Habsburger gekommen, für die sie als Quelle von Steuereinnahmen große Bedeutung hatten. Anderseits verschaffte den Niederlanden die Zugehörigkeit zum Habsburgerreich entscheidende Vorteile im Handel mit den spanischen Kolonien.

Während der Regierungszeit Karls V. erreichte aber der Steuerdruck, der auf den Niederlanden lastete, die Grenzen des Erträglichen, denn die Kriege, die Karl führte, verschlangen mehr Geld, als aufgetrieben werden konnte.

Wie für die Niederlande die Nachteile der Zugehörigkeit zum Habsburgerreich in den Vordergrund traten

Nach dem Thronverzicht Karls und der Teilung des habsburgischen Gebietes kamen die Niederlande an Karls Sohn Philipp (II. 1556 - 1598) und damit an die spanische Linie des Hauses Habsburg. Die Kaiserwürde ging an Karls Bruder Ferdinand (I. 1556 - 1564) über.

Unter Philipp II. verstärkte sich die niederländische Opposition. Die Spanier vermehrten die Zahl der Bistümer und führten die Heilige Inquisition ein. Gegen die spanische Fremdherrschaft zu sein, bedeutete, gegen den Katholizismus zu sein.

Die 17 Provinzen der Niederlande waren in ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung unterschiedlich weit fortgeschritten. Der offene Konflikt brach deshalb nicht in den südlichen Provinzen aus, in denen die Landwirtschaft vorherrschte, sondern in den nördlichen Industriegebieten. Das dortige Handels- und Manufakturbürgertum bekannte sich mehrheitlich zum Calvinismus. Die städtische und ländliche Armut sympathisierte mit dem Täufertum. Im Jahre 1566 erfaßte die Bilderstürmerbewegung zwölf der 17 Provinzen. Tausende Kirchen und Klöster wurden zerstört.

Wie der Herzog von Alba mit Terror auf die niederländische Opposition reagierte

Seit 1567 repräsentierte der Herzog von Alba als neuer Statthalter Philipps die habsburgische Macht in den Niederlanden, deren Bevölkerung er durch systematischen Terror in die Knie zu zwingen suchte. Tausende fielen seinem Schreckensregiment zum Opfer, darunter etwa Egmont und Hoorn, die Führer der gemäßigten aristokratischen Opposition. "Die Nichtverbrannten" nannte die spanische Soldateska bezeichnenderweise die Niederländer. Den wirtschaftlichen Druck verstärkte der Herzog von Alba bis zur Unerträglichkeit durch die Einführung des spanischen Steuersystems (der Alcabala), das unter anderem die zehnprozentige Besteuerung jedes Handelsgeschäftes vorsah. Dies mußte den Ruin einer arbeitsteiligen Wirtschaft bedeuten, in der die Güter bereits durch viele Hände gingen, bevor sie an den Verbraucher kamen.

Wie es den Nordprovinzen gelang, die spanische Fremdherrschaft abzuschütteln

Prinz Wilhelm von Oranien führte gegen den Herzog von Alba von Deutschland aus einen erfolglosen Krieg, in dem er sich bezahlter Söldner bediente. Die Mittel dazu stammten von den reichen Kaufleuten und Konsistorien niederländischer Städte (Konsistorium: oberste Verwaltungsbehörde in den evengelischen Kirchen). Er war deutscher Herkunft und hatte immer seinen Status als deutscher Reichsfürst betont. Mit dem Aufstand verband er die Hoffnung, die Stellung eines unabhängigen Reichsfürsten zu erlangen, Kurfürst von Brabant oder Holland zu werden.

Erfolgreicher war der Partisanenkampf, den die "Geusen" den Spaniern zu Wasser und zu Lande lieferten ("Wasser-" und "Waldgeusen"). Angeblich soll im Jahre 1566 ein Höfling die Überbringer einer Petition wegen ihrer ärmliche Kleidung verächtlich "Geusen"- Bettler genannt haben.

Beginnend mit der Eroberung der Stadt Brieille (1572) schüttelten die nördlichen Provinzen die spanische Fremdherrschaft ab konstituierten sich faktisch als neuer Staat, als eine oligarchische Republik, in der das Handelsbürgertum das Sagen hatte, die Wilhelm von Oranien als "Generalstatthalter" berief. Wilhelm wurde aber 1584 von einem spanischen Agenten ermordet. Sein Sohn Moritz von Oranien trat an seine Stelle, dem es gelang, weitere Gebiete (Teile Brabants und Flanderns) den "Generalstaaten" anzugliedern.

Wie die Spanier den Kampf aufgeben mußten und letztlich dieSelbständigkeit der Niederlande anerkannten

Nach einer Reihe schwerer Niederlagen der Spanier, vor allem auch nach der Vernichtung der "Armada", der gegen England segelnden spanischen Invasionsflotte (1588), war an eine Rückeroberung der Nordprovinzen nicht mehr zu denken, und Spanien schloß mit den Generalstaaten 1609 einen Waffenstillstand. Die formelle Anerkennung der staatlichen Selbständigkeit der nördlichen Niederlande durch Spanien erfolgte allerdings erst 1648, am Ende des Dreißigjährigen Krieges im Westfälischen Frieden.

Daß die Südprovinzen spanisch blieben und im 18. Jh. noch einmal an Österreich kamen

Die südlichen Provinzen (Belgien) vermochten die spanischen Feldherren Requesens und Don Juan d'Austria zu behaupten (Don Juan d'Austria: unehelicher Sohn Karls V., bekannt vor allem durch seinen Seesieg über die Türken bei Lepanto [1571]). Nach dem Aussterben der spanischen Linie des Hauses Habsburg wurden die südlichen Niederlande 1713 österreichisch und bleiben es bis 1797.

Wie Deutschland zum Schauplatz eines europäischen
Krieges wurde

Daß die Querelen der deutschen Fürsten die Einmischung ausländischer Mächte anzogen und Deutschland zum Schlachtfeld eines europäischen Krieges machten

Die historische Situation, in der der Dreißigjährige Krieg ausbrach, ist durch das verwirrende Durcheinander und Gegeneinander der Sonderinteressen einiger größerer, dutzender kleinerer und kleinster Landesherren des "Heiligen Römischen Reichs" charakterisiert. Die von ihnen in den Vordergrund gestellten religiösen Überzeugungen waren dabei von zweitrangiger Bedeutung. Ihre Konflikte zogen die Einmischung ausländischer Mächte an: Frankreich suchte sich aus der habsburgischen Umklammerung zu lösen, die aufstrebenden Monarchien Dänemark und Schweden wollten auf Kosten Deutschlands expandieren.

Damit ist das Wesentliche über den Dreißigjährigen Krieg auch schon gesagt. Die weiteren Details dienen primär der Vertiefung unserer Allgemeinbildung.

Wie sich protestantische Fürsten in der "Union" und katholische in der "Liga" organisierten

Um der Gegenreformation entgegenzutreten, die sich auf dem Konzil von Trient (1545 - 63) formiert hatte, schloß sich eine Reihe protestantischer Fürsten im Jahre 1608 unter der Führung des Kurfürsten von der Pfalz zur "Union" zusammen. Im Jahre 1609 wurde unter bayrischer Führung die katholische "Liga" gegründet.

Wie die Böhmen statt Erzherzog Ferdinand lieber Friedrich von der Pfalz als König wollten, worüber es zum böhmisch-pfälzischen Krieg kam

Am Beginn des Dreißigjährigen Kriegs steht der sogenannte "Prager Fenstersturz": Drei kaiserliche Räte wurden von böhmischen Adligen, die damit ihrer Empörung über habsburgisch-gegenreformatorische Bestrebungen Luft machten, kurzerhand aus einem Fenster der Prager Burg geworfen. Erzherzog Ferdinand, der ohne Zustimmung der Stände zum böhmischen König einge­setzt worden war, wurde abgesetzt, und Friedrich von der Pfalz, das Oberhaupt der Union, an seiner Stelle zum Kö­nig erhoben. Die von Tilly kommandierten vereinigten Truppen des Kaisers und der Liga errangen vor den Toren Prags, in der Schlacht auf dem Weißen Berge (8. November 1620) einen Sieg über Friedrich von der Pfalz, der nach Holland floh und das Land der Rache der Sieger überließ: Zahlreiche böhmische Adelige wurden als "Rebellen" hingerichtet, ihre Güter wurden konfisziert.

Wie Dänenkönig Christian eingriff, aber von den habsburgischen Feldherren Tilly und Wallenstein zurückgedrängt wurde

Durch die Aussicht auf Gebietsgewinne in Norddeutschland motiviert und auf englische, niederländische und französische Hilfsgelder gestützt, griff der dänische König (Christian IV.) in den Krieg ein, der damit aufhörte, ein innerdeutscher zu sein. In dieser, für das katholisch-habsburgische Lager neuerlich bedrohlichen Situation schlug die Stunde Wallensteins (1583-1634). Der böhmische Aristokrat Albrecht von Wallenstein war durch eine reiche Heirat zu einem der bedeutendsten Großgrundbesitzer in Mähren geworden. Er war einer der wenigen böhmischen Adligen, die sich während der Erhebung der böhmischen Stände auf die Seite der Habsburger gestellt hatten. Er hatte sich durch die Erwerbung enteigneter böhmischer Güter weiter bereichert. Seine Mittel setzte er für die Aufstellung eines in den Größenordnungen der damligen Zeit riesigen Heeres ein, das er dem Kaiser zur Verfügung stellte. Tilly und Wallenstein drängten nun die dänischen Streitkräfte zurück und unterwarfen fast ganz Nord­deutschland. Der Dänenkönig verzichtete im Frieden von Lübeck 1629 auf jede weitere Einmischung in Deutschland. Wallenstein wurde mit Mecklenburg belehnt.

Wie der Kaiser keinen Sinn für das Machbare zeigte und das "Restitutionsedikt" erließ

dem Kaiser hätte sich nun eine günstige Gelegenheit geboten, durch maßvolle Behandlung der geschlagenen protestantischen Fürsten einen innerdeutschen Ausgleich zustandezubringen und damit einen großen Schritt zur Reichseinheit hin zu machen. Kaiser Ferdinand aber strebte die totale Rekatholisierung Deutschlands an und erließ im Jahre 1629 das "Restitutionsedikt", demzufolge alle geistlichen Gebiete, die nach 1552 in protestantischen Besitz gekommen waren, zurückzugeben waren.

Wie der Kaiser den realistischer denkenden Wallenstein entließ und wieder zurückrief, weil er ihn gegen Gustav Adolf von Schweden brauchte

Wallenstein hatte von der Erlassung des Restitutionsedikts abgeraten und sich damit Feinde in der Kirche und unter den katholischen Fürsten gemacht. Ihrem Druck gab der Kaiser 1630 nach und entließ Wallenstein, der sich auf seine böhmischen Güter zurückzog. Als jedoch die Protestanten den Schwedenkönig Gustav Adolf, der von französischer Seite finanziell unterstützt wurde, zu Hilfe riefen, trat neuerlich eine Wende im Dreißigjährigen Krieg ein. Gustav Adolf drang nach Süddeutschland vor. Tilly verlor zwei Schlachten und sein Leben. Der Kaiser rief Wallenstein zurück, der in der Schlacht bei Lützen (1632) wohl die Schweden nicht besiegen konnte, aber Gustav Adolf fiel im Kampf.

Wie der Kaiser Wallenstein neuerlich fallen ließ und dieser ermordet wurde

Wallenstein verhandelte nun mit den Schweden über einen Friedensschluß, wobei er durch Vollmachten des Kaisers nur zum Teil gedeckt war, womit er den Intrigen, die gegen ihn im Gange waren neues Material lieferte. Der Kaiser ließ Wallenstein abermals fallen. Er wurde von einem geheimen kaiserlichen Gericht zum Tode verurteilt und - auf der Flucht vor seinen eigenen Leuten - 1634 in Eger ermordet.

Wie die Erfolge der Kaiserlichen Frankreich zum Eingreifen veranlaßten

Die militärischen Erfolge, die die Kaiserlichen danach im Kampf gegen die Schweden erzielten, veranlaßten Sachsen und Brandenburg 1635, den Frieden von Prag zu schließen, wobei auf das Restitutionsedikt verzichtet wurde. Die meisten norddeutschen Reichsstände traten dem Frieden bei. Frankreich - unter der politischen Leitung Kardinal Richelieus (1585 - 1642) - griff nun offen in den Krieg ein.

Wie der Krieg zu Ende ging, weil das Land ihn nicht mehr ernähren konnte

In dieser letzten Phase des Dreißigjährigen Krieges drangen schwedische Truppen wiederholt bis auf Österreichisches Gebiet vor. Bayern schwächte das kaiserliche Lager, indem es sich neutral erklärte.

Der Krieg löste sich in Einzelaktionen auf und starb gewissermaßen an der allgemeinen Erschöpfung, denn das Land konnte den Krieg nicht mehr ernähren. Der Kaiser (seit 1637 Ferdinand III.) mußte die Bedingungen des mit Frankreich und Schweden (in Münster beziehungsweise Osnabrück) getrennt ausgehandelten Westfälischen Friedens akzeptieren. (Der "Pyrenäenfriede" zwischen Spanien und Frankreich wurde erst 1659 geschlossen).

Daß der Westfälische Friede Gebietsabtretungen mit sich brachte und die völlige Zersplitterung Deutschlands festschrieb

Der Westfälische Friede brachte Gebietsabtretungen an Dänemark und Schweden im Norden Deutschlands mit sich. An Frankreich kamen nun Ober- und Niederelsaß (Straßburg holte sich Frankreich erst vier Jahrzehnte später unter Ludwig XIV.), der Sundgau und ein Brückenkopf auf dem rechten Rheinufer: die Festung Breisach. Die Unabhängigkeit der Schweiz und der Niederlande wurden formell anerkannt, die territoriale Zersplitterung Deutschlands festgeschrieben. Bernd Engelmann schreibt dazu (in: Wir Untertanen, ein deutsches Geschichtsbuch):

"Das verwüstete, völlig ausgeplünderte und stark verstümmelte 'Heilige Römische Reich Deutscher Nation', das der Dreißigjährige Krieg übriggelassen hatte, zählte nach der großen Bestandsaufnahme des Jahres 1648 zu Münster und Osnabrück, dem sogenannten Westfälischen Frieden, weit über siebzehnhundert souveräne Länder und Ländchen, von denen manche nicht größer und bedeutender waren als ein mittleres Dorf.

Nur etwa jeder achte dieser knapp achtzehnhundert Zwergstaaten war groß genug, um auf einem zeitgenössischen Landkartenblatt von Mitteleuropa eingezeichnet und mit einer Abkürzung markiert werden zu können. Von diesen 'wichtigsten', insgesamt 221 deutschen Staaten waren rund fünf Dutzend sogenannte Reichsstädte und -dörfer, [] Ferner gab es neunhundertfünfzig Mark-, Land- und sonstige Grafschaften, dreizehn Fürsten- und Vierundzwanzig Herzogtümer, fünf weltliche Kurfürstentümer, nämlich das Herzogtum Bayern, das habsburgische Königreich Böhmen, die Markgrafschaft Brandenburg, die Pfalzgrafschaft, das Herzogtum Sachsen der Albertinischen Linie, ferner die drei geistlichen Kurerzbistümer Köln, Mainz und Trier sowie weitere dreihundertvierzig selbständige Bistümer, Abteien und Propsteien.

Jeder dieser Staaten hatte eigene Gesetze, Zölle, Steuern und Abgaberegelungen. Es gab die unterschiedlichsten Maße, Gewichte und Währungen, häufig mit denselben Bezeichnungen, wodurch die Verwirrung noch größer wurde. Drei verschiedene christliche Glaubensrichtungen - eine römisch-katholische und zwei reformierte, die der Lutheraner und die der Calvinisten - bestanden gleichberechtigt nebeneinander, und man hatte sogar zwei voneinander abweichende Kalenderrechnungen, hie die Julianische, da die Gregorianische.

Kompliziert wurde dieser Wirrwarr noch dadurch, daß einige der Zwergstaaten zwar eigene Verwaltung und Gesetze hatten, aber mit anderen Ländchen einen gemeinsamen Herrn; wobei diese Landesherren durch Geburt, Tod, Heiraten und Erbschaften, aber auch durch Tausch, Kauf, Verkauf und Eroberung ständig wechselten, hier ein kleines Staatsgebilde sich zusammenschloß, dort ein anderes auseinanderfiel.

Welches Elend der Dreißigjährige Krieg über die Vevölkerung brachte

Was aber bedeutete der Dreißigjährige Krieg für die einfache Bevölkerung? Hunger, Seuchen, Terrorisierung durch die Soldateska gleich welcher Seite.

(Der folgende Überblick über die Grauslichkeiten, die der Dreißigjährige Krieg mit sich brachte, stützt sich auf: Jürgen Kuczynski, Geschichte des Alltags des Deutschen Volkes, Bd.I, Köln 1991)

Der Heimsuchung des Bauern durch die Landsknechte, deren Pferde das unreife Korn fraßen oder zertrampelten, folgte der Hunger, und dem Hunger folgten die Seuchen, die die ausgemergelten Menschen in Massen dahinrafften. Den Seuchen folgte wieder der Hunger, weil die Menschen, die die Acker hätten bestellen sollen, der Pest zum Opfer gefallen waren. Und dann kamen wieder hungrige Söldner, die den Bauern unsäglichen Qualen unterwarfen, um ihn zur Preisgabe etwa versteckter Vorräte zu zwingen, denn geregelten Nachschub gab es nicht: Dem einen zogen sie mit einer Ahle ein Roßhaar durch die Zunge und bewegten es hin und her, dem anderen banden sie ein Seil um den Kopf, das etliche Knoten aufwies, und drehten es mit einem Knebel so fest zusammen, daß die Kopfhaut unter den Knoten platzte, wieder einem anderen flößten sie Jauche -  den berüchtigten "Schwedentrunk" - ein. Ein protestantischer Geistlicher reimte nach einer solchen Mißhandlung:

Mistlaken etlich Maß
Goß man, als in ein Faß
Mir in den Leib zur Stunden,
Vier Kerels mich festbunden.

Andere beliebte Foltermethoden bestanden darin, die Daumen des Opfers an Stelle der Feuersteine in den Schraubenklemmen der Steinschloßpistolen einzuzwängen, oder einen Ladestock zwischen zwei fest zusammengebundenen Fingern rasch hin- und herzubewegen, so daß das Fleisch bis auf die Knochen verbrannte.

Der eine Historiker (Fr. Mehring) hält die Schweden für die Schlimmsten, und tatsächlich lautete ein Kinderreim der damaligen Zeit: "Bet', Kindchen, bet', morgen kommt der Schwed'". Ein anderer Historiker (G. Winter) meint, daß spanische und italienische Söldnerhaufen die grausamsten gewesen seien. Er belegt seine Auffassung mit folgender Schilderung:

"Man schoß die Leute ins Knie und drehte ihnen dann die Beine ab, sägte ihnen die Schienbeine an, machte Schnitte in die Fußsohlen, in die dann Salz gestreut wurde, schnitt ihnen Riemen aus dem Rücken, ja es kam vor, daß Kinder im Beisein der Eltern lebendig in den Backofen geschoben wurde. Daneben wurden hier wie fast überall, wo diese Horden hausten, die Weiber massenhaft zu Opfern der viehischen Lüste der entmenschten Soldateska. Frauen und Jungfrauen wurden in gegenwart ihrer Männer und Väter, zuweilen auf offener Straße geschändet, selbst die Schwangeren, denen man in bestialischer Wut die Brüste abschnitt, wurden nicht geschont. Es war , als hätten sich diese Horden vorgenommen, die ganze Bevölkerung buchstäblich zugrunde zu richten".

Die verschiedenen Landsknechtshaufen werden einander wohl wert gewesen sein. Sie waren so bunt zusammengewürfelt, daß sich eine Unterscheidung nach Nationalitäten erübrigt.

Ein Zeitzeuge berichtet von den Verwüstungen des Dreißigjährigen Kriegs, Hunger Elend und sogar Kannibalismus:

"Wie jämmerlich stehen neue große Städte. Da zuvor tausend Gassen gewesen sind, sind nun nicht mehr hundert. Wie elend stehen die kleinen Städte, die offenen Flecken: da liegen sie verbrannt, zerfallen, zerstört, daß weder Dach, Gesparr, Thüren oder Fenster zu sehen ist. Wie sind sie mit den Kirchen umgegangen: sie haben sie verbrannt, die Glocken weggeführt, zu Cloaken, zu Pferdeställen, Marquetenderhäusern und Hurenwinkeln gemacht und auf die Altäre ihren Mist gelegt. - Ach Gott, wie jämmerlich steht's auf den Dörfern. Man wandert bei zehn Mailen und siehet nicht einen Menschen, nicht ein Vieh, nicht einen Sperling, wo nicht an etlichen Orten ein alter Mann und Kind oder zwei alte Frauen zu finden. In allen Dörfern sind die Häuser voller todten Leichname und Aeser gelegen, Mann, Weib, Kinder und Gesind, Pferde, Schweine, Kühe und Ochsen, neben und unter einander von der Pest und Hunger erwürgt, voller Maden und Würmer, und von Wölfen, Hunden, Krähen, Raben und Vögeln gefressen worden, weil Niemand gewesen, der sie begraben, beklaget und beweinet hat. - Erinnert euch, ihr städte, wie Viele in ihrer großen Mattigkeit starben, welchen ihr nicht ein Bette von euren vielen übrigen zugeworfen, welche euch aber hernach von eurem Angesichte sind weggenommen worden. Ihr wisset, wie die Lebendigen sich unter einander in Winkeln und Kellern gerissen, geschlachtet und gegessen: daß Eltern ihre Kinder und die Kinder ihre todten Eltern gegessen: daß Viele vor den Thüren nur um einen Hund und eine Katze gebettelt: daß die Armen in den Schindergruben Stücke von Aas geschnitten, die Knochen zerschlagen, und mit dem Marke das Fleisch gekochet, das ist voll Würmer gewesen."

Wie es zu einer bürgerlichen Revolution in England kam, und was diese bewirkte

Wie die Plünderung Amerikas die Kaufkraft der Spanier und ihre Nachfrage nach englischen Tuchen steigerte, weshalb englische Grundbesitzer lieber Schafzucht als Ackerbau betrieben und die Bauern von den Feldern verjagten

Nicht zuletzt infolge der in Spanien durch die Ausplünderung seiner amerikanischen Kolonien gestiegenen Kaufkraft stieg im 16. Jh. die Nachfrage nach Produkten der englischen und der flandrischen Tuchindustrie. Die Produktion von Schafwolle war in England bald lukrativer als die Produktion von Getreide. Das durch die Vergrößerung der Schafherden nötig gewordene Weideland beschafften sich die adeligen Grundbesitzer vielfach durch die Vertreibung der Kleinbauern ("Bauernlegen") von ihren Parzellen und durch die Aneignung und Einhegung des Gemeindelandes (Allmende). Die große Zahl an "freigesetzten" Bauern bildete nun das Reservoir an Arbeitskräften für die neuen Manufakturen, die zur Umgehung der Zunftgesetze oft in Landgemeinden errichtet wurden, die sich mitunter zu neuen ökonomischen Zentren entwickelten, während manche Kleinstädte zur Bedeutungslosigkeit herabsanken.

Wie es in England zu einer Verflechtung des Landadels und des Bürgertums gekommen war

Dadurch, daß einerseits viele Angehörige des mittleren und niederen Adels (Gentry) zur bürgerlich-kapitalistischen Produktion übergegangen waren und andererseits viele Bürgerliche durch Landkauf zu Grundbesitzern geworden waren, traten die Gegensätze zwischen diesen Gesellschaftsschichten in den Hintergrund. In ihrem gemeinsamen Interesse lag die Entwicklung einer absolutistischen Zentralgewalt. Aus den "Rosenkriegen", in deren Verlauf (1455-1485) sich der Hochadel zerfleischt hatte, war mit Heinrich VII. das Haus Tudor siegreich hervorgegangen. Heinrich VIII. (1509-1547) leitete eine begrenzte Reformation ein, die lediglich die Kirchenorganisation vom Papsttum abkoppelte, katholische Traditionen aber weitgehend beibehielt. Damit war vor allem der Kapitalabfluß nach Rom unterbunden. Staatsbeamte und Kleriker hatten den König durch den sogenannten Suprematseid als obersten Kirchenherren anzuerkennen. Zu den prominenten Verweigerern des Suprematseids, die mit dem Tode büßten, zählt vor allem Thomas Morus, der Verfasser der "Utopia".

Wie der englische Absolutismus unter Elisabeth I. seinen Höhepunkt erreichte

Der englische Absolutismus erreichte seinen Höhepunkt unter Elisabeth I. (1558-1603). Das Volumen des Überseehandels wuchs, zur Verminderung des Risikos wurden Handelskompanien gegründet, die auf den Handel mit Rußland (1553), mit der Levante (1581) und mit Ostindien (1600) spezialisiert waren. Handel (vor allem der mit schwarzen Sklaven) und Freibeuterei erbrachten hohe Gewinne. Die spanische Kolonialflotte erlitt durch Kaperfahrten (Drake, Raleigh) empfindliche Verluste. Spanien versuchte, die katholische Feudalreaktion Englands zu stärken, die sich der schottischen Königin Maria Stuart bediente und wiederholt Umsturzversuche unternahm, bis Maria Stuart 1587 hingerichtet wurde. Schließlich erlitt die gegen England entsandte Armada 1588 eine vernichtende Niederlage. Die Konkurrenz der deutschen Hanse wurde gebrochen und deren Niederlassung in London ("Stalhof") 1598 geschlossen.

aber auch schon die Grenzen des Bündnisses Krone-Bürgertum sichtbar wurden

Andererseits wurden unter Elisabeth I. auch schon die Grenzen des für den "fortschrittlichen" Absolutismus so typischen Bündnisses zwischen Krone und Bürgertum sichtbar: Der Verkauf von Handels- und Produktionsmonopolen zum Beispiel führte zur Entwicklung einer bürgerlichen Opposition, die in calvinistisch-religiösem Gewand als "Puritaner"-Bewegung auftrat.

Wie das Parlament dem König den Krieg erklärte und diesen gewann

Mit Elisabeth erlosch das Königshaus der Tudor, die Stuarts folgten ihnen. 1628 trug die bürgerliche Opposition ihre Forderungen in Form der Petition of Rights an Karl I. (1625-1649) heran, der daraufhin das Parlament entließ und erst 1640 wieder einberief, als er Geld für einen Krieg gegen die aufständischen Schotten brauchte. Auch dieses Parlament entließ der König, als es politische Forderungen erhob. Ein neugewähltes widersetzte sich dem neuerlichen Befehl zur Auflösung, erzwang die Auflösung der Sternkammer (eine von Heinrich VII. 1487 eingerichtete Behörde) und die Hinrichtung verhaßter königlicher Berater (Strafford, Laud) und leitete damit die Revolution ein. 1642 kam es zum erklärten Krieg zwischen König und Parlament (1. Bürgerkrieg 1642-1646). Die bürgerliche Armee errang nach Aufstellung eines puritanischen Freiwilligenheeres ("Eisenseiten", 1643) als Kerntruppe und der Reorganisation unter Oliver Cromwell ("New Model Army" - "Neue Musterarmee") entscheidende Siege (Marston Moor 1644, Naseby 1645), der König floh zu den Schotten, wurde 1647 aber ausgeliefert.

Wie nach dem Sieg der Puritaner die Gegensätze zutage traten, die in ihrer Bewegung herrschten

Nach diesen Erfolgen traten die Gegensätze innerhalb der puritanischen Bewegung selbst zutage. Den rechten, großbürgerlichen Flügel bildeten die "Presbyterianer", die im wesentlichen von den Interessen des Handelsbürgertums geleitet waren und ihre Hauptstütze im Parlament hatten. Den linken Flügel bildeten die "Independenten". Sie waren großbürgerliche Manufakturbetreiber, aber auch kleine Adelige, die - zu landwirtschaftlichen Unternehmern geworden - vielerlei Berührungspunkte mit dem Manufakturbürgertum hatten. Bürgerliche hatten, umgekehrt, Adelsgüter erworben und waren somit nicht leicht für die Anliegen der Zinsbauern zu gewinnen. Dazu kam die Masse der kleinen Handwerker und der Habenichtse in Stadt und Land. Die Independenten hatten ihre Hauptstütze im Heer. Durch die heterogene Zusammensetzung dieses Lagers war dessen weitere Spaltung bereits vorprogrammiert. Den linken Rand der Independentenbewegung verkörperten die kleinbürgerlich-demokratischen "Levellers", die die von den Presbyterianern angestrebte Auflösung der Armee nach dem Sieg über die Königstreuen verhinderten.

Was ist nun die Substanz des Gegensatzes zwischen Presbyterianern und Independenten? Das Handelsbürgertum konnte mit dem Feudalismus leben; das Handelskapital bedarf nicht der Beseitigung der Feudalgesellschaft, es bedarf nur einer gewissen Bewegungsfreiheit innerhalb des Feudalsystems. Von presbyterianischer Seite wurde oft auf Venedig oder die Generalstaaten als Vorbilder hingewiesen. In beiden Republiken war der (durch den Dogen respektive den Generalstatthalter verkörperte) monarchische Zug deutlich ausgeprägt. Nachdem Karl I. die dringendsten Forderungen der Presbyterianer - die Aufhebung bestimmter Steuern und Monopole - erfüllt hatte, strebten diese eine gütliche Einigung mit der Monarchie an. Ihr letzter größerer Erfolg war die Einführung der presbyterianischen Kirchenverfassung (1643). In ihr spielten die Altesten - die "Presbyter", die mehrheitlich aus der reichen Kaufmannschaft kamen, eine entscheidende Rolle. Obwohl als einzige offiziell anerkannt, konnte sich die neue Kirche nicht vollständig gegen den Widerstand der Independenten durchsetzen.

Das produktive Kapital bedurfte etwas weiter reichender Veränderungen als sie die Presbyterianer mittragen konnten. Ziel der Independenten war ein neuer - bürgerlicher - Staat.

Wie diese Gegensätze zu einem zweiten Bürger­krieg führten, worauf der König hingerichtet und die Republik errichtet wurde

Die Auseinandersetzungen zwischen Presbyterianern und Indepen­denten führten in den zweiten Bürgerkrieg (1648/49), der mit dem vollständigen Sieg der Independenten endete. Das (vorübergehend) von Presbyterianern gesäuberte Parlament ("Rumpfparlament") beschloß 1649 die Hinrichtung des Königs und errichtete die Repu­blik ("Commonwealth").

Wie Cromwell zur Bekämpfung der radikalen Opposition weitgehende Vollmachten als "Lord-Protektor" eingeräumt wurden

Nun brachen die Gegensätze innerhalb der siegreichen Bewegung der Independenten auf. Ein hoher Zensus reservierte das Wahlrecht den Besitzenden. Die Levellerbewegung sah sich um die Früchte des Sieges betrogen, wurde aber ebenso niedergeworden wie die von den Levellers abgespaltene kleinbäuerliche Bewegung der sogenannten "wahren Levellers" oder "Diggers", die utopisch-kommunistische Ziele verfolgte. Danach trat die Volksopposition nurmehr in Form von religiösen Sekten und Geheimbünden (Quintomonarchisten, Quäker) in Erscheinung. Zur Bekämpfung der Opposition waren Cromwell 1653 weitgehende Vollmachten als "Lord-Protector" eingeräumt worden. Damals hatte er unter dem Einfluß eines Kreises von Offizieren, die mit den radikalen Sektierern sympathisierten, das "Parlament der Heiligen" ernannt, das aber Forderungen erhoben hatte, die mit den Interessen des independentischen Bürgertums kollidierten: Kodifizierung des Rechts, Aufhebung des Zehnten, Befreiung der Zinsbauern (copyholders) von den auf ihnen lastenden Verpflichtungen. Wir haben bereits weiter oben auf die Verflechtung des independistischen Bürgertums mit dem niederen Adel hingewiesen: Wenn Land der Kirche oder ein Rittergut sich im Ei­gentum eines Bürgerlichen befand, so wollte auch dieser nicht auf die sich daraus ergebenden Einkünfte verzichten.

Die Außenpolitik des bürgerlichen England war gegen Konkurrenten des englischen Kolonialismus und Kolonialhandels gerichtet: Die Navigationsakte (1651) behielt den Warentransport im englischen Überseehandel weitgehend englischen Schiffen vor, wovon in erster Linie die Niederlande betroffen waren. Die Navigationsakte sollte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in Geltung bleiben. In Kolonialkriegen ge­gen Spanien wurde 1655 Jamaica erobert. Ein Aufstand der Iren (1649 - 52) wurde blutig niedergeschlagen.

Wie das Bürgertum, als es seine Ziele Erreicht hatte, der Militärdiktatur überdrüssig wurde, und die Stuart-Monarchie wiederherstellte

1658 starb Cromwell. Nachdem das Bürgertum seine Ziele erreicht hatte, war es auch der Militärdiktatur überdrüssig. Das Bedürfnis nach einer stabilen Ordnung führte zur Restauration des Königshau­ses Stuart mit Karl II. (1660-1685). Die Bourgeoisie behauptete aber die durch die Revolution entstandenen neuen Besitz- und Rechtsverhältnisse (1646 waren die Lehen in bürgerliches Eigentum umgewandelt worden), die Habeaskorpusakte (1679) sicherte den Bürgern Schutz vor willkürlicher Verhaftung zu. Im Parlament formierten sich die politischen Kräfte zu neuen Parteien: "Tories" (alter Adel, Royalisten) und "Whigs" (neuer kapitalistischer Adel und Großbürger). die zwischen 1661 und 1679 an der Macht befindlichen Tories stellten die anglikanische Staatskirche wieder her und setzten die Puritaner unter Druck, die zahlreich in die neuerworbenen nordamerikanischen Kolonien auswanderten.

Wie die Stuarts versuchten, die Revolution rückgängig zu machen und damit die "glorreiche" Revolution auslösten

Schon Karl II. hatte sich in einem Geheimabkommen mit Ludwig XIV. zur Wiederherstellung feudalabsolutistischer Zustände verpflichtet. Die auf Refeudalisierung und Rekatholisierung abzielenden Maßnahmen Jakobs II. jedoch lösten einen Staatsstreich der Whigs aus, die den König absetzten ("Glorreiche Revolution" 1688), jedoch die Thronfolge seiner protestantischen Tochter Maria II. Stuart (1689-1694) bestätigten, die gemeinsam mit ihrem Gatten Wilhelm III. von Oranien, Erbstatthalter der Niederlande, die Regierung ausüben sollte. Bei ihrem Regierungsantritt beschworen sie eine ganze Reihe vom Bürgertum geforderter Rechte (Declaration of Rights), die als Bill of Rights zu einem Staatsgrundgesetz wurden. Von demokratischen Verhältnissen war England nach wie vor weit entfernt. Nur etwa zwei Prozent der Bevölkerung waren wahlberechtigt.


Mit Jakobs II. Tochter Anna kam die letzte Stuart auf den englischen Königsthron (1702 - 1714). Sie verwandelte die Personalunion England-Schottland zwangsweise in die Realunion "Großbritannien" (1707). Ihr folgten (bis 1901) Könige aus dem Fürstenhaus Hannover.

" synagoga perversa in ecclesiam conversa " oder wie es zur zweiten Vertreibung der Juden aus Wien kam, dass einzelne aber bald wieder als "Hoffaktoren" zugelassen wurden, und wie es überhaupt an vielen deutschen Fürstenhöfen "Hofjuden" gab

Wie es nach der ersten Vertreibung von 1420/21 zur Zulassung von einzelprivilegierten Juden in Wien kam

Nachdem Erzherzog Albrecht 1420/21 die Juden ein erstes Mal vertrieben hatte, wurde einigen wenigen "hofbefreiten" Juden wieder die Ansiedlung in Wien gestattet.

Unter Ferdinand II. wurde ihnen (1624) erlaubt, am Unteren Werd (zwischen Augarten und Donaukanal) eine Gemeinde zu bilden. Sie wurden allerdings - wie auch anderswo - verpflichtet, jeden Schabbat eine Predigt zu hören. Diese wurde ihnen im Kloster der Barmherzigen Brüder gehalten.

Daß der Kaiser sich die Aufenthaltserlaubnis gut bezahlen ließ

Der Status der als "Hofbefreite" zugelassenen Juden brachte be­achtliche Privilegien mit sich: Befreiung von Abgaben an Stadt und Land, Befreiung von Maut und Zollabgaben, Befreiung vom Tragen des Judenzeichens, Unterstellung unter die Gerichtsbarkeit des Obersthofmar­schalls, Aufenthaltsrecht. Daß diese Privilegien keineswegs geeignet wa­ren, Sympathie auf der Seite der Christen für ihre "jüdischen Mitbürger" zu erzeugen, liegt auf der Hand.

Aber der Sinn der Befreiung von diversen Abgaben war es, die Zah­lungsfähigkeit der Juden der Hofkammer zu reservieren, denn als Gegenleistung für die genannten Privilegien mußten dem Kaiser bedeu­tende finanzielle Sonderleistungen erbracht werden. Im Falle der Nichtaufbringung geforderter Summen drohte auch den "Hofbefreiten" die Ausweisung.

Wie Rufe nach neuerlicher Ausweisung laut wurden, denen der Kaiser schließlich entsprach

Im Jahre 1668 starb der Kronprinz im Säuglingsalter und der Großteil der Wiener Hofburg fiel einem Brand zum Opfer. Noch Kaiserin Maria There­sia sollte hinter diesen Schlägen die strafende Hand Gottes vermuten, der solcherart seine Mißbilligung der Zulassung der Juden in Wien kundgetan habe.

Leopold Kolonitsch, der Wiener Neustädter Bischof predigte den Kreuz­zug gegen die Juden, und die Inquisitionshofkommission legte Kaiser Leopold I. in einem ausführlichen Gutachten, das eine lange Reihe tradi­tioneller gegen die Juden gerichteter Vorwürfe - von Hostienfrevel bis Spionage für die Türken - enthielt, deren Ausweisung nahe. Schließlich erklärte sich die Stadt bereit, die Hofkammer für den ihr durch eine Aus­weisung entstehenden Verlust der jüdischen Abgaben zu entschädigen und Kaiser Leopold verfügte tatsächlich in einem Dekret vom 28. Februar 1670 die Ausweisung der Juden aus dem ganzen Land Österreich. Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm nahm 50 Wiener Familien in Bran­denburg auf. Andere gelangten über Böhmen und Mähren nach Westun­garn, wo im Lauf der Zeit die "Siebengemeinden" entstanden waren.

Wie die "synagoga perversa" in eine Kirche konvertiert wurde

Unmittelbar nach der zweiten Vertreibung der Juden nahmen die Bürger Wiens die Judenstadt in Besitz. Zu Ehren des Kaisers wurde sie fortan "Leopoldstadt" genannt. Die Synagoge (auf dem heutigen Alexander Poch-Platz) wurde in eine Kirche umgewandelt. "synagoga perversa in ecclesiam conversa" ist heute noch über dem Portal der Pfarrkirche St. Leopold zu lesen.

Wie die Hofkammer sich bald für eine Wiederansiedlung von Juden aussprach

Bereits 1673 sprach sich die Hofkammer in einem Gutachten für eine Wiederansiedlung von Juden aus.

Ihre Ausweisung aus Wien und Niederösterreich bedeute für den Staat einen jährlichen Verlust von 40.000 Gulden. Durch die Reduktion der Bevölkerung habe sich eine Reduktion des Konsums ergeben, die negative Auswirkungen auf die Steuerfähigkeit der Produzenten habe. Die jährlich 20.000 Gulden ausmachenden jüdischen Toleranzgelder bezahle zwar nun die Stadt Wien, müsse dies jedoch auf die Bürger abwälzen, die bereits durch den Entgang an Mietzins und durch zurückgegangenen Konsum erheblich geschädigt seien.

Die sich aus der Ausweisung der Juden insgesamt ergebenden Verluste wurden mit 500.000 Gulden beziffert.

Besonders schwer traf die Hofkammer, daß die Juden als Mittler zwischen Geldgebern und -nehmern wegfielen. Früher hätten durch jüdische Ver­mittlung innerhalb von 24 Stunden 50-100.000 Gulden für die Kammer aufgetrieben werden können, wobei die Juden daran nur ein Trinkgeld verdient hätten. Nun könne man innerhalb mehrerer Wochen kaum 10-15.000 Gulden auftreiben und die Vermittler solcher Darlehen bean­spruchten zehnmal mehr an Verdienst als die Juden.

Wie Samuel Oppenheimer zur Lösung von organisatorischen und finanziellen Problemen herangezogen wurde

Zur Lösung von organisatorischen und finanziellen Problemen des Heeresnachschubs wurde - bereits zwei Jahre nach der Vertreibung der Juden aus Wien (1670) - Samuel Oppenheimer herangezogen. Als Jude, dessen Aufenthaltsprivileg allein von seiner Nützlichkeit im Sinne der Staatsinteressen abhing, war er leicht erpreßbar. Eine halbjährige Haft zwang ihn, die Türkenkriege zu finanzieren, ohne daß man ihm die bis dahin aufgelaufenen Schulden bezahlt hätte und ohne ihm für neue Lieferungen Bürgschaften zu geben.

Der sagenhafte Reichtum, der Oppenheimer nachgesagt wurde, ist eine Legende. Sagenhaft war nur sein Kredit. Persönlich stand er mehrmals am Rande des Ruins. Oppenheimers Außenstände wurden vielfach Jahre hin­durch nicht beglichen und wuchsen auf enorme Beträge an.

Als die Verrechnungen zwischen ihm und der Hofkammer zu einem undurchdringlichen Dickicht geworden waren, ließ der Kaiser seine Forderungen überprüfen und sicherte ihm sodann zu, daß man ihm bis 1694 jede Schuld dem Arar gegenüber streichen werde. Samuel Oppenheimer starb 1703. Als sein Sohn Emanuel, der die Geschäfte weiterführte, einige Posten aus Geschäften, die 20 Jahre zurückla­gen, nicht belegen konnte, wurde der Firma bis zum Jahr 1694 eine Schuld von 1,5 Millionen Gulden an die Hofkammer berechnet.

Wie die Oppenheimers und andere ausgewiesen wurden, als ihr Kredit ausgeschöpft war

Als der Kredit Emanuel Oppenheimers ausgeschöpft war, legte man ihm eine ziemlich willkürlich erstellte Rechnung vor, nach der er dem Arar 4,1 Millionen Gulden schuldete. Damit war sein Ruin be­siegelt. Emanuel Oppenheimer starb 1721. Der Staat brauchte an einer Verlängerung des Aufenthaltsprivilegs für seine Familie kein Interesse mehr zu haben. Oppenheimers Witwe starb 1738 und hin­terließ ein Barvermögen von 10 Gulden und 38 Kreuzern.

"Wir, Karl der Sechste von Gottes Gnaden Erwählter Römischer Kayser geben euch hiemit gnädigst zu vernehmen daß weilen des abgeleib­ten HofJuden Emanuels Oppenheimers verliehen Landsfürstliche Privile­gium in hiesiger Unserer Residentzstadt Wien mit seiner Familia stehen zu dörffen den zweyten künftigen Monats Junii dieses Jahres sich endiget und Wir um sothanes Privilegium weiters zu prolongieren nicht gemeinet seynd, sondern alle unter diesem Schutz gestandene Juden nemlichen Judith Oppenheimerin Wittib, Wolf Moyses Oppenheimer, Löw Oppen­heimer, Lehmann Hertz, Emanuel Drach und Löw Manasses mit all de­ren Familien, wie auch alle andere ohne Privilegio oder Schutz dahier eingeschlichene und sich aufhaltende Juden von hier abgeschafft wissen wollen."

Nach Samuel Oppenheimers Tod wurde Samson Wertheimer, der mit ihm durch Heirat verwandt war, zum Hoffaktor ernannt (1703). Das Privileg, das seinen und seiner Familie freien Aufenthalt in Wien bis 1735 garan­tierte, bestätigt die "viell Millionen verschafften paren Geld", die er für den spanischen Erbfolgekrieg aufzutreiben gewußt hatte, sowie die "Bestreittung unzählig anderer extraordinari Hoff und Kriegserforder­nissen". Samson Wertheimers Sohn Wolf geriet durch seine Geschäfte mit dem bayrischen Hof in größte Schwierigkeiten, da das Kurfürstentum seine Zahlungsverpflichtungen ihm gegenüber nicht einhalten konnte und schließlich - ähnlich wie im Fall Oppenheimers - die ganze Schuld in Frage stellte. Wertheimer mußte sich mit der Begleichung eines Bruchteils seiner Außenstände zufrieden geben. " weil ich sonst lebenslang zu keinem Ende hätte gelangen können", schreibt er in seinem Testament.

Daß jüdische Hoffaktoren zu jener Zeit an vielen deutschen Fürstenhöfen in Verwendung standen

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und im 18. Jahrhundert waren jüdische Hoffaktoren eine an vielen deutschen Fürstenhöfen anzutreffende Erscheinung. Es gab kaum eine Aufgabe, die jüdische Hoffaktoren als Financiers, Finanzberater, Organisatoren des Hee­resnachschubs usw. nicht zu übernehmen bereit gewesen wären. Hät­ten sie diese Bereitschaft nicht gezeigt, so hätten sie nicht das Auf­enthaltsrecht für sich und eine beschränkte Anzahl von Angehörigen und Brotgenossen erhalten. Von jüdischen Hoffaktoren konnte sich also der Fürst höhere Effizienz und Risikobereitschaft versprechen, als von christlichen, denn die Juden hatten keine Wahl. Die Stellung des Hoffaktors barg die Möglichkeit raschen gesellschaftlichen Auf­stiegs und noch rascheren Falls in sich.

Vom Schicksal des "Hofjuden" hing meist das Schicksal der ganzen jüdischen Gemeinschaft ab, das Schicksal all der Juden, von denen die Quellen nicht viel zu berichten wissen, die allerlei nicht zünftige Berufe ausübten oder solche, die das jüdischreligiöse Leben erfor­derte, wie Schächter, Lehrer, Arzt, Prediger/Rabbiner, Tora- und Gemeindeschreiber.

Daß "Jud Süß" - Joseph Süß Oppenheimer den "Hofjuden" schlechthin verkörpert, und daß seine Geschichte von den Nazis zu einem Hetzfilm verarbeitet worden ist

Der "Hofjude" schlechthin war Joseph Süß Oppenheimer, der in den Diensten des Prinzen Karl Alexander von Württemberg stand. Er entledigte sich seiner vielfältigen Aufgaben zur vollen Zufrieden­heit seines Herrn. Denn dieser empfahl ihn dem Erbprinzen von Hes­sen mit den Worten: "Dieser Mann ist ein solch Subjektum, dessen sich Leuthe Unseresgleichen mit gutem Vorteil bedienen können."

Der Herzog war wohl ein glänzendes militärisches Talent, die Herzogs­würde und die damit verbundenen Aufgaben aber waren ihm nach dem Tod Eberhard Ludwigs einigermaßen unerwartet zugefallen, da er nur einer Seitenlinie des Herzogshauses angehörte. Von Wirtschaftspolitik verstand Karl Alexander nichts und verließ sich diesbezüglich auf den Rat seines Hoffaktors.

Zur Sanierung der zerrütteten Staatsfinanzen riet Joseph Oppenheimer dem Herzog zu innovativen und Sparmaßnahmen und machte sich damit gleichermaßen bei den Zunfthandwerkern, die die Errichtung neuer Ma­nufakturen nicht schätzten, und bei den Adligen unbeliebt, die etwa durch die Auflösung einer repräsentativen aber militärisch bedeutungslosen Gar­deformation ihre Pfründe verloren.

Oppenheimer war ein Mann von Welt und ließ die Demut vermissen, die ihm und seinesgleichen nach der Auffassung seiner Widersacher zukam. Er kleidete sich nach der Mode seiner Zeit, besaß eine Gemäldesammlung und eine umfangreiche Bibliothek. Als im Jahre 1737 Karl Alexander starb, war auch seine Zeit gekommen: Joseph Süß wurde des Hochverrats bezichtigt und zum Tod am Galgen verurteilt. Der wichtigste Anklagepunkt warf Oppenheimer vor, daß er einige Monopole an jüdische Kaufleute übertragen lassen hatte.

Die Nazis griffen diesen historischen Stoff auf und verarbeiteten ihn zu dem Hetzfilm "Jud Süß". Einer der Angeklagten im ersten Auschwitz-Prozeß in Frankfurt schilderte die Wirkung des Films mit folgenden Worten: "Uns wurden damals Filme gezeigt wie 'Jud Süß' und 'Ohm Krüger'. An diese Filme kann ich mich noch erinnern. Was für Folgen das hatte für die Häftlinge. Die Filme wurden der Mannschaft gezeigt. Und wie haben die Häftlinge am nächsten Tag ausgesehen!"

Wie im "Heiligen Römischen Reich" sich nur ein verkümmerter
- territorialstaatlicher - Absolutismus entwickeln konnte und die Briten ein Kolonialreich schufen, während Maria Theresia mit Friedrich II. um Schlesien stritt

Wie der territorialstaatliche Absolutismus - im Gegensatz zum westeuropäischen Absolutismus - die Entwicklung des Bürgertums und seiner Wirtschaft behinderte


Der Absolutismus als höchste und letzte Entwicklungsstufe des Feudalismus, "in der der Adel zum Teil nach heftigen Kämpfen einem einzelnen Fürsten die politische Initiative und Exekutive überlassen mußte"[xviii], entwickelte sich auch in Deutschland, aber nur in verkümmerter, verkrüppel­ter Form, nicht auf der Ebene eines zentralisierten Staatswesens, sondern bloß auf der des Territoriums, des Fürstentums. In anderen absolutistisch regierten Ländern wurde das - wenn auch politisch machtlose - Bürgertum durch die Zurückdrängung der Adelsfronden und die merkantili­stische Wirtschaftspolitik, die die Festigung des nationalen Marktes begünstigte, gefördert.

In Deutschland aber, wo es möglich war, im Laufe einer Tagesreise 20 verschiedene Territorien zu berühren, konnten die Territorialherren ihre Herrschaft und damit die politische Zersplitterung des Landes nur aufrechterhalten, wenn sie das Bürgertum unterdrückten, in dessen Interesse die Überwindung dieser Zersplitterung und die Herstellung eines nationalen Wirtschaftsraumes war, womit sie die Wirtschaft lähmten. Diese Feststellung gilt letztlich auch für die Großen unter den Territorien des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation": Österreich und Preußen.

Wie die Türkenkriege die Notwendigkeit von Reformen erwiesen

drangen die Türken bis Wien vor, das nicht durch habsburgische Kräfte, sondern erst durch ein ausländisches Entsatzheer, das der Polenkönig Johann Sobieski befehligte, von den Belagerern befreit werden konnte. Prinz Eugen, der Großneffe des Kardinals Mazarin, der von Ludwig XIV. wegen seiner geringen Körpergröße abgewiesen worden war, trat 1683 in österreichische Dienste. Unter seiner Führung drängten habsburgische Heere die Türken aus Ungarn bis über Belgrad zu­rück.

Unter dem Eindruck der Zweiten Türkenbelagerung wurde der Ruf bürgerlicher Stimmen nach Reformen laut: Philipp Wilhelm von Hörnigk trat 1684 mit der Schrift "Österreich über alles, wann es nur will" an die Öffentlichkeit, in der er die Errichtung von Manufakturen anregte und die staatlichen Handelsmonopole kritisierte, die die Entwicklung kapitalistischer Verhältnisse behin­derten.

Wie sich im Spanischen Erbfolgekrieg Großbritannien als Kolonialmacht Nummer eins etablierte


Als die spanische Linie Habsburg erlosch, bestieg mit Philipp V. (1700-1746) ein Bourbone den spanischen Thron und Ludwig XIV. rief aus: "Es gibt keine Pyrenäen mehr"[xix]. Im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) trat der drohenden bourbonischen Hegemonie eine Koalition Englands, Österreichs, Hollands, Portugals und Preußens gegenüber. An der Seite Frankreichs kämpfte le­diglich Bayern, aber England wechselte im Jahre 1711 die Seiten. Die Friedensverträge von Utrecht und Rastatt ließen daher den spanischen Thron in der Hand der Bourbonen, die südlichen Niederlande jedoch und die spanischen Besitzungen in Italien kamen an die Habsburger. Eigentli­cher Gewinner des Krieges war England, das seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert Konflikte auf dem europäischen Festland nutzte, um Konkurrenten bei der Erwerbung von Kolonien und Han­delsvorteilen auszuschalten. Die Briten sicherten sich nun das Monopol auf den Sklavenhandel mit den spanischen Kolonien (Asiento 1713. "Der offizielle Weg der Sklaveneinfuhr war der Asiento, d.h. ein Vertrag, den die [spanische] Krone mit einer Gesellschaft schloß und auf Grund dessen eine bestimmte Anzahl von Negern eingeführt werden durfte."[xx]).

Inzwischen tat sich auch im Osten Europas einiges: Peter der Große, der in Rußland den Absolutismus und einschneidende Reformen durchsetzte, brach im Nordischen Krieg (1700-1721, Sieg bei Poltava) die Vormachtstellung Schwedens an der Ostsee.

Wie Karl VI. versuchte, seiner Tochter Maria Theresia die Krone des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" zu sichern
und
wie sich der Absolutismus in Preußen entwickelte

Karl VI.versuchte mit der sog. "Pragmatischen Sanktion" von 1713 sicherzustellen, daß die Krone des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" an seine Tochter Maria Theresia übergehen werde, womit neuer Konfliktstoff für das 18. Jahrhundert geschaffen war.

Kaiser Sigismund hatte die Hohenzollern, Burggrafen von Nürnberg, mit der Mark Brandenburg belehnt (1415/17). Im 17. Jahrhundert erwarben sie eine Reihe weiterer, zusammenhangloser Landstücke: "Sie waren zugleich Herzöge von Pommern und Kleve, Grafen von der Mark und Ravensberg, sie hatten Halberstadt, Minden und Magdeburg erworben, und sie waren darüber hinaus außerhalb des Reiches, wenn auch noch zunächst in einer gewissen Abhängigkeit erst von polnischer und dann von schwedischer Lehnsherrschaft, Herzöge von Preußen."[xxi] Kurfürst Friedrich Wilhelm I. (1640-1688) leitete die Zentralisierung ein, die jedoch einen hohen Preis for­derte: "[] 1653 stimmten die Stände zwar der Errichtung eines stehenden Heeres zu, aber der Adel erhielt dafür große wirtschaftliche Vergünstigungen. [] Das Getreidehandelsmonopol der Junker, Hemmnis für die Ausbildung eines städtischen Handelsbürgertums, und vor allem die Festigung der zweiten Leibeigenschaft waren der Preis für die Ausbildung des Absolutismus in Brandenburg []"[xxii]

Wie die ungebrochene Macht des Adels und der Militarismus für den preußischen Staat kennzeichnend wurden


Dieser Absolutismus der Hohenzollern war also im Grunde genommen gar keiner, denn es war ihnen eben nicht gelungen, die Macht des Adels zu brechen und ihre Herrschaft auf die Städte zu stützen. Die Einigung des Hohenzollernstaates war mit der Konservierung mit­telalterlicher Verhältnisse erkauft. Noch im 18. Jahrhundert lebte ein Drittel der preußischen Stadtbevölkerung in sogenannten Mediatstädten, deren Bewohner den adeligen Herren Frondien­ste zu leisten hatten.[xxiii] "In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts befand sich die bedeutendste Manufaktur Preußens nicht zufällig in staatlichem Besitz, und nicht zufällig stand sie im wesent­lichen im Dienste des Militärs, nämlich das Lagerhaus in Berlin, eine Wollmanufaktur, die im Jahre 1738 4730 Arbeiter beschäftigte."[xxiv]


Seit dem Jahre 1700 nahm Friedrich I. den Titel eines "Königs in Preußen" für sich in Anspruch und wurde als solcher von Karl VI. anerkannt, der seinerseits die preußische Zustimmung zu sei­ner "Pragmatischen Sanktion" brauchte.

Wie die Kompaniewirtschaft die Offiziere des preußischen Heeres zu "wuchernden Krämern" machte

Unter dem "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. (1713-1740), der den Hauptzweck seiner Regie­rungstätigkeit in Aufbau und Ausbau des Heeres sah, wurde der junkerlich-militaristische Charak­ter des preußischen Staates besonders deutlich, "der für die Söldnerwerbung im Ausland, die sich vom Menschenraub besonders dann nicht unterschied, wenn die Vorliebe des Königs für die 'langen Kerls' ins Spiel kam, in ganz Europa berüchtigt war. Die sog. Kompaniewirtschaft brachte den Junkern unmittelbare materielle Vorteile: Der adlige Kompaniechef durfte z.B. Mannschaften für längere Zeit, während derer sie sich selbst ihren Unterhalt erwerben mußten, beurlauben und die dadurch eingesparten Mittel in die eigene Tasche stecken."[xxv]

Dazu kamen nicht unerhebliche Summen, die den Kompaniechefs als Werbegelder für Rekruten zur Verfügung gestellt wurden. Wenn der Junker als Kompaniechef die Söhne seiner Bauern zum Dienst preßte, konnte er mit den Werbegeldern seinen Sold aufbessern.

Der Reorganisator der preußischen Armee, Generalfeldmarschall Hermann von Boyen (Kriegsminister 1814 - 19), meinte wohl nicht zu Unrecht, daß die Kompaniewirtschaft aus den Offizieren "wuchernde Krämer" gemacht habe.

Wie man mit Gewalt und List an Rekruten kam

Den einzelnen Kompanie- und Regimentschefs wurden Werbebezirke - "Kantone" - zugewiesen, in denen eine theoretische Dienstpflicht aller männlichen Untertanen herrschte, die nach Maßgabe des Bedarfs der Armee herangezogen wurden. In der Regel traf's arme Hunde, die es sich nicht richten konnten. Dazu schreibt Gustav Freytag in seinen "Bildern aus der deutschen Vergangenheit":

"Zu roh und gewaltthätig war das Verhalten der Offiziere, welche die junge Mannschaft auszuheben hatten, zu heftig Widerstand und Abneigung des Volkes. Die jungen Leute wanderten massenhaft aus, keine Drohung mit Galgen, Ohrabschneiden und Beschlagnahme ihrer Habe konnte die Flucht aufhalten []"[xxvi]

Zur Zeit Friedrichs II. bestand etwa die Hälfte der Mannschaft aus im (deutschsprachigen) Ausland Geworbenen. Nicht wenige von ihenn hatten sich nach einer durchzechten Nacht als preußische Heeresangehörige wiedergefunden oder waren einfach entführt worden. Preußische Werbekommandos bildeten in den an Preußen grenzenden Territorien eine regelrechte Landplage.

Daß den Rekruten Rechtlosigkeit, Drill und barbarische Strafen erwarteten

Auf den Rekruten warteten Rechtlosigkeit, Drill und barbarische Strafen wie etwa das Spießrutenlaufen. Mehring zitiert eine farbige Beschreibung dieser Strafe:

"Diese wurde von 200 Mann vollstreckt. In die von ihnen gebildete Gasse ging erst der Profoß des Regiments und verteilte die langen, in Salz getauchten Hasel- und Birkenruten. Dann wurde der Sträfling vorgeführt. Der Regimentsauditeur verlas das über ihn verhängte kriegsgerichtliche Urteil, die Tamboure des linken Flügels begannen die Trommeln zu rühren, dem Verurteilten wurde der Mantel abgenommen, der seine Blöße verhüllt hatte; mit nackter Brust und nacktem Rücken trat er seinenSchmerzensgang an. Er war an den Händen gefesselt, damit er niemandem, weder sich noch anderen, ein Leid antäte, an den Füßen gesfesselt, damit er nur langsam vorwärts käme und ja kein Schlag fehlginge; in den Mund war ihm eine bleierne Kugel gesteckt, um an ihr, nicht an der Zunge, den Schmerz zu verbeißen. Vor und hinter ihm schritten mit erhobenem Kurzgewehr Unteroffiziere, welche verhindern sollten, daß er zu schnell gehe oder etwa umwende; auf den Außenseiten der Gasse gingen hier der Major, dort der Adjutant auf und nieder, indem sie die eifrig Zuschlagenden belobten, die Säumigen durch heftigen, das Jammergeschrei des Gepeitschten und den Wirbel der Trommel übertönenden Zuruf bedrohten. Welch ein Anblick, wenn dann das Blut die Kleider überströmte und die Ruten beim Zurückziehen Fleischstücke losrissen; wenn der Gemißhandelte zusammenbrach, sich aufraffte, wieder zu Boden stürzte; wenn er, zum Gehen unfähig, wohl gar an einen Pfahl gebunden wurde und die Kameraden zum Schlagen an ihn herantreten mußten; nicht selten geschah, daß, wenn das höchste Maß, die dreißigste Exekution erreicht war, der Delinquent in den Sarg gelegt wurde."[xxvii]

Wie der junge Friedrich (II.) sich die Ideen der Aufklärung zu Eigen machte, als "alter Fritz" aber wieder vergaß

Kaum an der Macht (1740), hatte Friedrich II. vergessen, was er im Alter von 27 Jahren in seinem "Antimachiavell" geschrieben hatte:

"Ich frage, was einen Menschen zum Größenwahn veranlassen und wieso er den Plan hegen kann, seine Macht auf dem Elend und der Vernichtung anderer Menschen aufzubauen. Wie kann er glauben, daß er berühmt wird, wenn er die Men­schen nur unglücklich macht? Die neuen Eroberungen eines Herrschers machen die Staaten, die er schon besaß, nicht wohlhabender und nicht reicher, seine Völker haben nichts davon, uznd er täuscht sich, wenn er sich einbildet, daß er dadurch glücklicher wird. Wie viele Fürsten haben nicht durch ihre Generäle Provinzen erobern lassen, die sie nie zu Gesicht bekamen?"[xxviii]

Voltaire, mit dem Friedrich eine zeitweilige Freundschaft verband, hatte den "Antimachiavell" überarbeitet und herausgegeben und noch im Jahre 1740 in einem Vorwort zur zweiten Auflage den (namentlich nicht genannten aber allgemein bekannten) Autor gefeiert:

"Der berühmte Verfasser dieser Widerlegung ist eine jener großen Seelen, die der Himmel selten erschafft, um die Menschheit durch deren Lehren und durch deren Vorbild zur Tugend zurückzuführen."[xxix]

Verges­sen war indessen auch das politische Testament des "Soldatenkönigs" aus dem Jahr 1722, in dem dieser seinem Sohn geraten hatte, "niemals mit Frankreich eine Alliance gegen das Römische Reich zu machen" und "fanget niemahlen einen ungerechten Krieg an".[xxx]

Wie die österreichische Landesmutter Maria Theresia ihre liebe Not mit Friedrich hatte

Mit Maria Theresia, die den Habsburgerthron ebenfalls 1740 bestieg, führte Friedrich drei Kriege um den Besitz Schlesiens (1740/41 und 1744/45 Schlesische Kriege, 1756-1763 Siebenjähriger Krieg). Der von preußischen Truppen (bei Mollwitz 1741) errungene Sieg ermutigte die anderen Gegner Maria Theresias, ebenfalls anzugreifen. In den Österreichischen Erbfolgekrieg (1741 - 1748), der so entbrannte, griffen ausländische Verbündete deutscher Fürsten ein. Die österreichische Landesmutter sah sich mit einem französisch-spanisch-bayrischen Bündnis konfrontiert, dem später Sachsen, Schweden und andere beitraten. Großbritannien, die Niederlande und Rußland traten auf Maria Theresias, und die ungarischen Großen hielten in dieser kritischen Situation zu ihr. Der Friede von Aachen bestätigte sie als Alleinerbin Karls VI.

Maria Theresia ging auf Friedrichs Angebot, ihren Gatten Franz Stephan von Lothringen als Kai­ser Franz I. anzuerkennen, wenn ihm dafür Schlesien überlassen würde, nicht ein. Daher wurde 1742 Kurfürst Karl Albrecht von Bayern als Karl VII. zum Kaiser gewählt, starb aber bereits 1745. Im gleichen Jahr endete der Zweite Schlesische Krieg mit dem Frieden von Dresden, der die Ab­tretung Schlesiens an Preußen und das preußische Einverständnis mit der Wahl Franz I. zum Kai­ser vorsah.

Daß der wesentlichere Aspekt am siebenjährigen Krieg (1756-1763) der eines Kolonialkrieges zwischen England und Frankreich ist


Den Verlust Schlesiens aber verwand Maria Theresia nicht. Der Siebenjährige Krieg brach 1756 im Zeichen einer ungewohnten Bündniskonstellation aus: England trat auf die Seite Preußens. Bourbon (Ludwig XV.) und Habsburg schlossen ein Bündnis, dem auch die Zarin Elisabeth beitrat. Ausgelöst wurde er durch einen Präventivschlag Friedrichs. Der Siebenjährige Krieg "hat die innerdeutsche Situation nicht grundlegend gewandelt und ist in dieser Hinsicht tatsächlich nicht mehr als der Dritte Schlesische Krieg, dessen Ausgang das Ergebnis der beiden ersten Kriege bestätigte."[xxxi] Der Friede von Hubertusburg (1763) ließ den Preußen Schlesien, wobei Friedrich aber nach anfängli­chen Erfolgen (Sieg bei Roßbach 1757) lediglich durch das - von ihm selbst so genannte - "Mirakel des Hauses Brandenburg" vor der völligen Niederlage gerettet worden war. Gemeint ist der Tod der Zarin Elisabeth, deren Nachfolger (Peter III.) Frieden mit Friedrich schloß.

Der Siebenjährige Krieg war seinem Wesen nach eher nur Nebenschauplatz eines weltweiten Ko­lonialkriegs zwischen England und Frankreich (1755-1763), den die Briten für sich entschieden. Insgesamt hatten sie nun in Kolonialkriegen, die sie parallel zu einer Reihe europäischer Kriege geführt hatten, zahlreiche französi­sche und spanische Kolonien erworben, darunter v.a. Gibraltar, Menorca, Neufundland, Kanada, Louisiana, Britisch-Honduras. In Indien wichen die Franzosen der britischen Ostindienkompanie und behielten nur einige Küstenstädte.

Wie sich Maria Theresia und Joseph II. als aufgeklärte Herrscher um das Wohl ihrer Untertanen sorgten, und welche Reformen sie deshalb durchführten


Tiefgreifende Reformen konnten von Maria Theresia erst nach dem Ende des Österreichischen Erbfolgekrieges (1748) in Angriff genommen werden.

Aber auch davor versuchte sie sich an einer Umstrukturierung der Behörden und einer Trennung von Verwaltung und Justiz. Das neugegründete Haus-, Hof- und Staatsarchiv sollte den Überblick über die staats- und verwaltungsrechtlich relevanten Urkunden gewährleisten.

Wie Maria Theresia einen Verwaltungsapparat schuf, der im wesentlichen bis 1848 bestehen blieb

Die gegen den Widerstand des Adels, der schärfere Kontrolle fürchtete, erfolgte Schaffung einer Zentralbe­hörde, der die politische und Finanzverwaltung unterstellt war, geht auf den aus Schlesien stammenden Grafen Friedrich von Haugwitz zurück, der von preußischen Reformmaßnahmen in Schlesien inspiriert worden war. An dem so geschaffenen Apparat, der im wesentlichen bis 1848 bestehen blieb, nahm Staatskanzler Kaunitz nur oberflächliche Veränderungen vor.


Daß die Kirche staatlicher Kontrolle unterworfen werden sollte

Kaunitz war die treibende Kraft hinter einer Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielten, die Kirche der staatlichen Kontrolle zu unterwerfen.

"Charakteristisch sind namentlich Maßnahmen gegen die monastischen Institutionen, wie etwa das Verbot eines Ordenseintrittes vor dem 24. Lebensjahr. [] Andere Verordnungen galten einer Überprüfung der Verbindungen des österreichischen Klerus mit der Kurie; die Steuerfreiheit der Geistlichkeit wurde beseitigt. Diese Maßnahmen sind um so auffallender, als Maria Theresia persönlich noch ganz einer Kirchenfrömmigkeit älteren Stiles, ohne jede aufklärerische Note, huldigte und [] gegen Protestanten und Juden recht intolerant sein konnte."[xxxii]

Wie Maria Theresia dem Landmann zu Hilfe kam

Die besondere Fürsorge Maria Theresias galt dem Landmann:

"Die Beseitigung der grundherrlichen Steuereinhebung und die Einschränkung der Patrimonialgerichtsbarkeit, [niedere Privat-Gerichtsbarkeit, die dem Grundherren zukam, selbstverständlich auch in Streitfällen zwischen ihm und dem Bauern] dann die konsequente Scheidung von bäuerlichem und herrschaftlichem Besitz durch den theresianischen Kataster [staatliches Grundstücksverzeichnis] von 1751 machten sich für den Bauern doch fühlbar."[xxxiii]

Von einer wirklichen Bauernbefreiung oder der Beseitigung der Leibeigenschaft war allerdings keine Rede.

Wie Maria Theresia das Schulwesen reorganisierte

Auch die 1774 vorgenommene Neuorganisation des Schulwesens zu deren Durchführung Maria Theresia Abt Felbiger von Sagan in Preußisch-Schlesien berufen hatte, sollte nicht überschätzt werden, namentlich nicht die mit dieser Reform verkündete Schulpflicht. Als ob nun die schulpflichtige Jugend samt und sonders dem Übel der Kinderarbeit entzogen gewesen wäre und sich nurmehr dem Erlernen des Lesens, Schreibens und Rechnens gewidmet hätte.

und die Folter Abschaffte

Endlich war die Abschaffung der Folter - nach der Einführung der Schulpflicht das zweite Stichwort, das einem in aller Regel zu den mariatheresianischen Reformen einfällt - der Landesmutter kein allzu dringendes Herzensanliegen, denn sie erfolgte erst 1776. Und zwar erst nach langen Bemühungen des Staatsrates Joseph von Sonnenfels. Daß der Mann getaufter Jude war, wird in Darstellungen österreichischer Geschichte meist diskret verschwiegen. Die Taufe konnte einen Juden unter günstigen Bedingungen von allen Schikanen befreien und ihm eine glänzende Karriere eröffnen. Von Religion war noch die Rede und nicht von "Rasse". Wenn Maria Theresia übrigens bei Audienzen mit Juden sprach, pflegte sie sich hinter einem Paravent zu verbergen.

Daß Joseph II. endlich die Leibeigenschaft abschaffte

Joseph II. (1780 - 1790) führte die von Maria Theresia eingeleitete Trennung von Justiz und Verwaltung fort und schränkte die Patrimonialgerichtsbarkeit noch weiter ein. 1781 schaffte er die Leibeigenschaft ab. Selbstverständlich wurde der Bauer damit noch nicht zum freien Eigentümer seines Bodens. Joseph II. traf Verfügungen (Urbarialregulierung von 1789), die auf eine gleichmäßige Besteuerung von Herren- und Bauernland abzielten, aber von seinem Bruder und Nachfolger Leopold II. (1790 - 92) zurückgenommen wurden. Auch zu der von Joseph II. angestrebten Ablösung der bäuerlichen Robotdienste kam es nicht. "[] es waren mehr bürokratische Bedenken und geringe Einsicht der Regierungsstellen als grundherrliche Widerstände, die diesen Plan vor Ausbruch der Revolution von 1848 nicht mehr Wirklichkeit werden ließen."[xxxiv] Es leuchtet ein, daß die Herren im Prinzip nicht viel gegen eine Ablösung der Frondienste einzuwenden hatten, denn diese wurden widerwillig und schlecht versehen.

Wie das Toleranzpatent die Religionsfreiheit herstellte, die Juden von allen möglichen Schikanen befreite, ihnen aber noch keine staatsbürgerlichen Rechte zugestand

Mit dem Toleranzpatent gewährte Joseph II. im gleichen Jahr Lutheranern, Calvinisten und Griechisch-Orthodoxen bürgerliche Gleichstellung mit den Katholiken. Die Juden befreite das Toleranzpatent von einer Reihe diskriminierender Verordnungen: Von nun an war es ihnen erlaubt, Hochschulen und Akademien zu besuchen, jeglichen Handel und jedes Handwerk auszuüben, ihren Wohnort innerhalb der Stadt frei zu wählen, öffentliche Lokale zu frequentieren, sowie an Sonn- und Feiertagen auch vor zwölf Uhr das Haus zu verlassen, Bekleidungsvorschriften und Leibmaut (eine Abgabe, die von auswärtigen Juden beim Passieren der Stadttore eingehoben wurde und der Maut für Kleinvieh entsprach) wurden abgeschafft.

Verboten war den Juden die Benützung der hebräischen Schrift und der hebräischen bzw. jiddischen Sprache in Urkunden. (Christliche Drucker stellten jüdische Setzer und Korrektoren ein und taten nun, was ihre jüdischen Kollegen nicht durften. Anton Schmid war in diesem Gewerbe so erfolgreich, daß er dafür sogar in den Adelsstand erhoben wurde.)

Vorgeschrieben war den Juden seit 1787, (deutsche) Familien- und Vornamen zu tragen. Manch einer war seither infolge der Willkür kaiserlicher Beamter durch einen lächerlichen Namen gezeichnet. Oft wurden einfach die Bezeichnungen von Farben oder Gebrauchsgegenständen zur Namensgebung herangezogen.

Das Toleranzpatent betonte, daß die Anzahl der Juden keineswegs vergrößert werden sollte. Verboten blieb die Bildung einer offiziellen Gemeinde in Wien, verboten auch eine Wohnungsnahme in Niederösterreich, "es sey denn, daß sie eine Fabrik errichten oder sonst ein nützliches Gewerb einführen" wollten. Mit diesem Angebot - Aufenthaltsgenehmigung für unternehmerische Initiative - stand Joseph ganz in der Tradition der Judenpolitik seiner Vorgänger. Die volle bürgerliche Gleichstellung der Juden ließ in Österreich bis 1867 auf sich warten.

Wie Joseph II. Zahlreiche Klöster aufhob

Klöster, die mit keinen Leistungen auf dem Bildungs- oder Krankenpflegesektor aufwarten konnten - mehr als 400 an der Zahl - ließ Joseph II. aufheben.

Daß Joseph II. das Allgemeine Krankenhaus errichten ließ

Die Fürsorge für Kranke und Arme sollte nicht allein der Kirche überlassen werden: Unter Joseph II. Wurde vor allem das Allgemeine Krankenhaus errichtet. Dazu kam eine Reihe weiterer Einrichtungen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens und der Fürsorge.










[i] Manfred Lurker, Götter und Symbole der alten Agypter, 1974 Bern-München-Wien, S. 90

[ii] Bibwelt II 914

[iii] Wolfgang Kunkel, Römische Rechtsgeschichte, Köln-Graz 1968, S. 31

[iv] Kautsky, S. 43

[v] Erich Zöllner, Therese Schüssel; Das Werden Österreichs, Wien 1990

[vi] Eva Priester 39

[vii]) Kautsky, 211f.

[viii]) Kautsky, 215.

[ix]) Kautsky, 42.

[x]) Kautsky, 215.

[xi]) Kautsky, 222.

[xii]) Kautsky, 224.

[xiii]) Pastor, Geschichte der Päpste, zit. nach Hirsch 198.

[xiv]) Kofler, S. 129

[xv] Kautsky, S. 260

[xvi]) Kofler, S. 126

[xvii] zit. n.: Bdodo von Borries, Kolonialgeschichte und Weltwirtschaftssystem, Düsseldorf 1986


[xviii] Streisand 89

[xix] Kleine Enzyklopädie, Weltgeschichte Bd.II 257

[xx] Haussherr 208

[xxi] Streisand 93

[xxii] Streisand 93f

[xxiii] Streisand 99

[xxiv] Streisand 99

[xxv] Streisand 94f

[xxvi] zit.n. Kuczynsy 2/337

[xxvii] zit. n. Kuczynsky 2/341f

[xxviii] Antimachiavell 11

[xxix] Antimachiavell 109

[xxx] Streisand 95

[xxxi] Streisand 97

[xxxii] Zöllner 315f

[xxxiii] Zöllner 361

[xxxiv] Zöllner 362






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